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Rr. 154
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ÄMeblatl für den Oberamlsbezirk Aagold
mit äer Beilage
„Unsere Heimat"
Nagoläer Oagblatt
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„Feierstunäen"
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Gegründet 1826 . Donnerstag den 3. Juli 1924 Fernsprecher Nr. 29.
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98. Jahrgang
Tagessyieael
Reichspräsident Eberl hat sich auf einige Tage zur Erholung auf das Land begeben.
Das Reichskabinett erörterte am 1. Juli weiter die Gesetzentwürfe, die durch das Sachverständigengutachten nötig werden und die in der zweiten Juliwoche dem Reichstag vorgelegt werden sollen. Ferner wurde eine neue Rote nach Moskau behandelt, sowie die Reisefürsorge für die Aus- gewiesencn.
Der Deutsche Rotbund gegen die Schwarze Schmach ver- langt von der Reichsregierung, daß sie auf die Entfernung der farbigen Feindestruppen aus deutschen Landen dringe.
Liner Gerverkschastsabordnung gegenüber erklärte der R'ichsarbcitsminister. die Regierung werde Zwangsmaß- vu: men ergreifen, um eine allgemeine Senkung der Preise aus den Vorkriegsstand herbsizuführen. Die von.den Ruk '- ze>hcllbesitzern beschlossene Ermäßigung der kohlenpreise um 20 Prozent werde übrigens von selbst eine Senkung der Warenpreise auswirken.
^ Alke eingeladenen Großmächte haben die Beteiligung an -ec Londoner Konferenz am 16. Juli zugesagt.
Rach blutigem Kampf haben spanische Truppen das von de« Eingeborenen bedrängte Fort Tazza (Marokko) befreit and ihm Lebensmittel und Munition zugeführt.
Die Erregung in Japan über das am 1. Juli in Kraft ge- ketene Eimvanderungsgesetz ist aufs neue entflammt. Der Minister des Aeutzeren sagte im Parlament, Japan könne nicht zugeben, daß das letzte Wort gesprochen fei.
Die drei Dawes-Gesetze
Ihre Fertigstellung und die Londoner Konferenz
Es mehren sich die Pressestimmen, besonders di« französischen, die von einer Verschiebung derLondoner Konferenz vom 16. Juli auf einen späteren Termin sprechen. Der erste Eindruck solcher Meldungen ist der, daß der französische Ministerpräsident Herriot bei der Durchfüh- rung seines „Programms der Verständigung" auf neue Schwierigkeiten, offenbar Poincarescher Herkunft, gestoßen st und daß Deutschland mit seinem Anspruch auf endliche Klärung der Entschädigungsfrage wieder einmal möglichst iange hingehalten werden soll.
Verdächtig sind auch die Gründe, die für eine Vertagung )er nächsten Zusammenkunft der Verbündeten genannt murren: Die deutschen Gesetze zur Durchführung des Dawesgut- 'chtens seien ja noch nicht fertig. Die deutsche Regierung :ber müsse die betreffenden Entwürfe erst im Reichstag zur mdgültigen Annahme gebracht haben, damit der Erfüllungs- »ille klar und unumstößlich hervortrete. Das sieht also beinahe so aus, als wolle man mit der Anberaumung der neuen Konferenz einen Druck auf die Berliner Regierung ausüben, wmtt sie, nachdem sie die militärische „Generalinspektion" o brav geschluckt hat, sich nun auch mit der Unterwerfung inter das Diktat der Sachverständigen beeilt.
Aber der Schlag, wenn es ein solcher sein sollte, fiel ins Wasser. In der Berliner Wilhelmstraße fühlt man sich durch Ue Androhung eines späteren Termins der Londoner Kon- erenz nicht betroffen. Und dies ist, beabsichtigt oder nicht, 's" guter Schachzug. Die maßgebenden Stellen erklären, Ke Verschiebung der Londoner Konferenz sei ihnen nicht unangenehm, denn so sei ihnen Zeit gegeben, die verlangt n vesetze ohne Uebereilung zustande zu bringen. Bis zum 16. mili käme man auf keinen Fall zu Streich. Der deutschen negierung liege aber sehr viel daran, die Gesetze juristisch wd politisch bis zum letzten Paragraphen ausgcsochten und estgelegt zu haben.
