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Ur. 129

Mittwoch» den 6. 3uni 1923

97. Jahrgang

Die VMsekklon am deutschen Volkskörper.

Als eine solche d. h. eine Zerstückelung bei lebendigem Leibe bezeichnet« sehr treffend der bekannte von den Fran­zosen mit Gefängnisstrafe belegte und ausgewiesene Ober­bürgermeister von Duisburg, Dr. Jarres, das täglich gewaltsamer werdende Vorgehen der Franzosen im Ruhr­gebiet und nicht minder die unerträglichen Drangsalierun­gen der altbesetzten Gebiete an Rhein, Saar und Mosel durch die größenwahnsinnigen französischen Sieger des Weltkrieges". Oberbürgermeister Jarres wies in seiner tiefen Eindruck hinterlassenden Rede, die er jüngst tm ehemaligen Herren Hause in Berlin anläßlich der dort von der Ligazum Schutze derdeutschenKul- tur gemeinsam mit den rheinischen Landsmann­schaften eröffneten vereinigtenRhein-, Ruhr- und Saar-Ausstellung" hielt, in mannhaften und packenden Worten auf die feste innerliche Verbundenheit der alt- wie neu- beschtm Gebiete mit der ganzen deutschen Heimat hin und betonte, daß die unerschütterliche Festigkeit, mit der in den be­drohten Gebieten Arbeitnehmer und Arbeitgeber ihre Pflicht tun, unmöglich wäre ohne das vertrauende Gefühl auf den Rückhalt im gesamten deutschen Volk.

vo/n bL/eHLe/r

Dieses Gefühl zu stärken und gerade in dieser Zeit, da die Nerven angesichts der wirren Geschehnisse im Ruhrgebiet oftmals zu versagen drohen, neuen Mut und unentwegtes Pflichtbewußtsein in die Herzen aller deutschen Volksgenossen in den von den Schrecken der Besatzung und der Anfruhr- tumulte unberührt gebliebenen Teilen unseres Vaterlandes zu senken, sind hohe und wichtige Aufgaben, in deren Dienst die obenerwähnte Ausstellung sich mit bemerkenswertem Ge­schick und voraussichtlich auch schönem Erfolg gestellt hat. Auf einer stattlichen Anzahl künstlerisch ausgcfnhrter graphisch- statistischer Bildtafeln, die bereits in den ersten Tagen nach Eröffnung von einer zahlreiches, Besucherschar aus allen Kreisen der Bevölkerung, wie auch der die Hauptstadt jetzt be­sonders stark bevölkernden Fremdenschaft in Augenstern ge­nommen wurden, werden die wirtschaftlichen und kulturellen Folgen der Rheinland-Vergewaltigung und Ruhr-Besetzung m. wirkungsvoller Weise plastisch aufgezeigt. Zahlreiche Photographien verbildlichen in anschaulicher Weise die fran­zösischen Terror- und Drangsalierungs-Akte derHerren" im alt- und neubesetzten deutschen Westen und lassen uns in der Heimat das Verständnis aufdämmern, wie schwer der Kampf und wie unendlich das Leid derer ist, die an derWestfront" für uns alle unter Einsatz von Gut, Blut und Leben die deutsche Sache zäh bis zum letzten verteidigen helfen. Eine ni, altige Sammlung von wirkungsvollen Bildern zeigt fer­ner die Schönheit dieser unter französischen Peitschenhieben und Bajonetten blutenden deutschen Landstriche und bekräftigt in uns den starken Willen wohl eines jeden, nach bescheidenem Vermögen zu helfen, diesen letzten furchtbaren und unbarm­herzigen Endkampf um Sein oder Nichtsein unserer bedrängten Westgebiete durchzuhalten, bis endlich das gute Recht allen stlndlichcn Gewalten zum Trotz dennoch zum Siege kommt. Te sehenswerte Ausstellung, die in vielem der im Vorjahre in >veit über 100 deutschen «tädten gezeigtenFriedens- dertrags - Ausstellung" ähnelt und geschlossen oder in rmzelnen Teilen auch wie diese nicht nur im Reich selbst, sondern auch wiederum im neutralen Auslande gezeigt werden 'oird, ist in Berlin noch bis zum 10. Juni zu besichtigen und bnrfte von keinem Besucher der Rcichshauptstadt übergangen lrerden.

