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Nr. 29
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Heraus mit der Katze aus dem Sack!
Regierungspräsident Dr. Grützner - Düsseldorf schreibt der „Köln. Ztg."- Seit dem 11. Januar 1923 ergießt sich über das kerndeutsche Rhein- und Westfalenland zwischen Aachen, Trier, Düsseldorf, Essen, Bochum und Dortmund der Strom der festgefügten französischen Militärmacht. Alle deutschen Berufsstände, Bauern, Städter, Industrielle, Beamte, Arbeiter, Angestellte, Freischaffende, erleiden durch sie körperlich, geistig und finanziell die schwersten Qualen; die Not der Klein- und Sozialrentner, an sich schon die Aermsten der armen deutschen Opfer des Versailler Friedens, steigt ins Grauenhafte; weitere Tausende deutscher Kinder wird dieser Krieg im friedlichen Deutschland der Tuberkulose opfern. Das Ziel ist natürlich nicht etwa die Sühne für die angebliche „Verfehlung" Deutschlands, die darin liege, daß dieses anstatt der 14 Millionen nur etwa 12 Millionen Tonnen Kohle and Koks geliefert habe. Nein, das wahre, einzige, mit allen Mitteln der Diplomatie und des Militarismus herbeizu- Ährende Ziel Frankreichs ist der Länüerraub. Dieses rein politische Ziel, das uns Deutschen nicht kräftig genug eingehämmert werden kann, bestand schon längst, ehe wegen der angeblichen „Verfehlungen" bei der Kohlenlieferung Frankreichs Politiker den „Ruhrkrieg 1923" beschlossen. Tm Blatt Papier aus meiner Brieftasche soll es mitbeweisen helfen. Lassen wir es sprechen!
Anfang 1922, wohlgemerkt Anfang 1922, suchte der sattsam bekannte „Rheinfranke" Smeets auf Aufforderung von hoher französischer Seite den Leiter des französischen politischen Dienstes, Provisi, in dessen Diensträumen im Hause Zapp auf der GolöHkinstraße in Düsseldorf auf. Bei ihm traf er einen Beamten des Auswärtigen Amtes in Paris. In Begleitung des Smeets befand sich einer seiner damaligen Mitarbeiter aus dem Blättchen „Rheinische Republik". Pro- sisi brachte das Gespräch sofort auf den Aktionsplan bei nner etwaigen Besetzung des Nuhrgebiets, indem er von der Auffassung ausging, daß diese Maßnahme >ie Unterstützung der Gewerkschaften finden würde, da diese, wie er meinte, sich vollkomen in der Hand der rheinländischen Unabhängigen Sozialdemokraten und der Kommunisten befänden. Sodann schnitt der Beamte des Auswärtigen Amts Sie Frage an, wie die Propaganda der Ruhrbesetzung am zweckmäßigsten erfolgen könne und sprach sich entschieden für »ie Gründung einer anscheinend unabhängigen Zeitung rus, die die Sonderbündler nur mittelbar stützen dürfe. Als Smeets auf die großen Kosten hinwies, die die Neugründung ttner Zeitung verursache, entgegnet« Provisi, er habe einen Kapitalisten gefunden, mit dem Smeets, da er sich rm Gebäude befinde, sich sofort besprechen könne. Es handle sich am Herrn v. Metzen, über den er vom amtlichen französischen Nachrichtendienst folgende Mitteilungen erhalten habe. Herr v. Metzen sei vor dem Krieg Vertreter von Krupp in Mülhausen im Elsaß gewesen, habe mit seiner Firma Streit bekommen, dessen Ursache Metzen mit seiner Haltung in der Kriegsfrage begründe. Während des Kriegs habe sich Metzen am Kampf gegen Deutschland beteiligt und sei nach zuverlässiger Mitteilung sehr vermögend. Metzen wurde sofort herbeigerufen und entwickelte den Plan einer Tageszeitung, für die er 4 Millionen Mark zur Verfügung stellen wollte. Smeets bezeichnet« diese Summe als ungenügend. Nachdem Provisi betont hatte, daß jeder äußere Zusammenhang zwischen Frankreich und' der Sondlerbündler-Bewsgung peinlich vermieden werden müsse, wurde eine wettere Zusammemmst derselben Personen in Köln vereinbart, die zwar nicht zur Zeitungsgründung führte, aber das Ergebnis zeitigte, daß von da an Smeets seine jetzt noch in Tätigkeit befindlichen Sekretariate errichten und nunmehr auch versuchen konnte, einen Teil seiner bisherigen, etwas schwankend gewordenen Mitarbeiter durch hohe Geldbeträge zum Verbleiben aufzufordern.
