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S- UUd A«
mit äer Heimatbeilage
^Unsere Heimat"
Nr. SS
Gegründet 1826.
Nagoläer Oagblatt
Schristlettung, Druck und Verlag von B. W. Zarter (Carl Zager) Nagold.
Dienstag den 18. März 1924
mit illustrierter Sonntagsbeilage
„Feierstunden"
Fernsprecher Nr. 29.
«erbretletst, Zeitung i« Ober»» tSbeziik. — «». zeigen fir d daher von beste» »rsolg.
ASr >«»«I Auftrag« »tr> t»t- »erlei »e«LH, «b! u»«»v>. O» »irt kein« » «Shr dattk ib»ru«m«>n, daß «»»Ui» «der N«va««u tu b,ftt»«i«u Nutgabeu »der »»»»».- «Snichie« Stell» erl!tz«t»»«. Au Kille» d»u dkdirer «alt besteht kein Auirruch »di Lieferung b»r Zeiruug,»«r e»! etticktadlu», d. »„«»»pr«t!„
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98. Jahrgang
Tages yieqel
Auf dem königsplah in München fand am Sonntag eine gewaltige Kundgebung der vaterländischen kreise für die Pfalz stakt. Die Zahl der Teilnehmer wird auf 70 000 Personen angegeben.
Der bekannte »Pazifist- Prof. Dr. Quidde in München wurde auf Grund eines Artikels in einem demokratischen Matt wegen Hochverrats verhaftet. Quidde hat den Artikel auch ins Ausland verschickt.
Der ehemalige französische Oberkommissar in konsian- «no>Ä, General Pellet, ist in Toulon gestorb:».
In Beirut (Syrien) sind SO Prinzen und Prinzessinnen des Hauses Osmau, darunter die Iran des früheren Sultans Abdul Hamid, angekommen.
Der Hitterprozetz
18. Verhandlungstag. Schluß.
Das Blutvergießen an der Feldherrnhalle.
Rach wiederhergestellter Oesfentlichkeit wird vernommen
General Jakob Danner, Stadtkommandant. Er Äußerte sich über die Vorgänge in der Nacht vom 8. aus 9. November nach Schluß der Bürgerüräukellerversammlnng dt der Stadtkommandantur: sein Eindruck war der, daß General Lossow zornig und erregt war. An seine eigene labfällige Aeußerung über Lossow kann sich der Zeuge nicht Erinnern.
Justizrat Schramm: Ein Zeuge hat erklärt, Lossow habe ihm den Eindruck gemacht, daß er zerfahren sei und Wicht wisse, was er wolle, und daß er sich deshalb um Befehle Vicht weiter gekümmert habe.
Zeuge: Befehle waren keine zu geben; die Reichswehr War alarmiert, die Truppen von auswärts waren herbeige-
M»gen. Der Befehlshaber war ich. mir waren alle Maß- »aymen übertragen.
Hitler: Hütte es denn überhaupt noch in der Möglich, teil Lossows gelegen, diese Maßnahmen rückgängig M machen, bezw. würden die Herren dem General v. Lossow gehorcht haben, wenn er bei der neuen Regierung etwa stehen geblieben wäre?
Z e u g e : Wir wären auf mrserem ursprünglichen Standpunkt stehen geblieben.
RA. Hemmeter: Hoben Ge Befehl bezüglich des W affengebrauch» gegeben?
2 e u g e : Di« führenden Herren. Oberst Pflüget und Oberst Wenz hatten den Auftrag: Zuerst einschlichen, dann verhandeln. Geschosse« wird nicht, es müßte denn sein, daß die anderen schießen. Es bestand die feste Absicht, das Blutvergießen unter allen Umständen zu verhüten, nicht nur von Mir aus, sondern auch bei den anderen Herren.
IR. Schramm: Herr General! Haben Sie in irgend «nein Zeitpunkt auch Meldung bekommen, daß ein Demonstrationszug sich vom Bürgerbräu keller stadteinwärts bewege?
Zeuge: Ja.
IR. Schramm: Haben Sie Anordnung getroffen, daß diesem Zug mit Waffengewalt entgegengetreten werdm soll?
Zeuge: Das brauchten wir nicht, wir hatten ja reich- Kch Truppen.
IR. Schramm: Ist dem Herrn General auch zur Kenntnis gekommen, in welcher Form dieser Zug aufgestellt war, daß insbesondere die Führer, wie General Ludendorff an der Spitze waren. Ist Ihnen das gemeldet worden?
Zeuge: Das nicht.
