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»Unsere Heimat"

Nagoläer Oagblatt

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Schrtsilstrung, Druck und Verlag von «. W. Lotse I («orl Lauer) Nagold.

Gegründet 18261

Mittwoch den 3. September 1924

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«erbrettetstc Zeitung t« Ober«» tSbrztrk. An« zeigen find daher von beste» Erfolg.

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98. Jahrgang

Tagesspiegel^

Der Reichspräsident traf zu einem kurzen Erholungs­urlaub in Freudenstadk im Hole! Waldeck ein.

Der Reichskanzler und Dr. Skresemann sind auf 14 Tage in die Ferien gegangen. Auch die übrigen Reichsminisler werden in den nächsten Tagen Urlaub nehmen.

Der Generalagent für die Dawesoperation. Owen Doung, und der Kommissar für die verpfändeten Staats­einnahmen sind mit ihren Leuten in Berlin eingetroffen.

Rach demMatin" werden der am 1. September als dem ersten Tag derErfüllungs-Feststellung" der Enlschä- digungskommission geleisteten deutschen Zahlung von 20 Millionen Golbmark am 19. September eine zweite und am 2V. September eine dritte Zahlung in gleicher Höhe folgen.

Zn Koblenz haben deutsch-französische Verhandlungen über die wirtschaftliche und politische Räumung.der neu- defehken Gebiete begonnen..

Am 1. September wurde in Bern die erste Tagung des neugegründetcn internationalen Mttelskandskmnds eröffnet. Vertreten sind Staaten.

Die spanischen Truppen in Marokko sind bei Ellan werter Zurückgedrängt worden.

Die fremden Seefkreilkräfke von Schanghai sind unter den Oberbefehl des britischen Admirals Andersen gestellt worden.

Durch Sparen zum Wiederaufstieg

In der Zeit, da die Inflation Werte vernichtende Erich hielt, hat Las deutsche Volk seinen Spartrieb und Sparst,ik verloren. Bedenkt man aber die ungeheuer» Verluste, di« dem deutschen Volksvermögen durch den unheilvollen Wäh rungsverfall während der letzten vier Jahre zugefügt wur- gen, so ergibt sich einmal die dringende Notwendigkeit des Sparens, um das Verlorene wieder,zugewinnen, zum an­dern zeigt der Kapitalschwund die Größe der vor uns liegen­den Aufgabe, der deutschen Wirtschaft zum größten Teil durch Selbsthilfe zum Wiederaufbau zu verhelfen. Be allen Erwartungen über denGeldsegen" des Auslands, dir manchen sicherlich noch stark enttäuschen werden, isi immer zu bedenken, daß das Aufnehmen von Schulden, vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet, nach­teilig ist, weil eine Verschuldung dem Ausland gegenübei uns zu langjährigen Tributzahlungen in Form von Zins verpflichtet, ganz abgesehen von dem Einfluß des Auslands auf die Gestaltung der deutschen Wirtschastsverhältnisse, den jede finanzielle Abhängigkeit ohne weiteres mit sich bringt Der deutschen sparenden Bevölkerung ist es deshalb Vorbe­halten, das Abfließen der Zinssummen auf ein Mindestmaß zu beschränken und die -deutsche Wirtschaft nach Möglichkeit von fremder Einmischung freizuhalten.

Untrügliche Anzeichen bürgen dafür, daß heute diese Auf­gaben, wenn auch nur in bescheidenem Umfang, erfüllt wer­den können. Wie dieSparkasse" mitteilt, hat der Einlagen­bestand der deutschen Sparkassen bereits die erste Milliarde Goldmark erreicht. Wenn dies auch erst der zwanzigste Teil ihres Einlagenbestands der Vorkriegszeit ist, so ist es doch ein Zeichen, daß die erste Vorbedingung zur Entfaltung der Spartätigkeit, nämlich das Vertrauen zur Kreditwürdigkeit der Sparkassen, ihrer Flüssigkeit und somit jederzeitigen Rückzahlbarkeit eingezahlter Gelder, langsam und schrittweise wiederkehrt. Kehren die Sparkassen wieder zu ihrem Ge­schäftsbetrieb der Vorkriegszeit zurück, d. h. u. a. neben Ver­mittlung sicherer Hypotheken auch zur Aufnahme festver­zinslicher Wertpapiere zur Bereitstellung der Spargelder für )ie Finanzbedürfnisse der Städte und Kommunen, so ist von letzteren Körperschaften unbedingt zu verlangen, daß sie ihre Finanzen in Ordnung bringen und einen geordneten Haus­halt ein-halten, um den Zeichnern ihrer Anleihen regel­mäßig e Z i n s z a h l u n g und T i l g u n g zu sichern. Die Sparinstitute aber haben die Pflicht, das Vertrauen ihrer Kundschaft durch solide Geschäftsführung zu wecken und dii kaum erwachte Spartätigkeit zu fördern. Deshalb haben sich auch in der Frage der Zinsvergütung unter Anpaflunc an die gegebenen wirtschaftlichen Verhältnisse einer weist« Mäßigung zu unterziehen.

