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Nr. 24S
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„Unsere Heimat"
Gegründet 1828
Nagoläer Tagblatt
mit illustrierter Sonntagsbeilage
„Feierstuncken"
SchltfrleNung, Druck und Bering von ». 4 L. Zatsrr iUarl ZaUer) Nogoid.
Dienstag de» 14. Oktober L9L4 Fernsprecher Nr 29.
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98. Jahr gang
Taassdpieael
Die deutsche Abordnung für den Handelsvertrag ist aus Paris nach Berlin zurückgekehrt, um der Reichsregierung Bericht z» erstatten.
von der türkischen Regierung ist eine Antwort au? die drei Roten der englischen Regierung über den Mossulstreil in London eingegangen. die aber als ungenügend bezeichnet wird,
In London fand eine große kommun'.stidbe Kundgebung gegen die Regierung Mac Donalds statt. Ls kam zu einem Handgemenge mit der Polizei.
Die Wahabiten
Sonderbare Heilige? Ja, das sind sie wahrhaftig. Wie jede Religion, Sekten und Orden strenger und strengster Observanz hat, so hat der Islam auch seine Puritaner, und das sind eben die Wahhabiten: mohammedanische Beduinen Afrikas, die den Koran noch strenger gehalten wissen wollen als die orthodoxesten Jünger des Großen Propheten: sie trinken keinen Alkohol, aber auch keinen Kaffee und keinen Tee. Ihre Moscheen sind völlig schmucklos. Sie dulden nicht einmal jene schlanken Minaretts, ohne Li man sich überhaupt keine mohammedanische Stadt vorstellen kann. Die Verehrung der Kaaba, jenes heiligen Steins in Mekka, den angeblich der Prophet vom Himmel geworfen hat, halten sie für verabscheuungswürdigen Götzendienst. Ja, sie hatten bereits einmal zu Anfang des letzten Jahrhunderts Mekka und Medina erobert und den schwarzen Meteorstein zerschlagen.
Diese fanatischen wilden Wahhabiten stehen nun abermals vor Mekka, oder sind vielleicht schon drin. Auf ihren schnellfüßigen Dromedaren sind sie aus den nördlichen Oasen der rieMe'n Halbinsel nach Süden gestürmt, man spricht von 3V0VW Mann (ob's wahr ist?), mit modernen Kampfmitteln ausgerüstet, die weiß Gott wer ihnen geliefert hat? Vielleicht die Franzosen? Genau so, wie sie es vor ein paar Jahren in den Kämpfen Mustapha Kemals gegen die Engländer getan haben! Jedenfalls handelt es sich um die Bekämpfung eines englischen Schützlings, des hochbetagten, nun mit großen Reichtümern geflüchteten Königs und Kalifen Hus- seinin Mekka. Wer ist aber dieser Hussein, von dem heute alle Welt spricht? —
Als man seinerzeit in Versailles — alles Uebel kommt aus diesem Giftschlund — die Welt verteilte, suchte natürlich jeder, vor allem der Engländer mit seiner angeborenen Bescheidenheit, das größte Stück zu erwischen. Am liebsten hätte er ganz Arabien mit Persien eingesackt. Aber da waren die anderen dagegen. Syrien mußten die Engländer mit den Franzosen brüderlich teilen. Was aber mit Arabien? Der Kolonialminister Churchill kam auf den Gedanken, den Großscherif von Mekka, Hussein zum König von Englands Gnaden zu ernennen. Erstens war der alte Herr schon deshalb bei England gut angeschrieben, weil er, mit englischem Gold in der Tasche, von den Türken abgefallen var. Zweitens bewarb er sich seit Jahr und Tag mit Be- cufung auf seine Abstammung — er will ein Nachkomme Mohammeds selbst sein — auf das arabische Kalifat. Außerdem erhielt sein ältester Sohn Feissal den Irak (Meso- ootamien) und sein zweiter Sohn Abdullah Transjordanien. Also alle drei „von Englands Gnaden". Und es hätte nicht viel gefehlt, so wäre Husseins jüngster Sohn said König von Kurdistan geworden. Die Kurden aber dielten treu zu Mustapha Kemal und lehnten Said ab. In der Hauptsache jedoch war die Sippschaft Husseins von Cng- and gut versorgt worden. Aber die Mohammedaner haben hre eigenen Schädel. Sie lassen sich zwar gern die Hände mit Gold füllen und versprechen dafür, das Blaue vom Himmel herunterzuholen. Aber nachher tun sie doch, was ihnen paßt. Und dieser Hussein paßte ihnen gar nicht: erstens, veil er die Mekkapilger rücksichtslos ausbeutete, zweitens, veil ihnen seine angebliche Abstammung von Mohammed sehr zweifelhaft ist. Und so ging der Krieg los.
