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Rr. 142

Der Gesellschafter

Amts- md AWgeblatt sür den Oberamlsbezirk Vagold

Nagolder Tagblatt

Gegründet 1820

Fernsprecher Ro. AI.

Donnerstag, den 21. Juni 1S2S

Bei bre,reiste Zeitung im Öberamtsbezirk. An- »eigen sind daher von bestem Erfolg.

AaftrLg« «irr «->- ,«rl,! »-währ übem»s»«»I> »» wird Mn« «rwühr da'ä» !>>:cnoinm«n, dllj -!>»r RillllMM i« dtfti»" -< -,u«gadrn »der an der »iinsch-.r» Sieü« erlchitn«» - tzLllr» a-n höherer »«' «>!N besteht kein Anspruch «ul Z:-!«7un» bei ZdNuup ober aas »ea-adlnni c,,«e,u»rvr«ts»e

Telegramm-Adreffe: Gesellschafter Nagold.

Postscheckkonto: Stuttgart 5113.

97. Jahrgang

Tagesspiegel

Polen Hai seit Dienstag abend den ganzen Fernsprechver­kehr mit Danzig eingestellt.

. Der MailänderSecolo" meldet aus Sofia, die Truppen der neuen Regierung haben die von den Anhängern des er­schossenen Stambultjki besetzte Festung Rustschuk eingenom­men. Die Besatzung habe sich ergeben.

Bei den Wahlen zur türkischen Nationalversammlung haben faki iiöerakl die Anhänger Kcmals gesiegt.

Die Vereinigten Staaten haben im Steuersahr 1922 einen Li: ^Überschuß von 2l>0 Millionen Dollar» während das Vorjahr mit einem Fehlbetrag von 823 Millionen äbschloß.

Die belgische Verzögerung^

Poincares Friedensposs ^ -

Der britische Ministerpräsident Baldwin hak vffestkccr Mt bestürzt durch die in Len russischen Abgrund abrollende Mrkentwertung nochmals in einer öffentlichen Rede vor »er furchtbaren Gefahr gewarnt, die ganz Europa droht, wenn das Ende des Ruhrkriegs und der Beginn neuer Ver­handlungen noch weiter hinausgeschoben wird. Aber die herzlich Verbündeten in Paris und Brüssel scheinen von dieser Gefahr der Verzögerung nicht überzeugt zu sein.

In Brüssel macht angeblich die über der Flamenuniver­sität Gent ausgebrochene innere Krise größere Schwierig­keiten, als man anfangs gedacht. Aber man beeilt sich nicht, sie aus außenpolitischen Gründen zu überbrücken. Belgisch- französische Verhandlungen über eine gemeinsame Beant­wortung des englischen Fragebogens wollen nicht in Fluß kommen, und wer soll auch in Brüssel Las gemeinsame Be- kennnis unterschreiben, wenn niemand weiß, woran das neue Kabinett glauben wird? Ging doch schon das Gerücht um, daß bei etwaigem Zustandekommen eines sozialistischen Ministeriums mit einem völligen Ausscheiden Belgiens aus der Entente zu rechnen wäre. (Das Gerücht brachte der Pa­riser Matin). Tatsächlich hat Poincare den schriftlichen Ent­wurf einer Antwort aus die Curzonschen Fragen in Brüs -- s >c?l vorlegen lassen und dabei beton,, er wünsche eine ge­meinsame Erwiderung auf schrislichem Weg nach London. Der Pariser Berichterstatter derTimes" will sogar wissen, daß der französische Ministerpräsident sich in seinem Ent­wurf insehr herzlichen Worten" an ine britische Regierung wende und einen wirklichen Entwurf nach einem Einver­nehmen zeige. Aber wer kann wissen, was Poincare ange­sichts des englischen Drängens im Schild führt? Bekränzt vom Lorbeer einer neuen Vertrauenserklärung der Kammer glaubt er mit seinen geheimen Ruhrkriegszielen fester als je im Sattel zu sitzen. In den Reihen seines parlamentari­schen Rückhalts zeigt sich nicht die mindeste Ungeduld über die belgische Verzögerung. Die überhitzten Gruppen der Kammer möchten den Wiederbeginn eines Meinungsaus­tausches zwischen den Verbündeten am liebsten vermeiden. Ihre Forderung ist: Durchhalten bis zur bedingungslosen Kapitulation Deutschlands. Diese Kreise begrüßen also freu­dig eden Tag, um den die von ihnen befürchtete Verständi­gung hinausgezögert wird.

