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v«,«aSpretS tm April i.go «tuschl. Trägerlohn, Einz.-Nr. 10 Soldpfge-, Grundpreis f. Anzeigen: Die einspaltige Zeile aus gewöhnlicherSchrift oder deren Raum 13 Gold- pfenniae, Reklamen 3b Goldpsennige, Familien» anz. 10 Goldpfennige. Bei gerichtl. Beitreibung und Konkursen ist der Rabatt hinfällig.

Nr. 108

mit cier Beilage

Unsere Heimat"

Gegründet 1826.

Nagoläer Tagblatt

mit illustrierter Sonntagsbeilage

^Feierstunden"

Schrtstleitung, Druckend »erlag von «. W. Zatser («arl Zaiser) Nagold.

Donnerstag den 8. Mai 1924 Fernsprecher Nr 29.

«erbrettetste Zeitung t» Oberau tSbezirk. An­zeigen find daher oo» beste« Erfolg.

Flr telrs «uftr-L» »trd In- »rrM *e«S-r ««»»«>». !tt Wirt ket», « »ä-r dafRi rd,r»o««'U, tai »azelg«» «drr Reklame» t» b»ftt«»U»» «ulaabe» «»er a» d-r :«> »Lasch»«» Stell« erscheine», gla Fälle» »,a -ödere» S«. »alt beftedt ket» «usp»»ch »»I Sieseraug der Letnmg »der a»s »Lekeadla», d. »«euorpretse«.

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98. Jahrgang

Tagesspiegeb

7tach Berliner Meldungen soll der Reichstag auf 22. Mai Unberufen werden. Als stärkste Fraktion wird die deurfch- nationale bezeichnet, da sich ihr die Lsndlisie lLandbund mit Nationalliberalens anschließen werden. Die Fraktion würde bann 195 Mitglieder haben.

Im rheinisch-westfälischen Kohlengebiel ist am Mittwoch ber Generalstreik auf der ganzen Linie ausyebrochen.

die Radikalen haben die Führung an sich gebracht.

«

In Mainz haben 169 französische Soldaten an der sozio- Wschen Maifeier keilgenommen. Sie wurden eingesperri Md machen nun nach derHumanste" Hungerstreik.

In den englisch-russischen Verhandlungen in London ist stoe Stockung eingekreleu.

Mussolini wir- nach demEorriere d'Jkalia" das italie­nische königspaar, das einen Gegenbesuch iu Spanien mä­he» wird, auf dieser Reise begleiten.

In Renyork sind 12 999 Führer von Taxameterkmsk- vagen in den Ansstand getreten. In Buenos Aires Lrgenlinien) gab es Ä« vierstündiges blutiges Gefecht zwi­schen Polizei und Streikenden, meist Anarchisten.

Der Aufstand in Havanna Heck sich auf die OMrovinzeu msgedehnt. Die Lage iK ernjft

Der Arbeitgeberverband der schweizerischen uüaschtnen- «nd Metalltubustriellen hat die allgemeine Arbetrssperre verhängt

Me in den übrige« deutschen Werftorten Haben euch tu Hamburg die Werftarbeiter den ln dem Werftkonflikt gefällten Schiedsspruch in der Urabstimmung mit großer Mehrheit abgeleynt. _

Der neue Reichstag

Die Koalitionsmöglichkciken

er. Berlin, 6. Mai. Ein parlamentarischer MikrbMeik schreibt mir: Im alten aufgelösten Reichstag saßen zuletzk 85 Deutschnationale, 66 Deutsche Volksparteiler, 68 Zen­trumsleute, 39 Demokraten, 171 Sozialdemokraten, 16 Kom­munisten, 2 Unabhängige, 20 bayerische Volkspayteiler, 4 Bayerischer Bauernbund, 2 Deutsch-Hannoveraner, 3 Deutsch- Völkische und 3 wilde Kommunisten. Damit vergleiche man die endgültigen Ergebnisse der Reichstagsivahl vom 4. Mai. Der Ruck nach rechts ist Tatsache. Die Völkischen haben Mvar etwas enttäuscht. Aber die Deutschnationalen sind eine überragend mächtige Partei geworden. Nicht die mächtigste. Die Sozialdemokratie hält immer noch den Rekord trotz der Verluste an die Kommunisten. Daß die Sozialdemokraten verlieren werden, konnte ihnen jeder Voraussagen. Es fragte sich nur, wieviele zu den Kommunisten übergehen werde« Das ist, besonders in Oberschlesien, in großem Maß geschehen.. Das Zentrum hat sich, wie immer, gut behauptet. Stellew weise, so in Baden, hat es Zuwachs erhalten. Allerdings fehlte ihm gegenüber 1920 der inzwischen an Polen abgetre^ tene Teil Oberschlesiens. Die Demokraten haben nicht gut ab geschnitten.