. Es sind drei Gesetzentwürfe. Sie werden im gegenwär- !gen Augenblick gerade vom Reichskabinett und von den ^genannten gemischten Kommissionen beraten: Erstens das besetz über die Goldnotenbank, zweitens das über die tlsenbahnen, drittens das über die I n d u st r i e o b l i- l.ationen. Wie man weiß, woran man sich aber leider '-et zu schnell gewöhnt hat, soll die Reichsbank, die Renten- wnk und die Schachtsche Golddiskontbank zugunsten eines
reuen internationalen Rotenbankinstituts geopfert wer-
-en. deutsche. Präsident und die deutsche Direktion der >euen Emissionsbank unterstehe,, der Kontrolle dos aus deutschen und sieben ausländiscl)en Mitgliedern be- ^eyenden Generalrats und eines Kommissars, der bei seiner -!-ahl mindestens sechs ausländische Stimmen des General- vereinigen muß. Der Kommissar hat das Recht '-e Tätigkeit der Direktion in allen Einzelheiten zu verfolgen m^Meschränkte Vollmachten haben in allen Fra- k-n der Rotendeckung und der Notenausgabe. Er bekomm! "ur Eurblick in alle Einzelheiten des Geschäftsbetriebs deutschen Zentralbank und damit in die Ver- ^ Mt dieser Bank arbeitenden deutschen Unter Ladern er ist auch der Herr über die Notenaus und ^ oberste Instanz für die deutsche Geld
Zollpolitik... Das alles muß setzt von deutschen Mini
stermlresercnten zu Papier gemacht und im preimsrag au-- gekämpft werden. Der Kampf wird bestig und bitter sein. Denn es gebt um Währung imd .Kredit.
Noch heikler liegen die Dinge beim Eisenbahn- sese tz. Das Eisenbahnwesen ist in den Artikeln 89 bis 96 der Weimarer Verfassung geregelt. Man lese diese Bestimmungen einmal aufmerksam durch und vergleiche sie mit dem tlusbeutungsplan des Dawesgutachtens. Man wird sofort die ungeheuren gesetzgeberischen Mpnen entdecken, durch die das Schiff des neuen Reichsbahn-Gesetzentwurfs hindurch muß.
Was das Gesetz über die Jndustrieobliaationcn knbetr'ifft, so ist hier zum Unterschied gegen die beiden anderen Kommissionen ein Neutraler, der Bankier Wellenberg in Stockholm, als Schiedsmann über ausgetretene sKreditstreitigkelten zugezogen worden. Dabei handelt es sitz hber nicht etwa um Bedenken, die von deutscher Seite geltend gemacht werden, sondern um Unstimmigkeiten, die — Zwischen den Vertretern der verbündeten Regierungen entstanden sind! Und das ist ein fast wohltuender Witz in Hestm Trauerspiel des deutschen Ausverkaufs zum Zweck der Reparationsbefriedigung. —er.
Das bayerische Regierungsprogramm
München, 2. Juli. Im Landtag gab heute der neue Ministerpräsident Held die Ministerliste bekannt und legte bann das Programm der Regierung dar. Die Rheinfrage sei nicht nur eine deutsche Schicksalsfrage, sie sei svieder einmal zur europäischen Frage geworden. Von ihrer Lösung hänge es ab, ob Europa den von den Völkern ersehnten Frieden bekomme. Damit Deutschland wieder zum Leben komme, bedürfe es der Freiheit am deutschen Rhein. Das sei notwendig, um der deutschen Wirtschaft willen, aber ebensosehr auch um der deutschen Ehre willen, woran das deutsche Volk auch in den schrecklichsten Zeiten der Bedrückung denken müsse, woran aber auch andere denken sollten, wenn ihnen die Wiederherstellung des Friedens in Europa nicht nur eine Redensart sei. Held dankte sodann den pfälzischen Brüdern datür, was sie im Kampfe für die Erhaltung des Deutschtums bisher leisteten.
