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Amts- und Auzeigeblatt für deu Oberamlsbezlrk Aagol
mit äer Heimatbeilage
^Unsere Heimat"
Nagoläer ^agblatt
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„Zeierstunäen"
Schrtftlettung, Druck und^Verlag von G. W. Zoiser l»arl Zatser) Nagold.
Nr. 67 Gegründet 1826 Mittwoch den 19. März 1924 Fernsprecher Nr 29
Verbreitetste Zeitung im Oberav tsveziit. — An» zeigen find daher von beste« Erfolg.
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98. Jahrgang
Tagesspiegel
Reichskanzler Dr. Marx uni» Minister Dr. Skresemann find nach Wien abgereist. Es sollen wirtschafstiche. rechtliche und Verkehrsfragen besprochen werden.
Reichsbankpräsident Schacht ist aus Paris in Berlin ein- getrosten. Er wird abermals nach Paris abreifen.
Der preußische Minister des Innern Severing hat die beantragte Wiederzulassung der Nationalsozialistischen Vereinigungen und der nationalen kampfverbände abgelehnk.
Die Besehunaskosten betragen nach amtlicher Mitteilung bis Ende Dczenrber 1923 zusammen 5 Milliarden und 5 Millionen Goldmark. Die ganze französisckie Kriegsentschädigung 1871 belief sich dagegen nur auf 4 Milliarden Goldmark. — Wir haben die verschiedenen Zahlen bereits mitgcteitt.
Das englische Unterhaus hat mit 347 gegen 13 Stimmen den Antrag einiger Slrbeiterverkrster abgelehnt. den Heeres- befiand von 160 000 auf 100 000 Mann herabzvsehen.
Der Heeresausschuß des Abgeordnetenhauses in Washington schlägt für den Ausbau der Lustskrs'tkräfke für 1924/25 eine Ausgabe von 12)4 Millionen Dollar vor.
Wahlvorbereitungen
Die amtliche Arbeit.
Die Vorbereitung der am 4. Mai stattfindenden Reichs- lagsneuwahlen hat begonnen. Gleich am Tag nach der Auflösung des alten Reichstags ernannte der Reichs- irmenmimster Len neuen Reichswahlleiter. Es ist der bisher mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Präsidenten des Statistischen Reichsamts beauftragte Ministerialrat Wagemann. (Wahlleiter von 1920 war der Präsident des Statistischen Amts selbst, Delbrück). Was hat der Wahlseiter zunächst zu tun? Er stellt die Liste des Wahlausschusses zusammen. Der Wahlausschuß besieht aus je einem Vertreter der politischen Parteien. Was dann folgt, ist die Aufforderung an die Parteien, ihre Wahllisten beim Wahlleiter einzureichen.
Die übrige amtliche Arbeit ist erleichtert durch di« neue Wahlgesetzbestimmung vom 27. Apoll 1920, die die sog«- kannten ständigen Wählerlisten brachte. Die zeitraubende und kostspielig« Neuanlag« der Wählerlisten unmittelbar vor jeder Neuwahl wurde dadurch ersetzt, daß man die bemeinüeweise angelegten Verzeichnisse der Wahlberechtigten m Listen oder Wählerkarteien dauernd auf dem Lausenden hält, berichtigt oder ergänzt.
Pon Bedeutung für die Ersparnisse an amtlichen Wahlkosten ist der heute gültige Sammelwahl z eitel. Nach ß 24 des Wahlgesetzes in seiner neuen Fassung werden die Stimmzettel durch die Landesregierungen für jeden Wahlkreis amtlich hergestellt in der Weife, daß die Stimmzettel alle zugelassenen Kreiswahboorschläge unter Angabe der Partei und Hinzufügung der Namen je der ersten vier Bewerber enthalten. Die Stimmabgabe erfolgt derart, daß der Dähler durch ein auf den Stimmzettel gesetztes Kreuz oder auf andere Weise kenntlich macht, welchem Kreiswahlvorschlag er seine Stimme geben will. Damit werden den Parteien die Kosten und Mühen der Herstellung erspart. Der Wähler erhält den Stimmzettel im amtlichen Umschlag und bestätigt tn der geheimen Wahlzelle seine Wahl durch Kreuz od«r Unterstreichung.
