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Nagolder Tagblaü

<»t^njrtenung, V«r^LU von (Karl <jai1rr) Atützv^d.

Mittwoch, drn 6. Dezember 1922

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98. Zahrgarsg

Tagesspregel

Poinesrä n»ird nach Hava» am Freitag mit d«« Ftmmz-- minister Lssteyrie nach London reise«, auch Mussolini wird sich einMe«. ohne »scher in Paris auszusiergen. Poin- care nnrd seinen geheimen Zahlungsplan auch >n London noch nicht «ms den Tisch legen, diese wichtige Handlung so« für die Brüsseler Konferenz Vorbehalten bleiben, wo der Chor des kleinen Verbands seiner Stimme Widerhall gebe« ko«. Die Londoner Besprechung soll demnach, fall» sie un- befriedigend ausfS«, im voraus der entscheidende» Bedeu­tung entkleidet werden.

Im Unterhaus erklärte Bonar Law auf eine Anfrage erneut, ihm sei von einem Plan Frankreichs auf das Ruhr­gebiet »nichts bekam»«-. Mt einer Ausnahme schweigen sich ave englischen Blatter über den bekannte« Pariser ge- Heimen Rat immer noch geflissentlich ans.

Die verhafteten griechischen Generale Dusmanis, Pallis, GrdaAylos und Valettas find in Athen wieder in Freibeil gesetzt worden.

Undurchführbar"

Uns Deutschen glaubt man's nicht, wenn wir die Unmög- kicheit des Londoner Ultimatums behaupten. Gleich heißt es: Die Deutschen sind Drückeberger; sie könnten wohl zahlen, aber sie wollen eben nicht.

So hatte der Zentrumsabgevrdnete Trimborn na­mens der Regierungsparteien nach dem Bekanntwerden der sog. Pariser Beschlüsse (138 Milliarden Ansangswert, 287 Milliarden Endwert) erklärt: »Die von unseren Gegnern in Paris ausgestellten Forderungen sind für uns unerfüll­bar und unannehmbar.- Der Sozialdemokrat Müller- Franken sagte im Auftrag seiner Fraktion: »Eine deutsche Regierung, die bereit wäre, diese Lorschläge als ausführ­bar zu erklären, würde sich nicht finden." Und Rathe - nau schrieb am 10. Mai 1921 (also an dem Tage, an dem unsere Regierung das Londoner Ultimatum Unterzeichnete) rmBerliner Tageblatt": »Der Rest unserer Ehre ist, daß wir nichts versprechen, was wir nicht halten können. . . -. Das i st unmöglich, und deshalb dürfen wir nicht unter-- schreiben."

Daß Rathenau und Müller und Trimborn recht, voll­kommen recht hatten, das haben wir in diesen anderthalb Jahren in furchtbarster Wirklichkeit erfahren. Und dennoch: Die Deutschen verstellen sich. Sie leben herrlich und in Freuden. Ihre Industrie blüht wie keine andere auf dem ganzen Erdenrund. Die schlechte Valuta der Mark ist nichts anderes als eine Gaunerei, mit der die Berliner Re­gierung die Welt betrügt."

So oder ähnlich kann mans in den Pariser Blättern lesen oder von einem Poincare hören. Alle unsere Pro­teste dagegen haben keinen Wert. Die Franzosen glauben es nicht und, wenn sie es glauben, so tun sie wenigstens, als »b es anders sei.

Da ist es gut, wenn ab und zu ein Mann km Ausland rrnd namentlich im feindlichen Ausland, über die Undurch- fichrbarkeit des Versailler Vertrags seine mutige Stimme er­hobt. Die Erklärungen der Engländer Keynes, Morel and Macdonald sind bekannt. Nun aber hat in der aller- jüngsten Zeit wieder ein Engländer sich hören lassen. Es ist wohl das Kräftigste und Klarste, was in dieser Richtung bis jetzt gesagt wurde. Wir meinen den Arbeiterführer Llynes.