Roggenpsandbriefe als wert­beständige Anlage

Die zunehmende Markentwertung, insbesondere in den letzten sechs Monaten, hat es mit sich gebracht, daß oie Pa» xnrmark ihre Eigenschaft als Wertmesser und Wertaufbervah- rungsmittel vollkommen eingebüßt hat. Die Folge davon ist, daß jeder Spartrieb verschwunden ist. Diese Entwicklung ist nicht nur für den einzelnen, sondern auch für die gesamte Volkswirtschaft außerordentlich ungünstig, weil es für eine Gesundung unseres kranken Wirtschaftskörpsrs unbedingt notwendig ist, die so stark verminderte Kapitalbil­dung wieder zu heben. Kapitalbildung geschieht durch Spa- xen. Sparen in Papiermark bedeutet aber sicheren Kapital­st erlu st. Wer einen Geldbetrag in Papiermark zurück- jgelegt hat, muß nach kurzer Zeit erkennen, daß dieses Geld kn realer Kaufkraft beträchtlich verloren hat. Ein jeder, der sein Vermögen vor völliger Zerrüttung schützen will, ver­sucht darum von der Papiermaark loszukommen und sich wertbeständigere Anlagemittel zu verschaffen. So ging man dazu über, ausländische Zahlungsmittel (Dollar, Pfund, Gulden) zu kaufen, doch ist dieser Weg durch die Devisen­verordnungen des Reichs neuerdings versperrt. Infolge­dessen war es schwierig, Geld vor der Entwerung zu schützen. Die alten Anlagepapiere, wie Staats- und Kommunal­anleihen, Pfandbriefe und Obligationen, kommen nicht mehr in Betracht, weil sie genau so wie die Papiermark der stän­digen Entwertung ausgesetzt sind. Auch der Ankauf von Jndustrieaktien bedeutet nur einen mangelhaften Ausweg, da deren Kurse nicht in dem Grad der Geldentwertung steigen. Der Aktienindex des Stattstischen Reichsamtes war lm März erst auf 336 angelangt, während der Lebenshal- tungsindex aus 2854 und der Index der Ernährungskosten auf 5315 angestiegen war. Die Schaffung eines wertbestän­digen Anlagepapiers ist darum ein dringendes Bedürfnis geworden.

Ein solches Anlagepapier wird jetzt auch von der Central- Landschaft für die preußischen Staaten zu Berlin durch die Ausgabe von Roggenpfandbriefen geboten. Diese landschaftlichen Zentralroggenpfandbriefe sind mündelsichere Lnhaberschuldverschreibungen, die nicht mehr auf Mark, son­dern aus bestimmte Mengen (^, 1)ch 2, 5, 10 und 20 Zent- nech Roggen lauten. Dis Verzinsung und Rückzahlung er­folgt allerdings in Mark, aber stets unter Zugrundelegung des amtlichen Berliner Börsenpreises für märkischen Rog­en. Als Deckung dienen Roggenrenten, die als Real- asten auf die den Landschaften angeschlossenen land­wirsch östlichen Besitzungen eingetragen sind. Bei diesen An­lagen bildet also nicht mehr das Geld, sondern der Roggen das Mittel, der Wertaufbervahrung.

Gegen die Zweckmäßigkeit einer solchen Roggenwährung werden mitunter Bedenken geäußert mit Rücksicht darauf, daß der Roggenpreis häufig hin und her schwankt. Allein die Schwankungen wenn man von der Papiermark ab­sieht sind keineswegs so groß, wie vielfach vermutet wird. So ist vom Statistischen Reichsamt nachgewiesen (Zeitschrift Wirtschaft und Statistik", 1. Januarheft 1923), daß die Roggenpreise im freien Verkehr vom August 1921 bis De­zember 1922, in Gold ausgedrückt (über dem Dollarkurs), stets mit großer Zähigkeit danach strebten, den alten Frie­denspreis von 8 Goldmark zu erreichen. Es ließ sich jedem falls eine große Wertbeständigkeit des Roggens erkennen, während demgegenüber die Preise für Kohle, Eisen, Kali­salze, Kartoffeln und Stroh in demselben Zeitraum verhält­nismäßig sehr viel größeren Schwankungen unterworfen gewesen sind.