IR. Schramm: Einen Zug in dreier Form kann man «Ncht als Kampftruppe ansehen. Einen bestimmten Befehl auf diesen Kundgebungszug zu schießen, haben Sie nicht gehabt. Ich bin dem Herrn General dankbar, daß er hier die Erklärung abgab, .daß das Bestreben gewesen ist, jedes Blutvergießen zu vermeiden.
Die Frag« des Staatsanwalts Ehart, ob dieses Beeden auch bei den anderen verantwortlichen Offizieren der teichswehr bestanden hätte, besaht der Zeuge, indem er hinzufügt: Ls war ein schwerer Tag für uns.
Äustizrat Zezschwitz: Ich weiß aus dem Briefe eines Teilnehmer» von der Jnfanteriekaserne 19 am 9. November, daß dort, als di« Meldung kam, an der Maximilianstraße «en wieder Unruhen ousgebrochen, Freiherr v. Freiberg aus den Tisch schlug und erklärte: Da iahen wir nneoee aaz- Ahen und fest hineinschießen. Diese Aeußerung ist unge- me n wichtig, weil sie daran anschließend von General von Lossow wiederholt worden ist. Daraus geht hervor, daß diesen Herren nicht etwa ein Verzicht auf den Gebrauch der Schußwaffe befahlen war.
Vorsitzender: Der Herr Zeuge har gesagt, daß allgemein der Wille vorhanden war, nicht zu schießen. Wenn einzelne Draufgänger das Gegenteil gesagt haben, dann ist das bedauerlich. Von der Aeußerung werden Sie nichts wissen?
Zeuge: Nein.
General Ludendorff fragt den Zeugen, ob nach seiner Ueberzeugung das Maschinengewehr Ertel das Feuer eröffnen durfte oder nicht, nachdem in seiner Umge
bung irgend woher ein paar Schüsse uwr unbekannter Hand gefallen waren.
Zeuge: Exz.!, gefeuert wurde von der andern Seite, und dort waren auch die Leute. Der Maschinengewehrführer kann schon zum Schutz der eigenen Abteilung feuern.
Ludendorff: Würde es der General für richtig gehalten haben, daß im Weltkrieg eine Truppe, die zum Angriff bereitgestellt ist, der aber das Feuern verboten war und die Verluste durch feindliches Feuer erhält, daß aus die- ser bereitstehenden Truppe heraus das Feuer eröffnet worden wäre. . ^ ...
Zeuge: Wenn ein Ueberfall versucht wird — ihn <w- zuwehren. . ^ . .
Ludendorff: Ich wollte sagen, daß dies nach meiner Ueberzeugung nicht gerechtfertigt war. Es wäre mir ein« Beruhigung gewesen, wenn ich hätte sauen hören, daß die ichönen Bestrebungen der Führer durch die Unterführer nicht emashälten worden seien.
IR. Schramm stell: fest, daß die zwei Schüsse, dre aus einem Fenster des Wehrkreiskommandos gefallen sein sollen, von den: Masch.neugewehrsührer nicht gesehen werden konnten. Sie konnten auch aus der Kaulbachsiraße gekommen sein. Durfte das Maschinengewehr bloß deshalb, well der Führer einige Schüsse horte, sein/Feuer in der Richtung des Wehrkreiskommandos in Bewegung setzen?
RA. Hem Meter: Es lag also nicht der Befehl vor. daß, wenn der Zug über die Feldherrnhalle vorfchreitet, er durch Fuer aufzuhalten sei? „ ^ .
Der Zeuge verneint. Cs war Vorkehrung getroffen, daß der bewaffnete Zug unsere Linie nicht durchbricht.
RA. Hemme'ter: Der Führer hatte nicht den Befehl» auf alle Fälle von der Waffe Gebrauch zu machen?
Zeuge: Der Waffengebrauch ist das äußerste Mittel, wenn man einen Angriff vermutet. Der Befehl war uicP gegeben.
Hemmeter: Warum ist nicht der Versuch gemacht worden, die Aufforderung zur Aebergabe zu übermitteln? -
Zeuge: Das konnte ich deswegen nicht machen, weil diese Abteilung dort an der Residenz mir nicht unterstand. (!)
IR. Schramm: Ist nicht erwogen worden, in den Bürgerbräukeller einen Unterhändler zu schicken und sagen zu lassen: „Auseinander, ergebt Euch"?
Zeuge: Das war nicht meine Sache. Das war Sach« des Befehlshabers.
Schramm: Exz. v. Lossow?
Der Zeuge bejaht.
IR. Zezschwitz: Wem war der Truppenkörper cm der Residenz unterstellt?
Zeuge: Das muß ein Abfchnittskommandeur gewese« sein.