Poincare hat ebenfalls eine starke Kammermehrheit für seinen in den letzten Wochen wiederholt verkündeten Stand­punkt, daß die Zeit für Frankreich arbeite, und ess klingt wie blutiger Hohn, wenn er den Pariser Berichterstatter der Times" nach London melden läßt, auf französischer Seite bestehe die Neigung, den Verkehr vom besetzten ins unbe­setzte Gebiet wieder zu gestatten, wenn Deutschland freiwillig die Kohlenlieferungen wieder aufnehme. Von der Wieder­gutmachung der schändlichen Ausweisungen und Verurtei­lungen, des Milliardenraubs, der Mordtaten usw., oder gar von der Aufhebung der Besetzung ist mit keinem Wort die Rede. Solche heuchlerischen Friedensschalmeien läßt die französische Regierung ertönen nach den Scheußlichkeiten 'hrer Soldateska in Essen und Gelsenkirchen, in Bochum und Buer, in Recklinghausen und Dortmund, nach der Hinrich­tung Schlageters und nach dem Todesurteil gegen Görges. Rach all diesen entsetzlichen Beweisen der Rachsucht und Mordlust, während gleichzeitig mit der Aushungerung «es ganzen Rubrgebiets gedroht wird? Niemand glaubt an diese Heuchelei. -er.

3n sein eigen Fleisch geschnitten

Daß uns die Ruhrbesetzung namenlos viel Schaden verursacht, das versteht sich ganz von selbst. Am 10. Januar, also den Tag vor dem Einbruch der Franzosen ins Ruhr­gebiet, betrugen die Schulden des Deutschen Reichs 2273 Vil- uonen, am 20. März 6,905 Billionen, und jetzt sind es 12 Bil­lionen. Die Baluta ist in unergründliche Tiefen gestürzt.

Dollar wird mit 150 000 Mark bewertet. Wir brauchen ?l>o nicht erst auf denBankerott" oder denZusammen- vruch" zu warten. Wir sind schon tatsächlich zusammenge- vrochen, so gut, wie Rußland, nur daß noch nicht 20 Mil- Gautsche, wie es Clemenceau wünscht, verhungert sind. Au Tatsache ist, daß der Hunger täglich Hunderte von deutschen zur Verzweiflung und zum Selbstmord treibt.

Aber Tatsache ist auch, daß das Ruhraben teuere

trotz aller Ableugnüngen, auch in Frankreichs Fleisch tief einjchneidet. Es kostete Frankreich nach einem Nachtrag zum Staatshaushalt fiir die ersten vier Monate, also bis 30. April, 198 Millionen Franken, sagen wir also monatlich 80 Millionen. Mit der steigenden Passivität der französischen Handels- und Zahlungsbilanz geht der Wert des französischen Franken zurück, damit auch die Sparlust des Rentners, der in Frankreich, diesem Rentnervolk, eine gewichtige Rolle spielt, steigt selbstverständlich die Teuerung, mein auch lange nicht in demselben Maße wie in Deutschland, so doch immerhin so stark, daß Lloyd George mit seinem Urteil im Januar Recht behält, wenn er schrieb:Der Frank mag sich vielleicht erholen, aber ich sollte mich wundern, wenn die Besteuerung nicht lediglich vorübergehend wäre. Auch der ungeschulte Blick gemahnt, wie die Mark den französischen Frank auf ihrem Weg abwärts langsam nach sich schleppt."

Uns interessiert hier die Rückwirkung des Ruhrabentsuers auf die fr: nzösische Industrie, insbesonders auch die dortige Bergwerks- und Hüttenindustrie. Schon Anfang März schrieb die FachzeitungJournee Industrielle":Auf den Halden der Ruhr liegen 400 000 Tonnen Koks, auf die Frankreich einen Anspruch hat. Sie würden genügen, auf zwei Monate in gewissem Grad die Tätigkeit unserer Hoch­öfen zu sichern, von denen 80 bis 90 Prozent ganz ausgeblasen sind. Bis jetzt haben die Franzosen alles getan, um die Abbeförderung zu verhindern." Die Franzö­sin hätten dadurch bis Ende Februar etwa 20 Millionen Franken verloren, da die Industrie trotz alledem ihre Arbei- rer habe beschäftigen wollen.

