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Nagolder Tagblatt

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Montag, de« 13. August 1928

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97. Jahrgang

Wertbeständiges Geld

Das Programm des Reichskanzlers Cuno ist in weiten Kreisen der deutschen Öffentlichkeit mit Ruhe und Verstän­digkeit ausgenommen worden. Seine wenig hoffnungsvolle Beurteilung der außenpolitischen Lage entspricht durchaus der allgemeinen Stimmung, und man weiß ihm Dank, daß er den Hauptteil seiner Ausführungen den Währung.?- und Stmerfragen, der Wirtschaftsreform und der innerpolitischen Einigung widmete. Für diplomatische Schachzüge war es wckt der rechte Augenblick und man kann sich vom deutschen Slendpunkt aus nur freuen, daß sowohl die Pariser als auch dis Londoner Presse mit dieser Kanzlerrede zunächst nichts Mvstangen weiß.

"Weniger Genugtuung herrscht im deutschen Publikum übrr die Rede des Reichsfinanzministers. Man kann den absichtlich zur Schau getragenen hossnunFgeschrvellten Ton des Herrn Dr. Hermes nicht begreifen, zumal er selbst auf alle seine Hoffnungen den kalten Strahl des Zweifels fotzen ließ. Die Maschinerie seiner Bürokratie, so gestand er, arbeite nicht so schnell, wie das von der Oeffenllichkeü für notwendig gehalten werde- Erst im Herbst werde er einen Gesetzentwurf über die Aendsrrmg der Einkommen­steuer einreichen. Die Wirkung der jetzt vorgelegten Steusr- gcst.'p könne nicht auf allen Gebieten sofort eintreren. Die Ausgabe lasse sich nicht mit raschen Ge-waltmaß,rahmen lösen usrv. Die Üeberzeugung der Mehrheit des deutschen Volkes geht im Gegenteil dahin, daß nur sofortiges Eingreifen und ein geradezu diktaturmäßiges Auftreten der Regierung den r tzmmenbruch der Wirtschaft und der inneren Einheit ver­hindern kann. Eine Meinungsverschiedenheit scheint zwi­schen dem .Kanzler und dem Finanzminister in der Wöh- rungsfrags zu bestehen. Dr. Hermes erklärte, es könne sich bei der Schaffung einer festen Rechnungseinheit auf einer Art Goldbasis nicht etwa um eine Äenderung der deutschen Währung handeln, und an anderer Stelle: Die Mark dürfe ihrer Funktion als Wertmesser auf keinen Fall entkleide! werden. Dr. Cuno aber versicherte, daß durch die Schaffung der wertbeständigen Anleihe und durch ihre Stückelung dem Handel ein wertbeständiges Zahlungsmittel eröffnet werden soll." Was ist nun richtig? Als im nachreoolutio- närcn Frankreich von 1796 das Papiergeld der Assignaten zur billigen Tapezierung von Zimmern verwendet wurde, gab man Pfandbriefe auf die Staatssorsten alswertbe­ständiges" Zahlungsmittel aus. Aber der neue Wertmesser war unklar und unehrlich fundiert. Er versank rasch im sel­ben Abgrund der Entwertung, wie die Assignaten. Die Maschinerie des damaligen Finanzministsrs versagte, und alle schönen Regierungsrcden erwiesen sich als schwächliche Beschwichtigungsversuchs, bis die eiserne Faust Napoleons dreinschlug.

Man wird in den nächsten Tagen innerhalb und außer­halb der Parlamenjsmouern mancherlei Bsruhigu.ngspillen )u schlucken bekommen. Die Banken raten ihrer Kleinkund- scb-ast (dis ja immer die Kosten eines ..Rückschlags" trägt), die Effekten zu verkaufen, weil demnächstalle Kurfs aus die Hülste stürzen". Aus Newyork kommen Nachrichten, die von starker Markbessenmg zu melden missen. Als ob durch einen vorübergehenden Fall des Dollars von 5 Millionen auf, sagen wir, eine Million Mark an dem deutschen Wäh­rungselen- und seinen nächsten Folgen irgend etwas ge­ändert wäre! Es gibt nur eine Lösung: Schaffung wert­beständigen Geldes.