Hierauf folgt die Vernehmung des sozialdemokratischen Stadtrats Nuß bäum, der über die Vorgänge der Verhaftung der Geiseln berichtet und bestätigt, daß die Geiseln weder mißhandelt noch beschimpft worden sind.
Der Vorsitzende gibt dann eine Zuschrift des Gene- kals von Lossow bekannt, in welcher er die Vorgänge und Besprechungen vor dem 1. Mai mit Hitler schildert, der mit leinen Leuten darauf drang, daß dt« Maifeier der Sozialdemokraten unmöglich gemacht werden solle. Lossow hatte chm erklärt, daß Reichswehr und Landespolizei die Autorität des Staats aufrecht erhalten würden. Lossow hatte das Versprechen gegeben, dem Kampfbund die damals von der Reichswehr gebrauchten Waffen gegebenenfalls wieder zur Verfügung zu stellen. Als jedoch Hitler diese Waffen im Hinblick auf den 1. Mai verlangte, habe er, Lossow, dies abgÄehnt. Nur ein törichter oder bösartiger Mensch könne m seinem Verhalten einen Ehrenwortbruch erblicken. Lossow .bittet das Gericht, diese Erklärung wörtlich bekanntzugeben.
Hitler: Ich bedaure, daß mir gestern dos Wort eitt- fallen ist. Es lag in der schweren neuen BeleidiMMg. die der Generock mir zufügte. Di« Taffache bleibt fest und unverrückbar: Der Herr Generalleutnant von Lossow hat sein Work gebrochen, genau so wie später am 8. November aus staatlichen Gründen. Auch ein dritter Fall könnt« dem Gericht »och unterbreitet werden.
RA. Gademann stM des Antrag, die zweite Verur- tülung des Generals v. Lossow zu einer' Geldstrafe dahin zu ergänzen, daß gleichzeitig ein Vorführungsbefehl erlaffen wird, damit Herr v. Lossow am Montag erscheint.
Die Verteidigung erhebt aus verschiedenen Gründen Widerspruch gegen den Brief Lossows und beantragt, der ausgesprochenen Geldstrafe einen Vorführungsbefehl anzufügen.
17. Verhaudlsngstag Unzufriedenheit mit Kahr
Mönchen, 17. März
In der Vormittagssitzung am Montag werden die von der Verteidigung beantragten Zeugen Sanitätsrat Dr. P i t- tinger, Vorsitzender des Bunds „Bayern und Reich", ferner Korvettenkapitän Kautter und Major Hunglin- 8 er aufgerufen. Kapitänleutnant Ehrhardt ist nicht aufzufinden gewesen.
Vorsitzender zu Pittinger: Sie sind der Vorsitzende des Bunds „Bayern und Reich"? In der Verhandlung wurde geltend gemacht, Sie seien Ende Oktober zu Pöhner gekommen und haben sich bitter darüber beklagt, daß Kahr
I zu nichts zu bringen sei. Sie haben auf die große Mißstimmung im Bund „Bayern und Reich" htngewiejen und durch Frhrn. v. Aufseß dem Herrn v. Kahr in bestimmter Formt sagen lassen, daß ein rühriges Vorgehen gegen Berlin er< wartet werde, sonst komme es zu einer Lösung der Beziehung yen des Bunds zu Kahr.
Zeuge Pittinger: Cs ist richtig, daß ich Ende Oktober bei Pöhner war und mich mit ihm darüber aussprach, wis weit er bereit sei für eine tätige Mitarbeit am v aterländischen Gedanken im Sinn des Generalstaatskommissariats. Pöbney batte starke Bedenken, weil Kahr doch nicht die nötige Eni- schlußkraft besitze, die man in dieser Zeit erwarten müsse. Sch habe Pöhner recht gegeben, daß rm allgemeinen diese Mißstimmung auch in den vaterländischen Kreisen vorhanden sei; ich habe deshalb versucht, Kahr von dieser Stimmung Kenntnis zu geben. Man erwartete damals von Kahr, daß er imstande sei, die große wirtschaftliche Bot zu lösen. Der Zeuge fährt fort: Auf das hat sich auch bezogen, was ich gegenüber Pöhner aus geführt habe. Da ich die Loslösung der vaterländischen Verbände von Kahr zwar verstehen kann, aber nicht mitmachen werde, möchte ich betonen, daß ich mich dann lieber aus der vaterländischen Bewegung zurück,ziehe»« würde, als mich in einen Gegensatz zu Kahr zu stellen. —> Diese Darstellung war weder eine Drohung, noch hatte fiq irgend etwas zu tun mit einem Zug nach Berlin.
Vorsitzender: Am 9. November haben Sie vom 'Generalstaatskommissariat den Auftrag bekommen, mit Freie berg nach Rosenheim zu fahren.