Einer der drei „deutschen" Teilnehmer hat mir die Vorgänge in meinem Amtszimmer Ende Dezember 1922 als durchaus zutreffend bestätigt. Es kostete mich 20 000 Mk. Der Inhalt des von einem Verhandlungsteilnehmer bestätigten Blättchens Papier zeigt wohl so deutlich wie kaum etwas andres, daß die angebliche „Verfehlung" Deutschlands bei der Lieferung von Entschädigungskohle, die ja erst aus dem Januar 1923 datiert, nur ein Vorwand ist, um eine bereits ein Jahr früher klar geäußerte Absicht auk den politischen Miß des Rheinlands zu bemänteln. "
Der Sturz des Franken
Poa einem volkswirtschaftlichen Mitarbeiter
Die deutsche Währung hat durch den Ruhreinfall dev Franzosen den Todesstoß erhalten. Aber auch der französische Frank macht wieder in ihrer Gesellschaft einen Sturz durchs Man könnte vom deutschen Standpunkt aus darüber Schadenfreude empfinden» wenn die Tatsache des europäischest Niedergangs nicht so furchtbar traurig wäre. Zu Ende des abgelcmsenen Monats Januar stieg in Frankreich das englische Pfund über 76 und der Dollar erreichte einen höchsten Kurs Wer 16, d. h. für ein Pfund Sterling mußten 76 und " dLn Dolllst7.16^FtzWkLn gezahlt wLrdeu.. „Die ^ Barster./
Magolder Tagblatt
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Montag, den 5. Februar 1923
gierung sucht die Oeffentlichkeit darüber'zu beruhigen! Man erklärt, das Fallen des Franken sei nur als „vorübergehende Erscheinung" aufzufassen. Der Grund: Die international« Finanz habe große Mengen französischer Franken in Papier auf den Markt geworfen, um die gegenwärtige Politik Frankreichs in Mißkredit zu bringen. Das sei ein Hieb auch gegen die Freunde, richtiger gesagt, früheren Freunde England und Amerika, die den französischen Franken längst als überwertet ansehen. Hat doch kürzlich der Londoner „Economist" seine Verwunderung darüber ausgesprochen, daß der Frank sich überhaupt noch halte, wie es der Fall ist, da London und Newyork das Vertrauen zu ihm verloren hätten. Tatsächlich ist der Prozeß der Frankenentwertung fett Mitte des vorigen Jahrs unverkennbar und seitdem ist auch eine internationale Baissespekulation in französisch« Valuta in Fluß gekommen. Der Sturz des Franken hat nur deshalb noch nicht, die Formen des deutschen WÄHrungselendv angenommen, weil verhältnismäßig wenig Frcmkenbetrage außerhalb Frankreichs herumschwimmen, während die Mark infolge der Grenzdurchlöcherung nach dem Zusammenbruch und infolge der Lebensmittel- und Rohstoffeinfuhr in Riesen-l mengen ins Ausland absloh. Trotz dieses Unterschieds läßt sich der Währungssturz auch für Frankreich nicht mehr auf» halten und ebenso wird das mit Frankreich finanziell und politisch eng verflochtene Belgien in diesen Strudel hineingerissen. .
Dis Gründe für das französische Finanzelend hat soeben der tschechoslowakische Außenminister Bene sch in seinem im übrigen so bemerkenswert deutschfeindlichen Parlamentsbericht treffend angegeben. Ja, man kann sagen, er hat in seinem Eifer, Frankreich zu verteidigen, dem französischen Franken das Todesurteil gesprochen. Benesch nannte Frank» reichs innere Schulden am Schluß des Jahrs 1922: 300 Milliarden Franken. Beinahe die Hälfte des ordentlichen Staatshaushalts ist für Zinsen und Tilgung dieser Schulden bestimmt. Erhält Frankreich seine Wiederaufbaukosten von Deutschland nicht zurück, so werden nach der Ansicht der französischen Finanzleute, auf die Benesch verwies, die ganzen französischen Staatseinnahmen bis zum Jahr 1930 durch die Zinsen verzehrt, so daß für die übrigen Staatsausgaben nichts übrig bleibt. Nun, nach dem Unglück, das Poincarö durch den Ruhreinsall angerichtet hat, wird Frankreich auf die Erstattung der Wiederaufbavkosten viel länger zu warten haben, als man bisher schon annehmen mußte. Diese Kosten betragen nach Benesch 90 Milliarden Papierfranken. Dev französische Finanzminister de Lasteyrie rechnete schon im Oktober vorigen Jahrs 96 Milliarden und gab in der Kammer zu, daß der unheimliche Fehlbetrag der französischen Staatskasse mit gewöhnlichen Mitteln nicht mehr zu decken sei. Beamte kann man nicht mehr entlasten. Es sind schon 50 000 Veamtenstellen gestrichen. Neue Steuern, sagte der Finanzminister, seien nicht mehr zu ersinnen, weil das französische Volk überlastet werde. Mit Sparsamkeitsmaßregeln sei man auch schon an die äußerste Grenze gegangen. (Warum spart Frankreich nicht mit den kostspieligen Sanktionen?) Unter Umständen bleibe nur übrig, die Fehlbeträge durch neue Anleihen zu decken.