Bekanntlich hat der neue englische Erstminister Bonar Law vorige Woche sein Regierungsprogramm in Form einer Thronrede dem neugewählten Parlament vorgetragen. Die zweitgrößte Partei ist jetzt in England die Arbeiterpartei. Macdonald und Clynes sind ihre Führer. Clynes nun ant­wortete namens seiner Partei auf die Erklärung der Re- gierur^' "Lr sagte u. a.: Die internationale Politik feit Ende Kriegs sei zum großen Teil die Ursache der Arbeits- lofigkeit. Der Vertrag von Versailles sei un­durchführbar. Es sei eine Torheit gewesen, auf die unbegrenzten Wiedergutmachungsmillionen zu hoffen. An­fangs seien SO Milliarden Pfund genannt worden und diese Summe sei jetzt allmcchlich auf Churchills Ziffern von 2,S Milliarden herab gesunken. Die Minister müßten, statt mit dieser Frage in dieser zwecklosen Weise zu spielen, si- ernster behandeln. Es sei keine Besserung der Lage zu erhoffen, bevor eine Regelung dieser Frage er­zielt sei. Die industrielle Lage und die herrschende Arbeits- losigkeit in England seien zum größten Teil auf Torheiten bei der Behandlung der Wiedergutmachungssrage zurückzu­führen.

Das ist sehr deutlich. Aber das ist ja eine Oppositions­partei, sagt vie lleich t der eine oder der^andere, dazu noch

ei»« Arbeiterpartei, kste gerne starke Farben ouszutragev pflege.

Gut, dann wollen wir einen ehemaligen Staatsmann erster Ordnung hören. Nitti, italienischer Ministerpräsi­dent a. D., schreibt in seinem berühmten WerkDas fried­lose Europa", S. 275:Wenn schon die Sieger ihre Aus­landsschulden nicht bezahlen können, wie soll dann der Be­siegte die geforderten Riesensummen zahlen können? Mit jedem Tag klärt sich die Täuschung über die Entschädigung mehr und mehr aus. Nicht etwa, daß die Laien in Finanz­geheimnisse eingedrungen sind, aber der gesunde Menschen­verstand sagt ihnen, daß das Goldgeflimmer, das ihnen vor die Augen gezaudert wurde, nur eine dichte Rauchwolke war, aber sicher im Aether verschwindet."

Das sagte Nitti zu einer Zeit, wo die astronomische Zahl von 132 bezw. 138 Goldmilliarden noch nicht herausgerech­net war, zu einer Zeit, wo die Abkommen van Wiesbaden and Cannes mit den jährlich 720 Goldmillionen in bar und Devisen und den 1450 Goldmillionen in Sachleistungen, den 240 Goldmillionen Ausgleichszahlungen und den himmel­schreienden Besatzungskoste« noch nicht bekannt waren. Was würde er heute sagen?

Ja, er hat wieder unlängst das Work zu der Sache er­griffen. In denForeign Affairs" (dem Organ der Union of Democratrc Control) schreibt er, daß dersogenannte" Frtedensvertrc^ von Versailles jeglicher Vernunft ins Gesicht schlage. Deutschland soll zahlen» nachdem man ihm 83 Prozent seiner Eisenerze und 25 Prozent seiner Kohlen weggenommen habe. Das Versailler Zahlungsprv- gramm fei gerade das geeignetste Mittel, um nicht nur Deutschland zu ruinieren und zu Boden z« strecken, sondern auch ganz Europa zu vernichten un- in einen Zustand za schleudern, in demdie Moral des Taschendiebs »nd des Plünderers" räglrch mehr CinKuh ge­winnen werde.

Wenn das ein Deutscher geschrieben hätte! Wie hätte man dann in Paris über die Boches, denen es einfach am guten Willen fehle, losgewettert! Ja, das eben möchte Poincare um jeden Preis heraustüfteln. Liegt bei Deutsch­land eine .^Verfehlung" vor, dann kann er wieder mit Sanktionen und Pfändern aller Art, Beschlagnahme der linksrheinischen Forsten und der rechtsrheinischen Staatsberg­werke, Besetzung von Essen und Bochum und dergleichen Ungeheuerlichkeiten kommen.