Man kann dagegen Vorbringen, daß der Wähler bei Mangelnder Einsicht seinen Kandidaten falsch oder mißverständlich ankreuzt. Aber schon in den Wahlversammlungen Muß eben für entsprechende Belehrung gesorgt werden, und die Kommissare in den Wahlbüros werden ein Letztes tu der Anleitung ungeschickter Wähler tun. Auf dem sog. omerikanischen Wahlzettel sind unter- oder nebeneinander in hervorragendem Druck die sämtlichen Parteien angegeben. Und damit der Wähler noch mehr Vertrauen faßt, sind vier der Nomen genannt, die ihm im Wahlkampf von seiner Partei eingchämmert wurden. Sehr viele ungültige Wahlzettel werden bei dem neuen Verfahren wohl nicht herauskommen. Aus der anderen Seite ist der Vorteil groß. Denn wie oft haben die Parteien Schaden dadurch erlitten, daß ihre Wahl- Wel an dem Wahllokal fehlten oder daß Millionen über- ftuchger Wahlzettel hergestellt waren. Wo es irgend geht, 'Oü gespart werden, auch an Papier.
-Was die Fristen anlangt, so gilt die frühere Bestimmung des 8 12 des Reichswählgesetzes nicht mehr, die die Auslegung der Wählerlisten spätestens vier Wochen vor dem vorschrieb. Die Kürzung der Frist ist der Gemeindebehörde anheimgestellt. Dadurch, sowie durch eine me.ye weiterer Fristverkürzungen bei mehreren Einzeloor- ll6u?en des Wahlakts, wird es ermöglicht, den Wahlkampf geitl.ch ans ein Mindestmaß zu beschränken. Die Bestimmun- über die Ausstellung eines Wahlscheins, die früher in » ls.» standen, sind jetzt im Wahlgesetz
«n, Die Berechtigung zur Erlangung eines
^Wahlscheins ist nicht mehr an den Ablauf der Frist zur Aus- eauna der Wäblerliste aeknüvft. sondern an allen Füllen ist
nunmehr der Ablauf der Einspruchfrist gegen d-e Wählerlisten maßgebend und damit der Anspruch des Wählers auf Erlangung eines Wahlscheins zeitlich erweitert. Soweit die amtliche Seite des Wahlkampfes. Alles übrige Feld ist den Parteien als Tummelplatz überlassen. er.
Zum drittenmal verkracht
Und zwar diesmal gründlich. Nämlich eine völkerkundliche Friedenskonferenz! Art. 8 der Völkerbundsatzung besagt, „daß die Aufrechterhaltung des Friedens es nötig macht, Die nationalen Rüstungen auf das Mindestmaß herabzusetzen, das mit der nationalen Sicherheit vereinbar ist/' Gerade in dem Anhängsel von der „nationalen Sicherheit" liegt der Stein des Anstoßes, über den jeder völkerkundliche Versuch auf diesem Weg, nur auch ein paar Schritte vorwärts zu kommen, kläglich stürzte und stürzen mußte.
Schon im Dezember 1920 hatte der englische Vertreter Südafrikas, Lord Cecil, den man „das Gewissen des Völkerbundes" nennt, an die „hohe Versammlung der 50 Nationen der Erde" die ernste Frage gerichtet, wie man es mit Artikel 8 halten wolle? Viviani, der Vertreter Frankreichs, winkte sofort ab; erst müsse Deutschland den Versailler Vertrag anstandslos erfüllt haben. Der Rumäne meinte verständnisvoll, man könne ihm unmöglich «ine Abrüstung zumuten, bevor seine Nachbarn mit dem guten Beispiel vorangegangen seien. Die anderen Vertreter sagten so ziemlich dasselbe. Kurz: „Da keiner wollte, daß der andere für ihn zahlte, zahlte keiner von den beiden." Bloß dem Argentinier wurde die Sache zu dumm: er erklärt, wenn man an den Hauptzweck der ganzen Uebung nicht her- anwolle, dann sei überhaupt die ganze Einrichtung nichts wert. Argentinien tue nicht mehr mit. !
Da griff Amerikas Präsident, Harding, in die Sache , und versuchte auf eigene Rechnung das fertig zu bringen, was dem Völkerbund, dem bekanntlich Amerika nicht ange» hört, bisher nicht glückte. Harding berief nach Washington sine Abrüstungskonferenz. Es ist nicht viel dabei herausgekommen.
1922 brachte Lord Cecil zum zweiten Male die heikle Llbrüstungsfrage zur Sprache. Nun ging's wieder Mit den Ausreden los. Der schlaue französisch« Senator de Iavenel empfahl den Völkern der Welt die „m o r a- tische AbrÜstung", unter der man sich allerdings olle» and nichts denken konnte. Praktischer war der Borschlag des bekannten englischen Admirals Lord Fisher zur Abhaltung einer „Seeabrüstungskonferenz" und zwar für di« Völker, die nicht in Washington vertreten waren.
