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„Unsere Heimat"
M. 109 Gegründet 1826.
Nagoläer Oagblatt
Schriftleitung, Druck und Bering von «. W. 8 aller (Narl Zager) Nagold.
mit illustrierter Sonntagsbeilage
„Feierstunäen"
Freitag den 9. Mai 1924
Fernsprecher Nr. 29.
verbreitetste Zettungtm Ober»» tSbezirk. — Anzeigen fi»d daher von beste« »rfolg.
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98. Jahrgang
Tagesspiegel
' St eiks und Aussperrung Huben sich über das ganze rheinisch-westfälische, das oberschlefische und das sächsische Bergbangebter ousgedehnt. Die Arbeit ruht überall. Sine Streikleitung von 18 Mann ist eingesetzt, die sich ausschließlich aus Kommunisten. Syndikalisten und Aniontsten zu- sammeasetzt.
Das Ministerium Brandenstei« in Meklenburg wnrde mit 2 Stimmen Mehrheit wiedergewählt.
Die kommunistische Fraktion Hai im preutzischen Landtag eine groß Anfrage eingebrachv, in der sie gegen das Borgehen des Berliner^PoUzetpräfidenten gegen die russische Haudetsverrretang Protest erhebt.
Um Freitag vormittag findet eine Sitzung des Reich»- kabmÄts unter dem Vorsitz des Reichspräsidenten statt, i» der über die Wahlergebnisse beraten wird. — Sofort nach seiner Rückkehr nach Berlin ans Bad Mergentheim empfing Reichspräsident Eberl die Führer der Sozialdemokratischen Partei.
Reichsarbeiksmintsber Dr. Brauns ist ins Rnhrgsbiek cck>< tzerc-st, um wesen des Generalstreiks zu vermitteln.
Die englische Regierung beabsichtig!, Br das SaargebiÄ einen Konsul aufznfieken.
Asqmch erklärte im Unterhaus, daß die Liberalen de» SkastshlMsheltMn SnowLens annehmen werden, da e» sreihändierisch s»i.
Der tschechische Außenminister Benesch wird auf fein« Reise nach Rom zuvor eine Besprechung mit dem serbischen Außenminister Rintschitsch in Zed haben.
Das japanische Eimvomdernngsgesetz wird »rach eine« Verständigung Eoolrdges mit den Ausschüssen des Senat» und des Abgeordnetenhauses erst am 1. März 1825 in Kra- Gesetzt werden.
In der Provinz Santa Clara (Cubas fand ein hitzig» Gefecht zwischen dev Regiernugstrappeu und de» AuWä«^ tcken skÄ.
Die neue Regierung
Von einem parlamentarischen Mitarbeiter
In den Reichstagsfraktronen, deren Mitglieder bereits irvtzerparlamentarisch Fühlung miteinander suchen, wird lebhaft um die neue Regierung und um eine neue Koalition gekämpft. Den Reichskanzler und den Außenminister, so lautet der erst« Grundsatz, stellen die stärksten Parteien. Es werden 10—12 Tage vergehen, bis die W-ahlstllnmen ausgezählt sind und die Zahl der Abgeordneten endgültig sestgestM ist. So lange will manmiit den nächsten politischen Schritten nicht warten. Für das Ausland standen die Reichstagswahiyn im Zeichen der Sachverständigen-Gutachien. Wird die neue deutsche Volksvertretung sie annehmen oder nicht? Das ist dort die Frage. In Frankreich wird die Erstarkung der Deutschnaironälen Partei natürlich für die französische Wahlpropaganda ausgebeutet. Die Pariser Presse faselt von erwachenden Rachegelüsten Deutschlands, von der bevorstehenden Rückkehr der deutschen Fürsten und anderen „Gespenstern", die Frankreich nichts angehen. Diesem Treiben der französischen Zeitungen sollte von Berlin aus ein Ende gemacht werden, indem man für rasche Aufklärung sorgt. Auch wenn unter den führenden Staatsmännern Deutschlands m der nächsten Zeit sich Deutschnationale befinden sollten, so bedeutet dies kein Herumwerfen des außenpolitischen Steuerruders. Die meisten gewählten deutschnationalsn Abgeordneten lassen durchblicken, daß „io glatte Ablehnung des Dawes-Gutachtens nicht in ihrem Sinn ist. Rach ihrer