Wie er wohl enden wird? Zunächst ist Husseins Nisder- 'age auch Englands Niederlage, und weil das gerade unter Mac Donald passierte, trug es auch etwas zu seiner Unbeliebtheit bei. Seine Wahlgeaner werden der Arbsiterre- vierung den Fall Hussein ins Wachs drücken. Die arabische Frage ist nicht so einfach. Außer Arabien sind Ostsordanicn und Aegypten daran beteiligt. Es ist eben dort der asiatische Balkan, wo es gleich an allen Ecken und Enden lor- lehen kann, klebrigen ein sprechendes Zeichen der Zeit! Man redet von Völkerversöhnung und Völkerverbrüderung, von Abrüstung und Garantiepakten und wie dergleichen schöne Dinge heißen mögen; man saß zu diesem zweck in Genf zusammen, ein Völkerkonzil von 54 Staaten unseres ehrwürdigen Planeten — und zu gleicher Zeit krachen die Flinten der Rifkabilen in Marokko gegen die Spanier, schießen sie einander tot in der geweihten Nähe des Grabes Mohammeds, und schneiden sie einander die Köpfe ab vor Pekings Toren. — Sonderbare Wesen, dieses Menschengeschlecht! -
Arabien in AwegnnK
Die innerarabische Welt erkennt nur Las einheimische Herrschergeschlecht des Sultans vlüt Nedschd, Mohammed ibv Seud, als allein zur Herrschaft über das gesamte Arabertum berechtigt an, und erhebt gegen die Haschemiden, d>s Familie Husseins, die Anklage, sie habe sich mit Hilfe der Ungläubigen in den Besitz der heiligen Stätten des Islams gesetzt. Außerdem wird seit jeher unter der Bevölkerung de- Nedschd der Gedanke verbreitet, daß nur dort der wahre Islam herrsche, und daß es ein Allah und dem Propheten wohlgefälliges Werk sei, abtrünnige und laue Bekenner des Propheten mit Feuer und Schwert auszurotten. Mit dieser Volksstimmung arbeitet Seud und hat wieder einmal seinen Angriff aus Jnnerarabien vorgehend, begonnen. Di« Bewegung ist Einstweilen innerislamisch, doch wo sie mit Fremden zusammentrifft, kommt es zum Kamps mit diesen. So kn dem Zipfel des Hedschas unweit Aden, wo die Wahha- bilen einen englischen Posten aufhoben, so ferner im Ost- jardanland bei Amman, wo englische Flugzeuge und Panzerwagen die Kämpfer des Emirs Abdullah retteten, und so anscheinend auch an der Südwestgrenze von Mesopotamien, wo wahhabitische Scharen in der Richtung auf den Tigris vorgegangen und bisher «zurückgeworfen worden sind.
Außer diesem äußern Feind ist der unternehmenden Fa» mkli» des Königs Hussein ein ernster innerer Feind entstanden Die Mohammedaner des Hedschas, des Ostjordanlands und Mesopotamiens wie auch Syriens und Palästinas, sind keineswegs erbaut von dem Einnisten fremden, englischen wie französischen Einflusses und seben in Hussein und seinen Söhnen nicht die Träger einer Politik, die zur Einigung aller Araber in einem völlig unabhängigen arabischen Reich führen könnte. Durch seine Hilferufe nach London hat Hutsein seinem Ansehen bei den Arabern am meisten geschadet. Die Abdankung Husseins war die unmittelbar« Folge davon.