Der Ministerpräsident wies-dann auf dis große Gefahr der staatsfeindlichen Bewegungen hin, die von der dritten Internationale in Moskau Antrieb und Kraft erhielten. Die Hauptursache der unseligen, den Staat in seinen Grundfesten bedrohenden Entwicklung, wie sie sich auch im Vorjahr zeigte, liege zweifellos in der R e- »olution von 1918. Alles, was sich inzwiftsten an falscher Einstellung zum Staat in Gärungen, Putschversuchen usw. auswirkte', finde darin seine Erklärung, wenn auch richt seine Entschuldigung. Das oberste Ziel der Regierungen von heute müsse es sein, jede RevolutlotlsgesiNNÜNg W überwinden durch Erziehung zum Staat und für den Staat.- Eine bewaffnete Macht außerhalb und neben der Staat« gemalt dürfe es in einem geordneten Staat nicht geben. Diel Unzufriedenheit mit der heutigen Staatsform mache es der vtaatsregierung zur gebieterischen Pflicht, auf vernünftige Ausgestaltung und Reform der Verfassung Bedacht zu nehmen, die sich aber nur in gesetzlichen Formen vollziehen dürfe.
Beber das Verhältnis Bayerns zum Reich führte der Ministerpräsident aus, Bayerns Pflicht sei es. nicht nur an sich selbst zu denken, sondern auch für das Reich mikzusorgen und mitzuopfern. Freudig bekenne er sich zum Reich, zu seiner Einheit und Geschlossenheit und zu dem Programm der Aeichspolitik, das die Weltgeltung des Reichs wieder neu begründe, zielbewußt aufbaue und dauernd sichere. Für den inneren Aufbau des Reichs sehe er die Voraussetzung seiner Gesundung nicht in schablonenhafter Vereinheitlichung, kraftvolle, in ihren eigenen Verhältnissen möglichst freie Einzelskaaken seien eine bessere Stütze für die Reichsgröße und Reichseinheit als zwangs- mäßige Vereinheitlichung durch die Weimarer Verfassung. Pn irgend einer Form müsse wieder eine größere Verselbständigung der bayerischen Eisenbahn und Post erreicht werden, und vor allem die bayerische Finanz- °heit, soweit sie sich irgendwie mit den Bedürfnissen des Reichs vertrage, wieder zurückgewonnen werden. An der Gleichberechtigung der christlichen Konfes- sionen im Staat dürfe nicht gerüttelt werden, und jeder Störung des konfessionellen Friedens werde die Regierung »mnachsichklich enkgegenkreken. Auch die Presse bitte er bringend, sich jeder Art von Hetze rücksichtslos zu verschliefen. Dem moskowikschen Kommunismus solle ein menschenwürdiger, gottgewollter Kommunismus der .Arbers nü Pflicht gegenübergestellk werden. '
Neue Nachrichten
Dre Finanzlage des Reichs
Berlin, 2. Juli. In einer Unterredung, die Reichsfinanzminister Dr. Luther dem Vertreter des „Nieuwe Rotter- lamschen Courant" gewährte, wies er u. a. daraut Lin. üan
das Reich bei einem Jahresumsatz von acht Milliarden Mark uur einen Bctriebssonds von 60 Millionen habe. Der Haushalt für 1921 sehe einen Fehlbetrag von 170 Millionen vor. Rur durch größte Sparsamkeit sei es möglich gewesen, bisher die Lasten zu tragen, die Deutschland durch die Besetzung wn Rhein ,und Ruhr, sowie durch die Vorenthaltung der wrtigeu Zclleinnahmen', Steuern usw. entstehen. Der Da- nesbericht lege aufs deutlichste klar, daß die deutsche Wirtschaft diese Lasten nicht auszubringen vermöge. .Die 'Lage der deutschen Wirtschaft beginne jetzt wirklich verzwei- 'elt zu werden. Man müsse angesichts der zahllosen Anträge auf Stundung oder Erlaß der Steuern mit größter Sorge in die Zutuns! blicken. Am 1. Oktober 1921 werde das Reich einen Fehlbetrag von 110 Millionen Mark haben, zu äffest Deckung weder neue Steuern noch eine langfristige Anleihe möglich seien. In diesen Betrag nicht eingerechnet sei dis jetzt notwendig gewordene Reichsbeihilfe für'die Entschädigungsleistlingen der Rnhrkohlenindustrie im Juli. Die Reichsregieruug habe beschlossen, diese Beihilfe zu leisten, um der Welt zu zeigen, daß Deutschland die äußersten Anstrengungen zu machen bereit ist, um das Sachverständigen-Gut- achten nicht zu gefährden.