Die Lüge von den abgehackten Kinderhandchen

Darum sind wir heute noch bei einem großen Teile de, dugEder und Amerikaner so unbeliebt? Warum machen me Berichte über die himmelschreienden Greueltaten de, Franzosen an der Ruhr verhältnismäßig wenig Eindruck draußen in der Welt? Warum sagen heute noch fromm« Damen in Amerika:Wenn deutsche Kinder verhungern, st werden nur die Sünden ihrer Väter an ihnen heimgesucht?' . Hamilton Pyfe, einer der geistreichsten Mitarbeiter des berüchtigten Northcliffe und der großartig organisierte« Atzllschen Kriegslügenindustrie, sagte nach demManchester Guardian" vom 2. März d. I. in einer Red« in Bristol:

In unserer Propaganda logen wir ausgezeichnet, ge­radezu glänzend. Wenn der Redner an die Lügevor den abgehackten Kinderhänden denkt oder di« von der Leichenverwertungsgesellschaft, so kann erich umhin, stolz darauf zu sein und gleichzeitig beschämt, das er auf den Scharfsinn stolz sei, der diese Art von Propa­ganda hervorgebracht hat. Die Sache war so aut durch­geführt und hatte eine solche Wirkung auf die öffentlich« Meinung, daß ein Mitglied des Unterhauses, Captai« -raig, dort aufstand und erklärte, die Lehren des Christen­tums seien erledigt, und daß ein Erzbischof gezwunge« wurde, sich zu entschuldigen, weil «r an, Karfreitag gepre- mgt hatte: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun."

Aber die Northcliffes und Gen., die wußten genau, was sie taten. In Kanada beispielsweise wurden belgisch! Kinder gezeigt, denen die Deutschen die Hände abgehackt hät­ten, bis ein kanadischer Herr, der gut französisch sprach, sie frug, wie sie ihre Hände verloren hätten. Antwort:Bei einem Eisenbahnunglück". Ja, es wurden für die Herstellung von photographischen Darstellungen der abgehackten Hände belgischen Müttern die Leichen ihrer eben gestorbenen Kinder abgekaust.

Und dazu kommen die unerhörten Lügen, die über di« deutsche Behandlung der Entente-Gefangenen verbreitet wurden, in so bestimmter amtlicher Form, daß tatsächlich di« frisch eingelieferten Gefangenen an Leib und Seele zitterten, weil sie an den Blödsinn glaubten. Ja man schämte sich nicht, dieses ganze Lügengewebe in der berüchtigten Mantelnot« vom 16. Juni 1919, die dem Versailler Vertrag beigegeben wurde, in die furchtbare Anklage umzusetzen:Die Deutschen sind es, die sich hinsichtlich der Kriegsgefangenen, welche st« gemacht hatten, sine barbarische Behandlung erlaubt haben, vor welcher die Völler unterster Kulturstufe zurückgeichrecil wären."

Nein, genau das Gegenteil ist wahr. Niemals, so weit die Geschichte reicht, sind Kriegsgefangene so gut behandttt worden, wie von den Deutschen im Deutsch-Französischen Krieg und im Weltkrieg.

Wan lese, bitte, das neueste (Juli-)Heft der Süddeut­schen Monatshefte (Die Bestie im Men­schen" und da den AbschnittDeutsche Menschlichkeit im Krieg" und was dort Generalarzt a. D. Dr. Vuttersack aus seinen Kriegserinnerungen und an der Hand amtlicher und beerdigter Aussagen berichtet. Dort erfahren wir u. a., daß in einem Ehampagnedörf sich ein Stabsarzt Robert um die Neugeborenen so verdient gemacht hatte, daß die Mütter ihre Knaben alle Roberts tauften. Nie verlangten die deutschen Aerzte für ihre Hilfeleistungen unter der Be­völkerung eine Bezahlung. Auch die Medikamente wurden ohne bürokratische Bedenklichkeit kostenfrei verabfolgt. Ein französischer Gefangener Relouche Omar aus Algier schrieb am 2. November 1914 nach Hause:Lieber Vater! Ich lasse dich wissen, daß ich deutscher Kriegsgefangener bin, aber be­unruhige dich nicht, ihre Offiziere sind sehr nett, ebenso wie ihre Soldaten, sie haben alle ein gutes Herz. Gerade das Gegenteil, was sie bei uns in Algier ge­sagt haben., Ihre Städte sind schön und sauber, so daß ich gerne dableiben möchte, wenn ich könnte. Nichts fehlt mir als das Vergnügen, dich zu sehen."

