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mit äer Beilage

Unsere Heimat"

Nagoläer Tagblatt

mit illustrierter Sonntagsbeilage

Zeierstunäen"

Nk. 121 Gegründet 1826.

Schrisrlettung, Druck und Verlag von iL. W. Zaiser (Narl Zatser) Nagold.

Freitag den 23. Mai 1924 Fen sp ech-r N 29

«erbrettelste Zeitung tm Oberon tS bezirk An­zeige« fird daher von beste« Erfolg.

gor »tts, »ustrLa« »lr» »«l, -«riet »««LH, »ei«,«>»«. »» »trt keim » «Shr daM-- «birnomm'n, tat »ugeig« ,drr RkNa««» !» bestt«»»»» «»»gäbe» »dir »» »r »Solch,-n «»Le eischet»,,. zu KLlle» «>u HLHerer »^ »alt besteht trtu »us»r«ch >»I Sieferung »,r Lemv'» »der a»1 »ück»ah!m>> d.»e»ug»vretle«.

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98. Jahrgang

Tagesspiegel

Die Reichsregierung lässt wegen des Streitfalls mit der Moskauer Sowjetregierung betreffs der russischen «Han- r lsvertretung" in Berlin im ReichsstMzrmnistermm e»a ReÄeautachten ausarbeiten. Der deutsche Bosichafker m 7:ss«au wurde beauftragt, gegen die Schließung deutscher Handelsniederlassungen in Rußland Einspruch zu erheben.

Wie verlautet, so« Iustizrat Dr. Pfleger (Payer. Volks- parleis zum bayerischen Ministerpräsidenten ausersehen sem.

Rach Münchener Blättern hat Herr v. Kahr entgegen r 7 »n Wunsch der bayerischen Regierung sem Amt als Re- » nmaspräsident von Lberbayern wieder angekrslen. In e nem Schreiben an das Kabinett erklärte er. er könne nur r^nn zurücktreten. wenn er bis zum LS. Lebensjahr das volle Gehalt bekomme-, mit der Pension könne er nicht leben.

Die Thysicnwerke werden wegen Kehlen- und Gasman- aeis am 26. Mar einzelne Betriebe ganz still'gen. andere e.nschränken.

Rach der Pariser «humanste" haben die sozialistischen G'rerkschasten Frankreichs das Ersuchen der deutschen Ge- r. ischLsken, für eine Milderung des SschvecsiLndigenguk- e tens einzutrekm, einstimmig «bgekehnt, da die deutsche R ichsregierung selbst das Gutachten als annehmbar erklärt habe.

Mac Donald ist von französischen und engLschen Sozia­listen ernstlich ermahnt worden, seinen Briefwechsel mn Poincare nunmehr einzustellen.

Das englische Unterhaus hat die Ausstellung von Hilfs- st »rüsten für die Luftflotte gebilligt. Sie werden aus 106 Offizieren und 1000 Mann bestehen.

Poineares Testament.

Mr das Ausland ist es bedeutungsvoll , daß dem Da- wes-Gutachten auch solche Kreise, die von Erfüllungspolitik um jeden Preis nichts wissen mögen, keineswegs glatt ab­lehnend gegenübergetreten sind in der Erwägung, daß uns hier zum erstenmal wirkliche Vorteile gezeigt werden für den Fall, daß wir zur Mitarbeit bereit sind. Der eine Haupt­vorteil ist der, daß die deutsche Zahlungspflicht nicht vom schlechten Gewissen eines verkappten Zwingherrn festgesetzt wird, sondern immerhin von ehrlichen Leuten, die anerken­nen, daß Deutschland nur aus dem Ueberschuß seiner Aus- fuhr zahlen kann. Der zweite Hauptvorteil ist der, Laß an- erkaru t wird, das Räuberwesen des französisch-belgischen Militarismus an der Ruhr müsse aufgehört haben, bevor Deutschland überhaupt zahlen könne. Wie es scheint, haben die Franzosen den englischen Text des Gutachtens in der Advokatenkanzlei des Herrn Poincare übersetzen lassen, um den einfachen Sachverhalt nach Kräften für ihre Zwecke um- zusälschen; ein Kunststück, das der Vorsitzende des Ausschus­ses, der General Dawes, ihnen durch Zudrücken beider Augen offenbar erleichtert hat.