Pittinger: Ich hatte von den Vorgängen im Bürgerbräukeller durch ein Telephrmgespräch erfahren. Im Generalstaatskommissariat hat mir Oberst Seißer kurz die Sache erzählt; es sei entsetzlich, was man ihnen angetan hab«^ Selbstverständlich denke kein Mensch daran. d>e Sache mitzumachen. Seißer gab mir den Auftrag, nach Nasenbein« zu fahren, wo ich gegen 4 Uhr morgens ankam und mit Obersorstrat Kraftmann, dem dortigen Bundesfübrer^ zum Vezirksamtmann ging. Wir haben auch den Bürgermeister mit zugezogen. Der Bund erklärte sich bereit, mit dem Chiemgau sich als Hilfsdienst der Polizer zur Verfügung zu stellen. —
Angeklagter Pöhner: Pittinger und ich haben im« zweimal getroffen. Das erste Mal sprachen wir uns üb«« das Versagen Kahrs aus. Ich kann mir denken, daß Pittin ger das schwerlich empfunden hat. Ich selbst stand de« Dingen ohne Betefligung gegenüber. Pittinger aber war damals nach jeder Richtung hin in hoffnungsloser Stimmung. Wir unterschieden nicht zwischen wirtschaftlichen und anderen Dingen, sondern wir waren der Auffassung, daß Kohr i» allem, was man von ihm erwartet», versagte. Schon frühe« hatten wk uns darüber unterhalten, daß die deutsche Frage nur von München anzuknrbeln fei. und zwar mit wasfen- mäßigem Druck. Ich erklärte, ich sei nicht überrascht, da ich anderes von Kahr nicht erwartet Hab«. Pittinger hat m« sogar gewissermaßen einen Vorwurf gemocht, weil der mo» narckistische Gedanke Schaden leiden müsse, wenn koche Bankerott mache. Kahr werde noch der Totengräber der Monarchie fein wegen seiner Enffchlnßunsähigreit. Pittin- aer konnte sich der Richtigkeit meiner Darstellung der Sachlage nicht versch^ tßen. Kn paar Tage daraus kam Pittinger wieder zu mir und sagte, mit Kahr könne es so nicht weiter- zehen, man müsse ihm wegen hin er Unzulänglichkeit Leute Sn die Seit« stellen, di« ihn zu einer Aaren Politik verar»- Itrßten. Er nannte dabei die Namen zweier Herren und de» Weinige». —
Httler: War dir Unziffriedeicheit mit Kahr rn wir^ gastlicher Hinsicht vielleicht auch damit begründet, daß Kahr Sm Aenerstreik nicht anvrdnete?
Pittinger: Das hat damit gar nichts zu tun. Me Unzufriedenheit war in die ganze vaterländische Bewegung
überhaupt hineingekommen. Bei den Klagen über die Papier- geldwirffchaft haben die Wirtschastskreise erklärt, eine bayerische Währung wäre nur möglich, wenn man bis zur 26»- fperrung der Grenzen ginge. Kahr war der Ansicht, aus einer solchen wirtschaftlichen Sonderstellung könne sich leicht eine gefährliche politische Lage entwickeln, und das mache er acks deutscher Mann nicht mit.
Rechtsanwalt Holl: Wer ist der Verfasser der „Weißblauen Schrift„?
Pittinger gibt eine Zuschrift des Verlags bekannt, in der erklärt wird, daß weder Kahr. Seißer und Lossow noch eine Persönlichkeit, die im Dienst oder in Abhängigkeit dieser Herren steht, die Schrift verfaßt oder in Auftrag gegeben hat. Der Verfasser sei als guter Bayer und Deutscher bekannt, stehe aber dem Prozeß ganz fern«. Er könne den Namen nicht nennen.
Rechtsanwalt Holl verlangt einen Gerichtsbeschluß. Das Gericht beschließt, daß die Frage für den Prozeß unwesentlich sei.
Staatsanwalt Ehart: Der Zeuge hat gesagt, man habe ein Interesse daran gehabt, daß Pöhner hineinkomme. um positiv mitzuarbeiten. War nicht auch der Gedanke maßgebend. zu verhüten, daß Pöhner vermöae seiner neonftnsn Einstellung sich vielleicht den Hitlerschen Ideen nähere?
Pöhner (sehr erregt): „Negative Einstellung" zum Staat wird von mir behauptet. Mk'ne gans? Vrrgangsnbeit bürgt dafür, daß ich nie „neo-ttiv ejn-v-st.M" mur.' Is' habe die „negative Einstellung". Nc staatsv-erdrrbenden Kräfte.