Die Abwanderung von Facharbeitern
> Die deutsche Wirtschaft leidet unter einem ernstlichen Fach- «übeitermangel. Ein wesentlicher Teil des alten, von Jugend M gelernten Facharbeiterbestandes ist im Kriege gefallen. In der Nachkriegszeit ist die Ausbildung des Nachwuchses immer wieder auf Schwierigkeiten gestoßen. Neuerdings wird dieser Facharbeitermangel durch eine zunehmende Abwanderung von Facharbeitern ins Ausland vermehrt. Dies gilt für ziemlich alle deutschen Gewrrbegruppen. Besonders störend macht sich die Abwanderung u. a. im Baugewerbe bemerkbar. Die Abwanderung von Facharbeitern des deutschen Baugewerbes nach dem Ausland, insbesondere nach der Schweiz und nach Oesterreich, nimmt immer größern Umfang an. Allein im Monat März ds. 2s. war die Aus. Wanderung aus Württemberg nach der Schweiz von so großem Umfang, daß sich z. B. der Schweizerische Baumeisteroerband genötigt sah, keine Vermittlung deutscher Arbeiter Dr seine Mitglieder mehr vorzunehmen, da er offenbar die Verantwortung hierfür nicht mehr übernehmen wollte. Bei -em Schweizerischen Baumeisterverband sind seit Beginn des Jahres 1150 deutsche Facharbeiter gemeldet und vermittelt worden; davon fallen auf Baden 150 Mann, die übrigen größtenteils auf Württemberg. Die Zahl vermehrt sich noch om einige Hundert, die bei den n'cht im Schweizerischen 'Saumeisterverband organisierten Firmen beschäftigt sind. Die in der Schweiz arbeitenden deutschen Bauarbeiter siedeln mm größten Teil nicht dauernd ms Ausland über, sondern b« überschreiten am frühen Morgen die Grenze, um spät abends wieder nach Hause zurückzukrhren. Da die Leute auf eigenen Wunsch in der Schweiz mindestens zehn Stunden »beiten und sogar auf weitere Arbeitsverlängerung drängen, sind sie oft 18 Stunden und mehr unterwegs. Sie scheuen aber keine Mühe, um den hohen schweizerischen Lohn,, der 1,20 bis 1,90 Franken je Stunde beträgt, mitzunehmen. Die deutschen Gewerkschaften unterstützen die Abwanderung m jeder Weise. In Konstanz hat sich unter der Führung der Gewerkschaften ein Vermittlungsbmeau aufgstan, das die notwendigen Pässe besorgt und den Arbeitern auch sonst jede Unterstützung zuteil werden läßt. Der Grund dürfte sehr oft darin zu suchen sein, daß die hohe ausländische Löhne bestehenden Gewerkschaftsmitglieder auch zu außergewöhn- Kchen Beiträgen für die Gewerkschaftskassen herangeholt werden können. Dazu kommt wobl noch die allgemeine Ueberlegung, daß durch sich vergrößernden Facharbeitermangel in Deutschland der Preis dieser Arbeit, der Arbeitslohn, steigen muß. Ob die Rechnung ganz richtig ist und bleiben wich, steht aber doch noch sehr dahin. Die Aufnahmefähigkeit und -Willigkeit ausländischer Volkswirtschaften auch für hochwertige deutsche Arbeitskräfte ist begrenzt, zum Teil be- orkt» ausgeschöpft, und von manchen Grenzorten wird wieder Ä» Znrückfluten deutscher Arbeiter gemeldet. Hinreichend SÄ«wt find ja auch die trüben Erfahrungen der westfälischen Metallarbeiter bei ihrem Wanderzug nach den südamerikani- sthe« Ländern. So ist schon durch die weltwirtschaftliche Lage dafür gesorgt, daß dem in mancherlei Hinsicht verständlichen, wenn auch nationalwirtschaftlich recht bedenklichen Drang rechtzeitig Halt geboten wird.