Damit deutete der französische Finanzminister schon im letzten Herbst die verzweifelten Schritte an, die nur immer weiter auf der schiefen Bahn abwärts führen wüsten. Offenbar gebricht es den Franzosen an Kraft und Willen, aus sich selbst heraus eine Besserung ihrer finanziellen Lage herbeizuführen. Wie mangelhaft diese Fähigkeit ist, ja, wie wenig die Franzosen imstande sind, ihre eigenen Hilfsmittel auszunutzen, wird eindringlich durch die Gestaltung ihrer Eisenerzeugung bewiesen. Nachdem sie Deutschland die lothringischen Erzläger genommen hatten und in den Genuß großer deutscher Kohlenlieferungen getreten waren, haben sie in vier» jähriger Friedensarbeit noch nicht die Vorkriegsleistung in Roheisen, Rohstahl und Stahlguß erreicht. Indem sie hoffen oder vorgeben, daß Deutschlands Tribute und Entschädigungslieferungen das französische Minus ausgleichen werden, sind sie ins Ruhrgebiet eingerückt. Sie bohren Deutschlands industrielle Schlagader an. Aber das Blut fließt nicht in den Körper Frankreichs über. Das weitere Sinken der französischen Währung beweist, daß die Welt nicht an das Gelingen des abscheulichen Ruhrexperiments glaubt. ^
Paris, 4. Febr. Francis Delakst schreibt im „Oeuvre", die Besetzung habe einen beträchtlichen Wertsturz des französischen Franken zur Folge gehabt. In der Zeit vom 2. bis zum 20. Januar sei das englische Pfund Sterling von 62,86 auf 76,82 Franken, also um 13 Prozent gestiegen. Infolgedessen seien die Waren, die Frankreich einführe, um mindestens ^0 Prozent gestiegen. Da der Wert der französischen Einfuhr durchschnittlich im Monat 2 Milliarden betrage, so stelle das eine monatliche Mehrbelastung für die Gesamtheit der Käufer von 200 Millionen Franken dar, eine Steuer, di« aus diese Weise infolge der Entwertung des Franken vom sranzösischen Volk'erhoben werde. ' - ^
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97. Jahrgang
Wochenschrift „The Nation". Dann fährt das Man worniry fort: „Keine Antwort auf die französische Invasion könnte wirksamer sein als die Befolgung einer Politik des Nichtmtt- iuns. Wenn die Grubenarbeiter und Techniker des Ruhrgebietes tapfer und einig genug sind, sich einfach zu weigern, für die Franzosen zu arbeiten, wenn sie weitsichtig genug sindh den französischen Lockungen mit Suppenküchen und Löhnen! i« dem höher bewerteten Franken zu widerstehen, dann gebe» sie eine unmittelbare und wirksame Antwort auf den fran- Mschen Versuch, etwas Unmögliches zu erzwingen. Was vesttschland braucht, ist ein nationaler Wille. Pariser Depeschen der Newyork World und der Newyork Times erklären, was die Franzosen beunruhige, sei „Angst vor deutschem passiven Widerstand, vielmehr als vor aktivem Widerstand. Hier liegt Deutschlands große Gelegenheit; wird es den Mut und die Weitsicht haben, sie zu er» cweifen?"
