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Rr. 69

mls- und MzeiZeblalk für den OberamtsbeM Aagsl

mit äer Heimatbeilage

^Unsere Heimat"

Gegründet 1826?

Nagoläer Bagblatt

Echriftleitung, Druck und Verlag von S. W. Zaiser (Karl Zatser) Nagold.

Freitag den 21. März 1924 Fernsprecher Nr 29

Verbreitetst» Zeitung t» Oberur lSveztrl »»« zeige» st'd daher »o» beste« »rfolg.

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«ünschlen riill» «rlck>»t»»«. Au Fall«» »,» ditbrru »«. «all besteht k«t» «ustruch «»» Slesinm, d,r getnw, »dn o»s «tücktahlrm» d.»e,ug»pr«>l«».

Telegramm-Adresse: Gesellschafter Nagold.

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98. Jahrgang

Tagesspieqel

Nach einer Pariser Meldung soll über die Gründung der Goldkreditbank in Berlin wieder Bedenken erhoben wor- Den sein. Dr. Schacht wird nicht vor Sonntag aus Paris zurückkehren.

Der Schiedsspruch im Streik der Hamburger Hafenarbei- ter wurde von Arbeitgebern und Arbeitern ab gelehnt.

Der bayerische Volksentscheid über die Aenderung der Verfassung (Staatspräsident usw.) findet am 6. April statt.

Der französische Senat hat dis Parlamcnlswichlcn auf lll. Mai anberaumt.

In St. Lticnne (Frankreich) streiken 12 000 Metall­arbeiter.

Der Araberkönig Hussein wird einen Ausschuß einsesten, «m die Kalifatssrage zu beraten und dann durch eine Welt- versammiung der ^..ohammedaner entscheiden zu lassen.

WaWorgen

Die Arbeit der Parteien.

Die Parteien haben in einigen Städten bereits ihre sog. Spitzenkandidaturen ausgestellt. Aber die Wahllisten sind noch lange nicht fertig. Im politischen Leben Deutschlands bestehen zurzeit sage und schreibe 28 Parteien. Also inüssen mindestens zwei Dutzend Wahllisten aufgestellt werden. Soll­ten einzelne Gruppen sich den Luxus gestatten, mit einer be­sonderen Liste auf dem Kampfplatz zu erscheinen, so erhöht sich noch die bewußte Zahl. Der Proporz sorgt dafür, daß such die Kleinsten nicht zu kurz kommen.

Was kostet aber die Spaltung und der vielfältig kon­kurrierende Kampf? Der Wahlausschuß unter dem Wahl- feidmarscholl Prof. Wagemann und die Parteilestungen wissen es: Wie der blutige Krieg, so kostet auch das inner­politische Ringen Geld, Geld und abermals Geld. Das scheint den Wählern, die fest vier Jahren keine Wahl erlebt haben, noch nicht voll zum Bewußtsein zu kommen. Wäre es der Fall, so hätten sie ihre Parteikassep gewiß schon mit Rentenmark bis an den Rand gefüllt, statt sich zu verwun­dern, wie von den Fraktionsbüros öffentlich und vertraulich die Bettelbriefe hageln, um wenigstens das Nötigste zusam- nienzubekommen.

Und was heißt dasNötigste"? Um einen Ueberschlag zu machen, muß man den normalen Geldbedarf eines ernst­haft betriebenen Einzelkampfes ausrechnen. Nehmen wir an, daß die Vorbereitung der Wahlliste, die Reisen zur Auswahl der Kandidaten, die Vorstellung mehrerer Bewerber, die Konferenz der Vertrauensmänner des Wahlkreises, die not­wendigen Briefe, gedruckten Einladungen und Zeitungsan­zeigen die Wahlkasse noch nicht belastet haben. Die Kriegs­munition soll erst vom Mobilmachungstag, d i. vom Augen­blick der Bekanntgabe der Wahlliste an, zur Verwendung kommen. Was wird da aber alles fällig! Große Säle in den größten Städten des Wahlkreises müssen gemietet, Zei­tungsanzeigen und Plakate mit Versammlungsanzeigen ver­öffentlicht, besondere Ausschreiben an Mitglieder und be­kannte Parteigänger gedruckt und versandt werden. Zettel­oerteiler müssen noch am Abend Erinnerungszettel aus- fireuen. So kostet schon die erste Vorstellung eines Spitzen­kandidaten mancheStange Gold", wie man heute wieder sagen darf.