Uift» diese tagte vor ein paar Tagen in Rom. Da ging nun der Handel los. Spanien verlangte für die Linienschiffe ein« Tonnage von 105 000 (bisher 83 000) Tonnen, sintemal es an drei Seiten vom Meere bespült sei, auch wegen der französischen, englischen und italienischen Konkurrenz im Mittelmeer scharf auf der Hut sein müsse. Griechenland erklärte, seine Flotte nur vermindern zu können, wenn die Türkei entsprechend vorgehe. Die Türkei war nicht vertreten. Kemol Pascha tut aber bekanntlich was er will. Was gehen ihn die andern an? Die Südamerikaner weigert m sich einfach abzurüsten, sie wollen die Suche aus einer eigenen südamerikanischen Konferenz regeln. Rußlands Vertreter, Admiral Behrens, forderte 400 000 (statt der ihm zugestandenen 110 000) Tonnen. Grund: Solange die Dardanellen und die Ostsee nicht für fremde Kriegsschiffs gesperrt seien, brauche Rußland eine starke Flotte und dies umsomehr, als die deutsche Flotte verschwunden und damit der Küstenschutz im Norden weggefallsn sei. Kurz: die Konferenz scheiterte und ging ergebnislos auseinander.
Und die „Moral von der Geschicht"? Der Völkerbund ist unfähig, die Abrüstungsfrage zu l ö- j e n. Die ist aber die Hauptaufgabe des Völkerbunds. Hat da nicht Lord C eci l mit jenem Urteil, das er vor zwei Jahren fällte, vollkommen recht: „Der Völkerbund ist entweder alles oder nichts!" Der Verlauf der verkrachten römischen Seeabrüstungskonferenz vom März 1924 scheint für das zweite zu sprechen. Wir Deutsche aber haben keinen Grund, trotz Mac Donalds sehnlichsten Wunsches, diesem Geschäft bis jetzt nicht beigetreten zu sein. Wir wären doch nur still« Teilhaber an einer Mühle, die nur klappert und nichts zu mahlen hat. Ist.
Der Hitlerprozetz
München, 18. März.
In der gestrigen Nachmittagssitzung wird als erster Zeuge Oberlandgerichtsrat Julius Parst in Nürnberg vernommen, der darüber Auskunft geben soll, daß Ehrhardt im Auftrag des Generalstaatskommiffariats von Industriellen in Nürnberg Gelder für Zwecke eines Marsches nach Berlin gesammelt habe. Er habe Ehrhardt peiffönlich nie gesehen oder gesprochen. Er habe erfahren, Ehrhardt sei in Nürnberg gewesen und habe in einer geschlossenen Versammlung erklärt, er komme im Auftrag Kahrs. Die Stellung Kahrs werde von Berlin her immer mehr untergraben. Die Zustände würden immer unhaltbarer, und Kahr habe sich entschlossen, loszuschlagen. Von einem Marsch nach Berlin rm wörtlichen Sinn, sei nicht gesprochen worden. Er habe
aber dieses Losschlagen im Sinn eines Konflikts mit Berlin und schließlich als eine bewaffnete Auseinandersetzung auf- «esaßt.
Der folgende Zeuge, Kapitänleutnani Cber- hardKautter (Wikingbund): Kahr habe keinen Zweifel gelassen, daß er das Vorprellen eines einzelnen Verbands nicht dulden werde. Es war mir klar, daß eine einzelne Erhebung Hitlers und Ludendorffs nie Erfolg habe, wenn nicht der Staat Bayern in der Person Kahrs mitmache. Als mir am 8. November im Generalstaatskommissariat gesagt wurde, Kahr. Lossow, Seißer und die Gesamtrsgierung seien im Gewahrsam Hitlers, veranlaßt« ich sofort die Mobilisierung unserer Verbünde, um Kahr zu stärken, damit er bei der Entscheidung ein gewichtiges Wort mitzusprechen habe. Nur Kahr konnte den Bürgerkrieg verhindern. Die Aufrufung meiner Verbände war aber in keiner Weise gegen Hitler gerichtet. Als Kahr erschien, sagte er, es sei .hm im „Bürgerbräukeller" kein anderer Weg gelassen worden. Er beklagte sich über die Polizei und Pöhner. Ich erkannte, daß Kahr sich über die Grenze seiner Macht nicht sicher fühlte und sagte zu ihm: „Die Basis Hiiler-Ludendorff ist für Bayern und das Reich zu schmal. Es werde zum Bürgerkrieg kommen, wenn es nicht gelinge, unter der Person Kahrs die ganzen Verbände zu vereinigen, Kahr müsse aus seiner passiven Haltung herauslretcn. Ich schlug folgenden Ausruf vor: 1. Kahr erklärt: „Ich habe als Statthalter die Regierung übernommen"; 2. Die Verfassung von Weimar ist aufgehoben; L. Bayern steht zum Reich. Als Fortsetzung verlangte.ich die Ausführung des seinerzeit verkündeten Programms über den Kampf gegen den Marxismus. Das werde eine Verbindung mit Hitler und Ludendorff herbeisühren. Kahr gab keine bestimmte Antwort, sondern überlegte hin und her und wandte ein, der Aufhebung der Weimarer Verfassung stünden wirtschaftliche Bedenken entgegen.
