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Legendes
Rr. 56
Tages?
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Der Reichskanzler Hst dtzn Abgeordneten der besetzten Geriete m-tgeteilk. daß die Reichsregierung die DejcMNgs- kvjien für den Monat März rveiterbczahlen rverde.
Die Zentrumsfrakkion hat beschlossen, darauf hinzuwirken. daß der Reichstag zum 6. April neu gewählt werde. Die Sozialdemokratische Fraktion sucht dagegen ein« Verständigung mit der Regierung wegen der Notverordnungen herbeizuführen.
Der Reichskanzler hak eine Aufforderung des Vertreters -er Sozialdemokratischen Partei, Herrn. Müller-Franken, gegen bayerische Regierungsbeamte eine Untersuchung wegen Hochverrats einleilen zu lassen, abgetehnk, da dies im gegenwärtigen Stand des Münchener Gerichtsverfahrens untunlich sei. Das nachher geschehen würde, lasse sich noch nicht sagen.
Der deutsche DotOaster in London übergab Mac Donald einen Antrag, daß Deutschland zu den bevorstehenden eng- tisch-französischen Verhandlungen über das Rheinland zuge- zvgm werde.
Der eidgenössische Dundesrat hat die Einstellung der Leistungen des Bundes für Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit am 1. April 1924 beschlossen.
Kann Rußland uns Helsen?
Kamenew, stellvertretender Borsitzender des russischer Rates der Volkskommissare (Rykow ist bekanntlich als Nachfolger Lenins der erste Vorsitzende) hat unlängst Richtlinien seiner Regierung der Welt mitgeteilt. Da liest man u. a. du für uns recht erfreuliche Erklärung, Rußland erstrebe eim wirtschaftliche Annäherung an Deutschland. Es werde deshalb arkßst nicht dulden, daß französisch! Truppen w^Mer ins Innere Deutschlands Vordringen. Dagegen habe die Sowjetrsgierung bereits „Vorbeugungsmaßnahmen" getroffen . . .
Ob Poincarö darüber erschrocken ist? Wir glauben nicht. Ja, wenn Rußland wirNich eine militärische Macht von ausschlaggebender Bedeutung wäre! Aber, das ist es mm eben einmal nicht. Man liest nicht selten von gewaltigen Iahten über das russische Heer. Sie habe einen Friedensstand von anderthalb Millionen und sei mit den modernsten Kampfmitteln ausgestattet. Sie würde in einem künftigen europäischen Krieg die Entscheidung bringen und dergleichen große Dinge.
Wie hätte das die Sonstetregierung fertig gebracht? Das alte Heer ist ein scharfgeschliffenes Instrument in den Händen der russischen Gewalthaber. Wehe den Russen in und um Moskau herum, die irgendwie sich nicht fügen wollten. Gibt es doch nacherwiesenermaßen nur 300 000 eingeschriebene Bolschewisten, zumeist Sowjetbeamte. Die übrigen 100 und mehr Millionen sind zum allergrößten Teil politisch völlig gleichgültig, der Keine Rest, soweit er nur einigermaßen intelligent ist, muh sich durchaus M verhalten. Me wissen warum? —
Also das roteHeerisida, «mV man weiß, daß in ihm der strammste „Militarismus" haust. Aber Disziplin machts allem nicht, wenn man sich gegen außen wehren soll und vollends gegen ein französisches Heer mit 800 000 Bajonett» und 2000 Frontskegern und ungezählten Tauchbooten. Da ist das russische Heer viel zu Kein. General v. Zwehl. ei« guter Kenner der Militärliteratur des Auslands, schätzt tu der „Kreuzzeibung" so. 29. Fsbr.) das russische Friedensheer aus 5—800 000 Mann. Eine Herabsetzung auf 200 000 Mann, wie sie angekündigt wurde, sei wohl nichts als Bluff. Die Ausbildung sei mäßig, die Munition schlecht, schwere Artillerie, Flugzeuge dürftig, das Verkehrsnetz für schnelle Zu- sammenziehMtzm unzulänglich. Kurz: „es fehlen viele Vor- bedingrmgen für kraftvolle Ausnützung des für den Kriegsfall vielleicht auf mehrere Millionen zu schätzenden Heeres."