Nun will Frankreich daran gehen, dieHaldenzuräu- men. Aber auch das ist mit den größten Schwierigkeiten verbunden. Schon am 8. Februar hatte ein französischer Vergbauingenieur in der bekannten englischen Tageszeitung Manchester Guardian" berechnet, daß man vor der Ruhr­besetzung sür den Abtransport der Ruhrkohle 22 000 Eisen­bahnwagen brauchte. 22 000 Wagen verließen vollbelcden das Ruhrgebiet, 22 000 leere Wagen standen für den nächsten Tag bereit. Zehn Tage waren im Durchschnitt vorgesehen, bis ein vollbeladener Wagen Westfalen verlassen hatte und leer wieder nach Essen oder Münster oder Elberfeld zurück­kehrte. Macht also im ganzen 220 000 Wagen. Frankreich hat im ganzen etwa 550 000 Eisenbahnwagen für Transport­zwecke zur Verfügung. Es müßte also ein Drittel seines ganzen Wagenbestands verwenden, um die Organisation durchzuführen.Das ist unmöglich."

Und doch versucht Poincare diesesUnmögliche." Er läßt unsere Wagen beschlagnahmen, versagen die deutschen Eisen­bahner, so läßt er an ihre Stelle französische kommen, und behauptet frisch weg, die Kohlenlieferungen bessern sich von Tag zu Tag.

Wie steht es damit in Wirklichkeit? DerRheinisch« Beobachter" ließ sich neuerdings von einemGermani- cus" erzählen, wie es infolge des Kohlenmangels, auch infolg« des Bergarbeiterstreiks im Saar- und Lothringergebiet, tat sächlich aussieht. Der Zugverkehr SaarbrückenMetz ist be> deutend eingeschränkt, ebenso der Lichtverbranch in Metz Diedenhofen, Straßburg, Verdun u. a. O. Der Hausbrand is> seit Wochen auf Holz angewiesen. Die blühende Industrie zwi scheu Metz und Diedenhofen ist verschwunden.Von den 81 Hochöfen, die unter deutscher Herrschaf in vollem Betriet waren, waren nur noch 3 in Tätigtet anzutreffen, wovon mar wieder einen am Tag vor meiner Abreise löschte." Auf einei Strecke, aus der vor der Ruhrbesetzung täglich 5357 Kohlen züge verkehrten, konnte man drei nicht einmal vollständig! Züge feststellen.Dabei waren die Wagen nur halb beladen/

Die nächste und schlimmste Folge solcher Zustände ist be­greiflicherweise die A r be i ts l o s i g k e i t. Allerdings Frank reich hat ein starkes Mittel in der Hand, um jede Unruhe, di! etwa die Arbeitslosen anstiften wollten, gleich in ihrem Ent stehungskeim zu ersticken. Das ist die rücksichtslose An wen düng seiner Militärgewalt. Auch weiß man geschickt eine et waige Unzufriedenheit auf die falsche Fährte abzulenken, au das verlogene Märchen:Deutschland hat nock nichts bezahlt und es will nichts bezahlen."

Rein, das gerade Gegenteil ist richtig. Aber Poincar > ist der Mann, der nach der Angabe amerikanischer Blätter zr französischen Pressevertretern vor dem Abmarsch an die Ruh, gesagt haben soll:Wir würden es auch tun, wenn Deutsch land zahlen würde. Dann müßten wir das Rheinland räu men. Ich ziehe di e Besetzung und die Erobe rungdemGeldein st reichen und Entschädige! v o r."

Ob dieses War tatsächlich gefallen ist oder nicht, voller wir dahingestellt sein lassen. Jedenfalls handelt Poincare 'ir diesem Sinn. Noch mehr! Wenn er mit dem Ruhrabenteuei wirklich gute oder auch nur auch genügende Geschäfte uni Vorteile gemacht hätte oder machen würde, warum fordert e: mit aller Leidenschaft von Deutschland die Einstsllunl des passiven Widerstands?" Mit nichts haben wii Frankreich, wie auch seinerzeit BonarLawim Untsrhau: erklärt hat, mehr geschadet als mit dieser Art des Abwehr kampfes. Wir haben damit Frankreich nachdrücklich die Lehr« erteilt, daß es mit einer solchen Gewaltpolitik sich ins eigen« Fleisch geschnitten hat. kl.

Dom Ruhrkrieg

Zollzahlung in fremder Währung Mainz, 20. Juni. Die Rheinlandkommission Hai verfügt daß vom 25. Juni an die Zölle für Waren, die vom unbe­setzten ins besetzte Gebiet gehen, nicht mehr in Papiermark sondern in französischer, belgischer, luxemburgischer, italieni- scher, englischer, amerikanischer oder holländischer Währuni zu entrichten sind.

Ein Lifettunnel gesprengt

Köln, 20. Juni. In der Nacht zum 15. Juni ist der Tun­nel der Eifelbahn (KölnTrier) bei Kall gesprengt worden. Die Franzosen haben, wie in solchen Fällen üblich, das Ge­lände abgefperrt, sodaß nichts Näheres in der Sache zu er­fahren ist.