Aber daran ist doch nun einmal mit allen Künsten einer Winkeladvokatur nicht zu drehen und zu deuteln, daß be­sondere Besetzungskosten, über die festgesetzten Jahres­raten hinaus, nach allgemeiner Annahme des Dawes-Planes n cht mehr herauszupressen sind. Daher hat es der franzö- si he Militarismus so eilig, vor Toresschluß noch möglichst wel für sich aus dem widerrechtlich besetzten Gebiet heraus- ?' 'chinden. Daher der unerhörte Druck, wodurch er von der k adt Düsseldorf in der er dank der freundlichen Mithilfe s .es großen Gönners Lloyd George sitzt den Bau e ner Artillerie-Kaserne zu erpressen versuchte. Gleich die ganzen Gebäulichkeiten der Düsseldorfer Kunst­ausstellung hat derritterliche" Vorkämpfer der Zivilisation, T uzoutte, mit Beschlag belegt, dazu die Konzertsäls des Tier- 6 lens, ein paar industrielle Werke, die Reitbahn der Poli- ze und sämtliche Wohnungen der Schupo! So arbeiten die s anzosen auf ihre Weise der Verständigung der Völker vor, die durch das Gutachten der Sachverständigen eingeleitet we.den sollte.

Die Forderung des Kasernenbaus in Düsseldorf ist ein ^ ' lag ins Gesicht der Politik, für die man, im Namen des k achverständigen-Gutachtens, unsere Zustimmung gefordert hat. Schon daraus läßt sich entnehmen, daß die Forderung ouf allerpersönlichstes Betreiben Poineares, des großen Unterwühlers jeder Befriedung Europas, erhoben wurde, poincare hat ja auch, unmittelbar nach seiner Wahlnieder­lage, Mac Donald seinTestament" in der Entschädigungs- ^ll^ .wie englische Blätter spotten. Übermacht. Und es hat oes Eingreifens französischer und englischer ^geordneter bedurft, um Mac Donald zur Ein- lu -ung >edes weiteren Gedankeaustausches mit dem gestürz­ten französischen Koll--"n zu veranlassen. Ein Teil von Testament wird wohl auch der Kassrnenbau,in -- geldorf sein, und wundern dürfen wir uns nicht, wenn uns von englischer Seite demnächst derfreundschaftliche"

' erteilt wird: Baut dem französischen Militarismus, der -aus eigenen Mitteln nicht erhalten kann, doch noch diese

eine Pflegstätte auf deutschem Boden, damit er nur endlich Ruhe gibt!

Wir aber wollen uns diesen Fall, der uns gerade noch tzur rechten Zeit die Augen öffnet über die Unveränderlich- kett der französischen Politik, zur Warnung dienen lassen. Englische. Stimmen hatten- den Franzosen vor kurzem ge­raten, durch einegroße Geste", wie die Freigabe der Ruhr- ge'mngenen, die Bereitwilligkeit zur Verständigung zu be­kunden. Nun, hier haben wir einegroße Geste", die aber wahrlich mehr sein will als bloße Geste. Obwohl der Dawes- Bericht die Befreiung aller Teile der deutschen Wirtschaft vom militaristischen Druck geradezu zur Voraussetzung seiner selbst erhebt, bekundet Frankreich eindeuüg seine Absicht, se:ne Hand von der Gurgel der deutschen Wirtschaft nicht zmäck,zu,ziehen.

Die Reichsregierung hat die Bereitwilligkeit zugesichert, an der Durchführung des Dawes-Porichts mituiarbciten. Aber wir sollen uns wohl hüten, auch nur einen Finger breit darüber hinauszugehen, und bindende Vernslicktungen sach­lichen Inhalts anzuerkennen, bevor wir. ganz genau wissen, welche Sicherheiten uns geboten werden Kegen Wiederholung der Willkür, infolge deren das Ruhr­gebiet nun länger als fünf Vierteljahrs unterm Stiefelabsatz des französisch-belgischen Militarismus seufzt. Mir möchten doch nicht zum zweitenmal die Narren einer Erfüllung-wal tik werden, die uns das Sachverständiaen-Gutacht-n als Köder hinhält, für den dann, nachdem nur Ja und Amen gesagt haben, dasTestament Poineares" untergeschoben wird.

Soll uns das erspart bleiben, so werden sich die Berliner Parteigrößen, die da so fröhlich beim Handel um zukünft'ge Ministersitze beisammensitzen, aus der Düsseldorfer Roheits­tat allerdings auch einiges entnehmen müssen.

Der Kampf im Kohlenbergbau.

