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Unsere Heimat"

Gegründet 1826.

Nagoläer Oagblatt

mit illustrierter Sonntagsbeilage

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scqUjlte-.imig, Druck un» Beitag oon «. W. Zotte r (Karl Zayer) »ia»ol».

Samstag den 12. Juli 1824 Fernsprecher Nr 29

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88. Jahrgang

Gegen die Ariegsfchuldlüge!

1919 1924 .

ES war in Weimar 19l9 bei der Natwnaloetsammiung. Der FrtedenSoertrag wird beraten. Annahme oder Ableh­nung? Fieberrot alle die Köpfe der Volksvertreter. Eine Last der Verantwortung, der Schwere, des Unheils, eine schwarze Wolke zog über sie deutschen Lande. Da, ein Wort, so kräftig und sicher: Die Hand muß verdorren, die diesen Vertrag unterschreibt! Ein plötzliche« Gefühl der Befreiung, der LoSlö ung von dem inneren Druck, dem inneren Ringen und Quälen zieht durch den hehrn Saal. Nein! und nochmal« nein! Und drüben am Ufer deS Rheins stand der Erbfeind, höhnisch lächelnd, kühl. Am Ufer der Seine im prunkvollen Zimmer da saßen die Clemencrau, Lloyd George und Wilson. Ihre Augen blicken unruhig, sie harren eine Nachricht von den Deutscher^ ob ja oder nein? Sie zweifeln, ob sie nicht doch zu wett gegangen? Doch nein, wenn st-, die Boches, nicht wollen, dann marschieren wir! Wir wollen marschieren! Deutschland muß klein werden! Sie können nichts mehr machen, sie fallen auSeinanoer! Ha! Immer noch warten sie!

Während dessen ist drunten in Weimar die Entscheidung weitergegangen. Klar steht die Lage vor dem geistigen Auge: Wenn nein, dann Einmarsch der französischen Truppen in Deutschland, unerhörte, durch die noch lebendigen Leiden­schaften deS Kriege« verschärfte BesatzungSleiden, Mainlinie, gewaltige Propaganda der Ementemächte und leichte Empfäng­lichkeit der durch den Krieg oon der StaatSgesinnuug weg­gekommenen Bevölkerung kurz: Zerfall der deutschen Ein­heit! Wenn ja. dann gewaltige Opfer an Geld, Gut, Deutschtum, langjähriges Unterdrücktsein, aber doch: Hoffnung auf Erhaltung des Reichs! Die Geister rangen, hart war die Entscheidung erkämpft! ES wurde unterschrieben, auch der Schuldparagrsph.'

5 Jahre sind vergangen seit jenen schicksalsschweren Juni­tagen 1919. Die Schuld am fürchlerltchen Kriege müssen wir mit uns schleppen, wie Bleikugeln an den Füßen. Und doch wenn nirgends, so doch hier, es sind Silberstreifen am schwarzen Horizont, die künden einen Umschwung an, die zeigen, daß doch nicht mehr alle, und nicht die schlechtesten, daran glauben, daß Deutschland ganz allein am Krieg schuld sei.

Diese« allmähliche Umwandeln und Durchsickern muß klug benützt und auSgebeutet werden, nicht mit plumpen Forderungen, jetzt muß die Kriegsschuldlüge weg, auf einmal muß sich alles ändern. Das geht nicht und die Feindregie­rungen werden sich mit aller Macht und aus allzuklaren Gründen dagegen stellen, einer allgemeinen, offenen Erör­terung der KriegSschuldfrage zuzustimmen. Die Aufrollung derKrtegSschuldfrage ist ein Problem, für daS unsre fähigsten Köpfe gerade gut genug sind. Und eine der ersten Arbeiten wird es sein, denjenigen Deutschen, die das eigene Nest be­schmutzen, die Wahrheit vor Augen zu führen und sie von der Unrichtigkeit ihrer Ansichten zu überzeugen. DaS Ge» wissen Deutschlands muß rein sein, wir wollen auch unsere

Fehler eingestehen, denn Fehler hat jede Regierung gemacht. Aber wogegen wir kämpfen müssen, in kluger, vielleicht noch stiller, aber zäher bewußter Arbeit, da« ist die Behauptung von der Allemschuld Deutschlands am Wellk-iea Um unserer Ehre und um unseres Vaterlandes willen müssen wir da«!

