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Nagoläer Oagblatt

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»Unsere Heimat"

MN illustrierter Sonntagsbeilage

Feierstunäen"

Schrtstlettung, Druck und Verlag von «. W. Zallei (Karl Zaller» Nagold.

«I. 174

Gegründet 1826.

Samstag de» 26. Juli 1924

Fernsprecher Nr. 29.

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Telegramm-Adresse: Gesellschafter Ragokt.

Postscheckkonto: Gtuttgart 8113.

98. Jahrgang

Wien, 25. Juli 19l4. (Drahtbericht). Amtlich wird gemeldet: Wenige Minuten vor 6 Uhr erschien der serbische Ministerpräsident Pasttsch in der öfter- reich ungarischen Gesandtschaft in Belgrad und erteilte dem Gesandten Frhr. v. GieSl eine Antwort, die nicht befriedigte. Daranf teilte der österreich-ungarische Ge­sandte dem serbischen Ministerpräsidenten mit, daß er den Auftrag habe, die diplomatischen Beziehungen ab­zubrechen. Frhr. o. GieSl hat um 6'/- Uhr mit dem gesamten GesandtschaftSpersonal Belgrad verlassen.

Bereils um 3 Uhr nachmittags hatte die serbische Regierung die Mobilisation der gesamten serbischen Armee angeordnet.

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Wien, 27. Juli. Die österreichischen Truppen haben die Donaubrücke von Semlin nach Belgrad besetzt.

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Wien, 28. Juli. Die Serben haben die Donau­brücke zwischen Belgrad und Semlin in die Luft ge­sprengt. (Nicht amtlich).

DaS Reutersche Büro erfährt aus Londoner Kreisen, die in enger Berührung mit Wien stehen, daß die mi­litärischen Borbereilungen, die Oesterreich-Ungarn jetzt treffen werde, Serbien noch Zeit geben werden, seine Antwort einer nochmaligen Erwägung zu unterziehen.

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Halbamtlich wird gemeldet, Rußland wird die Ver­nichtung einer slavischen Macht nickt zugeben, ist aber bereit, Oesterreich-Ungarn in seinen berechtigten Forde­rungen zu unterstützen und wird Serbien Nachgiebig­keit zuratm, wobei eS aber niemals zugeben wird, daß für das Verbrechen eines Einzelnen das ganze serbische Volk gestraft wird. Weder Serbien noch Rußland können

einen Eingriff in die Hoheitsrechte eines Balkanstaates zugeben.

In Petersburg finden große serbenfreundltche Kundgebungen vor der serbischen Gesandtschaft statt.

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Sir Edward Grey schlägt eine Konferenz der Bot­schafter von Deutschland, Italien, Frankreich und Groß-

Vor 10 Jahren!

britannien vor, wenn sich die Beziehungen zwischen Oesterreich-Ungarn und Rußland verschlimmern würden.

Deutschland lehnt den komplizierten Apparat einer Botschasterkonferenz ab und glaubt, daß der Sache des Friedens durch die bereits von Kabinett zu Kabinett mit gutem Erfolg begonnene VermittlungSaktion bester gedient würde, zumal ja auch die diplomatischen Ver­handlungen zwischen Wien und Petersburg noch fort- gehen. ^

Wie», 28. Juli 1914. (Amtlich). Oesterreich- Ungarn richtete heute an Serbien die offizielle Kriegs­erklärung: Da die königlich-serbische Regierung die Note, welche ihr vom österreich-ungarischen Gesandten in Belgrad am 23. Juli übergeben worden war, nicht in befriedigender Weise beantwortet hat, so sieht sich die K. u. K. Regierung in die Notwendigkeit versetzt, selbst für die Wahrung ihrer Rechte und Interessen Sorge zu tragen und zu diesem Ende an die Gewalt der Waffen zu appellieren. Oesterreich Ungarn betrach­tet sich daher von diesem Augenblick an als im Kriegs­zustände mit Serbien befindlich.

Der österreichisch-ungarische Minister deS Aeußern:

Graf Berchtold.

Oesterreich-Ungarn erklärt, daß es nicht auf terri­toriale Erwerbungen auSgehe.

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29. Juli. In Rußland wird im Süden und Süd­westen die Mobilmachung befohlen.

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Die russische Grenzstation Wtrballen wird durch

eine russische Brigade besetzt.

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30. Juli. Die deutschen Bemühungen drehen sich in heißem Bemühen um das eine Ziel, Rußland zu bewegen, die Mobilmachungsmaßnahmen rückgängig zu machen. Oesterreich und Deutschland aber dürsten in den nächsten Stunden, wenn diese Bemühungen nicht zum Ziele führen, in Petersburg die Anfrage stellen, welchen Zweck die russischen Rüstungen haben.

Frankreich konzentriert Truppen an seiner Ost­grenze. *

Berlin, 31. Juli 1914. Aus Petersburg ist heute die Nachricht des deutschen Botschafters eingetroffen, daß die allgemeine Mobilmachung der russischen Armee und Flotte befohlen worden ist.

G

Berlin» 31. Juli 1914. Der Kaiser hat auf Grund des Artikel 68 der ReichSoerfaffung das Reichsgebiet in Kriegszustand erklärt. Für Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

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Wien, 3l. Juli 1914. Der Kaiser ordnete infolge der russischen Mobilisierung allgemeine Mobilmachung an. «

Der französische Soztaltstenführer Jaurös wird von einemUnbekannten" erschaffen.