Das Sachverständigen-Gutachten über die Arbeitszeit im Bergbau.

Berlin, 22. Mai. Auf die vom Reichsarbeitsministerium vorgelegte Frage: Welche Arbeitszeit galt am 1. Mat 1924 im rheinisch westfälischen Steinkohlenbergbau unter Tage? haben die vom Reichsarbeiisministeriun- einberufenen Sach­verständigen das folgende Gutachten beschlossen:

Am 1. Mai 1924 war die Arbeitszeit in folgender Weise geregelt:

1) Die normale Arbeitszeit betrug 7 Stunden nach Maßgabe des Z 2 des Manteltarifs.

2) Zugleich bestand die Verpflichtung zur Leistung einer Ueber stunde nach Maßgabe des Tartsabkommen» vom 29. Nov. 1923.

8) Bet der Schwierigkeit der rechtlichen Beurteilung ist nicht anzunehmen, daß die Weigerung der Arbeitnehmer zur Leistung der Ueberstunde auf schuldhaftes vertrags­widriges Verhalten zmückzusühren ist.

Die Sachverständigen werden zu diesem Gutachten eine Begründung ausarbeiten, das der Otsfentlichkelt gleichfalls mitgeteilt werden wird.

Berlin, 22. Mai. Reichs- und Staatskommsiar Mehlich hat die Parteien des Ruhrbergbaues auf Freitag vorm. 10 Uhr nach Essen zu einer Besprechung der zwischen ihnen strittigen Fragen etnaeladen.

Stillegung bei Krupp.

Wenn bis Freitag mittag der Kohlenmangel nicht be­hoben wird, was nach Lage der Dinge aussichtslos erscheint, werden die gesamten K uppschen Werke stilliegen. Die etwa 300 000 Mann zählende Belegschaft ist dann auf die Erwerbs- losenunterstützung angewiesen. Auch die Verwaltung der Dortmunder Union gibt bekannt, daß sie sehr bald das Werk stillegen müsse.

Generalstreik im Ruhrgebiet in Sicht.

Esten, 22. Mat. Die Arbeiterschaft des Jndustriebezirks hat Lohnforderungen von generell 25 o. H. ausgestellt. In 13 V isammlungen des gestrigen Tage- wurden Beschlüsse zugunsten eines allgemeinen Industriearbeiterstreiks gefaßt.

Der gestrige Beirtebsrätekongreß des Ruhrreviers billigte einstimmig die Ablehnung deS Schiedsspruches durch die Berg­arbeiterverbände.

Blusige Kampfe im Ruhrgebiek

Esten. 22. Mai. Im Norden des Ruhrgebiets auf der Zeche Brassert bei Marl versuchten gestern abend etwa 1000 Frauen das Eingangstor zu stürmen, um die Notstandsar­beiter herauszuholen. Als Polizei einschritt, gingen etwa "000 Streikende zum Angriff vor. Sie überwältigten nach l harfein Kampf die Wache und entfernten die Arbeitswil- l gen aus der Zeche. Darauf griff belg - sches Militär mit blanker Waffe ein und besetzte die Zeche. Die Streiken- k n schafften ihre Verwundeten mit eigenen Sanitätsabtei­lungen fort, zwei schwerverletzte Arbeirei wurden ins Kran­kei .Haus gebracht.

Aehnliche Zusammenstöße ereigneten sich in Wattenscheid.

In Altenessen haben die Kommunisten gestern abend Bahnhof und Rathaus be^ch. In Witten a. R. kam es zu schweren Zusammenstö mit der Polizei. Die kommunistischen Hundertschaften ,.>,.'.neln sich am Hoin- berger Bahnhof. -

VesatzrmasLehorde und Ruhrkampf Mühlheim a. R.. 22. Mai. Die Desatzungsbehörde er-' öffnete den Gewerkschaften, daß sie sich im allgemeinen in den Kampf nicht einmischen werde; sie werde aber dazu ge- nöügt sein, wenn die Lieferung von Wasser, Gas und Elek­trizität notleiden sollte.

Am die Regierungsbildung.