Anficht sind die Vorschläge der Sachverständigen zwar teilweise unerfüllbar, aber das schließt nicht aus, daß man auf die Verhandlungen eingeht und die Pariser Berichte dabei als Grundlage gellen läßt, wofern zugleich die politischen Fragen wie Besetzung usw. ein für allemal erledigt und den Demütigungen Deutschlands em Ende gemacht wird. Klus diesem Weg gelangt man hoffentlich zur Bildung einer Koalition. Die Deutschnationalen fordern den bürgerlichen Block, was eine sichere Mehrheit von 270 Stimmen ergäbe. Es muß doch nicht gl^ch wieder von einer neuen Reichstagsauflösung geredet werden, weil sich die Partien nicht unter den großen Hut eines Blocks bringen lassen? Cs ist nun eben einmal so: Die stark gewordene Kommunr- stenpartet bildet mit den neuerdings stark radikal gewordenen Sozialdemokraten unter Umständen eine sozialistische Oppo- fiuon, dst stärker ist als ein Drittel der jetzigen Gesamtsumme uon 471 Abgeordneten. Diese Opposition kann somit verfaß sungsändernde Gesetze, die der Zweidrittel-Mehrheit bedürfen, verhindern. Umgekehrt können die beiden Rechtsparteien, Deutschnationale und Vüll'sche, mit ihren kleinen Gruppen zusammen jedes verfassuugsändernde Gesetz zu Fab bringen. Es ist also eine sichere Zweidrittelmehrheit wedei mit einer von rechts noch mit einer :: links aufgesattelter, sst^lerung möglich. Besser als der ganze Zahlenzauber wer- rmn r E neue Regierung sein: Pcrsöiilichk-.-llen und gute:
Neue Nachrichten. Die große Streikwelle.
Die Aussperrung im Ruhrdergbau.
Am 5. Mai a.brnds hat der Rerch»arve>l«m,visier folgendes Telegramm an den Zechenverband gerichtet:
„Habe Bergarbeiteiverband gebeten, Mitglieder möglichst schnell über neue Rechtslage Verbtndlichkellserkiürung Schiedsspruch über Arbeitszeit unterrichten und bitte dringend, auf Werksleitungkn einzurvirkeii, daß Kampfmaßncchmrn unterbleiben, falls einzelne Belegschaften aus falscher Beurteilung der Lage Widerstand gegen Arbeitszeit-Schiedsspruch leisten sollten. Bergarbrikerverbände legen W rt auf vertrauliche Behandlung ihrer Zustimmung zum VerhandlungSergebntS vom 3. Mai vor Stellungnahme der Reoterkonferenz.
ReichSarbrttsmtntster B auns."
Der Zechenvrrband hat darauf am 7. Mai morgens an den Reichrarbeitsmtnister folgendes Telegramm gesandt:
„Fast alle Belegschaften sind trotz eingehender Unterrichtung über neueRechrslage durch Zechenverwaltung Montag vor- miklag ausgefahren und damit seil heul« fristlos entlassen. Arbeite; verbände haben bezüglich Unterrichtung der Arbeitnehmer utcht nur völlig versagt, nach unseren Feststellungen sogar Betriebsräte angewiesen, vorläufig Verbindlichkeit des Schiedsspruchs nicht anzuerkennen und Durchführung verkürzter Schichten einstweilen durchzusetzen. Rechtslage unserer Auffassung nach durch Verbtndlichkellserklärung völlig klar- gesteür, unabhängig von etwaiger Stellungnahme der Parteien. Demnach Verschärfung der Lage ledigt ch Schuld der bewußten Verschleppung durch Arbetterosrbände."
Essen 8. Mai. Nach Blättermeldungen au« Essen ruht seit Mittwoch vormittag auf fast allen Zechen deS RnhrgebletS die Arbeit. Nur im Bochumer Bezirk -ist ein Teil der Arbeiter, etwa 14°/o, eingetahren; der Rest ist teils ausständig, teils wird er nicht zur Arbeit zugelassen, weil sich die Arbeiter weigern, die Ach stnnderllchicht zu verfahren. Nach den beim Reirbskohlenkomm'fsar vorliegenden Meldungen wird die Lage im Ruhrgedier »ohl als sehr ernst angesehen, jedoch hält man die Gefahr einer Störung in der Kohlenversorgung gegenwärtig nicht für gegeben.
Aus de« andere« deutschen Kohlenrevieren.