Nun denke man sich einen Angriff Frankreichs auf Deutschland. Rußland will — wir wollen den günstigsten Fall annehmen — uns zu Hilfe eilen. In Polen würde den Russen 1 Million und in der Tschechoslowakei etwa 900 MO Mann entgegentreten. Estland, Lettland, Litauen, vielleicht auch Rumänien und Südslcnvien würden ebenfalls ihm den Weg sperren. Armes Deutschland! Bis nur ein russischer Soldat an der Oder stände, wären wir ab- 8«tan, vorausgesetzt— und das ist eine ganz andere Rech- nung — daß uns nicht andere Bundesgenossen, von Norden rmd Süden, zu Hilfe eilten.
Also aus Rußland ist kein Verlaß. Es ist schwache Rohr. Wer sich darauf stützt, dem geht es "kecheich durch die Hand. Kamenew hat wieder einmal «ns oder besser seinen kommunistischen Freunden in Deutschland Sand in die Augen streuen oder einen faulen Zauber vormachen wollen.
Etwas anders ist die Wirtschaft li che Annäherung. Sie hat zweifellos eingesetzt. 1923 hat Rußland bereits wieder 819 MO Tonnen Getreide ausae'übrt. das zum
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Jernstrechn Do. 2g.
Donnerstag den 6. März 1924
größten Teil nach Deutschland kann Davorsi has di? Reuhs- getreidestelle ZöO MO Tonnen, den Zentner zu 8 K-l, aufae- kaust. Alsa ein Beweis, daß wir wieder voneinander kaufen und aneinander verkaufen.
Aber auch hierin gebt es naturgemäß sehr langsam. Rußland ist nun einmal völlig zusammengebrachen. ' Nicht bloß in gräßlichster Weise verwüst worden. Da braucht's Zeit, glück. Noch mehr! ' Rußlands Industrie, Verkehr und Landwirtschaft sind ebenfalls, und zwar dank des Bolschewismus, « giÄßllchiter Weise verwüstet worden. Da braucht's Zeat. bis ein Volk sich aus einem derartig schauerlichen Chaos wieder erhebt und zurechtfmdet.
Dazu noch die Abschaffung des Ei gen betrieb s! Solange nur der SiagtL ietrieb in unserem Gemeinwesen zulässig ist, solange ist es für den Ausländer und für ausländische Unternehmungen schlechterdings unmöglich, sich dort irgendwie zu betätigen. Nun Hot allerdings die Sowjetregierung schon zu den Lebzeiten Lenins mit dem Abbau des Staatsbetriebs, wenigstens in der Landwirtschaft, begonnen und auch an die Ausländer allerlei Zugeständnisse aus diesem Gebiet gemacht. Aber das ist erst der Anfang. Es wird und kann nicht dabei bleiben. Dafür wird schon England sorgen. Die Arbeiterregierung Mac Donald hat ja — es war ihre erste Tat — die Sowjetrepublik in aller Form anerkannt. Damit aber wird von dort aus zweifellos mit zunehmendem Nachdruck die Forderung nach weiterem Abbau des boffchwisiischen Wirtschaftssystems erhoben werden. Je weiter dieser Gesundunasprozeß fortschreitet, desto besser auch für unsere wirtschaftliche Annäherung. Vih i l.
E >hren des VriefweWIs
Die Aufgabe der deutschen Diplomatie
Ne deutsche Oeffentlichkeit erwartet von der Berliner Regierung voraussichtlich einen Schritt in der Angelegenheit des Mac Donald-Poipcareschen Briefwechsels. Den» vom» auch dar englische Ministerpräsident in seinen Roten Sie ganze europäische Frage aufzurollen sucht, so ist es doch emner wieder das Verhältnis Frankreichs zu Deutschland, )on dem er aus geht und aus das er zurückkommt. Mit einer zerrissen Genugtuung kann man festsvslksn, daß die englischen EmQgebungen" sich vieles von den bisherigen deutschen Ge- dcmkengängen zu eigen gemacht haben, um eine Bresche in die mrerbittliche Haltung der Poincareschen Politik zu schlagen. Allerdings muß man feststellen, daß der französische Ministerpräsiden-t in der Antwort auf den zweiten Brief seines britischen Kollegen vorsichtig ausweicht, wenn er auch einige Zugeständnisse zu machen scheint und die ihm vorgeworfene Eroberungspolitik ablEgnet. Dian darf aber nicht übersehen, daß sich hinter dieser scheirckmr treuherzigen Versicherung ein recht bedenklicher Vorbehalt versteckt, der erst bei genauer Durchsicht mst> Vergleichung der zwischen London und Paris gewechselten Briefe hervortritt. Dabei liegt das BsdenWche nicht «Mwal in Pomcares Wendungen, deren Hinterhältigkeit man ja gewohnt ist, als vielmehr in einem GedarÄen, den Mac Donak» entwickelt, wahrscheinlich ohne eine Ahnung von seiner Gefährlichkeit gehabt zu haben. Der englische Erstmmister spricht nämlich an einer nickst sehr Karen Stelle feines zweiten Briefs von dem „Sicherheits- bedürfnis" Frankreichs in militärischer Hinsicht und führ! dann aus: „Ob dieses Ziel (also die militärische Sicherheit^ durch regionale Maßmchmen der Entmilitarisierung oder vurch Schaffmrg von neutralen Ländern zwischen einzelnen Staaten, die unter einer Garantie oder einer gegenseitigen Aufsicht stehen, erreicht werden kann, oder durch ein anderes Mittel, das ist eine Frage, die sorgfältig geprüft werden muß."