Als Kahr sich zur Jnfanteriekaserne begab, war noch kein« Entscheidung gefallen. Ich fuhr daher in die Jnfan- teriekasern« und entwickelte nachts Herrn o. Kahr noch meine Gsdankengänge. Er wiederholte seine Bedenken. Ich forderte ihn wiederholt auf, sich zu Ludendorff zu schlagen. Seißer sagte mir später: „Seien Sie überzeugt, wir werden das Positive aus der Sache herausschlagen!" Ich führte Seißer gegenüber aus: „Selbst wenn das Vorprellen der Kampfverbände falsch wäre, gehören sie doch auf unsere Seite." Am andern Morgen, früh 8 Uhr, erhielt ich die Mitteilung, Kahr lehne den Hitlerputsch ab. Wiederholte Verbuche des Zeugen, eine Vermittlung herbeizuführen, schlugen
Sodann wird der Zeuge Ulrich Graf ausgenommen, der mit Hitler im Feld stand und nun Freibankmetzger in München ist. Cr ist der treue Schutzbegleiter Hitlers und hat stch, als Reichswehr und Polizei am Odeonsplatz das Feuer aus den Zug eröffneten, ohne Bedenken vor Hitler gestellt, wn ihn mit seinem Leib zu decken.
Zeuge Gras gibt nach seiner Vereidigung an. Beim Betreten des Bürgerbräukellers ging ich unmittelbar hinter Hitler, die Pistole in der Hand. Von euicr Maichinenpistole habe ich nichts gesehen. Ich ging mit ins Nevenzimmer. Ich hatte den Eindruck, daß Lossow und Seißer Aeniter angenommen haben Nach einiger Zeit kam Ludendorff. Hiiler sagte ihm, Kahr schwanke noch. Darauf sagte Ludendarff zu Kahr: »Stellen Sie alle weiteren persönlichen Bedenken zurück und tun Sie um der guten Sache willen mit. Lassen Sie sich doch überzeugen, daß nur mit einer eisernen Faust unser Vaterland freigemacht werden kann!" — Nach einigem Bedenken richtete sich Kahr auf und sagt«: «Sie haben mich Überzeugt; ich bin bereit, den Posten eines Statthalters der Monarchie zu übernehmen." — Der ganze Vorgang machte den Eindruck eines Treugelöbniffes, wie man es sich nicht ernster vorstellen kann. Hitler und Kahr standen mit Tränen ßn den Augen da. Ludendorff sagte nun zu Lossow: »Na, Lossow, aber jetzt machen wir es!" Lossow nahm stramme Haltung und sagte: „Ihr Wunsch ist mir Befehl. Ich werde das Heer so einrrchten, wie es Exzellenz zum Losschlagen benötigen." Eine ähnliche Aeußrrung tat auch Seißer. Die Stimmung war im übrigen ganz fröhlich. Es wurde auch gelacht. Die Herren konnten miteinander frei sprechen, von einer Bedrohung kann keine Rede sein.
Der Zeuge schildert dann noch den Abmarsch zürn „Dür- gerbräukeller" in die Stadt. Es ist ausdrücklich der Befehl zum Entladen gegeben worden. An der Spitze des Zugs hat Lndendorff Göhring gefragt, ob der Befehl zum Entladen durchgeführt wurde.
Schließlich berichtet der Zeuge noch über den Zusammenstoß am Odeonsplah, vor dessen Beginn er d-n Leuten der Landespolizei mit lautester Stimme (er habe gebrüllt) zugerufen habe: „Wollt Ihr auf Ludendorff schießen: da stehe« Hitler und Ludendorff!" Die Leute standen dem Zeugen aus euren halben Meter gegenüber und richteten die Karabiner auf seine Brust. Sie hätten also seine Worte hören müssen.
18. Verhandlungstag Weitere Bekundungen Ludendorffs
München. 18. März.
General Ludendorff nimmt zu folgender Erklärung »IN , Mort: Ick, sebe milk» ru meinem Bedauern gezwun n,