Der Tanz um das goldene Kalb

23 j Don Erica Grupe-Lörcher

(Nachdruck verboten.)

Die Boshaftigkeit der Bemerkungen, die bei den vier Gästen am Tische, freilich mit sehr gesenkter Stimme, über die Gastgeber gefallen waren, gaben Zyria zu denken. Wie undankbar war doch die Welt! Wie falsch die Menschen! Diese vier Gäste nahmen die Einladung des Geheimrates zum heutigen Abend an. amüsierten sich, speisten hier gute Ge­richte auf seine Kosten, rauchten seine teuersten Zigarren, liehen sich zerstreuen, alles mögliche bieten und wagten es dann, sich über die Gastgeber in dieser Form und an dieser Stelle lustig zu machen.

Bielleicht waren noch manche, die eine ähnliche Gesin­nung wie diese Bier unter den heutigen Gästen hatten. And das Fest, das ihr blendend, großzügig, nobel, von weitest­gehender Gastlichkeit gedünkt, begann für Zyria zu ver­blüffen durch die Scheeiheit der Gäste.

Herr Wedell schien ibre Gedanken zu erraten. Biel­leicht waren ihm die gleichen Empfindungen gekommen wie ihr, als er das Gespräch der andern hörte. Denn auch er dürfte es mitangehört haben, lind ryie aus seinen Gedan­ken heraus sagte er halblaut, sich um etwas zu Zyria herab­neigend:

.Es ist mir eben endlich gelungen, meiner Cousine, Fräu­lein Amanda, habhaft zu werden. Sie war schwer zu er­reichen und immer von einem Schwarm von Gästen umgeben. Allerdings habe ich gleich von ihr Borwürse zu hören be­kommen. weil ich mich verhältnismäßig selten in Checkberg, und dadurch auch in ihrem Hause, sehen lasse. Aber ich bin kein guter Gesellschafter. Wenn inan das Landleben mit seiner Einsamkeit, mit seinen Naturreizen gewohnt ist. zieht es einen nicht viel in die Stadt in das Menschen- gewogc*

And während Zvria ihm zuhörte. ging ihr Blick durch den großen Raum. Wie recht hatte er! Das war ein Schwarm von schmähenden, lachenden Menschen, die sicher in der überwiegenden Mehrheit? Hohles Zeug sagten, ober­flächliche Anterhaltungen pflogen, sich im Grunde gegen­seitig furchtbar gleichgültig waren, einige Stunden miteinan- der verbrachten,. um dann wieder auseinanderzugeyen, ohne irgendwelche innere Spuren oder Anteilnahme! Dann

hörte sie ihn weitersprechen, .sich habe meiner Cousine osr-t sprechen müssen, nicht abzureisen, ohne morgen zum Mit­tagessen ihr Gast gewesen zu sein. Das sagte ich ihr zu! Solch Zusammensein mit Verwandten oder lieben Bekann­ten im kleinsten Kreise ist mir das liebste! Ich bin heute hergekommen, um den sechzigsten Geburtstag meines Ver­wandten zu feiern. And was habe ich im Grunde von ihm heute abend gehabt? Kaum, daß ich ihm die Hand drücken konnte!"

.Sie werden morgen mittag unser Gast sein?" fragte Zyria zurück und überlegte schnell die Pflichten, die sie da­durch sür morgen zum Essen bekam. In Gedanken entwarf sie sogleich ein kleines Menü. Sie war sehr geschickt in der­gleichen, und entzückte Fräulein Amanda immer von neuem, weil sie ihr selbst viel dadurch abnahm.

Herr Wedell nickte bejahend. In seinen Augen stand eine Helle Freude. Morgen würde er Muße haben, Zyria im kleinsten und gemütlichen Kreise wiedcrzusehen! .Ja, gnädiges Fräulein, und ich gebe mich der Hoffnung hin, daß auch Sie recht bald mein Gast auf meiner Besitzung brausten sein werden. Nacht wahr. Sie schließen sich meiner Ver­wandten an, denn meine Cousine hat mir bereits das Ver­sprechen gegeben, bald herauszukommen!"

Sie sah ihm für Sekunden in die Augen. «Sehr gerne!" erwiderte sie, und rang eine unerklärliche Befangenheit nieder. Warum stieg ihr urplötzlich eine warme Röte ins Gesicht?