Für uns aber liegt der in Art. 234 des Versailler Ver­trags vorgesehene Fall vor. Dort heißt es:Die Wie­de r gutm a chu n g s k o m m i ss i o n wird von Zeii zu Zeit die Hilfsmittel und die Leistungs- fähigkeit Deutschlands prüfen. Sie wird den Vertretern Deutschlands angemessene Gelegenheit geben, ge­hört zu werden, und ist danach ermächtrgt. die Fristen auszudehnen und die Tilgungsarten zu än­dern."

Das ist dos Mindeste, das unsere Reichsregierung jetzl unter allen Umständen verlangen muß, wenn sie nicht, was noch besser wäre, erklären will, daß wir, nachdem wir jetzl schon 45 Milliarden Goldmark geleistet, große produktive Reichsgebiete ohne Entschädigung abgegeben und unsere ge­samten Kolonien ebenfalls ohne irgend eine Aufrechnung ausgefolgt haben, überhaupt nichts mehr schuldig sind.Wir lehnen die Forderungen ab, mag da kom­men, was kommen will." ^Ebert.) Vi?. lk.

Die Londoner Vorkonferenz

Von einem Außenpolitiker

Es ist nun so gut wie sicher, daß die Ministerpräsidenten ver Entente am 9. Dezember in London zur Vorkonferenz für Brüssel Zusammenkommen werden. Die Brüssels Kon­ferenz selbst ist nach langem Hin und Her zwischen Paris uni London aus Ende Januar oder Anfang Februar hinausge­schoben worden, und die Presseheroloe der Regierung Bonai Laws verkünden, daß England nicht eher nach Brüssel gehen werde, als bis die Einigkeit innerhalb der Entente gesichert sei. Hinter dieser Ansage steckt eine Welt von Ver­wicklungen! Im britischen Außenamt erwartet man, daß Poincare in London wenn er wirklich kommt sei­nen neuen Entschädigungsplan, den er bis jetzt ängstlich ge- heimgehalten hat, endlich Mitteilen werde. Um sich den An­schein zu geben, daß man unter »herzlich Verbündeten" mii offenen Karten spiele, und weil man sich in Lausanne auch wirklich wieder etwas näher gekommen ist, ließ Bonar Lau die Nachricht hinausflattern, er werde in der Vorkonferenz als erstes für die am 15. Januar und 15. Februar fälliger deutschen Zahlungen eine neue Frist beantragen, aller­dings kurzfristig auf zwei oder drei Monate. Die endgültig« Regelung der Kriegsentschädigung wie oft ist diese scho» vergeblich angelaat worden! bleibe der Brüsseler Konfe­

renz Vorbehalten. Grund: Vor dem englisch-amerikanischer

Meinungsaustausch sei eine abschließende Erörterung der Frage der Verbandsschulden unmöglich und infolgedessen könne auch die Herabsetzung der deutschen Schuld so-sic dis nur unter dieser Voraussetzung denkbare international« Anleihe jetzt noch nicht erörtert werden.