Gleiwitz, 8. Mai. Der Streik im oberschlesischen Krdustriebezirk hat eine wesentliche Verschärfung erfahren. Die Betriebsleute der Metallarbeiter haben gestern beschlossen, sich dem Streik d»r Bergarbeiter anzuschlteßen.
Dresden, 7. Mai. Die Lage in den sächsischen Kohlenrevieren ist ernst. Die Bestrebungen auf Festhaltung der 7-Stundenschicht für Uebertagearbetter hat auch auf die staatlichen Bergwerke übergegriffen. Heute ist die Aussperrung im ganzen sächsischen Steinkohlenbergbau durchgesührt worden.
Leipzig. 7. Mat. Die Bauarbeiter Leipzigs sind heute vormittag infolge Lohnstrestigkeiten in den Russland getreten.
Dessau, 7. Mat. Der Verband mitteldeutscher Metallindustrieller hat wegen der Ntederlequng der Arbeit in einigen anhaltischen Fabriken beschlossen, die Betriebe in Anhalt, in denen jetzt noch gearbeitet wurde, am 14. Mat zu schließen. Davon werden Tausende von Arbeitern der Metallindustrie betroffen.
Sohlenmangel infolge -es Generalstreiks im Ruhrgebiek
Berlin, 8. Mai. Seit gestern früh find die Kohlenliefe- nmgen aus dem Ruhrgsbiet in Berlin geringer geworden. Die Berliner Metallindustrie wird am nächsten Samstag feiern. Die Reichsbahn ist vorläufig mit Kohlen versehen.
Rokhilfe im Ruhrgebiel
Hamm i. Westfalen, 8. Mai. Auf der bestreikten Zeche .Radbod" bei Hamm, von der die Ferngasversorgung der Städte Hamm und Münster abhängt, ist aus Verlangen der Stadtverwaltungen dieser beiden Orte gestern abend mit de» Genehmigung des Regierungspräsidenten durch die Technische Nothilfe für Gasabgabe an Hamm und Münster ir der Coolerer.der Zeche „Radbod" eingesetzt worden.
Allgemeiner Streik des Prolekariaks
Berlin, 8. Mai. Die Kriminalpolizei entdeckte eine kommunistische Geheimverbindung zur Entfesselung eines „allgemeinen politischen Streiks -es Proletariats". Mehrere Beteiligte wurden verhaftet.
Auf Veranlassung des Reichsminisiers Stresemann ist die Strafverfolgung gegen die fünf Bolschewisten, die in der russischen „Handelsvertretung" in Berlin den verhafteten Kommunisten mit Gewalt befreit und die deutschen Polizeibeamten mißhandelt und eingesperrt hatten, vorläufig eingestellt worden.
Die englische Presse zur Erklärung Hergts.
TU. London. 8. Mat. Die Erklärung, die der Abg. Hergt über die wahrscheinliche Stellungnahme der Deutsch- nationalen zu dem Sachverständigen Gutachten abgegeben hat, findet in der englischen Presse weitestgehende Beachtung. Fast
! sämtliche Blätter behandeln sie als sehr bedeutsam. Nur der I Berliner Vertreter des „Daily Telegraph" scheint mit der Erklärung persönlich unzufrieden zu sein, da sie seine Erwartungen enttäuscht hat. Die „Westmtnster Gazette" bezeichnet Hergt als einen klugen und geschickten Politiker, der ohne Zweifel einen fähigen Kanzler abgeben'würde.
London, 8. Mai. (Etg. Tel.) Die hiesigen amtlichen Kreise betonen nachdrücklich, die einzige richtige deutsche Politik sei, wieder und wieder zu erklären, Deutschland nehme de« Dawesplan ungekü zt und vorbehaltlos an. Eine solche Haltung garantiere am besten die Lösung der politischen Fragen in einem Deutschland günstigen Sinne, wobei übrigens amerikanische und englische Kapitalisten ein entscheidendes Wort mitsprechen würden. Jede zweiseihafte Haltung würde nur die Ruhrbesetzung auf unbestimmt verlängern und Englands W deistand gegen Potncare erschweren. Man erwartet, daß Reichspräsident Evert die Konservativen mit der Bildung der neuen Regierung betrauen wird und setzt sein Vertrauen auf die realpoltitsche Einsicht der konservativen Führer. _
Die festgcfahreae Franzosenbahn
Berlin, 8. Mai. Wie von unterrichteter Seite im Ruhr- gebiet mitgeteilt wird, hat sich die französisch-belgische Eijen- bahnoerwaltung jetzt offenbar gänzlich festgesahren. Rach- r:rn seit eirügen Tagen der Zutauf von Zügen aus der Ruhr nach dem wichtigen Bahnhof Vorhalle bei Hagen i. W. aus unerklärlichen Gründen ganz aufgehärt hatte, verweigern die Lahnhöfe der Ruhr seit Montag morgen plötzlich sämtlich die Ueberncchme von Leerwagen aus dem unbesetzten Deutschland. Der Zweck dieser Maßnahme, die den Kohlenbergbau in eine überaus ernste Lage bringen kann, ist wohl der, den unfähigen Betrieb vor der völligen Verstopfung zu bewahren. Nicht weniger als 50 000 Leerzüge befinden sich auf den Ruhrbahrchösen. Lei einer so ungeheuren Zahl von Wagen kann jetzt niemand mehr vor- noch rückwärts.