Der Gedanke der Roggenwertanleihen ist für uns noch ziemlich neu, aber das fortwährende Schwanken der Pupier- mark wird rasch zu seiner Verbreitung beitragen. Den Versicherungsgesellschaften, die infolge des Verfalls des Werts der Reichsbanknoten, die heute den Wert derMar!" darstellen, in die größten Schwierigkeiten geraten sind, ist jetzt eine Möglichkeit gegeben, ihre Reserven vor der Geld­entwertung zu schützen und neu aufzubauen. Ebenso kann der Kaufmann und der Industrielle diese Anleihen als Ersatz für Devisen benutzen. Bon besonderer Bedeutung werden dir Anleihen aber für den kleinen Sparer werden, denn diesem wird jetzt erst wieder Gelegenheit zum wert- beständigen Sparen in den Roggenpfandbriesen gege­ben. Wer Roggenpsandbriefe kauft, kann damit rechnen, daß d>'r Kaufkraft des dafür hingegebenen Gelds im wesent­lichen erhalten bleiben wird. Auch wenn ein erhebliches Fallen des Roggenpreises eintreten sollte, wird die Kauf­kraft der Roggenpsandbriefe im Tauschverkehr vermutlich keine erhebliche Einbuße erleiden, da anzunehmen ist, daß dann nicht nur der Roggen, sondern auch die sonstigen Wa­ren im Preis zurückgehen werden, und daß damit die ganze Lebenshaltung sich verbilligen wird. Der Roggen hat sich bisher jedenfalls als das wertbeständigste Produkt erwiesen, d. h. es ist dasjenige Produkt, dessen Preis sich am gleich­mäßigsten den Geldwertveränderungen angepaßt hat.

Bemerkt sei schließlich noch, daß die Roggsmverkanleihen nur als ein Uebergang, als ein N o tb e h e lf in dem jetzigen Währungselend zu betrachten sind. Der in jeder Hinsicht beste Werkmesser ist und bleibt das Metallgeld (Gold). Bis

zur Einführung einer Goldwährung aber ist die Roggenwert- anleihe ein brauchbarer Ersatz. Sobald wir ein festes Wäh­rungssystem wieder besitzen, ist beabsichtigt, die Roggenpfand, briese in Goldpfandbriefe umzuwandeln, also von der Roa- genwährung wieder zur Goldwährung überzugehen.

Gesundheitspflege und Volks­wirtschaft

Wirtschaftlicher Zusammenbruch richtet sehr oft auch dl« Lolksgesundheit zugrunde. Beispiele sind Irland im vorigen Jahrhundert, Rußland jetzt. In Rußland haben in den letz­ten vier Jahren die durch Läuse vermittelten Seuchen der Unkultur, Fleckfieber 30 bis 35 Millionen Menschen, Rück­fallfieber rund 10 Millionen befallen, von denen etwa S Millionen starben, darunter als Opfer der Pflicht ein