Leider mangelt es heute noch sehr an der Möglich­keit, aus laufenden Einnahmen regelmäßig Beträge an di« Sparkassen abzuführen. Kein billig Denkender wird verlan­gen, daß die Kreise, die hart an der Grenze der Dürftigkni stehen und kaum zur Aufrechterhaltung des Existenzmini­mums die Mittel aufzubringen vermögen und sie dürften, bei der heutigen Wirtschaftslage einen großen Teil der Be­völkerung umfassen, von ihrem Einkommen Rücklagen fm spätere Zeiten abführen. Hier zeigt sich mit krasser Deutlich­keit die Verarmung eines großen Volksteiles und die Herab­drückung auf einen Lebensstand, der vielleicht gerade noch die Bestreitung des täglichen Aufwands erlaubt. Von denen Pdoch, die aus Grund ihrer gesteigerten Einkommensvsrhält- n-ise sehr wohl zum Sparen in der Lage wären, muß mi! aller Entschiedenheit gefordert werden, daß sie überschie­

ßende Einkommen auf dem Umweg über die Spareinlaaen der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Denn heute bedeu­tet Sparen schlechthin nicht nur die Rückstellung erübrigter Einkommen für spätere Zeiten, sondern die Erfüllung der Sparpflicht ist vielmehr ein Gebot wirtschaftlicher Notwendig! eit, um der deutschen Volkswirtschaft in Zeiten, da sie nur aus sich selbst heraus und ohne wesentliche Unterstützung des Auslands lebensfähig bleiben kann, zurr Wiederaufbau zu verhelfen. Dieses Gebot muß erfüllt wer­den, selbst unter Zurückstellung der Befriedigung persönlicher Bedürfnisse, die heute bei manchen Kreisen schon stark dev Charakter eines Luxus angenommen haben. Angesichts der heutigen Wirtschaftslage kann nicht eindringlich genug zur Rückkehr zu einfacheren Verhältnissen ge­mahnt werden. Tiefere Beobachtung der Lebensweise ge­wisser Kreise unserer Bevölkerung, die heute einen großer Teil ihrer sonst zurückzulegenden Einkommen zur Befriedi­gung von Lebensgewohnheiten verwenden, die Len Rainen ihrer Verhältnisse überschreiten, zeigt klar, wie sehr die see­lische Einstellung zum Sparen noch fehlt.

Die Tochter Frankreichs

Kein Zweifel, Herriot versteht es noch besser als Poin- ccwe. schöne Worte zu machen, die der Franzose dann mei­sten» glaubt. So hat er kürzlich bei der Besprechung des Laustmner Friedensvertrags die TürkeiDie Tochter Frank­reichs" genannt.