Die Parleiverhandlungen gescheikerk 22. Mai. In den gestrigen Verhandlungen der v'/-i Mictelparteien, der Deutschnaticnalcn und der Bayeri­schen Volkspartei über die Bildung der neuen Regierung schmgen die Deutschnationalen den Großadmiral v. Tir- pitz als Reichskanzler vor, da er parteipolitisch wenig hervorgekreken sei und schon früher als Staatsfekre- tär des Aeichsmarineamks großes diplomatisches und parla­mentarisches Geschick bewiesen habe. Die Demokraten lehn- ten den Vorschlag unbedingt ab, und auch im Zentrum er­hob sich Widerspruch. Nach der Ansicht beider Parteien solle das Zentrum die Kanzlerschaft behalten. Die Deutsche Volkspartei suchte vergeblich, zu vermitteln. Die Deutsch- nationalen erklärten hierauf, da die Verhandlungen un­fruchtbar zu bleiben scheinen, werden sie sich zunächst ab- wartend verhalten.

Vermittlung der Deutschen Volksparkei Berlin, 22. Mai. Die Führer der Mittelparteien traten hcu le vormittag zu gesonderten Besprechungen zusammen.

In der Besprechung der Deutschen Volkspartet wurde angeregt, die Verhandlungen mit den Deutschnationalen wieder aufzunehmen. Ein Vertreter hatte darauf eine Un­terredung mit einem Führer des Zentrums, bei dem der Widerstand hauptsächlich liegt. Nachmittags fand dann eine gemeinsame'Besprechung der Führer aller drei Miltelpar- leien statt. Man hofft, daß die Parteien zustimmrn, daß die Deutschnationalen zu einer Besprechung am Freitag ein­geladen werden, bei der das von derDeukschen Volks­partei ausgearbelleke außenpolitische Programm die Grundlage bilden solle. Wie verlautet, sollen wesentliche Ilnkerschiede zwischen diesem Programm und des Herrn von Tirpitz nicht bestehen. Inzwischen ist, unabhängig won der Entscheidung der Nachmittagsfltzung, auf Vorschlag her Deutschen Volksparkei eine Einladung an die Deutsch- nationalen ergangen. Welche Stellung die letzteren dazu einnehmcn, ist noch nicht bekannt.

Die Sozialdemokraten stellten für ihren Eintritt in die Regierung die Bedingungen, daß der Aeichsinnenminister Iarres zurücktrete, daß der achtstündige Arbeitstag gesetzlich festgelegk nud doß die Betriebsordnung durchgeführt werde.

Die kommunistische Reichstagssraktion beschloß, jede« Vorstoß im Reichstag durch eine Bewegung außerhalb des Reichstags unterstütze« zu lasten.

Die Lage in Frankreich.

Hcrriok und Painleve bei Millerand

Paris, 22. Mai. Präsident Millerand empfing gestern km Beisein Poineares Herriot und Painleve zu einem langen Unterredung. DieEve Nouvelle" schreibt, die amt­liche Mitteilung, daß in der Unterredung die beiden Abge­ordneten sich der Finanzpolitik Poineares angesihlossen hät­ten, sei eine täuschende Irreführung, die das Ansehen des' künftigen Ministerpräsidenten im voraus schwächen sollte. Die Untevredung habe im Gegenteil nur das Ziel gehabt, eine klare Darlegung der finanziellen Lage Frankreichs zu geben. Die einzige Zusage sei die gewesen, daß die Ordnung des Staatshaushalts eine unbedingte Notwendigkeit sei. Oeuvre" sagt, Herriot und Painleve haben von Poincare nicht die restlose Erklärung über die Finanzlage erhalten, die sie wünschten. ^ .

Im Ausschuß der Radikalen Partei teilte Herriot mit. die Unterredung bei Millerand habe einen erregten Verlauf ocnommen. Auf Freitag habe Poincare zu einer neuen Be­sprechung eingeladen, in der die diplomatische Lage behan­delt werden solle.

Oeuvre" meldet. Herriot sei entschlossen, die Kab'netts- Gll nng zu übernehmen, auch wenn die Sozialisten sich nicht beteiligen sollten.

Der Linksangriff gegen Poincare .

Paris, 22. Mai. Seit gestern treten die französischen Bunter der Linken mit den schwersten Anschuldigungen Kegen das Kabinett Poineares auf. Der «Ouotidien" ver­öffentlicht die .Aussagen mehrerer Ministerialbeamter'', wo- nach der fehlgeschlagene angebliche Versuch' zur Stützung des französischen Franken nichts als ein im Kabinett ver­abredetes Wahlmanöver gewesen sei. Das Bl-tk fordert im Namen der Linken die Einsetzung eines parla­mentarischen Untersuchungsausschusses gegen Poinca"e. den Finanzminister Marsal und die übrigen Minister, um dis ZSerantwortlichen festzustellen.