Drittel der russischen Aerzte. Umgekehrt führen langdauernde Seuchen zum wirtschaftlichen Niedergang, so die Malaria in Süditalien und in Alt-Griechenland. Spanien und Portugal haben geringen Geburtenüberschuß wegen der Todesfälle an Pocken, Thyphus, Malaria. Bisweilen zeigte sich als sonder­bare Folge schwerer Seuchen in Kulturländern, daß sie durch Aufrüttelung des hygienischen Gewissens sehr segensreich für die Zukunft gewirkt haben; so die Hamburger Cholera 1892, die Cholera von 1866/67 für Köln. Es ist falsch, anzuneh­men, daß unkultivierte Naturvölker sich einer idealen Ge­sundheit erfreuten; die Kindersterblichkeit, frühes Altern und Sterben, sind bei den meisten schlimmer als in unfern rau­chigsten Großstädten. Auf Neuseeland, einem der gesun­desten Länder der Welt, sind die Maoris erst durch dos Eingreifen eines wissenschaftlich hygienisch ausgebildeten Stammesgenossen vor dem Aussterben gerettet worden. Ln den letzten vier Jahrzehnten ist in den Kulturländern die Sterblichkeit sehr gesunken. Nachdem st« in Preußen 70 Jahre auf durchschnittlich 26 v. T. der Bevölkerung jährlich gestanden hatte, war sie langsam aber stetig schon vor dem Krieg auf etwa 16 v. T. gefallen, das heißt, die durchschnitt­liche Lebensdauer hat erheblich zugenommen. Das Seltener­werden vorzeitigen Todes ist vornehmlich zu verdanken der geringern Sterblichkeit der Säuglinge, dem Rückgang der Tuberkulose, des Typhus, der Pocken. Letztere sowie Fleck­fieber, Ruckfallfieber, Aussatz, Pest, Wechselfieber, Cholera sind vorläufig in Deutschland praktisch ausgerottet trotz häu­figer Einschleppung; während gegen andere Seuchen, wie Influenza, noch kein durchführbarer Schutz gefunden ist. Die durch die Hygiene vermeidbaren Geldverluste in der Volkswirtschaft zu erörtern, ist heute, wo es heißt sparen, besonders angebracht. Auch ist der Nutzen der vorbeugen­den Gesundheitspflege nicht so in die Augen springend wie etwa der einer Heilung schon vorhandener Krankheit; denn fast jeder hält es für selbstverständlich, gesund zu sein, solange er es ist. Man hat die Aufzuchtskosten eines Durchschnitts­menschen bis zum 15. oder 20. Lebensjahr in Deutschland auf 8000 Goldmark geschätzt; dieseGestehungskosten" gehen der Allgemeinheit bei frühem Tod ganz oder teilweise ver­loren. Anderseits wird bei einer allgemeinen Lebensver- lungerung durch die Hebung der Volksgesundheit die Renta­bilität des angelegten Aufzuchtskapitals günstig. Da jetzt jährlich in Deutschland rund 100 000 Menschen weniger an Tuberkulose sterben als prozentual vor 50 Jahren, werden jährlich etwa 120 Millionen Goldmark an Erwerbsverlust, Behandlung, Pflege und Arznei erspart. 95 v. H. der Tätigkeit der 14 500 Zahnärzte und -techniker in Deuschland beruht auf Hohlwerden der Zähne. Wenn durch Erziehung zur Zahnpflege auch nur die Hälfte davon verhütet würde, so würden nach einer Berechnung von Schiffers-Braschoß nach dem Stand von 1919 jährlich 250 Millionen Mark Aus­gaben erspart. Elster hat das Gewinn- und Verlustkonto des Alkohols in der deutschen Volkswirtschaft vor dem Krieg geschätzt; 6 Milliarden sei das Verlustkonto größer. In der Weltwirtschaft treten besonders die Tropenkrankheiten der Erschließung gewaltiger fruchtbarer Gebiete der Erde ent­gegen. Als Beispiele seien die Malaria und die Haken­wurmkrankheit genannt, an denen jährlich bisher Hunderte Millionen Menschen leiden und mehrere Millionen sterben. Die Bekämpfung dieser jetzt genau erforschten Krankheiten wird von Jahr zu Jahr erfolgreicher. Das gelbe Fieber, der Würgengel Mittel- und Südamerikas in den letzten drei Jahr­hunderten, ist fast ausgerottet. Die kostspielige, aber erfolg­reiche Gesundmachung der Panamakanalzone ist auch im weltwirtschaftlichen und weltgeschichtlichen Sinn eine Groß­tat; denn ohne sie war der Bau des ozeanverbindenden Kanals nicht möglich. Die Tropen beginnen ihre Schrecken zu verlieren. Es wäre besser, wenn die Völler der Erde an­statt gegeneinander ihre Rüstungen gegen ins gemeinsamen Feinds des Menschengeschlechts kehrten. Unsre Wissenschaft gibt die Waffen dazu. Daß es so ist, verdankt die Welt der stillen, zu wenig geachteten Gelehrenarbeit von Forschern» unter denen die Deutschen in vorderster Linie stehen.

Bestellt denGesellschafter!"