Die Türkei, dieTochter Frankreichs!" EEin seltsame Mutter ist dies Frankreich gewesen! Es hat keinen Staat gegeben, der seit Jahrzehnten planmäßiger die Zerstückelung ger eckten Türkei betrieben hat als Frankreich. Der Libanon K seit derselben Zeit als französisches Erbe deskranken Mannes" betrachtet worden, und um den Libanon hat sich Sas sogenannte Mandatsgebiet Syrien ausgebaut, das von »ein großmütigen Frankreich der Türkei entrissen worden ist. Als man noch auf den völligen Zusammenbruch des osma- nischen Reiches rechnen durfte und dem geknickten Sultan denFriegen" von Sevres -diktierte, mit Hilfe und mit der slvterschrift der Vertreter Armeniens (schließlich fand man, d-- Armenien im Monde liege und betrog viele berechtigte Hoffnungen!), da griff das großmütige Frankreich tief hin­ein in den Leib des anatolischen Rumpfes der Türkei und erdachte sich dort auch ein Mandatsgebiet, das vom Mittel-- Eer bis fast an dos Schwarze Meer reichte. DieTochter Frankreichs" war so verstockt, gie Uneigennützigkeit dieser Absicht nicht einzusehen; man fand, daß wohl nicht zufällig »as zukunftsreiche ErzEgebiet Arghana diesem Mandatsland rinverleibt war, das bis zu dem Quellgebiet des mesopotä- mischen Erdölss reichen sollte. Die Tochter erwies sich ab­scheulich undankbar; die Anatolier schufen sich einen Mustafa stemal und warfen nicht nur die vorgeschobenen Griechen hinaus, sondern auch die Soldate ger großherzigenMutter" Frankreich, die sich so gern in dem baumwollreichen 3'lizien um Adana herum festgesetzt hätten. Frankreich bemühte sich mehr eifrig als logisch, die Bundesgenossenschaft der Grie­chen abzuschütteln; vergeblich, man erinnerte sich. Laß es ge­rade französische Instruktoren gewesen waren, die die griechi­schen Gegner der Türkei ausgebildet hatten. Freilich konn­ten sie den milderngen Umstand geltend machen: für die Niederlage ausgebildet hatten. Und heut« noch ist es wiederum Frankreich, das dem unversöhnlichsten und rache- dürstendsten Gegner der Türkei, dem Griechen, die Hilfe seiner Offiziere leiht, wahrscheinlich zum Besten derTochter Frankreichs", der Türkei.

Frankreich ist die letzte Großmacht, gie den Lausanne! Vertrag bestätigte. Man weiß warum. Die dankbare Toch­ter hat der liebenden Mutter durch die Lausanner Abma­chungen eine ganze Sammlung von diplomatischen Nieder­lagen bereitet. Der französische Sparer gab dem Türken in früheren Jahrzehnten fein Geld, um ein gutes Geschäft zu machen. Das taten auch Nichtfranzosen. Und es ist im gan­zen geglückt bis aus die jetzigen Couponzahlungen, die von dem Türken nur in Papierfranken, nicht in Gold, angeboten werden. Manch wertvolle Konzessionen sind von gen Türken aufgehoben worden, nirgendwo hat die neue Türkei in poli­tischen oder wirtschaftlichen Fragen ihrer von Herriot eyh, decktenMutter" Frankreich ein Zugeständnis gemacht.

Die Völkerbundstagung

Die Ausschüsse

Genf, 2. Sept. Die sechs Ausschüsse des Völkerbunds sind gebildet wie folgt: 1. Rechtliche Verfassungsfragen, Vorsitzen­der: Sir Littletön-Groon, Australien. 2. Technische Ordnung des Völkerbunds, Vors.: Garer», Minister des Auswärtigen der Republik Panama. 3. Abrüstungsfragen, Vors.: Mini­ster des Aeußeren, Duca, Rumänien. 4. Kosten des Völker­bunds, Vors.: Adatci, japan. Gesandter in Brüssel. 5. All­gemein menschliche und soziale Angelegenheiten, Vors. Caale, dänischer Gesandter in Berlin. 6. Politische Fragen, Vors.: Außenminister Enckell, Finnland.

Zum Vorsitzenden der Tagung wurde Motta - Schweif gewählt.

Englisches Wasser in den VölkerLundswein London, 2. Sept. DieTimes" schreibt zur Völkerbunds- Versammlung, es sei ein e i tle r T r a u m, anzunehmen, daß bei dem gegenwärtigen Zustand der Welt irgendeine Groß­macht einen wesentlichen Teil ihrer freien Hoheitsrechte eine: Vereinigung (Völkerbund) überlassen würde, in der das Zw sammenwirken kleiner Staaten möglicherweise einen wich iigen Einfluß ausüben könnte. Haupten t scheid un- gen werden nach wie vor Sache der großen Mächte bleiben die den Hauptteil der Lasten und der Verantwortung etwai­ger Streitfälle zu tragen haben. Den moralischen Ein­fluß mögen die kleinen Staaten immerhin behalten, aber es märe zwecklos für sie, mehr erstreben zu wollen. Der Plan Entscheidungen des Völkerbundes durch Sanktionen un­terstützen zu wollen, erscheine nicht aussichtsreich.