Und nun gegenüber diesen, wie gesagt, aktenmäßigen Mitteilungen, die ebenfalls mit vollem Namen Unterzeichneten Berichte (anonyme wurden grundsätzlich weggelafsen) über die bestialische Behandlung unserer Zivil- und unserer Kriegsgefangenen, wie sie in demselben Hefte von Professor Dr. Gallinger (München), dem bekannten Professor der Eegenrechnung" der Oessentlichkeit übergeben sind! Was hier an Grausamkeit und Unmsnschlichkeit, an Martern mit -den Daumenschrauben, an teuflischen Quälereien, wie sie besonders der Adjutant Benere. ein früherer Zuchthausauf­seher in der Verbrecherkolonie Neukaledonien, ersonnen batte« erzählt wird, spottet aller Beschreibung und bestätigt, was wir schon längst wissen und was jetzt an der Ruhr aufs neue in erschreckender und ekelerregender Weise wiederholt wird: Frankreich hat die Ehre einer zivilisierten oder gar ritter­lichen Nation für alle Zeiten verwirkt. Frankreich ist der Schandfleck der Menschheit. VV. bl.

Ksks und Geld

Die Kriegslage an der Ruhr

Berlin, 9. August. Man schreibt mir aus dem besetzten Gebiet an der Ruhr: Die Franzosen haben bis jetzt rund ein Dutzend Zechen besetzt, um die dortigen Kokereien selbst aus­zubeuten. lieber Borbereittmgshan-dlungen sind sie aber noch nicht hinausgekommen. Man mußte sie belehren, daß die deutschen Koksöfen ein viel verwickelteres System dar­stellen als die französischen, und daß unkundige Eindring­linge leicht in die Luft fliegen können, ohne Laß dabei di« geringste deutscheSabotage" mitspielt.

Die französischen Ingenieure studieren also noch an den glühenden Oefen herum und erstatten Berichte. Zwischen den maßgebenden französischen und belgischen Persönlich­keiten haben Besprechungen stattgefundcn, um die Maßnah­men zu beschließen, die notwendig sind, um das Koks-Unter­nehmenproduktiv" zu gestalten, soll beißen, um die Koh­len für die Oefen zu bekommen. Der eigentliche Kamps wird also erst beginnen, wenn der Franzose versucht, die deutschen Bergleute zur Kohlenförderung für seine neuer­oberten Oefen zu zwingen- Die Zwischenzeit des Studiums und der Beratungen hat General Degoutte durch eine Ver­ordnung ausgefüllt, in der die Zerstampfung von Ruhrkoks verboten und mit Gefängnis bis zu 5 Jahren oder Geld­strafe von mindestens 100 Millionen Mark angedroht wird. Degoutte hat es auf allen vorhandenen Koks in möglichst unversehrtem Zustand abgesehen. Im übrigen beschäftigten sich Franzosen und Belgier weiter mit dem Einbruch in Reichsbankstellen. Die planmäßige Ausräubung aller Kai-

> sen und Dankboten macht eine geregelte Lohnzahlung un­möglich. Die Gemeinden suchen sich mit Notgeld zu Helsen. Aber ein Teil der Arbeiter- und Angestelltenschaft weigert sich, das Notgeld in Empfang zu nehmen, weil es ihnen die Kaufleute vielfach nicht abnehmen. Diesen wiederum kann man den Widerstand nicht verübeln, soweit sie draußen in Len Außenbezirken mit dem Notgeld keine Neu-Einkäufe machen können.

So stockt und sinkt der Geschäftsverkehr von Tag zu Tag. Die Franzosen, die den grauenhaften Marksturz der letzten Wochen bewußt mitverschuldet haben, indem sie dis geraub­ten Milliarden auf die ausländischen Geldmärkte warfen, decken sich bei der rasenden Teuerung aus ihre Weise ein, indem sie in den Lebensmittelläden alles beschlagnab- men, was angeblich dem Unterhalt der Besatzung dien-, vor allem Kartoffeln und Zucker. Infolgedessen stellt ein Geschäft nach dem andern den Verkauf ein. Die Folge ist eine geradezu wahnsinnige Teuerung, die den Zustand im unbesetzten Gebiet weit übertrifft. Der Streik der Ze­chenarbeiter steht jetzt in voller Blüte. Einzelne Belegschaf­ten haben sich mit dringenden Schreiben an die Reick'sregie- rung gewandt, worin auf die schwere Notlage der Berg- arbeiterschaft hingewiesen und sofortige Hilfe in einer den örtlichen Verhältnissen entsprechenden Weise verlangt wird. Aus der R.uhrhilfe, die jetzt dem Reichstag als Gesetz­entwurf vorliegt, fordern die Belegschaften eine so­fortige Abgabe in Lebensmitteln oder in Geld. Ein augen­blickliches Eingreifen der Reichsregierung sei unbedingt er­forderlich, sonst seien Verzweiflungsausbrüche mit unabseh­baren Wirkungen bestimmt zu erwarten.