Die Dinge stehen nun so, daß-der. Wahhabiten des Nedschd die Herrschaft zunächst über das Hedschas nicht-mehr streitig gemacht werden kann. Ein Eingreifen der Engländer, der Freunde Husseins, ist im Hedschas ausgeschlossen, dessen Boden von El Ula und von Tschsdda an kein Ungläubiger betritt: eine Verwendung mohammedanisch-indischer Truppen ist aus vielen Gründen unmöglich. Es wird daher daraus ankommen, ob die Wahhabiten sich behaupten können- In früherer Zeit mußten sie sich vor der langsam aber schließlich genügend anwachsenden türkischen Militärmacht stets wieder hinter ihre Wüsten zurückziehen. Der Sand der Wüste hat die Knochen vog Zehntausenden tapferer Anatolier und Arnauten gebleicht, die hier für den Halbmond bluteten und siegten. Diese türkische Macht fehlt nnn, und der Sultan des Nedschd hat alle Aussicht, Mekka und Medina, und damit das Land zwischen Jemen und Sinai, in der Hand zu behalten. Außer den berittenen Scharen der Wüstensöhne verfügt der Sultan über eine nicht unbedeutende Zahl früherer türkischer Offiziere arabischer Abstammung, die nach dem Zerfall des türkischarabischen Reichs der Osmanen sich den arabischen Landsleuten angeschlossen haben.
Die Wahhabiten am Roten Meer sind eine Bedrohung der englischen Stellung in Palästina und im Ostjordanland und mittelbar auch in Mesopotamien. Wenn gleichzeitig mit dem Verstoß der Wahhabiten von türkisch-englischen Zusammenstößen an der anatolisch-mesopotamischen Grenze nördlich von Mossul berichtet wird, so möchte man glauben, daß dies Zusammenfällen nicht zufällig sei. Vielleicht hat der Sultan des Nedschd den Streit zwischen England und der Türkei wegen Mossuls für seine Angriffsplöne ausnutzen wollen, den Türken darf man nicht zutrauen, sich durch wahhabitische Unternehmungen bestimmen zu lassen.
Die Vorfälle an der anatolisch-mesopotamischen noch unbestimmten Grenzlinie sind darauf zurückzuführen. Laß kleine Reibungen der Grenzposten zur Zusammenballung stärkerer Abteilungen führten, die dann bei neuen Reibungen einschritten, so daß wirkliche Gefechte entstehen konnten. Die Engländer werfen den Türken vor, bisher unbesetzte Dörfer von geflohenen nestorianischen Christen besetzt zu haben; die Türken klagen die Engländer an, mit Flugzeugen die Grenze überflogen und Dörfer von Mohammedanern mit Bomben beworfen zu haben, außerdem fei die Grenzüberwachung der neugebildeten englischen Brigade der Nestorianer anvertraut, die als stick)- und rauflustig bekannt seien.
Neu? Nack rechten
Einberufung des Reichstags
Berlin. 13. Okt. Der Aeltestenrat trat heute nachmittag 8 Uhr zusammen, um die erste Vollsitzung des Reichstags anzusetzen. Wie verlautet, soll der 17. Oktober oder ein späterer Tag in Aussicht genommen sein.
Zur Regierungsumbildung
Berlin, 13. Okt. Die Führer der Deutschen Volkspartei Dr. Scholz und Dr. Curtius haben namens der Fraktion dem Reichskanzler erklärt, das KabinettMarxsei par- i iameittarisch unmöglich, wenn Zentrum und Demokra
ten die Einbeziehung der Deutschnationalen in die Regierung ablehnen, obgleich die Deutschnationalen die Richtlinien des Kanzlers anerkannt haben. Das Kabinett solle zurücktreten und bis zur Bildung eines neuen Kabinetts die Geschäfte fortsühren. Andernfalls werde die Deutsche Volkspartei aus der Koalition austreten.
Stellung der Bayerischen Volkspartei
Würzburg, 13. Okt. Auf der Haupttagung der Bayer. Voltspartei erklärte der Vorsitzende, Präsident Speck, die Deutschnationale Volkspartei sei die stärkste Partei im Reichstag geworden und es sei selbstverständlich, daß ihrem Verlangen, in die Regierung einzutreten, Rechnung getragen werde. Domkapitular Leicht, der Vorsitzende der Reichstagsfraktion führte aus, es sei eine Schande, daß ein Reichstag, der beinahe zu zwei Dritteln aus Vertretern bürgerlicher Parteien bestehe, keine geschlossene bürgerliche Regierung zusammenbringe. Der Verband „Schwarz-rot-gold" sei eine bewaffnete sozialdemokratische Schutztruppe, der kein Zentrumsmitglied angehören dürfe.