Bayern fordert seine Bahnen zurück
München, 8. Mai. Der Wirtschaftsheirat der Bayrischer Volkspartei (Gruppe Verkehr) hat zur Behandlung der Eisenbahnsrage im Sachverständigengutachten über die Reichsbahr eine Enffckssießung angenommen, in der es heißt: „Nach dem Vorschläge der Sachverständigen soll dis deutsche Reichsbahn in eine Aktiengesellschaft unter fremdem Einfluß umgewandelt werden. Damit werden alle Voraussetzungen und alle Sicherungen hinfällig, unter denen t-er bayrische Staat 1920 die Eisenbahnen an das Reich übertrug. Die Bestimmungen der Reichsversafsung sind nichl mehr zutreffend» denn es ist nicht mehr das Reich, das du Lahnen in Eigentum und Verwaltung nehmen soll, sondern ein« Aktiengesellschaft mit internationalem Einfluß. Das Reich stellt sich schon mit der Unterwerfung unter die Bedingungen des 'Sachverständigengutachtens außerhalb des Staatsvertrags. Der Wirtfchaststz^irat erachtet es bei der gegebenen Rechtslage als das Recht und die Pflicht der bayrischen Staatsregierung, die bayrischen Bahnen für Bayern zurückzufordern und wieder selbst zu betreiben. Das hindert nicht, daß auch Bayern die Lasten, di« für die Zwecke der Entschädigungen auf die deutschen Eifers bahnen gelegt werden, in entsprechendem Umfange mitträgt. .Die bayrischen Dahnen werden als selbständige Verwaltung ebenso gut in der Lage sein, den sie treffenden Teil des Tributs herauszrrvvrtfchaftes. wie dies die Reichsbahn als Gau- zes tun kam».
Esser freigefprochea
München, 8. Mai. In dem Beleidigungsprozeß der mürttembergischen Regierng gegen den verarrt- w örtlichen SchriMeiter des „Völkischen Beobachters", Hermann Esser, erkürten mehrere Zeugen, daß Esser zur Zeit, als der fragliche Artikel im „Völkischen Beobachter" erschien, der der Württemberger Regierung u. a. Begün- stigtmy kommunistischen Hochverrates -orgeivorfen hatte, m Berlin weilte. D« Schwurgericht sprach den Angeklagter frei, »veil Fahrlässigkeit nicht vorliege.
Wie verlautet, ist die bayerische Regierung an den Chei der Lcmdespolizei, Oberst Eeißer, mit der Aufforderung kl«W»gAAL leisem Posten Mrücksutreton.
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Polnischer Größenwahn
VvstR, 8. Mai. Der Reichspräsident von Polen, Worn«> ch 2 :vjS Hgt« i« einer Rche in Posen, die Ansprüche Polen« ruf Känderzuwachs seien noch langemicht b» friedigt. Der Völkerbund solle sich hüten, den berechtigten Ausdehnungsdrang der Polen eindömn-en zu wollen. — In den baltischen Ländern wird dcesere Krtegsruf sehr «igüasttg beurteilt.
VorWag zur Floüenabrüfiung
London. 8. Mai. Im Einverständnis mit Mac Donald brachten die liberalen Abgeordneten, der frühere Marinelord ürchibald und Kommandant Kennworthy im Unterhaus den Antrag ein, die britische Regierung möge eine internationale Versammlung einladen, um die Beschränkung des Baus der Kriegsschiffe unter 10 000 Tonnen und der Tauchboote zu berate».
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