DerDaily Expreß" sagt, die in Genf versammelter Völkervertreter würden übel beraten sein, wenn sie aus de: Anwesenheit Mac Donalds schließen würden, daß seine Ab lehnung des Sicherheitsvertrages (mit Frankreich) zurückge­nommen würde. Der Entschluß der englischen Nation sei un­abänderlich. Sollte die Zeit kommen, wo Großbritannier zu militärischen Maßnahmen schreiten müßte, so würde dar über vom englischen Parlament, aber gewiß nicht vom Völ­kerbund beschlossen werden.

Die Abrüstung keine Kache des Völkerbunds London, 2. Sept. DerDaily Telegraph" schreibt, di« meisten Staatsmänner Englands seien der Ansicht, daß di, Abrüstungsfrage außerhalb des Völkerbunds behandelt wer­den müsse, damit auch die Vereinigten Staaten teilnehmer können. Die von Coolidge beabsichtigte Konferenz könnt, der englischen Auffassung besonderen Nachdruck verleihen Die technische Ausführung könne man dann ja etwa den Völkerbund überlassen. Für Gens habe Mac Donald be­stimmte Richtlinien.

Schroffe Ablehnung Amerikas an den Völkerbund Gens, 2. Sept. StaatssekretärHughes hat die Einladunc des Völkerbunds, an der Beratung des dritten Völkerbunds­ausschusses über Waffen- und Munitionstransporte, Ab­rüstung und Sicherheit teilzunehmen, lautChicago Tri­büne" kurz und bestimmt abgelehnt. Ueber die Transport« sei der amerikanische Standpunkt bereits bekannt. Die Ver­einigten Staaten seien aber bereit, an einer internationalen Regelung (ohne Völkerbund) teilzunehmen.

Amerikanische Vorschläge gegen den Angriffskrieg Genf, 2. Sept. Dem Völkerbundsrat ist ein von den amerikanischen Generalen Bliß, Humter, De Miller und Schottwell privat verfaßter Plan gegen den Angriffs­krieg bekanntgegeben worden. Danach solle jeder An­griffskrieg für ungesetzlich und als internationa­les Verbrechen betrachtet werden; die Vertragschließen­den sollen sich v e r p fl i ch t e n, sich dieses Verbrechens nicht schuldig zu machen. Es sollen aber auch Angriffshand­lungen, selbst wenn sie nicht zum Krieg führen, ebenso die Vorbereitungen dazu als Bruch der internatio­nalen Gesetze gelten. Jeder Unterzeichner des Ver­trags, der sich weigert, sich der Rechtssprechung des inter­nationalen Gerichtshofs zu unterwerfen, soll ohne wei­teres als Angreifer betrachtet werden; ebenso jeder andere, der binnen vier Tagen nach der Mitteilung von der Einreichung der Klage nicht die Zusicherung gegeben hat. daß er sich der Rechtssprechung des Gerichtshofs unter­werfen werde. Der Gerichtshof soll ferner befugt sein, vor­läufige Maßnahmen zu treffen, die zur Wahrung des Rechts eines jeden in den Streitfall verwickelten Staats zu ergrei­fen sind. Uebertriebene Rüstungen sollen bereits eine Kriegsdrohung darstellen und es soll deshalb ein ständiger beratender Abrüstungsaus­schuß mit einem Sachverständigenbeirat engesetzt werden. Dem Vertrag sollen auch Nitchtmitglieder des Völkerbunds durch Unterschrift beitreten können. Es wird ferner hervor­gehoben, daß besondere gegenseitige Abkommen zwischen zwei oder mehreren Nachbarstaaten zur Errichtung eines militärfreien Grenzgebiets die internattonal« Sicherheit und damit die allgemeine Abrüstung fördern würde.

Neue Nachrichten

Die Uebergabe der Erklärung über die Kriegsschuld verschoben

Berlin, 2. Sept. Die Erklärung der Reichsreglerlmh Über die Kriegsschuldfrage betonte ausdrücklich, daß den ausländischen Regierungen diese Erklärung zur Kenntnis gebracht werden solle. Ein bestimmter Zeitpunkt für dis Uebergabe der Erklärung war nicht darin genannt. Auch jetzt kann die Reichsregierung noch nicht sagen, wann sie die Erklärung zum Gegenstand eines diplomatischen Schrittes machen werde. Die Reichsregierung glaubt, daß die Anwe­senheit einer Anzahl von Ministerpräsidenten in Genf für die Uebergabe eine technische Erschwerung mit sich bringe. Sie wird daher den Zeitpunkt er st später festsetzen.