Was ist unter den „neutralen Ländern" zu verstehen? Etwa ein neutrales Rheinland, wie es schon in den Dariac'- scheu Plänen ausgetaucht ist? Sicherlich will Mac Donald seinen französischen Kollegen durch solche Andeutungen voi allem einmal endlich an den Verhandlungstisch Dringen. Aber Poincare, der merkte, daß ihm hier ein kleiner Finge, gereicht wird, packt sofort die ganze Hand, indem er erwidert n fei völlig eins mit den Fragen und Methoden, die Mac Donald ins Auge fasse. Das steht zwar zunächst nur in de, Einleitung der französischen Antwort. Aber Poincare komm >a dann auch, wie erwähnt, auf die Rheingrenze zr 'prechsn und meint so ganz nebenbei, daß er den Rhein nu, als Schranke gegen Angriffe fordere. Flüsse sind für dii moderne Strategie keine Schranke mehr, ganz im Gegenteil Das Bild der Schranke kann also nur gedacht sein im Rah men eines von Frankreich dauernd beherrschter Rheinlands. So versteht Poincare die harmlos ge meinten Vorschläge Mac Donalds und deutet sie entsprechen! am. Gegen solche neue Ententepolitik, die nur wieder aus >em Rücken eines vergewaltigten Deutschlands zustande käme, muß die deutsche Diplomatie auf dem Posten sein« Auch vor der lockenden Falle des Völkerbunds (etwa als ..Vater" des autonomen" Rheinlands) wird sich die deutsch, Politik in diesem Punkte hüten muffen. —er.'
verbreitetst« Zett»«gt« Obers», tltzeziik. — «»> zeige« fird daher »o» beste« Erfolg.
8»r „ist. «uftr»,, »tr» i»i- rerle! »ewihr üb.rse««»». »» »trd keine « »Lbr bst», W»rno»m-u, bat An»User »der Rekln««»,.,» best,»«,»» U«»,abe» »der »» »,« ,»« «Snichte» «teste «scheu,«,, zu stille« »ou hbbere» »e- »alt destebt kew «mvruch «M Zisterung der Zetrung,de»«« »ück»nh,m>, d. Br»ua»vri,se<.
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Postscheckkonto: Stuttgart S11».
98. Jahrgang
er HMerpr^ch
Siebenter Tag Die Zeugenvernehmung
München, 8. März.
In der gestrigen öffentlichen Sitzung wurde mit de, Zeugenvernehmung begonnen. Oberregierungsrat Tenner der viel mit dem Angeklagten Frick verkehrte, stellt diesen das Zeugnis aus, daß er mit Bewußtsein nichts Ungesetzliche« tue.
Regierungsrat Bernreuther bekundet, Frick Hab,
-ine große Abneigung gegen das Parlament gehabt. Ei (Zeuge) sei am 8. November unmittelbar nach den Ministers als Geisel festgenommen und in die Villa Lehmann ge bracht worden. Am andern Tag (9. Nov.) seien die Geisel» sreigelaffen worden.
Regierunasrat Valtz gibt an. Frick sei unangenehm überrascht gewesen, als Pöhner nach der Bürgerbräuver sammln n g zu Frick sagte: „Sie führen von jetzt an da; Polizeipräfidium — im Einvernehmen und im Auftrag vor Kahr!" Dann sei in Aufregung der Oberst Banz er mi: einem Oberleutnant gekommen und habe zu Pöhner gesagt: „Befreien Sie mich von dem Schutz dieser Herren!" (Saab wache.) Pöhner sah die beiden scharf an und fragte: „Her:
Oberst, kann ich mich auf Sie und Ihre Leute verlassen?'