Berlin. 13. Okt. Die Zahl der unterstützten Arbeitslosen im Reichsgebiet hat am 1. Oktober 1924 519 000 betragen, darunter 468 000 männliche und 51000 weibliche. Gegenüber dem 15. September bedeutet dies einen Rückgang von rund S o. H. Die Zahl ist bedeutend größer als vor einem Jahr. Auch bleibt zu berücksichtigen, daß nach den geltenden Bestimmungen ein wesentlicher Teil der Arbeitslosen Unterstützung nicht erhält.
Kundgebung des völkischen Offizierbundes
München, 13. Okt. Der Reichsbayerische, Landes- und Münchner Ortsverband des Deutschvölkischen Offizierbundes erklärt, in dem Gegensatz zwischen Kronprinz Rupprecht und General Ludendorff hätte sich längst ein Ausgleich finden lassen, wenn nicht von einer gewissen dritten Seite zu un- gunsten Luüendorsfs scharfgemacht worden wäre. Der Offi- zieibund hofft, daß diese Personen ausgeschaltet werden und zwischen in Vergangenheit und Zukunft so wichtigen Männern jede Verstimmung behoben werde. Zugleich wird erwartet, daß Hitler, Knebel und Weber unverzüglich freigegeben werden: neben dem geschriebenen Recht gebe es noch das Recht im Herzen des Volkes .
Münchner Blätter berichten, daß der frühere Innenminister, Dr. Sch weyer (Bayer. Volksp.), als Generaldirektor sämtlicher oberbayerischen Staats-Wasserkraftwerke Verwendung finden soll; er sei aber als Nichtfachmann hiezu nicht geeignet. Nach anderer Meldung soll Schweyer zum bayerischen Vertreter im Reichsrai ernannt werden.
Aus dem englischen Wahlkamps
London, 13. Okt. Der bisherige Handelsminister Webbs sagte in einer Wahlrede, wenn die Arbeiterpartei wieder zur Regierung kommen sollte, so würde sie sofort die Enteignung der Gruben beantragen. — Henderson erklärte in einer Wahlrede, die Regierung würde im Ernstfall dem Völker- bundnicht Englands Flotte und Heer zur Verfügung gefielst haben. In jedem Fall würde die Sachlage geprüft werden.
Die radikalen Mitglieder des Kabinetts, besonders der Marineminifter, sind mit dem von Mat Donald ausgearbeiteten gemäßigten Wahlaufruf nicht einverstanden. Zunächst wurde dann ein Aufruf abgefaßt, der zwischen beiden Standpunkten vermittelt, dir Radikalen sind auch mit diesem niO zufrieden.
Wichtiger Minisierrak in Angora
London. 13. Okt. Die Blätter melden aus Konstantinopel, Kemal Pascha kehre aus Erzerum nach Angora zurück. Der türkische Ministerrat sei in der Nacht auf Sams» rag ununterbrochen vereinigt gewesen. Der türkische Befehlshaber in der Gegend von Mossul soll der Regierung geraten, mit der englischen Regierung Verhandlungen zu führen.
Aommanistenübersall auf Dorpat?
Warschau. 13. Okt. Wie die polnische Telegraphenagen- tur aus Riga meldet, haben di« Kommunisten »inen Ueber- fall auf Dorpat gemacht und die Stadt an einigen Stelle« angesteckt.
Der Bürgerkrieg in China
Rewyork, 13. Okt. „Ass. Preß" meldet, die Verteidiger von Shanghai, di« Tschekiangtruppen, haben die Waffen gestreckt. Es sei ein Waff-nsttllstand abgeschlossen worden.
Auf dev Zug, in dem Marschall Wupeifu reisen sollt», wurde an zwei Stellen ein Bombenanschlag verübt. Der Zugs entgleiste. Wupeifu befand sich jedoch in einem später abgehenden Zug.
Aus einem langen Feldzug, der um den Präsidentensefseh das heißt um die Zenwalgewalt ringenden Marschälle, dts übrigens meist gar keine Soldaten sind, muß sich langsam eine Verelendung des betroffenen Landes ergeben. Di» Aufnahmefähigkeit der heute stark begehrten fremden Erzeugnisse geht zurück, der Chinese ist sowieso in dieser Hin« sicht höchst empfindlich. Der Begriff des Kriegsrisikos ist ihm sehr zuwider. Die Kaufkraft Chinas fehlt heute sehr,