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8 23,.

Deutschland erkennt an, daß Deutschland und seine Verbündeten als Urheber für alleVerluste und Schäden verantwortlich sind, die die Alli' irrten und Assoziierten Regierungen und ihre Staats­angehörigen infolge der ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten ausgezwu^, aenen Krieges erlitten haben!

Eli, «merilimtt W KrikMnlMge!

Die petnUHe^Frage nach der SchrW am Weltkrieg wirk auch in Amerika nicht nur immer häufiger gestellt, sondere, auch immer häufiger beantwortet, und die Antworten brin­gen eine ganze Reihe von Leuten in ständig wachsende Ver­legenheit. Die neueste Teufelsaustreibung wird soeben vor dem Geschichtsprofessor Harry Eimer Barnes vom Smith Eollege in der Monatsschrift derNew Zfork Times" vor- genonrmen. Barnes betont, daß er weder m seinen Studien, noch in irgendeiner persönlichen Beziehung deutscher Ver­wandtschaft verdächtig ist, Latz er im Gegenteil während de- Kriegs stramm zu England und Fra.ckrc.ch hielt. Er mach! auch nicht den leisesten Versuch, irgendwelche neuen Tat­sachen enthüllen; sein Zweck ist lediglich,die Schliffst darzustellen, zu denen wir durch die seit 1914 und besonder- seit 1919 veröffentlichten amtlichen Schriftstücks unausweich­lich gezwungen werden". Die Hinnahme des Artikels 231 des Versailler Vertrags durch Deutschland werde gewöhnlich als Schuldbekenntnis für alle Zeiten ausgelegt und damit als Rechtfertigung für die Behauptung der Gegenseite. Diese Annahme könne indes von niemand geteilt werden, der mit den Methoden des Verbands während der Friedens­konferenz vertraut sei. Deutschland sei nichts anderes übrig geblieben, als das Schuldbekenntnis zu unterzeichnen oder einen Gebietseinbruch über sich ergehen zu lassen, mit der Wahrscheinlichkeit im Hintergrund, daß ihm ein Schuld­bekenntnis doch abgepretzt würde. Im Licht -dieser offen­kundigen Tatsachen sei es klar, daß die Frage nach der Ver­antwortlichkeit für Len Kriegsausbruch ihre Lösung nur aus Grund der unumstößlichen urkundlichen Beweise finden könne, die uns cm die Hand gegeben seien.

Der Verfasser breitet nach diesen einleitenden Bemerkum

gen seine Beweise vor dem Leser aus und begrüßt es außer­ordentlich, daß Deutschland, Oesterreich und Rußland ihr« Archive geöffnet haben, da aus diesen Veröffentlichungen auch viel über die Geheimdiplomatie von Italien, England und Frankreich bekannt geworden ist. Die Franzosen hätten zwar auch einiges veröffentlicht, aber ihre Gelben Bücher seien amtlich herausgegeben und die verfänglichen Akten­stücke seien natürlich unterdrückt. Die französisch-briti­schen Verhandlungen seien teilweise aus den russischen Ar­chiven aufgedeckt worden, aber es wäre wünschenswert, mehr über etwa mögliche Geheimverhandlungen zwischen Frankreich und England, die von Rußland nicht preisgegeben wurden, zu erfahren".