Die entwaldete Welt
Die Ueberlieferungen und Reste alter Kulturen enthüllen zahlreiche Beweise für das damalige Vorhandensein größerer Waldmassen. Die Baustile zeigen deutlich ihre Herkunft aus der ursprünglichen Berwendung und Bearbeitung »es in Menge vorhandenen Holzes. Der Baustil wurde durch das Material bedingt und geleitet: die Gothik ist sicht- darlich aus der Holzbauweise hervorgegangen, ebenso die hellenischen Stile und der altägyptische, der durchwegs pflanzliche Formen zeigt. Erst nach dem merklichen Geringerwerden der Holzbestände ging man zur Verwendung des Gesteins über, nachdem sich die Stilsormen bereits befestigt hatten.
Der Wald war der erste Dom des Ariers, ebenso wie der Palmenhain die Urmoschee des Semiten war. Der nordische Wald lebt ewig fort in dem schlanken Säulen- gestrebe des gothischen Doms, gleichwie der Palmenhain prllebt im Bethaus des Arabers. Eine große Rolle spielte der Wald für die Entwicklung der griechischen Kultur. Wir haben in der griechischen Kunst und Literatur, sowie in der Sage zahlreiche Belege dafür, wie reich und dicht damals das ganze hellenische Gebiet — Kleinasien eingerechnet — mit Laub- und Nadelwald bestanden war. Dasselbe M von westen Gebieten in Italien, Dalmatien, »em Balkan, Spanien. Wir können uns im Alter- mm, noch mehr in vorgeschichtlicher Zeit, ganz Europa mit Waldungen bestanden denken, ebenso aber Kleinasien und Palästina, wo z. B. die geringen Reste der Libanonzedern he Art der dortigen einstigen Bewaldung andeuten. Auch »ie Userstriche am Nil müssen, den ältesten bildlichen Darstellungen nach, geradezu Dickichte von Wald, Schilf und
Papyrus gewesen'sein, ivo heute hiervon nur noch" geringe? lleste zu finden sind.
Auch China, einst ein Waldland, ist stark entwaldet. Seine alte Kultur fußt auf Waldwirtschaft, und das Holz hielt in Kunst und Architektur die bedeutendste Rolle.
Welche besondere Bedeutung der Welt nun ftir die Vorgeschichte der germanischen Völker gehabr hat, wie er in den Sagen lebt und webt, das ist uns von Kind aus vertraut. Was heute in Deutschland an Wäldern noch steht, )as sind nur kärgliche Reste. Ueberall wurde der Forst jahrhundertelang ausgenutzt und gerodet, um Ackerboden und Siedlungsland zu gewinnen. Wo jetzt Düne und Deich der friesischen Inseln den Kampf weniger Menschen gegen die fortschreitende Abspülung anzeigen, da dehnten sich einst die weiten Buchenwälder, in deren Schatten die angelsächsischen, langobardischen und friesischen Stämme erstarkten — bis die hereinbrechenden Fluten und große Verminderung des Waldlands sie nach anderen Gebieten trieb. Reste dieser einstigen Wälder sehen wir noch in den Buchsn- hainen von Dänemark und Rügen. Auch in Island fand der einwandernde Nordmann iwch im 8.—10. Jahrhundert weite Waldgebiete, die seither dort ausgestorben sind, ebenso wie die Wälder von Grönland verschwunden.sind, um dort, wie auf Island, einem zunehmenden Polarklima zu weichen. Es zeigt sich seit Urzeiten eine stetige Abstufung: wo früher dichter Wald war, wie in der Mark Brandenburg etwa, lichtete sich dieser später zur „Heide", vis dann bei zunehmender Austrocknung der Gegend der Boden nur noch dünngesäte „Kusseln" hervorbrachte (dünnes Kiefernunter- hclz), endlich sterben dann auch diese dahin, und der Wind bläst über dürre Steppe. So sehen wir überall in Norddeutschland eine deutliche Verminderung des Wassers, sein Zurücktreien, Versandung und Vertorfung und gleichzeitig Absterben des dem Wasser benachbarten Waldes. Dem Laubwald folgt der Nadelwald. Und seit 300 Jahren kommt zu der natürlichen Austrocknung ehemaliger Waldgebiete di« zunehmende rücksichtslose geschäftsmäßige Ausrottung durch die Menschen.