Kündigung des Industrie-Abkommens Berlin. 2. Juli. Da die Reichsfinanzverwaltuna aut l. Oktober mit einem Fehlbetrag von 140 Millionen Gold- mark zu rechnen haben wird, wird sie nicht in der Lage sein, die Leistungen der Ruhrindustriellen an die französisch- belgnche Jngenieurkommission zu bezahlen. Wie verlautet, soll deshalb von deutscher Seite das Abkommen schon am 20. Juü mit Wirkung auf 1. August gekündigt werden.
Roch keine Einladung nach London Berlin. 2. Juli. Nach der „B. Z." ist an die Reichsregie- rnng noch keine Einladung zur Londoner Konferenz ergangen. es sei aber anzunehmen, daß Vertreter Deutschlands m Einzelsragen zugegezoaen werden und daß im Verlauf der Verhandlungen diese Besprechungen sich auf das ganze Ber- handlnngsgebiet ausdehnen. — Die Deutschen sind also immer noch nicht gleichberechtigt. —
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Die Große Koalilion in Preu'en Berlin, 2. Juli. Wie die Nationallib. Kcrresp. mittelst, liegen «ine Reihe von Umständen vor, die das Verbleiben der Deutschen Bolkspartei in der bisherigen preußischen Regierung in Frage stellen. Die Fraktion habe die Sachlage wiederholt eingehend besprochen, Beschlüsse seien jedoch nicht gefaßt worden. Die Fraktion werde sich alles weitere Vorbehalten.
Letzte Veranlassung soll eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem preußischen Finanzminister, der der Deutschen Bolkspecrtei angehört, und dem Zentrum gewesen sein. Das Zentrum weigert sich, die durch die Beamtengehaltsaufbesse- rung erwachsenden Mehrausgaben durch eine Erhöhung der Mietzinssteuer zu decken. Die Koalition in Preußen ist aber leinerzett auf der Grundlage geschaffen worden, daß keine Ausgaben ohne Steuerdeckuna gemacht werden. Die Deutsche Lolkspartei soll entschlossen sein, wenn das Zentrum auf der Weigerung beharren sollte, aus der Koalition auszutreten.
Herabsetzung der Abgeordnetenbezüge Berlin, 2. Juli. Die kommunistischen Fraktionen des Reichstags und des preußischen Landtags werden beantra- ssen, die Bezüge der Abgeordneten herabzusetzen und die Frei- iahr-en einzuschränke».
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Die Ankerdrückung der deutschen Schulen in Polen Warschau, 2. Juli. Im polnischen Abgeordnetenhaus er- klärte der deutsche Abgeordnete Zerbe, vor dem Krieg haben in Kongreßpolen 632 allgemeine Schulen mit deutscher Lehrsprache bestanden, jetzt gebe es nur noch 200, und auch diese seien keine eigentlichen deutschen Schulen mehr. Die Errichtung von Sammelschulen in Oberschlesien werde den Deutschen verboten und der Ankauf von Grund und Boden für solche Schulen sei unmöglich gemacht. Der Genfer Vertrag über die Mindert)eitsschuleu werde von den polnischen Behörden mißachtet.
Französische Einnistung im Ruhrgebiek Berlin, 2. Juli. Nachdem die Franzosen fest 1920 eine Mze Reche von Landgütern im attbesetzten Gebiet zur Ein- ichttmg von landwirtschaftlichen Schule« beschlagnahmt »aben, find sie dazu übergegangen, auch Landgüter im Ein- lcuch^ebiet wegzunehmen. I» Stock«» bei Dügeldorj haben sie ein Gehöft nebst Wirtschaftsgebäuden und 30 Hektar Land als Unterrichtsgut gefordert. Weiterhin haben sfi das Gutshaus Stade bei Kettwig mit 30 Hektar Land zui Einrichtung einer landwirtschaftlichen Schule beschlagnahm« Der Pächter hat das Gut in kürzester Zeit räumen müsse» Oie rechtswidrige Beschlagnahme von Landgütern im Tin. bruchsgebiet beweist, daß die französische Besatzung sich noch nicht darauf einstcllt, das Ruhrgebiet zu verlassen.