Neben den diplomatischen Vereinbarungen und Verwick­lungen, sagt Barnes, lief ein unheilverhsißendes und kost­spieliges Wettrüsten einher. Amerikaner sind daran ge­wöhnt worden, die Vermehrung der Land- und Seerüstun­gen von 1890 an als nur deutsche Erscheinung zu betrachten« von Deutschland eingeleitet und von Rußland, Frankreich und Großbritannien zögernd, schwachherzig und unwirksam nachgemacht als Abwehrpolitik. Das ist zum Teil dem Um­stand zuzuschreiben, daß die wortreichen Ausiassungen de» Kaisers über Militärsachen gute Zeitungsnachrichten abga- ben, und zum Teil der Tatsache, daß die große Mehrzahl unserer eigenen Nachrichten über Deutschland auf dem Weg» über die Northcliffe-Presse und andre englische Blätter, d.i ausgesprochen deutschfeindlich im Ton waren, nach Amerik« kamen. Wenn möglich ist der Eindruck an diesem Punk! noch irrtümlicher gewesen als in der Frage der Schuld Deutschlands am Krieg. Die nüchternen Tarsachen zeige:! an, daß Deutschland und Oesterreich zusammen eine Land- und Seerüstung unterhielten, die halt so groß und so teuer war als die von Eng- land, Frankreich und Rußland zusammen Frankreich, das gewöhnlich als friedfertig, unvorbereitet uni schutzlos ausgegeben wird, plante 191314 ein Heer, das auf den Kopf um zwei Drittel größer war als die vor Deutschland in seinem letzten Heereshaushalt vor dem Welt­krieg ln Aussicht genommene. Man hat großes Gewicht ge­legt auf die eigenartige Gefahr, die angeblich in der Ver- schweißung von Autokratie und Militarismus in Deutsch land und Oesterreich liegen sollte. Aber oie alte Auffassung daß eine Demokratie und Militarismus und Krieg gegen­seitig unversöhnlich seien, nruß als grundloser Irrtum au! die Seite geschoben werden. Der Kriegsgcist in der briti­schen Marine und in Frankreich war kräftiger und angriffs­lüsterner wie der von Potsdam oder Wien oon 1412 bi- 1914.

Der größte Teil der Abhandlung ist der Verteilung der Verantwortlichkeit gewidmet. In Bezug au! Deutschland muß nach Barnes zunächst die militärische Ueber- lieserunL im Auge behalten werden, die es von der Bismarck« schen Zeit her geerbt hat. Bismarck hat ohne?Zwetfel Frank­reich hart angefaßt, aber der Reoanchegedanken wurde nicht nur in Frankreich, sondern auf dem ganzen Festland gepredtgi.

Der erste deutsche Kolonialbesitz.

Unter dem genialenGroßen Kurfürsten" Friedrich Wilhelm wurde ein ernster energischer Anlauf zum Erwerb von überseeischen Kolonien und zur Schaffung brandenburg- preußischer Seegeltung gemacht. Allzu früh aber für seine meitausschauende Kolonialpolitik starb 1688 der groge Hohenzoller, und nach seinem Tode fehlte den jungen Ko­lonien ihr mächtiger Beschützer. Sie verfielen nach und nach. Groß-Friedrichsberg an der heute englischen Eoldküste gelegen wurde 1717 an die Holländisch-Westindische Kom­pagnie verkauft, und die auf einer Insel bei Kap Blanko nördlich des Senegalflusses gelegene Feste Arguin wurde 1721 nach tapferer Gegenwehr der Besatzung von den Fran­zosen erobert. Heute erinnern nur noch einige Mauer­überreste an der Euineaküste an jene Zeit.

Derjenige aber, der auf Erotz-Friedrichsburg am Neujahrs- tage des Jahres 1883 hosfnungsfroh die brandenburgische Flagge hisste, Major Otto Friedrich v. Groeben, er war der erste Schutz- rruppenoffizier und seine tapfere Mannschaft die erste deutsche Schutztruppe, die im dunkeln Erdteil das neuerworbene Gebiet zu schirmen und zu schützen hatte. Leider nur für kurze Zeit, denn nach Friedrichs Tode schlief das Verständnis für den Wert von Kolonialbesitz ein, um erst 200 Jahre später aus tiefem Dornröschenschlaf gerade noch in letzter Stunde zu erwachen und dann unter Kaiser Wilhelms II. zielbewutzter Führung Gemein­gut der Nation zu werden.