Sibirien gibt ein Bild von der Zukunft Nordeuro- pos: dort finden wir zahlreiche Beweise für das einstige Vorhandensein bedeutender Laubwälder, denn auch die vielen Ueberreste vorzeitlicher Riesentiere, die ganz auf Laubnahrung gestellt waren, beweist solche. Weite Strecken von Deutschland erzählen allein durch ihre alten Namen von früheren großen Wäldern.
Beste herrliche Urwaldbestände finden sich wch im Umkreis von München und im Isartal (Psrlacher Forst und Grünwald).
Die.nunmehr sich vollziehende Entwaldung der Welt bebrütet nichts weniger als eine r i e s i g e V e r a r.n u n g der Menschheit und ihres seelischen Lebens. Wo man diese Entwaldung zu erkennen beginnt, da sängt man wohl auch wieder an, den ausgerotteten Wald, bezw. seine Reste zu hegen -und zu schützen. Leider aber ist es vielfach schon zu spät!
Der Charakter, wie die Körperlichkeit des Menschen verändert sich durch den Fortfall des Waldes. Man denke an den Hellenen der alten Welt und — an den Griechen von heute! Man denke auch an den sinnenden germanischen Träumer, der doch gegenüber der Gefahr sofort seinen Mann stellte — und an den heutigen, ewig rechnenden Geschäftsmann, der kaltblütig das letzte Stück Forst aufkauft, abholzi und dorthin „abrollen" läßt, wo das meiste und „beste Geld" pro Quadratmeter geboten wird — und der nach abgeschlossenem Gescyäft schmunzelnd die Weinstuvr ausfucht . . .
Wird .erst alles Waldland in Rodung, Steppe, Dürre, Industrieareal und Erwerbsboden verwandelt worden sein dann haben wir sicher eine Zivilisation, aber kein« Kultur mehr! Dann ist die West reif zur Umkehr von falschen Wege.
Die Araber in Spanien hatten Kultur, des gleicher die norwegischen Isländer. Die so heiß ersehnte „Zivili, sation" aber kann auch ohne Menschengüte, ohne Wälder, ohne Seele, ohne Glauben sich entfalten ... bis zu jenem Tag, an dem die irregegangenen „zivilisierten" Leute wieder allseitig zu fühlen beginnen: daß sie das Be sie verloren haben und daß sie er in Auszügen, Schnellbahnen, Tänzen und Parkanlagen nichi stndün werden.
Cs ist aber auf rechtzeitige Umkehr der rastlosen, verirrten Menschheit noch zu hoffen. Ansätze dazu sehen wir in de« Bestrebungen aller Böller, Naturschutzgebiete zu erhalten.
_ Dr. G. S.
Allerlei
Das entsetzliche Ende -er Zarenfamilie
Im „Matm" wird berichtet, daß General Janin, der frühere Führer der französischen Mission in Sibirien, seinerzeit bei semer,Wckkehr aus Rußland die eingeäscherten Ueber-
repe ver ruMchen Zarensirmilie mit nach Frankreich gebracht habe, um sie dem Großfürsten Nikolaus zu übergeben, und daß dadurch die letzten Zweifel an der Tragödie von Jekaterinburg schwinden müßten.
Erst jetzt berichtet General Jamn im „Matin" näheres: „Mir wurde die schwierige Aufgabe, die Reste des Kaisers Nikolaus II-, der Kaiserin, des Zarewitsch, der jungen Großfürstinnen und zweier Diener nach Frankreich zu bringen, um sie dem Großfürsten Nikolaus zu übergeben. Diese sterblichen Ueberreste konnten nicht mehr voneinander gesondert werden. Zu erkennen ist nur noch ein Finger, den die Sachverständigen für einen Finger der Kaiserin halten, da es der Mnikürte Finger einer alten Dame ist. Ferner sind vor- ! Händen verkohlte Edelsteine, Ueberreste von verbrannter« Kleidern, die Gürtelschnalle des Zarewitsch, Uniformknöpfe, mehrere Heiligenbllder und ein kleiner Klumpen Menschenfett.
Rach der Metzelei im Hause in Jpatieff, dem Kerker der kaiserlichen Familie, wurden die Leichen in einem nahen Walde verbrannt, und zwar in großer Eile. Jedenfalls nahm man den Leichnamen nicht alles Wertvolle ab. Di« Liste der vorhandenen Gegenstände und Aschenteile umfaßt 311 Nummern. Sie befinden sich in einem einfachen Schrein, der wieder in einem einfachen Koffer steht. „Das", sogt General Janin, „ist das Grab der russischen Kaiserfamilie".