Dann beginnt die Land Werbung. Tagtäglich müssen Kraftwagen und Pferdefuhrwerke gemietet, zuverlässige Be­gleiter zum Mitfahren gewonnen, öffentliche Versammlungs- rinladungen erlaffen, wiederum private Briefs an bekannte Parteifreunde geschrieben, Saalmieten, Heizungs- und Be­leuchtungskosten gezahlt werden. Das läuft alles unerwartet schnell und hoch ins Geld. Und die Arbeit wächst ständig, ver Gegner wird immer rühriger. Die eigene Werbearbeit muß verdoppelt werden. Niemand kann mehr nebenamtlich oder ehrenamtlich die rasend zunehmende Tätigkeit bewäl­tigen. Also muß ein Wahlbüro mit mindestens einem an- gestellten Beamten, mit eigenem Fernsprecher und mit zahl­reichen Schreibkräften beschafft werden. Das gibt große taufende Ausgaben.

Weitere Notwendigkeiten: Die bekanntesten Parlamen­tarier, zugkräftige auswärtige Redner müssen herbeigeholt werden, um den Kreiskandidaten und seine redenden Freunde i» unterstützen und den Wählern erwünschte Abwechslung zu bieten. Jede derartige Hilfe erfordert Ersatz der Reise­kosten und Bezahlung des besonderen Reklameaufwands. Dann aber kommen erst die Hauptaufgaben: Die Kampfan- zeigen in den Zeitungen, die Beilagen und Flugblätter. Man k""n gerade auf diesen papierenen Kampf nicht verzichten, jv ,chwer es auch in der jetzigen wirtschaftlichen Lage fallen Denn der Kampf muß ja an die allermeisten Wähler «nd Wählerinnen erst wirklich herangebracht werden. In 7 " Leitung wollen sich alle unterrichten, und der Rund­funk dient in Deutschland glücklicherweise noch nicht der parteipolitischen Werbearbeit.

Wohl dem Wahlkassierer, der nicht sorgenvoll ängstlich namrureamen braucht,, ob seine Kasse bis zum Entscheidung^

lag'zureicht. Denn im Wahltermin steigt erlabrungsgemay nicht nur die Begeisterung, sondern auch der Geldbedarf noch einmal bis zum Siedepunkt. Wenn auch der Wust der Stimmzettel für die Parteien diesmal wegfallen soll, weil der amtliche Wahlzettel im Wahllokal ausliegt, so macht doch die Bezahlung der Schlepper, Zontrollfftenführer. Schlepp- wagen, Telephon- und Telegrammspesen viele Sorgen. Er hat nicht alles Namen, was an solchem Tag bezahlt werden muß. Oft wurden noch am Wahltag Schulden ausgenom­men, die später peinlich drückten. ' Darum, lieber Wähler, denke beizeiten an deine Partei und gib ihr, was sie vor allem braucht: Geld! -er.

General v. Seeckt an die Reichswehr

Unterm 4. November hat General v. Seeckt an die Wehrkreiskommandeure folgenden Befehl berausgcgeben:

Der Ruhrkampf und sein Ende haben Deutschland bis ins tiefste aufgewählt. Frankreichs und Belgiens frevelhafter Eingriff in das Reichsgebiet una die wirtschaftliche Not, dir das Volk an den Rand der Verzweiflung bringt, haben uns Nicht zusammengeführt, sondern Len Kampf der Parteien zur Siedehitze gesteigert. Der kommunistische Umsturz wurde in Hamburg soeben von der Polizei und der Reichsmarine niedergeworfen, aber die Kommunisten find entschlossen, ihn zu erneuern, "sobald ihnen die verschärft« Not neue Gelegenheit gibt. InSachsen ist die Reichswehr rmgesetzt worden, um die schwersten Bedrohungen der Ruh« und Sicherheit zu beseitigen. Andererseits ist über Nacht der Anhang derjenigen gewachsen, die Deutschlands Rettung nur in einer beschleunigten gewaltsamen Beseitigung des jetzigen Regierungssystems durch eins nationale Diktatur Khen. Die bayerischen Nationalsozialisten fordern den Marsch auf Berlin.

