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Nr. 61
Ge., ü der ,826.
Samstag den 14. März 1925
F-,«sprechet Nr. 29.
99. Jahrgang
EMST BSN 7V§MZ§N.
Daß wir rings auf dem Erdball nicht allzuviel Freunde haben, ist eine Binsenwahrheit, die wir ruhic Wiederholen können, ohne daß wir aufs neue darüber erschrecken. Die abgefeimte und hinterlistige Hetzpropaganda unserer vereinigten Feinde hat ihre Aufgabe ausgezeichnet verstanden und in geradezu großzügiger Weise durchgeführt Wenn hier und da in den uns einst und teilweise noch heute feindlich gegenüberstehenden Ländern Männer aufstehen, die eine andere Sprache reden, als die unter dem Druck der famosen interalliierten Negierungen stehenden Presse jener Länder, so mag uns dies vielleicht zum Glauben verführen, daß wir hier wahre Freunde erworben haben. Es ist jedoch besser für uns und im Interesse unserer Sachs, das wir hier nicht zu optimistisch sind. Mit der Freundschaft für uns ist es sicher.auch bei diesen Wenigen nicht weit her, und soll cs auch gar nicht sein, da uns dann die Beweggründe, die solche einzelnen Männer dazu geführt haben, für uns eine Lanze zu brechen und die unbeschadet des Wutgeheuls der feindlichen Hetzmeute ihrer Ansicht offen Ausdruck zu geben wagen, um so wertvoller und wichtiger erscheinen müssen. Diese Männer haben nämlich die Wahrheit der ungeheuerlichen Hetzlüge erkannt, die uns den Garaus machen soll, nachdem wir allen Unterdrückungen und Vergewaltigungen zum Trotz aus eigener Kraft wieder unser zerstörtes Haus aufzubauen bemüht sind. Sie sehen in einem völlig zerrütteten Deutschland eine weil größere Gefahr, als in einem unter normalen Verhältnissen sich entwickelnden Lande von 60 Millionen Seelen, das der ganzen Welt bereits seit Jahrhunderten ungeheuere Kulturwerte geschenkt hat.
Einer dieser Wenigen einsichtigen und zugleich weitschauenden Persönlichkeiten ist Der amerikanische ' Senator Borah, der bereits seit längerer Zeit jeüseits des großen Heringsteiches, wo man bekanntlich nüchtern und geschäftsmäßig zu kalkulieren gewöhnt ist, für unsere Rechte und für die Wahrheit einzutreten wagte. In zahlreichen Reden wandte sich der drüben sehr angesehene und einflußreiche Senator gegen die lleberheblichkeit, besonders Frankreichs, und wußte in sarkastischer und treffsicherer Art die Heuchelei dxr poincaristischen Ehrenmänner bloßzulegen. Darüber hinaus geht aber sein Ziel »ahm, wieder ein normales Verhältnis zwischen den einzelnen am Kriege beteiligt gewesenen Staaten und Völkern rnzubahnen, und besonders Deutschland die ihm im Völker- knzert nun einmal zukommende Stellung wieder einnehmen zu tagen — nicht um „unserer schönen Augen willen", wie eine beliebte Redensart so treffend sagt —, sondern weit er als Amerikaner eingesehen hat. daß ohne Deutschland auch die Belange seines Ctammcslandes leiden werden und Frankreichs Ueberaewickt auf dem alten Kontinent zu einer Katastrophe führen müßte, die den Weltbrand von 1914 bis 1918 an Auswirkung noch weit übertreten würde. So trat denn Senator Borah in zielbewußter Weise erst kürzlich wieder für die endliche Rückgabe des während des Krieges eingezogenen deutschen Eigentums in Amerika ein. um eine neue und wichtige Brücke von seinem Lande zu uns zu schlagen. Es ist noch unsicher, welchen direlten Erfolg dieses beachtenswerte Vorgehen des Senators zeitiaen wird. Deffsnimge^htet ist sein mannhaftes Eintreten für eine Sache der Gerechtigkeit und der reinen Vernunft für die weitere Entwicklung unsrer politischen wie wirtschaftlichen Weftaeltnna von großer Wichtigkeit, und hat auch bereits ein Echo gefunden. das uns zu gewissen Hoffnungen berechtigt.