Janin berichtet ferner, daß die Großfürstin-Witwe Elisabeth des Großfürsten Sergius, der junge Großfürst Sergiuz Nikolajewitsch und die beiden Söhne des Großfürsten Konstantin, Igor und Dimitri, in der Nähe von Alapaevsk in rinen Grubenschacht gestürzt worden seien. Man habe ihnen yolzblöcke und Granaten nachgeworsen. Großfürst Dimitri >abe bei dieser Gelegenheit sein« Leidensgefährten aufge- pordert, Mut zu zeigen, und mit lauter Stimme religiös« Lieder gesungen. Janin habe den Toten in Alapaevsk ein« Grabstätte aus dem russischen Friedhöfe von Peking gesichert» «doch sei die Leiche des Großfürsten Sergius, der mit de« serbischen Königsfamilie verwandt war. nach Belasst» gebracht worden.
Vier Missionare von Chinesen überfallen und verschlepp! Nach einer Neutermeldung aus Tokio sind vier Missionar« zwei amerikanische und zwei englische, bei Tairan von Bandi ten überfallen und in das benachbarte Hügelland verschlepp worden. Die diplomatischen Vertreter Großbritanniens un der Vereinigten Staaten haben bei der chinesischen Regierun, Einspruch gegen den Ueberfall erhoben und das Auswär ttge Amt aufgefordert, unverzüglch Schritte zur Freilassung der Missionare zu ergreifen.
Erdrutsch. 2m Selkenbachkal bei Waldshuk (Baden) sini etwa 150 Gevkerkmeker Wald in den Einschnitt der Mühl- steighöhle hinabgesunken, wo sich eine 2ugendherderge befindet. Die Höhle war kurz vorher von einer Gruppe jugendlicher Wanderer besucht worden.
Verlorene Post. Das Postflugzeug London-Köln ist an Donnerstag in Ostende verunglückt. Dir Post nach Köln iji verbrannt.
Rauchlose Befahrung des Arlberg-Tunnels. Die elev irische Einrichtung auf der Arlbergbahn macht große Ford schritte. In den nächsten Tagen schon kann der Arlberg« tunnel rauchlos, mit elektrischem Antrieb befahren werden Die Probefahrten dehnen sich nun auch auf die anderen großen und kleinen Tunnels zwischen Langen und Bludenz aus, der elektrische Antrieb auf der Arlbergbahn erstreckt sich als« schon bald auch auf das Land Vorarlberg.
In der Scheuer verbrannt. Sechs Handwerksburscheu nächtigten heimlich in einer großen Scheuer des Guts Sta- chow bei Rathenow (Mark Brandenburg) und setzten durch unvorsichtiges Rauchen die Scheuer in Brand. Bier konnten sich retten, zwei sind in den Flammen umgekommen. Dks Scheuer ist vollständig niedergebrannk.
Der Lufidienfi Lonstankinopek—Angora, den die türkisch« Regierung einrichten wird, soll nach einem Londoner Blatt iner deutschen Firma übeickragen werden. Auch die Hebung »es gesunkenen Kreuzers „Goeben" soll durch Deutsche aus- leführt werden, deren Angebot weitaus billiger sei als das nglische und italienische.
Der Tod aus Ilebermuk. Ein 27jähriger Arbeiter ibi Mannheim wollte seinen Freunden, mit denen er einig« Mas Bier getrunken hatte, aus der Neckarbrücke nachts sein« Schwmnnkunst zeigen. Er sprang in den Fluß hinab, ver- chwand aber bald in den Fluten.
Der Tunnel unter dem Aecmelkanal. Die englische Regierung soll entschlossen sein, den Eisenbahntunnel unter dem Äermelkanal, der eine Landverbinoung zwischen Eng- lung und Frankreich Herstellen soll, im Parlament zu vertreten. Die Mehrheit des Unterhauses soll dem Plan, der schon seit über zwei Jahrzehnten betrieben wird, günstig gegenüberstehen.
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