Es wäre falsch, aus solchen Notrufen zu schließen, daß der passive Widerstand dem Ende nahe sei. Ganz im Gegen­teil ist die Stinrmung jetzt für den Kampf bis zum äußerstest. Das Wort, ob man den deutschen Brüdern an Rhein und Ruhr wirklich gründlich helfen will, haben setzt die Volks­vertreter im Reichstag._er.

Aus dem Nuhrkamps

Neue Mordtaten

Köln» 12. August. An der Eisenbahn bei Braekel (bei Dortmund) ist ein Deutscher von einem französischen Po­sten erschossen worden. Bei Battenberg (Aachen) hat ei« Belgier eine deutsche Frau ermordet-

In Ratibor (Oberschlesien) wurden bei butigen Zusam­menstößen vier Personen getötet, 30 verwundet.

Beilegung des Duchdruckerstreiks

Berlin, 17. August. Die Buchdruckergehilfen haben dis Arbeit wieder ausgenommen, nachdem für die Woche vom 11. bis 17. August ein Spitzenlohn von 12 644 000 --ft ver­einbart war.

Mainz, 10. August. Die Direktoren der Reichsbankstelle Mainz sind von den Franzosen ausgewiesen worden. In dem Strafverfahren gegen die Direktoren und Ingenieurs der Badischen Anilin- und Sodafabrik wur­den die Direktoren Dr. Julius und Dr. Knieriem zu je zehn Jahren Eeiängnis und 150 Millionen Mark Geldstrafe ver­urteilt. Die übrigen Vorstandsmitglieder erhielren je acht Tage Gefängnis und 140 Millionen Mark Geldstrafe.

Infolge der jüngsten Besetzung der Gruben von Dorst­feld, westlich Dortmund, in der Nacht zum 8. August, sind dis elektrischen Zenralen ersäuft wordeir

Die Rheinlandkommission hat 5ie Beschlagnahme der Kohlengruben im besetzten Gebiet angeordnet.

Beim Abfliegen vom Bonner Flugplatz ist ein fran­zösisches Flugzeug aus 50 Meter Höhe abgestürzt. Beide Insassen sind tot.

Die Franzosen behindern die Einfuhr amerikanischer

Liebesgaben

Köln, 12. August. Die Franzosen lassen die Liebes­gaben des amerikanischen H-lssausschusses nicht mehr in das besetzte Gebiet herein, che sie wie andere Waren ver­zollt wserden. Das Rots Kreuz hat deshalb bei der amerikanischen Botschaft in Berlin und bei den amerikani­schen Konsuln Vorstellungen erhoben: außerdem wird der Hilfsausschuß bei der Regierung in Washington aas dies« Vorgänge aufmerksam machen.

Neue Nachrichten

Vorstoß gegen Reichskanzler Luno Generalstreik Berlin, 12. August. Wie der sozialdemokratischeVor­wärts" berichtet, hat in der Nacht zum Samstag beim Reichs­präsidenten eine Besprechung stattgefunden. Reichskanzler Cuno erklärte, bei dem Widerstand, den er bei gewissen Parteien finde, könne er d a s Amt nicht weiter- führen. Es wurde vereinbart, daß abgewartet werden solle, welche Stellung die sozialdemokratische Fraktion im Reichstag am Montag zu dem Mißtrauensantrag der Kom­munisten einnehmen werde. Es w-rd davon gesprochen, daß die Sozialdemokraten ein neues Kabinett bil'ü-m wollen, in dem sie drei Sitze beanspruchen: Inneres (für Severing), Finanzen (Hilfserding) und Wirtschaft. Stresemann soll Reichskanzler sein, außerdem würde ein zweiter Voiksparteiler (Kardorff) und ein Zentu - - aufzu-

nehmen sein.