Wozu die beschlagnahmten Milliarden dienen

London, 20. Juni. Die Blätter behaupten, Frankreich habe die im besetzten Gebiet beschlagnahmten 500 Milliarden Papiermark auf den Neuyorker Goldmark geworfen, um der deutschen Währung einen entscheidenden Stoß zu versetzen Die englischen und amerikanischen Finanzkreise haben di« Märkte ganz der Spekulation Werlassen, um den unnach­giebigen Politikern zu zeigen, daß die Politik aus der Ent­schädigungsfrage auszuscherden Hab« (?).

General Betain verunglückt

Frankfurt a. M-, 20. Juni. In dem Pariser O-Zug, der vor einigen Tagen im Rheinland dadurch entgleiste, daß di« Schienen gesprengt wurden, befand sich der französische Gene­ral Petain mit seinem Stab, der eine Desichtigungsreise durch das besetzte Gebiet machen wollte. Der dritte und viert« Wagen des Zugs wurde stark beschädigt. Petain erliti leichtere Verletzungen, zwei andere Offiziere sind tot. Di« Truppenparade, die andern Tags in Mainz ab gehalten wer­den sollte, wurde abgesagt.

Der Verräter Schlageters

Lonson, 20. Juni. Nach einer Meldung desDailx Herold" hat ein Polizeibeamter in Oppeln, der französischer Spion ist, den Franzosen die Photographie Schlageters aus- vehändigt, die ausgenommen wurde, als Schlageter ein eifriges Mitglied de? schlesischen Selbstschutzbewsgung war Der Besitz dieser Photographie hat den Franzosen die Ver­haftung ermöglicht.

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(Bedingungen für die Einstellung des passiven Widerstand«

Elberfeld, 20. Juni. Zeitungsberichten zufolge sollen maß- gebende Persönlichkeiten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer- kreise der Reichsregierung ein Gutachten übergeben ha-« den, daß der passive unter folgenden Bedingungen eingestellt werden könne: 1. Aufhören der französisch-belgischen Eisen­bahnverwaltung; 2. Rückkehr der Ausgewiesen: 3. Freilas­sung der Eingekerkerten; 4. Verzicht aus alle Zwangsmaß­nahmen; 5. Beseitigung aller Absperrungs- und Ueberwach- ungsmaßnahmen; 6. Wiederherstellung des Fernsprech- und Telegraphenverkehrs: 7. Entschädigung für Verletzungen und Tötungen durch französisch-belgisches Militär; 8. Entscheid«, tzung für weggenommenes Privateigentum.- DasGut« achten" erscheint reichlich zweifelhaft; es käme einer Kapitu, lation so ziemlich gleich, auffallend ist besonders, daß voll den Milliarden von Geldstrafen nicht die Rede ist. Maus wird also amtliche Bestätigung abwarten und hören müssen, wer diemaßgebenden Persönlichkeiten" sind.

Eine Schweizer Stimme gegen Ruhrbefehnng und Völkerbund

Bern, 20. Juni. Im Nationalrat erklärte der Luzern«: Obergerichtsprästdent Müller (Katholisch-Konservativ), die! Zustände im Nuhrgebiet machen einen schaudern, die dort gesprochenen Gerichtsurteile seien eine Barbarei. Unk» der Völkerbund gehe daran vorüber wie der Levit im Gleich­nis vom barmherzigen Samariter. Das Rechtsgefüh! scheine eingeschlafen zu sein. Noch nie sei dev Völkerbund gegen die Gewalttätigkeiten eines seiner Mit­glieder'vorgegongen. Man dürfe nicht einmal davon spre­chen. Das Schweizer Volk sei getäuscht worden. Wenn das so weiter gehe, werde sicher ein Anlaß zum Austritt dev Schweiz kommen. Die Schweiz wolle im Völkerbund tun, was sie könne. Wenn aber die Arbeit nutzlos sei, so wolle sie lieber austreten.

Neue Nachrichten

- . Neue Markstühnng

- Berlin, 20. Juni. Beim Reichskanzler fanden Bespreche Ungen mit Vertretern der Banken zum Zweck der Mark- stützung statt. Die Ansicht war ungeteilt, daß der neue Sturz in der wirtschaftlichen und politischen Lage keinen be- rechtsten Grund habe, daß vielmehr die Börsenspekulation den Sturz verursacht habe. Es wurden Maßnahmen erör. tert, wonach der Handel mit Devisen (ausländischen Zah­lungsmitteln) ähnlich wie während des Kriegs auf einen