Banzer nahm stramme Haltung an, gab Pöhner die Han! und sagte: „Voll und ganz!"
Zeuge Balß erklärt weiter: Während Pöhner und Fric bei Kahr waren, wurde ich (Balß) durch den Fernsprecher von Nürnberg angerufen. Der dortige Polizeikomm ndon: fragte, was denn in München los sei." Ich erzählte ihm di«
Sache, worauf der Kommandant erwiderte: „Das ist abe, doch sonderbar, weil unsere Nürnberger Reichswehr nack München in Marsch gesetzt wird!" Sofort habe ich dann da; Beneralstaatskommissariat angerufen und gesagt, soeben er halte ich von Nürnberg die Mitteilung, daß die dortige Reichs wehr nach München gesandt worden sei; was denn das zu deuten habe. Major Doehler, der am Fernsprecher uMWWd gab mir eine ausweichende Antwort.
Als die Meldungen über die Verwüstung der sozialdemo kratischen „Münchner Post" eintrafen, habe Hitler erklärt, da; müsse sofort aufhören, was denn auch der Fall war. Nack kurzer Zeit habe er (Zetlge) gehört, daß Oberst Banzer di,
Herren Pöhner und Frick habe verhaft« lassen.
Hitler richtet an den Zeugen Balß di« Frage, ob nich die Führer der Nationalsozialisten sofort verhaftet worder wären, wenn die Polizeidirektion der Ansicht gewesen wäre daß die angekündigten 14 Versammulngen einem Staats- streich dienen sollten? — Zeuge: Selbstverständlich!
Rechtsanwalt Roder: Hat der Generalstaatskommiffcu »n 6. November Maßnahmen getroffen, um den an geblick drohenden Putsch zu verhindern? — Zeuge: Rein. Rur di,
14 Versammlungen wurden verboten.
Rechtsanwalt Roder: War es dann nicht eine Täuschung der Öffentlichkeit, wenn man sagte: Wegen eines drohenden Putsche« müsse das Generalstaatskommifsariat errichtet werden 7 Zeuge kann keine Auskunft geben.
Rechtsamvcckt Hemmeter: Hätten Sie es für möglich -»haften, daß nach de« vorherigen Beziehung«« Lchr Mit-
mbecher wie Pöhaer täuschte? — Zeuge: Das konnte ich vLV erwarten.
Der Skawkwanwalk ftagt den Zeuge«: Obr DMd« ermg Hüters lautete doch wohl „Die Leitung dq: "" " "
vorläufigen Watioualregrerurrg iLernehme ichl*
Sie dcuM«» daß .Trcmmüer" der
»EichskanzTer oder nur dvl
,_ mg sein woütL? — Zeug« Ich
glarsbe nicht, daß Hitler Reichs-konS« werden wollte. I» d« vaterländffchen Kreisen habe man nur angenommen, doU Hitler die Werbetrommel behalte.
Hitler ergreift das Wort: Wenn ich hätte Reichskanzlei werden wollen, so hätte ich das ohne weiteres ausgesprochen. Bescheidenheit ist nicht angebracht in einer Zeit, wo ein Gast Wirt aus Bremen deutscher Reichspräsident sein kann! Ich habe erKärt: „Die Leitung im politischen Kampf übernebws ich! Im übrigen verweise ich darauf, daß Lossow selbst srt ' i hat, daß mir bei der Bildung der neuen provisorischen Reaie- rung ein Amt übertragen worden wäre, das Amt des Werbers. Nun muß ich sagen, daß ich komm Grund habe, versön- sich bescheidener zu sein, als meinetwegen ein Herr v. Lossowi Das lehme ich ab! Die Abrechnung mit de« Novemberver- brechen» übernehme ich und kr» wird auch mein Rest-rrxü- recht, wen« nicht jetzt, so iu einer kommenden Zeit sein. Her» Staatsanwalt!
Eine Frage des Rechtsanwalts Luetgebrnne, ob es z«r Vermeidung eines Blutbads notwendig gewesen wäre „Komödie zu spielen", sagt der Zeuge: „Ich habe die Heber- zeugung, als Hitler hereinstürmte, war Lähmen und Entsetze» über der Versammlung gelegen. Wenn dann, nachdem di, Sache aufgeklärt worden war, Kahr erklärt hätte: „Ich tu« nickst mit, dnin Halle man ihn möglicherweise wie die audc Minister abgLftihrl; aber passiert w 'ice is m nichts! Nun w." ich. dc.si Loff-w und Seißer ihre Offiziere am 6. und 7. K