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Deutschland stellt in der Nacht vom 31. Juli auf

1. August an die russische Regierung die Aufforderung, die Mobilmachung gegen uns und unseren Bundesge- nossen einzustellen und hierüber eine bündige Erklärung binnen 12 Stunden abzugeben. Dieser Auftrag wurde in der Nacht vom 31. Juli auf 1. August um Mitter­nacht ausgrführt. Eine Antwort der russischen Regie­rung ist nicht eingelanfen, obwohl der russische Tele­graphenoerkehr noch funktionierte. Dagegen fand in derselben Nacht ein Angriff russischer Patrouillen gegen die Etsenbahnbrücke über die Warthe bei Etchenried statt, der abgewiesen wurde. In der Nacht vom 1. zum

2. August hatten eine stärkere russische Kolonne mit Geschützen die Grenze bei Schwidden südöstlich Btlalla überschritten. Zwei Schwadronen Kosaken ritten in der Richtung auf Johannisburg. Hieuach hat Rvßlaad deutsches Reichsgebiet angegriffen und den Krieg eröffnet.

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Deutschland stellt eine befristete Anfrage an Frank- reich, was es im Falle eines deutsch-russischen Konflikte» tun würde. Die Antwort lautet:Frankreich wird tun, was ihm seine Interessen gebieten".

Oesterreich-Ungarn und dieKriegsschuld".

Aus einem Schreiben des Feldmarschalls Tonrad von Hoetzendorff geben wir als Antwort aus die im französischen Pressedienst erhobenen An­schuldigungen, wonach Feldmarschall vonHoetzendorff die Kriegsschuld der Mittelmächte im 4. Bande seiner Er­innerungen zugeben soll, folgende Erklärungen im Wortlaut wieder:

«Daß meine imütigen Publikationen von der Gegenseite durch Herausgreisen einzelner Abschnitte zur tendenziösen Entstellung der Tatsachen benutzt werden würden, war vorauszusehen.

Als wahre Tatsache bleibt aber heute ^ür jeden vor­urteilsfreien vernünftigen Menschen klar:

daß Oesterreich-Ungarn seit Jahren von Serbien durch eine gefährliche, gehässige und agressive Propaganda bedroht und schließlich durch den Fürstenmord auf das brutalste herausgrsordert wurde;

daß Oesterreich-Ungarn hierauf, wollte es nicht als Großmacht abdanken, nur mehr durch eine scharfe Demarche antworten konnte;

daß, wenn Serbien die Demarche voll und ganz an­genommen hätte, ein Kriegsgrund für Oesterreich-Ungarn, a lo selbst der Krieg gegen Serbien entfallen wäre;

daß Serbien aber dies nicht tat, sondern sich hinter ußland und besten Verbündete flüchtete.

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Die Ursachen des Weltkrieges wurzeln so tief in g 2 den politischen Verhältnissen Europa», wo seit 1871 8 durch da» Eintreten Deutschland» in die Rethen der 2 Großmächte eine neue Konstellation geschaffen wurde, 0 daß die Frage nach dem äußeren Anlaß, der 1914 zur g Katastrophe führte, beinahe als Naivität wirkt. Sicher

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8 Katastrophe führte, beinahe als Naivität wirkt. Sicher Ö 8 würden sich viele kluge Männer nicht darüber den Kopf 8 0 zerbrechen, wenn diese Frage nicht eine praktische Be- 2 8 deutung für die Haupigegner im Weltkriege, Deutsch- 8 2 land und Frankreich hätte. Ich bin der Meinung, daß 2 0 die Auffassung von der Alleinschuld Deutschlands kaum 2 g die aufrichtige Urberzeugung selbst von Herrn Poincarö 8 0 sein dürfte; wenn man aber, sich auf die These der g 8Alleinsch uld" Deutschlands stützend, eine Erpres sung»- 8 2 Politik treiben kann, so ist es ja klar, daß man sich an 0 diese Auffassung krampfhaft festhält, oder sich wenigstens den Anschein gibt, daran zu glauben I

W. Suchomlinow, russischer Krirgminister 1909ISlS. ,

daß Rußland sofort die Gelegenheit ergriff, den allgemeinen Krieg zu entfesseln;

daß Frankreich sofort an Rußlands Seite trat, daß England schließlich das gleiche -tat,

daß aber der allgemeine Krieg unterblieben wäre, wenn Frankreich und England dies nicht getan Hütten, es also in ihrer Hand lag, den allgemeinen Krieg hintanzuhalten.

Oesterreich-Ungarn hatte nur den ihm aufgezwunge­nen Notwehrakt gegen Serbien im Auge; nur auf diesen bezog sich der Entschluß zur Demarche und nach deren Ablehnung, zur Mobilisierung gegen Serbien. Die Entfesselung eines großen Krieges lag Oesterreich- Ungarn (und auch Deutschland) völlig fern. Die Un­vermeidlichkeit des Vorgehens gegen Serbien wurde nicht nur von mir, sondern von allen berufenen Funktionären (selbst schließlich von Graf Tisza) anerkannt und vertreten, weil diese Unvermeidlichkeit eben bestand. Auch der friedlieben st e Fürst Europas, Kaiser Franz Joseph, sah das Vorgehen gegen Serbien für unvermeidlich an.

Man denke sich einen anderen Eroßstaat in Oesterreich-Ungarns Lage!

Jene, die Oesterreich-Ungarn bei seinem Notwehrakt in den Arm fielen, sind zu Verbrechern an der Ent­fesselung des Weltkrieges geworden, mögen sie sich darum scheinheilig herumdrücken, so viel sie wollen und feige ver­schweigen, was ihre wahren Absichten enthüllen würde mögen sie einem blinden Publikum auch weiter Vor­täuschen, was ihnen beliebt.

Die z u k ü n f t i g e G e s ch i ch t s s ch r e i b u n g wird ihnen hoffentlich die Maske vom Gesicht reißen und ihre widerliche He u- chelei ans Licht zu ziehen wissen.