Schwer getroffen geht die Deutschs Volkspariei aus den Wahlen hervor. Das hat verschiedene Gründe. Einmal Last Ausscheiden der Nationalliberalen Vereinigung. Sodann Li« überaus scharfe Agitation der weiter rechts stehenden Kreist gegen die Politik Dr. Stresemarms. Im Westen hat die Par­tei ihren Bestand erhalten. Die Verluste stammen aus den Bezirken östlich der Elbe. Immerhin haben die auf dem Boden der Weimarer Verfassung stehenden Parteien noch eine Mehrheit.

Damit ist aber noch nichts über die kommende Regie­rungsbildung gesagt. Für die Deutschnationalen käme als führende Partei nur eine bürgerliche Koalition in Be­tracht. Um wirklich regierungsfähig zu werden, müßte der neue bürgerliche Block die Demokraten und mindestens das Zentrum einbegreisen. Außenpolitisch liegt der Fall schwie­riger. Der Bericht der Sachverständigen ist nach deutsch­nationaler Ansicht grundsätzlich abzulehnen. Das käme einer völligen Abkehr von der bisherigen Regierungspolitik gleich. Die Demokraten gingen nicht mit.

Die andere Möglichkeit: Bildung einer großen Koalition nach preußischem Vorbild, bestehend aus Zentrum, Deutscher Lolkspartei, Demokraten, Mehrheitssozialdemokratie-, viel­leicht mit Einschluß der kleinen Mittelparteien. Aber eine solche Koalition hängt bei der stark gewordenen Opposition von links und rechts an einem Faden. Sie kann stürzen über Aacht. Mit einer solchen Koalition lassen sich die schweren Entscheidungen der Außenpolitik wohl kaum treffen. Man halte sich nur die Lage im bisherigen Reichstag gewärtig. Oie Regierung Morx-Stresemann stützte sich dort auf Volks- Partei, Zentrum und Demokraten, auf 173 von 459 Abgeord- "/ten. Sie war also eine Mmderheitsregierung, die nur Be­stand hatte, solange Sozialdemokraten oder Bayerische Volks- wohlwollende Neutralität übten. Das war bei Lei Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz der Fall. Als r - parlamentarischen Erledigung der vom ermäch-

> agten Kabinett erlassenen Verordnungen die Sozialdemo­

kraten in die Opposition gingen, würde dem Kabinett du parlamentarische Grundlage entzogen und es gab nur zwo Auswege: Rücktritt oder Auflösung. Das Kabinett entschied sich für'die Auflösung des Reichstags. Wie soll sich jetzt da- Kastimtt an der Spitze einer großen Koalition halten, wenn jeden Augenblick wieder zu befürchten ist, daß die Sozial­demokratie abspringt und plötzlich wieder eine schwache Min- derheitsregierung dasteht? Zudem darf man nicht übersehen daß die Esnehm-gung der Gesetze, die durch den Dawes- Plan notwendig' werden, eine Verfassungsände­rung darstellen und daher eine Zweidrittelmehrheit iw Reichstag erfordern, wie z. B. die Umbildung der Reichs­eisenbahnen in eine internationale Aktiengesellschaft! Das Zustandekommen dieser Mehrheit wäre aber nur mit den Deutschnationalen denkbar.

*

Bei einer Abgeordnetenzahl von 471 beträgt die einfache Mehrheit 236 Stimmen. Eine Koalition, wie sie bei der Reichstagsauflösung bestand (Zentrum, Deutsche Volkspartei und Demokraten) würde nur 137 Stimmen ergeben die soge­nannte Große Koalition mit Einschluß der Sozialdemokratie 237, also eine Stimme über der einfachen Mehrheit, die erste Koalition (Sozialdemokraten, Zentrum und Demokra­ten) aber nur 173 Stimmen.

Das Strefemann-^lattDie Zeit" erwähnt die Große Koalition nicht mehr, läßt vielmehr durchblicken, daß Nei­gung für den Anschluß nach rechts bestehe, doch solle Stresemann Außenminister bleiben. Die Deutschvölkst schen lehnen vorerst ein Zusammengehen mit den Deutsch- nationalen ab, bis diese die Forderung einer sofortigen Neu- wahl des Reichs Präsidenten angenommen haben.

Nene Nachrichten

Das Reichskabinett.

Berlin, 7. Mai. Der Rechstnnenminister Dr. Jarres hat während der Beratung des Reickskabinettk darauf aufmerksam gemacht, daß sich nicht vor dem 16 Mai feststellen lass«, welche Zusammensetzung der Reichstckg erführen werde. Das Reichs- kabtnelt habe infolgedessen nach längerer Besprechung be­schlossen, bis zum Zusammentritt des Reichstags im Amt zu bleiben.