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DeußsManÄshetze.
Die Zeitschrift „Les Alles", ein bisher nicht aus- aeßirochen deutschfeindliches Blatt, gibt sich in letzter Zeit Mühe, wieder Anschluß an den Ton zu finden, der in der übrigen Presse gegenüber Deutschland Brauch und Tradition ist Als Mitarbeiter verschreibt sie sich zu diesem Zwecke den unbestreitbaren Meister auf dem Gebiete des Deutschenhasses und der Verhetzung: Herrn Andrö Michelin. Dessen ..eindrucksvolle Nachrichten" über die Entwicklung der chemischen Industrie und des Luftfahrwesens in Deutschland macht sie sich zu eigen und erwirbt sich damit das Recht, ebensowenig ernst genommen zu werden, wie Herr AndrL selbst. Wir leien, daß die deutsche chemische Industrie ieh mal mächtiger ist als die französische und zweimal leistungsfähiger als die anderen Nationen zusammen. Aeber dis Wahrscheinlichkeit (!!), daß Deutschland seit 1918 neue Giftgase entdeckt hat, gegen die e<- "ir Zeit noch kein wirksam-^ Verteidig'!!,gsmittel gib,, scheint er aus der gleichen
Die Technik der Präsidentenwahl.
Bis zur Neuwahl eines Reichspräsidenten sind nicht viel mehr als zwei Wochen hin. Die Behörden haben sich beeilt. Zuständig sind für die Einzelstaaten die Innenminister, die den Regierungspräsidenten einheitliche Weisungen zu geben habe», und für das Reich das Bureau des Reichswahlleiters. Die einzige gesetzliche Grundlage für die Wahlen des 29. März, und für den etwa notwendig werdenden zweiten Wahlgang am 2L April ist neben den' Verfassungsbestim- rrrungen des Artikels 41 das am 4. Mai 1920 erlassene »Gesetz über die Wahl des Reichspräsidenten". Nach Z 1 dieses Gesetzes ist wahlberechtigt, wer das Wahlrecht zum Reichstag hat. Das sind im ganzen Reich ungefähr vierzig Millionen. Das Reich ist in 35 Wahlkreise eingeteilt. Zeder Wahlkreis sammelt nach geschehener Wahl die Ergebnisse seiner Stimmbezirke und sendet sie an den Reichsrvahlleiter in Berlin so schnell wie möglich ein. Mit der Schnelligkeit wird es diesmal wohl etwas hapern. Es ist ja die erste Reichs- präsidentenwahl durch das Volk. Erfahrungen besitzen wir nicht. Man Hai nur das Vorbild und die Maschinerie der Reichstagswahl. Auch heißt es im Präsidentenwahlgesetz ltz 8s, daß die Vorschriften einer Reihe von Paragraphen des Reichstagswahlgcsetzes „sinngemäß" gelten. Aber es bestehen doch auch große Unterschiede.
Der Stimmzettel wird ganz anders aussehen wie bei den Reichsmgswcchlen. 8 3 des Präsidentenwahlgesetzes sagt: „Der Stimmzettel muß den, dem der Wähler seine Stimme geben will, bezeichnen und darf keine weiteren Angaben enthalten". Der Wähler ist also in der Auswahl völlig unbeschränkt. Es gibt keine Gebundenheit an Wcchlvorfchläge. Wenn neben den Hauptnamen, die'nr-n den starken Grupperz sind Parteien genannt werden, auch nur wenige eigenbröd- ierische Snnderkcmdidaturen mitlaufen, so entsteht ein Durcheinander und eine Zählarbeit, die tagelang, vielleicht wochenlang dauern wird. Amtliche Stirmnmzettel wie bei der Rvichstagsw-ahl werden weder am 29. März noch am 26. Avril a-usaeaeben. Zeder Mäkler kann seinen Kandidaten
aüf seinen "Zettel schreiben. Die Parteien werden ihm dieses Geschäft natürlich durch uorgedruckte Zettel zu erleichtern suchen. Man wird das Büd erleben, an das man sich von früheren Reichstagswahlen her erinnert: Vor jedem Wahllokal stehen die Zetteiverteiler. Zeder preist dem eintretenden Wichler einen anderen Kandidaten an und sucht ihn in letzter Minute zu beeinflussen.