In der ersten Hälfte der achtziger Jahre des vorigen Jahr­hunderts wurde über dem grössten Teil unseres jetzigen Kolonialbesitzes die deutsche Flagge gehißt. 1884 in Ostasrika, Südwestasrika^ Kamerun und Togo. 1885 ist Kaiser-Wilhelms- «md auf den Inseln des Bismarck-Archipels, den Palau-, Marschall- und Salomons-Jnseln. 1897 wurde Kiautschou be- 18W kamen die Karolinen durch. Kauf an Deutschland, 1900 endlich wurde Samoa erworben.

Das schmachvolle Versailler Diktat, dessen Gedenktag sich nrrzlich zum fünften Male jährte. hat uns unserer Kolonien beraubt. Vorbei ist die deutsche Kulturarbeit und die einstige «lute unserer Schutzgebiete, umsonst der Heldenkampf unserer braven Schutztruppen' Wie es heute in unseren Kolonien, die vckanntlich jetzt sog. Mandatsgebiete sind und dem sagenhaften

Völkerbund" unterstehen, au-siekst schildert der ehemalige Gouverneur von Dcutsch-Südwest, Wirkt. Geh. Rat Dr. Heinrich Schnee. M. d. R., in einem hochbeachtenswerten Artikel in der unlängst erschienenenS chutztrup-pen-So ndernum- mer" derK r i e g e r i c i t u n g" (Kysfhäuser-Berlag, Ber­lin W. 60). Wir haben im April dieses Jahres aller Orten in deutschen Landen den Erinncrungstag an die erste Erwerbung

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X Feste Eroß-Friedrichsburg, eine Gründung des Großen H ^ Kurfürsten an der westafrikanischen Küste im Jahre 1883.

Z (Nach einer zeitgenössischen Abbildung.) H

deutschen Kolonialbesitzes gefeiert. Die Eeburtsstunde unserer Kolonialpolik war der Augenblick, als Bismarck die bedeutsame Depesche an den deutschen Geschäftsträger in Kapstadt sandte, nach der die Besitzungen der Ueberseefirma Lüderitz unter deut­schen Schutz gestellt wurden. Was liegt alles zwischen dem leuchtenden damals und dem grauen heute! Das oben erwähnte reichillustrierte Heft (Preis nur 25 Pfg.) spricht durch den Mund berufener Kolonialvertreter und Helden, wie Lettow- Vorbeck. Mayer-Waldeck und zahlreichen anderen deutschen Führern in unsern Kolonien, eine beredte Sprache. Es erinnert an Bismarcks Wort:Ein« Kolouialpolitik ist überhaupt nur dann möglich, wenn sie von einer Mehrheit des nationalen

Airlens mit Entschlossenheit und Ueberzeugung getragen wird" (Reichstag am 2. 3. 1885) und enthält u. a. die beherzigenswerte Mahnung des ehemaligen Staatssekretärs des Ncichskolonial- amtes. Dr. Sols:Vergeht die Landsleute nicht, die in den deutschen Schutzgebieten treu zur deutschen Sache standen, für sie

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ä Kastell Arguin, eine Gründung des Großen Kurfürsten an ^ H der westafrikanischen Küste im iäahre 1887. (Nach einer H - zeitgenössischen Abbildung.) .>

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kämpften und litten. Ein Neudeutschlandübcrsee mutz und wird wieder erstehen!" Den innersten Kern der Frage trifft zweifel­los der ehemalige Gouverneur von Dcutsch-Südost. Exzellenz Seitz, wenn er schreibt:Deutschland ohne Kolonien ist ein Rumpf ohne Glieder !"

Das wollen wir uns merken und immer an der Wieder­gewinnung unseres ehrlich erworbenen Kolonialbesitzes arbeiten, wie dies anläßlich der im ganzen Reiche am 28. und 29. d. M. veranstalteten Kundgebungen gegen die Schmach von Versailles auch zum Ausdruck kam.