. ^ Diese Auffassung wird, wie den Leipz. N. Nachr. aus London geschrieben wird, in weiten Kreisen Englands vollkommen geteilt. Man sagt, es hänge davon ab, wie Deutfch- kand sein« große Gelegenheit ausnütze, ob es die Achtung zurückgewirmen werde, di« es während der letzten Jahre verlor, imd ob sich die Sympathien des englischen Volks ihm schließlich zuwenden werden oder nicht. Der passive Widerstand Deutschlands werde um so mehr Eindruck machen, M einiger und je würdevoller er jei. Würdevoller, d. h. innerkH unbeugsam, äußerlich kühl und kalt mit möglichster Vev- meidung mchloser Aufläufe und Ruhestörungen. In diÄW Mchen müsse Deutschland siegen.
er derttsche Widerstand ist et« wundervolles SchmHpiÄ ualsr Vnigkert und bürgerliche« Mut» und das-Behendste Beispiel der Macht piMoen Widerstands,-!»», ! ichte unserer Generaücm zeWe» schrBbt der detachM« 'tstellsr Braüsford im „New Leader" mit Bezug E > heiLge« Ereignisse in Deuts chlcsü» fett dem 10. "-
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Wie die Deutsche Abwehr im Ausland beurteilt wird
Der französische Ueberfall muß an entschidffenenr' passiven .. jchxeW die angesehene Neuvorker
Neues aus dem Ruhrgebiet
Ausdehnung der Besetzung.
^ Essen, ?. Febr. Di« Stadt Vohwinkel an der Linie Essen- Elberfeld ist durch französische Truppen besetzt worden, ,
Verschlechterung der Verkehrslage.
Dortmund, 4. Febr. Durch die Beschlagnahme der Kohlen- Mge ist der Verkehr auf Strecken von über 200 Kilometern vollständig verstopft und lahmgelegt. Die Schwierigkeiten wachsen von Tag zu Tag. Der Personen- und Güterzugoerkehr (ohne Kohlen) nach dem Osten geht noch in Ordnung. Die Eisenbahner bleiben unerschütterlich fest. Die Aufforderung der Franzosen, Lokomotiven tür Kohlenzüge nach Frankreich zu stellen und die französischen Eisenvahner in den deutschen Signaldienst einzuführen, wurde rundweg abgelehnt.
Die Kohlenförderung in den Gruben wird erheblich eingeschränkt werden; die Arbeit unter Tage soll aus Jn- standsetzungsarbeiten und Vorarbeiten für künftige Förderung beschränkt werden. Die geförderten Kohlen werden nicht mehr in Wagen verladen, sondern auf Halden geschüttet.
Amtmann Wiethoff weigerte sich, den Franzosen Brot zu liefern und andere Befehle auszuführen. Als er deshalb von den Franzosen verhaftet wurde, traten alle Zechen, Geschäfte und Wirtschaften, sowie die Verwaltung, die Post und die Schulen in den Generalstreik, bis der Verhaftete wieder freigelassen wurde.
Der Kaufmann Wehmar in Weitmar bei Bochum wurde vom Kriegsgericht zu 150 000 Mk. Geldstrafe verurteilt, weil er sich geweigert hatte, an Franzosen Waren zu verkaufen.
Reue Mordtaten
Essen, ck Febr. Zwei belgische Soldaten, die ohne Fahrkarten auf der Straßenbahn fahren wollten und vom Schaffner zur Lösung der Karten aufgefordert wurden, zogen ihre Revolver und verletzten den Schaffner schwer, ein unbeteiligter Fahrgast wurde durch einen Schuß getötet.
Ein Verräter
Duisburg, 4. Febr. Der Zollinspektor Karl Jansen, gegen den schon seit geraumer Zeit ein dienstliches Strafverfahren schwebt, hat nach der „Voss. Ztg." den Franzosen und Belgiern seine Zollbücher ausgeliefert. Es ist ein Verfahren wegen Landesverrats beim Reichsgericht eingeleitel worden. — Warum hat man den Jansen so lange im Ami gelassen?
Die Kohlensperre der Deutschen
Essen, 4. Febr. Nicht nur die Franzosen und Lelgierß können die Kohlenlieferungen — nach Deutschland — fper- ren, sondern auch umgekehrt wird die Kohlenabfuhr nach den feindlichen Ländern noch immer wirksam unterbunden. Da die Versuche, sie durch militärische Zwangsmaßnahmen zu beschaffen, gescheitert sind, wandten sich die Franzosen wieder an das Bergamt, um die staatlichen Zechen zu Lieferungen zu bewegen. Das Ansinnen wurde von Oberbergrat Tarier bestimmt abaelehnt. Die weiteren Versuche bei pri-
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