Trützdem wird es bindende Bestimmungen über die Wahlzettel geben, vor allem über Größe und Farbe. Die Zettel dürfen nicht groß und nicht kleiner sein als 9X12 Zentimeter. Sic müssen aus weißem oder weißlichem Papier hsrgcstellt werden. Für die Jnsch-ch wird vorgsschrieben sein, daß der Kandidat möglichst genau bezeichnet feit, muß, um jeden Irrtum zu vern,eiben. Man hüte sich aber vor unnötigen Angaben, sie können unter Umständen die Stimme ungültig machen.
Wer entscheide! über Fehler und Zrrtümer? Die Zählung der von den Wahlkreisen eingesandten Urergebnisse besorgt in Berlin der Wahlausschuß. Er besteht aus dem Wahlleiter als Vorsitzenden und vier Beisitzern, die dieser aus den Wählern beruft. Der Wahlausschuß beschließt mit Stimmenmehrheit über das Wahlergebnis im ganzen Reich. Dieses Wahlergebnis wird aber noch einmal geprüft, nämlich durch bas für den Reichstag gebildete Wahlvrüfungsgericht. Der Reichstag, dem man seinerzeit in Weimar das Reckt, den Reichspräsidenten zu wählen, genommen hat, um es dem ganzen Volk zu übertragen, ist somit .zuletzt doch wieder .zu einer gewissen Mitwirkung berufen. Diese Mitwirkung kann von großer Tragweite sein. Wird nämlich die Präsrdenten- wgbl von dem Wahlprüfungsgericht für ungültig erklärt, so findet eine neue Wahl statt. Die Ungültigkeitserklärung kann sich aber auf den zweiten Wahlgang beschränken, so daß man nicht etwa wieder ganz von vorn anfangen muß Hoffentlich hat der Name des künftigen Reichspräsidenten nicht alle die schweren Vrüiunoen ui bestehen. er.
Das Attentat gegen die Eisenbahn.
Sekt den ersten Marztagen kriselt es in der deutschen Reichseisenlahn. Die Neichseisenbahn ist sei, dem Londoner Abkommen jucht mehr rin öffentliches Unternehmen, sondern eine Aktiengesellschaft, in welcher ausländischer Einfluß eine erhebliche Rolle spielt. Man hat berechnet, daß die deutschen Frachtsätze in manchen Positionen bis zu 50 und mehr Prozent höher sind als die entsprechenden Sätze etwa der englischen, französischen oder italieniichen Eisenbahnen. Der Grund hierfür ist darin zu suchen, daß di« Eisenbahn nach ihrem Ausscheiden aus dem Reichshaushall (vor einem Zahr) Schulden zu deck:« hatte und dann seil dem 1- September 1924 zu laufenden Leistungen an die Reparationskasse herangezogen wird. Um nicht abermals in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten, müssen die deutschen Eisenbahnen ihre Tarife mindestens auf der bisherigen Höhe lasse«.