In diesen Tagen der schwersten Notlage unseres Vater­lands sind die Augen weiter Volkskreise auf die Reichs­wehr gerichtet. Solange ich an meiner Stelle bin, habe ich die Ansicht vertreten, daß nicht vom diesen oder jenen Extre- wey, Echt von äußerer Hilfe oder innerer Revolution> komme sie von links oder rechts das Heil kommt, sonder» daß uns nur harte und nützliche Arbeit die Möglichkeit zum Weilerleben gibt.

Diese können wir nur auf dem Boden von Ersetz und Lei Verfassung leisten. Wird dieser verlassen, so tritt der Bür­gerkrieg ein, der bei unseren heutigen Verhältnissen zwei an Zahl und Machtmitteln gleich starke Parteien gegenein­ander führt, der nicht mit dem Sieg der einen Seite, sondern mit ihrer gegenseitigen Aerfleischnng endet, wofür uns de. Dreißigjährige Krieg ein furchtbar warnendes Beispiel sein muß.

An der Reichswehr ist es, diesen Bürger­krieg zu verhindern. Noch lebt auch in weiten Be­völkerungskreisen der Glaube, daß die Reichswehr eine Kraft im Staat ist, die von Kapitalismus, Sozialismus, Geldmag­naten und Gewerkschaften gleich unabhängig ist und in rest­loser heißer Liebe zum Vaterland nur diesem zu dienen sucht. An uns ist es, dieses Vertrauen nicht zu täuschen und den Militärischen Ausnahmezustand so zu handhaben und aus- ßugestalten, daß nicht nur Ruhe und Ordnung in Deutschland herrschen, sondern daß seine Bewohner in ihrer Existenz sichergestellt werden, wieder Vertrauen zur Zukunft fassen, und daß seine Jugend in nationaler Begeisterung wieder zur Wehrhaftigkeit drängt.

Hierbei wird uns die Mitarbeit aller von verantwortungs­voller Vaterlandsliebe beseelten Kreise notwendig und sicher ein. Besonders aber haben sich durch die jüngsten Vorgänge n Bayern Zweifel darüber ergeben, ob die innere Festig­keit und Einigkeit des Heers zur Durchführung dieser hohen k ffgabe genügt. Es ist unser Lebensinteresse, daß wir diesen Zweifel widerlegen, daß wir den Parteikamxf, der alle übri­gen Kräfte Deutschlands zerreißt, ans dem Heer ausschließen.

Die staatlichen Notwendigkeiten zu erkennen und dur.ch- jzusetzen, ist allein Sache der obersten Führung. Die Ehre des Soldaten liegt nicht im Besserwisser! und Vesserwollen, son­dern im Gehorsam. Deshalb warne ich in dieseriStunde all« Angehörigen der Reichswehr vor jenen, die Zwietracht in ßhre Reihen zu tragen suchen. Eine Reichswehr, die in sich binig und im Gehorsam bleibt, ist unüberwindlich und bleibt der stärkste Faktor im Staat. Eine Reichswehr, in die der Spaltpilz der Politik gedrungen ist, wird in der Stunde der Gefahr zerbrechen. Ich ersticke alle Komman­deure, ihre Untergebenen auf die schwere Gefahr einer sol­chen politischen Betätigung hinzuweisea und jeden Reichs- wclrangehörlgen, der sich politisch zu betätigen sucht, sofort aus der Truppe zu entfernen. (gez.) v. Seeckt.

Neue Nachrichten

Neue Steuern!

Berlin, 20. März. Zur Aufstellung des Reichshaushalt- plons in Goldmark bereitet die Reichsrcgierung neue Steuervorlagen vor, die dem neuen Reichstag als- b,ld vorgelegt werden sollen. Von den Aufwendi'ngen für K lturaufgaben, die der alte Reichstag noch bewilligt hotte, sind fast 40 Prozent gestrichen worden, da hiesür keine Mittel mehr vorhanden sind.

Neue Parteien

Berlin, 20. März. Gestern sind zwei neue Parteien ge­gründet worden, eine Deutsche kommunistische Bereinigung in Neukölln (Berlin) und eine Partei der Ansiedler, die sich in Königsberg (Ostpr.) bWete. Die Zahl der Parteien ist d nitt auf 28 gestiegen. Bis gestern abend sind 1850 Ein- Zelkandidaten der verschiedenen Parteien für die Reichstags- wähl bekannt geworden.

Haftbefehl gegen Klara Zetkin

Leipzig, 20. März. Der Oberreichsanwalt -hat gegen h!e bisherige Reichstagsabgeordnete Klara Zetkin we- cn Hochverrats Haftbefehl erlassen. Sie soll sich bereits lrer der Grenze auf dem Weg nach Moskau tMfinden.