Das letztere ist eine Selbstverständlichkeit. Dagegen ist grundsätzlich dagegen Stellung zu nehmen, daß der Zusam­mentritt des Reichstags länger als unbedingt notwendig hinausgeschoben werde.

Das Ausland zu den Wahlen.

Französische Stimme«.

WTB. Paris, 5. Mai. Die Kommentare der Abendprefse über das Ergebnis der deuischen Reichstagswahl machen den Vorbehalt, daß noch Verschiebungen durch die endgültgen Ziffern möglich sind. DerTemps" schreibt: Wenn künftig die Deutschnattonalkn, die Rechtsradikalen, die Bayerische Volkspartei und die Kommunisten gegen Gesetze stimmten, die von den Sachverständigen verlangt würden, werde es möglich sein, diese Gesetze zur Annahme zu bringen, soweit sie die ReichSverfaffung änderten. DerJntransigeant" schreibt: Deutschland habe trotz der leidenschaftlichen Kampagne der Chauvinisten und Revanchepolitiker aller Art nicht gewagt, sich der Reaktion in die A-me zu werfen. Jedenfalls könne man sagen, daß niemals die Notwendigkeit dringender er­schienen sei, an die Spitze der französischen Regierung einen Mann von Erfahrung zu lassen, der seit 2 V» Jahren die diplomatischen Fäden in der Hand halte. DieLiberia" schreibt: Aus dem bis jetzt vorltegenden Ergebnis lasse sich erkennen, daß die republikanische Idee in Deutschland keine sehr tiefen Wurzeln habe.

Englische Stimme« zu dem Wahlergebnis.

WTB. London, 6. Mai. (Tel.) Die gesamte Abendprefse beurteilt das Ergebnis der deutschen Reichstagswahlen haupt­sächlich vom Standpunkt ihrer Auswirkung auf die F age der Annahme des Sachverständigenberichts durch Deutschland. Alk Hauptmerkmal der Wahlen bezeichnen die Blätter den Erfolg der Deutschnationalen, betonen jedoch zugleich, daß die Sozialdemokraten trotz ihrer schweren Verluste nach wie vor die stärkste Partei bleiben. Viel beachtet wird auch die große Zunahme der kommunistischen Stimmen, sowie die Tat­sache, daß der Erfolg dek äußersten Rechten ihren Erwartup- gen nicht entspricht.Eventng Standard" schreibt, bet der Bildung der neuen Regierung würden die Deutschnationalen der entscheidende Faktor sein. Dagege« sei die S ellnngnahme des neuen Reichstags zu den Sachverständiaenplänen unsicher. DerManchester Guardian" schreibt, glückllcherwesse könne kaum ein Zweifel darüber herrschen, daß auf jeden Fall eine Mehrheit für die Annahme des Berichts vorhanden sein wird.

Der erste Eindruck in Amerika.

New Dark, 5. Mai. Die Zeitungen besprechen in Artikeln mit großen U verschifften den Ausfäll der deutschen Retchs- tagswahlen. Sie erklären sich befriedigt, da der Exp-rtenplan wohl gesichert sei. Aus Washington liegen Depe chen vor, in denen von dem guten Eindruck der Wahlergebnisse ge­

sprochen wird, weil die Rechtsparteien nicht die vielfach be­fürchteten großen Gewinne erzielt haben.

Der Reichskanzler über die Erfüllung ,

Berlin, 7. Mai. Dem Berichterstatter der römischenTrif buna" gegenüber erklärte Reichskanzler Dr. Marx: Di» Reichsregierung hat beschlossen, den von den Sachverständig gen vovgez-eichneten Weg einzuschlagen und ich bin überzeugt daß dies von der Mehrheit des deutschen Volkes gebilligt wird. Doch müssen wir uns fragen, ob dieser Weg uns auch tüe Freiheit bringen wird, was doch der Zweck der ErfiÜlunz sein soll. Wir werden die Kosten des Widerstands an Rhein und Ruhr übernehmen. Die steuerliche und wirtschaftliche Hohest'mch w1Wer"hergestellt rverdenTiSenn Deuftchtand sott zahlen können. Trotz der Bedenken, daß die Sachverständigen die Leistungsfähigkeit Deutschlands überschätzt haben, hoffen wir, daß die Sachverständigenberichte Deutschland zur Frei­heit verhelfen werden. Die Rechtsgrundlage des Vertrags von Versailles muß erneuert und anerkannt werden, dch Deutschland durch den Vertrag nicht nur Pflichten übernon»,. men, sondern auch Rechte erlangt hat. Die Sanktionen müj-, jen aufhören.