Der an verschiedenen Stellen aufgeflammte Eisen- bahnerstreik bedroht aufs neue die Finanzen der Reichs- eisenbahn. Sollte es zu einer allgemeinen Erhöhung der Eisenbahnerlöhne kommen, so wird von einer Fortsetzung des Abbaues gewisser Frachttarife nicht mehr die Rede sei« können. Außerdem werden die Personentarife heraufgesetzt werden müssen. Die Aufstandsbewegung hat zunächst nur die Angestellten und Arbeiter, nicht aber die Beamten ergriffen, bei denen Dienstverweigerung einen Grund für ioiortiae Entlassuna abaeben würde. Der Streik
..zuverlMftaen" Quelle informiert zu sein, wie über die Tausende von TGo-eugen. die von Deutschland ans dieses Gilt nack Paris tragen werden. Es wäre nach diesen 'ensationellen Berichten nicht einmal verwunderlich gewesen. wenn Herr AndrL das amerikanische Lewisite-Eas, das ibm bssonders auf die Nerven gefallen zu sein scheint, auch deutschem Erfindergeist zugeschrieben hätte. Heber- Haupt, Herr Andre wird offensichtlich alt! Früher Hatten leine Schwindeleien immer den Vorteil, daß sie mit dem Brustton unverrückbarer Ilebemeugung vorgebracht wurden. Heute passiert es ihm, daß er sich in Vermutungen ergeht! Seine Worte, daß man sich fragen müsse, wie Paris gegen einen Angriff mit Lew!site-Gas oder Giftgasen, die die Dent'"' ^ seit 7 Iabren hätten entdecken könne" (ül. sind unbedingt Anzeichen beginnender Altersschwäche Wenn er schliesslich glaubt, daß das Allbeilmittel gegen die deutsche Luftfahrt in einer internationalen Luftflotte besiehe, die doppelt.io groß an Zahl und an Leistung iein müsse wie disienioe Deutschlands, so ergibt.sich daraus
der deutschen Eisenbahner ist diesmal erheblich mehr als ein „Kampf um den Anteil", wie er es vor drei Jahren gewesen ist. Die Eeneraldirektion der Reichseisenbahnen wird bekanntlich von einem Kommissar beaufsichtigt, der dafür zu sorgen bat, daß die Bedingungen glatter und rentabler Vetriebssührnng gesichert werden. Wenn es zu einem großen deutschen Eisenbahnerstreik kommen sollte, müßten wir Eingriffe dieses ausländischen Kommissars befürchtend Die radikalen Elemente in der Essenbahnerschaft wissen natürlich ganz genau, daß sie die Eisenbahn nicht nur in eine finanzielle, sondern auch in eine politische Verlegenheit bringen, wenn sie übertriebene Lohnforderungen stelle«. Die Gewerkschaften haben die Einzelausstände in verschiedenen Teilen Deutschlands ausdrücklich als sogenannt« „wilde Streiks" bezeichnet, Ä. h. als solche Streiks, die ohne Not und vor allem ohne Erschöpfung der letzten Verhand- lungsmögkichkeiten vom Zaun gebrochen sind. Soweit di« Eisenbahnerlöhne in verschiedenen Bezirken des Reiches unter den durchschnittlichen Löhnen der Industriearbeiter liegen, kann und wird eine Revision des Lohnniveaus stattfinden müssen Eine allgemeine Erhöhung des Lohnniveaus bei der Essenbahnerschaft würde indessen zu einem großen Lohnkriege in der ganzen deutschen Wirtschaft und z» schweren wirtschaftlichen Wirren führen, die Deutschland in seiner heutigen Lage weniger vertragen könnte als je.
der logische Schluß, daß sofort sämtliche Luftflotten beseitigt werden müssen. Denn das Doppelte von Rull ist wieder Null, und Deutschlands Lnftss-sii- ist gleich Null!
Zweierlei kann man aus Herrn Andrös ..Les Ailes"- Schreiben zur Notiz nehmen: 1. Daß er jede deutsche Zivilluftfahrt mit Stumpf und Stiel ausrotten möchte, und 2. daß seine Alarmrufe das Eck-- reichlich eindeutiger Erklärungen des britischen Luftministers über notwendige sind! Zum ersten Punkt müssen m' und verantwortunasbemußtsre i'^' and verantwortungsbewußter
englische Luftrüstungen annebmen. daß ernstere Politiker ernster diese Fragen behandeln werden Zu Punkt 2 abe- si'ck wir Zuschauer, die sich des Zwischenrufes enthalten So oder so: Herr Andrö ist nicht Frankreich, und Frankreich ist nicht die Welt Die Welt aber wird darüber zu entscheiden haben, ob endlich nach Jahren Deutschland w feinem Recht auf Freck-ir und
Gl-ichberechtiguna im soll!
iternationalen Luftverkehr koiMen