Der Haftbefehl gegen den Abg. H o f f m a n n - Kaisers­lautern ist nicht vollstreckbar, da Hoffmann unter französi­schem Schutz steht.

1,8 Millionen Tonnen kohlen monatlich

Baris, 20. März. Die Entschädigungskommission Hai bestimmt, daß Deutschland für den Monat April ebenso wie in den vorangeaangenen Monaten 1800 000 Tonnen Koh­le« zn liefern hat.

Noch keine Abrechnung über die Ruhrausbeulung

London, 20. März. Im Unterhaus wurde eine Anfrage gestellt, wieviel England von dem bekomme, was Frankreich und Belgien aus dem Ruhrgebiet ziehen. Mac Do­li a l d antwortete, die französische und belgische Regierung haben über die Ergebnisse der Ruhrbesetzung der Entschädi- gungs kommisston noch keine Abrechnung vorgelegt. England habe einen Anspruch auf 22 Prozent der deutschen Leistungen. Die britische Regierung erkenne die Behauptung, daß di« BesetzungzuRecht erfolgt sei, und daß die beiden Staa­ten deshalb berechtigt seien, die Kosten der Besetzung von den Einnahmen abzuziehen, nicht an. Eine endgültige Regelung sei jedoch vor der Erledigung der ganzen Frage durch die Entschädigungskommission und alle am Friedens- oertraa beteiligten Staaten nicht möglich.

Tschechische Ableugnrmg des Geheimverlrags

Die Veröffentlichung des geheimen Abkommens zwischen Frankreich und der Tsechoslowakei durch das Verl. Tageblatt yat großes Aussehen erregt und wird von der tschechischen Seit« abgeleugnet. Auf eine Anfrage im tschechischen Abge- »rdnetenhaus von deutscher Seite antwortete der Minister des Neuster» Dr. Ben« sch, er schließe keine Geheim«er­trüge ab. Ein solcher Vertrag würde überdies zwecklos ge­wesen sein, da während voller 5 Jahre keinMißverständnis" stoisches der Tschechoslowakei und Deutschland bestanden

habe. Er könne nur sagen, daß es sich um eine Fälschung handle; hier werde in unoerantworüich leichtsinniger Weijck Politik gemacht.

Der tschechische Gesandte in Rom erklärte der italieni­schen Regierung, die Veröffentlichung des Berliner Blatts sek ein Auszug aus asten Zeitungsartikeln. Schon die Stelle, daß in dem angeblichen Vertrag auch eine Vereinbarung gegen Italien getroffen sei, beweise, daß diedeutsche Erfin- düng" sinnlos sei. Dr. Benesch habe ja auch wiederholt er­klärt, daß der tschechisch-französische Vertrag nichts enthalte, was die italienischen Interessen berühre.

Die italienische Regierung erwartet, daß die Regierungen ln Paris und Prag alsbald zureichende Aufklärung geben.

In Budapest legt man der Erklärung Veneschs wenig! Gewicht bei.

Berlin, 20. März. Der Berliner tschechoslowakische Ge­sandte veröffentlicht in derVossischen Zeitung" einen Arti­kel zu der vorgestrigen Veröffentlichung eines französisch­tschechischen Geheimvertrages. Er verzeichnet es als ein Ver­dienst desBerliner Tageblatts", die Blättermeldung abge- druckt zu haben, die ungeheuer viel Unheil hätte anrichteu können. Derartige Gerüchts würden das Verhältnis zwi­schen der Tsechoslowakei und Deutschland trüben.

G

Der bayerische Konkordat

München, 20. März. Die Korrespondenz Hoffmann mel-^ bet, daß das zwischen der bayerischen Staatsregierung und dem Hl. Stuhl vereinbarte Konkordat abgeschlossen ist. Reichskanzler Marx hat namens der Reichsregierungj der das Konkordat nach Art. 78 der Reichsverfassung mrtge- teilt werden mußte, in einem Schreiben an das Ministerium! des Aeußern mitgeteilt, daß 'egen das Konkordat zwischen^ der bayerischen Staatsregierung und dem Hl. Stuhl auf Grund der Reichsverfassung Einwendungen nicht erhoben würden.

Paris, 20. März. Die Kammer genehmigte gestern den- Gesetzesvorschlag, der die Zahl der Abgeordneten auf 584 festsetzt.