Die Deutschnakionalen und der Dawesplan

. Berlin. 7. Mar. Ein Vertreter desVerl. Lokalanz." de- ßtygte -den Vorsitzenden der Deutschnationalen Partei Hergt über dir Stellung der Partei zu den Vorschlägen der Sach- verständigen. Hergt führte aus: Das Ausland, soweit es unÄsangen ist, scheint mit Recht zu hoffen, daß unter den» entscheidenden Einfluß der Deutschnationalen eine deutsche Außenpolitik getrieben wird, die den Lebensnotwendigkeiten und dem Lebenswillen des deutschen Volks unbedingt Rech­nung trägt, die aber andererseits geeignet ist, eine befriedi­gende Lösung der Fragen hevbeizuführen. Wir lehnen das Gutachten und die Aufforderung zu Verhandlungen nickst von vornherein ad, wohl aber machen wir Vorbe­halte, auf die nicht verzichtet werden kann. Es ist unmöglich, daß in den Verhandlungen die politischen Fragen von den wirtschaftlichen getrennt werden. Dem deutschen Volk können nicht wirtschaftliche Lasten in größerem Aus­maß zugemutet werden, bevor die häufig genannten Ehren- punkte befriedigend gelöst sind. Auf keinen Fall wird sich eine deutschnational beeinflußte Regierung dazu hergeben, Versprechungen mit ihrer Unterschrift zu decken, von deren Unerfüllbarkeit sie nach pflichtmäßiger Prüfung überzeugt ist. Das Ausland darf aber die Gewißheit haben, daß, wenn mit ihm Vereinbarungen unter deutschnationaler Mitarbeit zustande kommen, das Versvreck^n auch gehalten wird, so- daß nicht immer neue Streitfälle entstehen können.

Der Kampf um die Arbeitszeit

Berlin. 7. Mai. Die kommunistischen Betriebsräte der Berliner Industrie haben die Forderung ausgestellt, daß bi; 15. Mai in allen Betrieben die achtstündige Arbeitszeit wie­der hergestellt sein müsse. Der Führer Brobath sagte, der kommunistische Reichstagssieg müsse der Ruf zu einen« letzten entscheidenden Waffengang des Proletariats sein.

Aussperrung der Bergarbeiter im Ruhrgebiet.

Bochum, 7. Mat. Eine Reoieikonferenz des Verbandes der Bergarbeiter Deutschlands hat zur VerbindltchkeitSerklärung der Schiedssprüche über die Lohn-- und Arbeitszeitregelung Stellung genommen. Sie stellte sich hinter den ablehnen­den Beschluß der Konferenz vom 30. April. In Essen wurde der gleiche Beschluß gefaßt. Infolgedessen haben die Bergwerksbesttzer seit gestern Abend 6 Uhr die gesamten Belegschaften ausgesperrt. Seit dieser Zeit ruht die Arbeit auf sämtlichen Zechen de» rheinisch-westfälischen Industriegebiets.

Berlin, 7. Mai. Von der Aussperrung im Ruhrgebiet werden It. .Verl. Lok.Anz." etwa 300000 Bergarbeiter be­troffen. Die Besatzungsbehörden haben, dem Blatt zufolge erklärt, daß sie strikte Neutralität üben würden.

Halle. 7. Mai. Eine kommunistische Beiricbsä'evev sammlung für Mitteldeutschland beschloß, falls im Ruhrge biet der Generalstreik ausgerufen werde, auch im mitteldeut- schen Grubengebiet den Generalstreik eintreten zu lösten Die Bergwerksverwaltungen teilten den Belegschaften mit daß dann die Gruben 'geschlossen würden.

Die Aussperrung ist auch im sächsische» Kohleuber,bau erfolgt.

Berlin, 7. Mat. Nach Blättermeldungen aus Dresden ist gestern auch in allen Gruben de» sächsischen Kohlenbergbaus die Aussperrung der Bergarbeiter erfolgt.

Das mecklenburgische Ministerium zurückgekreten

Schwerin. 7. Mai. Der deutschnationale Erstministei Frhr. v. Branden st ein erklärte in der gestriger. Land tagssitzung, in der Besprechung der deutschen Erstministei in Berlin habe er als einziger verlangt, daß über, die Sach verständigen-Pläne seitens der Reichsreg-erung mit den Verband nur verbandest werden dürfe, wenn weitgehend, deutsche Bedingungen angenommen werden. Die Deutsch völkischen wären mit der Erklärung nicht zufrieden und si> brachten ehren persönlichen Mißtrauensantrag gegen Bran