«Für uns aus dem Lande ist ein lieber Besuch auS der Stabt immer ein Ereignis, ein Fest! Besonders für mich, wo ich ganz allein stehe." Erst jetzt sah sie aus seine Hand, sie trug noch nicht den Schmuck eines Trauringes.

And als ob er ihren fragenden Blick, ihre Gedanken er­rate, fuhr er fort: «Ich bin noch unverheiratet. Es hat mir bis jetzt an einer Gelegenheit gefehlt, eine wirkliche Zu­neigung fassen zu können und tiefe Zuneigung ist für mich die Hauptbedingung. Auf dem Lande ist man viel mehr als in der Stadt auf die Innigkeit des Familienlebens ange­wiesen. Wenn es in einer Eye zwischen wohlsituierten Großstadtmenschen nicht klappt, gibt es hundert Gelegen­heiten. um außer dem Hause zu leben, sich, nebeneinandsr- gehend, zu zerstreuen, um über eine innere Oede hinwegzu- kommen und doch vor der Welt das Dekorum wahren zu können!"

Sie hörte ihm schweigend zu. Die andern zwei Paar« waren in eine gemeinsame Unterhaltung vertieft, welche ihr« gegenseitige nahe Bekanntschaft erraten ließ. Offenbar schwatzten sie wieder allerlei Zeug, was einem Etabtklatsch nicht unähnlich war. Eine Reihe von Personen wurden in allen Einzelheiten und Familienkimitäden durchgehechelt. Das widerte Zyria an! Was ihr Herr Wedell jetzt er­zählte und schilderte, klang so voller Ruhe, voll abgeklärter Festigkeit, war so fern allem Banalen.

So ging die Tischzeit herum. Beide sahen sich mit einem gewissen Erstaunen um, als plötzlich rings die Stühle ge- schoben wurden und die Gäste sich erhoben. Eie waren dem banalen Alltagsgeschwätz und dem Stadtklatsch wie auf einer fernen Insel entrückt gewesen. Boll Bedauern kam ihm die Erkenntnis, Zyria nun wieder ihren gesellschaft­lichen Pflichten abtreien zu müssen. Jetzt würde sie kaum noch Zeit haben, sich ihm widmen zu können, eine Unter­haltung mit ihm zu führen. And doch! In seiner klaren, in sich gefestigten Lebensanschauung und Auffassung dankte er dem Schicksal die Tatsache, ihn mit Zyria zusammengeführt zu haben. Wie ein unvermutetes und deshalb um so größeres Geschenk war diese Begegnung für ihn durch das Schicksal geworden. Ganz ohne besondere Erwartungen hatte er sich zu dem heutigen Abend eingefunden. Im Gegenteil, ihm waren diese rauschenden Feste in einer' Schwarm von Menschen nicht besonders angenehm. Ni., die Befürchtung, seine Verwandten durch eine abermalig-' Absage, und besonders zu diesem sechzigsten Geburtstag, feste, zu kränken, führte ih r her.

Nun trat ihm diese lachende, anschmiegende, weiche Ar muk entgegen, die ihm auf den ersten Blick das ganze He , erfüllte! «Ich werde sie Wiedersehen!" dachte er, «ich wer. sie nicht aus den Augen lassen! Schon morgen darf ich s im kleinsten Kreise der Gesellschaft Wiedersehen!" Und dic ser Gedanke half ihm darüber hinweg, daß er sie davon geben mußte. Er würde nicht mehr lange bleiben. De Höhepunkt war für ihn jetzt nach dieser Stunde, die er m ihr hakte verplaudern dürfen, vorüber. Jetzt würde der Tan beginnsn. Da gab er keine gute Figur ab. Er liebte dee Tanz nicht, konnte ihm keinen Geschmack abgewlnnen. Sah keinen Reiz darin, sich stundenlang immer im Kreise zu drehen, ohne sich viel unterhalten zu können, well man sich bis zur Atemlosigkeit erhitzte. Vorstetzung folgst.

Amtliche Bekanntmachung.

Landtagswahl.

Zur Ermittlung des E-gebrüstet der LandtagS- wahl findet am Dienstag, den 6. Mai d. I«., nachm. 5 Uhr auf dem Oberamt eine öffentliche Sitzung des BezirkSwahlauSschusteS statt.

Nagold, den 5 Mai 1924.

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Diese Tabelle gilt nicht für diejenigen Arbeitgeber bezw. Versicherten, deren Beiträge nach dem wirklichen Arbeitsverdienst berechnet »erden.

Nagold, den 2. Mai 1924.

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