Was ist nun die Tagesordnung der Londoner Vorkonfe­renz? Poincare ist sehr vorsichtig geworden. Er schweig! sich darüber aus. Aber er laßt einen Versuchsballon steigen Der PariserTemps" mußte ein vorläufiges französi­sches Programm aufstellen. Darin wird empfohlen, die Angelegenheit der Verbandsschulden und die Frage dei deutschen Schuldverschreibungen-Reihe L, die nach dem be­kannten französischen Vorschlag gegen die Verbandsschulder aufgerechnet werden sollen, einem Sachverständigen­ausschuß zu überweisen und einstweilen nur die Frag« zu besprechen, auf welche Weise die Zahlung von Zinser und die Heimzahlung der Schuldverschreibungen Reihe ^ und L gesichert werden könne. Auch derTemps" ist dei Meinung, daß die Allgemeinregelvng und Lösung der An- l-ihefrage bis zur Brüsseler Konferenz hinausgeschoben wer­den solle. Aber und das ist Poincares Geschoß eir vorläufiger oder endgültiger Zahlungsaufschub, gleichviel für welche Dauer, ist nach dem halbamtlichen Blatt für Frank­reich unannehmbar, wenn nicht gleichzeitig Pfänder er­faßt chxrden. Hier zeigt sich bereits die Frucht der geheim­nisvollen Kabinettssitzungen, die Poincare in der letzter Woche abhielt. Er rüstet sich zu einer Kraftprobe. Si« lautet:..Ein« neue Frist nur gegenPfänder!" England wirk daraus hingevxesen, daß es sich ja nur um eine Probefris, handle, die im Interesse der Verbündeten liege. Wird dann Poincare nachgeben? Selbst französische Preßstimmen, di« noch nicht ganz, verlernt haben, kühl zu rechnen, geben d.er Meinung Ausdruck, Poincare werde bei diesem diplomatischen Ringkampf unterliegen. Wenn er aber nach­gibt, wenn sich seine neueste Pfändsrpolitik als leere Droh­ung herausstellt, wenn er übertriebene Forderungen aufge­stellt hat, um sich schließlich mit einem Trinkgeld zufrieden zu geben, dann ist »s mit dem Kabinett Poincare zu Ende Es ist verbraucht und erledigt. Die Krisen st immung in Frankreich ist Tatsache, und die Gerüchts von einem künf­tigen Ministerium Loucheur-Barthou oder einem Ueber- gängskabinett Sarraut sind ernst zu nehmen! Offenbar um seine Stellung bei den nationalistischen Parteien der Kam­mer zu stärken, hat Poincare als Sprecher der Botschafter- kvnfevenz die Sühnenote wegen der in Passau, Ingol­stadt und Stettin begangenenFrevel" an die deutsch« Reichsregierung gerichtet. Es ist einige Zeit her, seit die Botschafierkonferenz derartige Noten nach Berlin gerichtet hat, und man sollte annehmen dürfen, daß vier Jahre nach Eintritt des Waffenstillstands solche Angriffe nicht wehr mög­lich wären. Im englischen Unterhaus hat Asquith von den »eingebildeten Werten" gesprochen, die man aufgeben müsse, wenn man noch etwas von Deutschland herausholen wolle, und Bonar Law gab dieser Meinung ausdrück­lich Recht. Wie wäre es, wenn man sich aus der Londoner Vorkonferenz erst einmal über di« eingebildeten Werte der sranzösijchko Entjchädigungspolitik unterhielte? er.

Neue Nachrichten

Vom Reichstag

Berlin, 5. Dez. Der Reichstag beendete gestern bei schwach besetztem Haus die erste Lesung des Entwurfs der neuen Ge­schäftsordnung. Die Redezeit des einzelnen Abgeordneten auf eine Stunde festgesetzt (der Ausschuß hatte drei- vlcriel Stunden beantragt). Dem Präsidenten wurde die Be­fugnis erteilt, Abgeordnete, die sich grobe Ausschreitungen zu schulden kommen lassen, auf acht, im Wiederholungsfall aus 26 Tage von den Sitzungen auszuschließen.

Der Untersuchungsausschuß des Reichstags hat bis jetzt alle gegen den Reichswehrminister Dr. Geßler von der lin­ken Seite erhobenen Vorwürfe als nicht stichhaltig zurückge­wiesen. Die Verhandlungen gehen weiter.

Der Fehlbetrag der Reichsposk

Berlin, 5. Dez. Im Neichsrat, der die Erhöhung der neuer Postgebühren ab 15. Dezember genehmigte, wurde mitgeteilt, Laß der Fehlbetrag der Reichspost bereits 120 Milliarden Marl überschritten habe. Der Rückgang des Postverkehrs sei erschreckend, deshalb habe man davon Abstand nehmen müs­sen, das Breifporto auf 50 .-ft zu erhöhen.

Reue Gehalts- und Lohnforderungen

Berlin, 5. Dez. Die Hauptverbände der Gewerkschafter beschlossen, für November und Dezember neue Forderunger für die Beamten und Staatsarbeiter an die Reichsregierunx Su stellen und zwar soll, der Indexziffer entsprechend, ein« Erhöhung um mehr als 100 Prozent verlangt werden.

Einspruch gegen die Sühneforderungen

Berlin, 5. Dez. Die Parteileitung der Deutschnationaler Volkspartei fordert in einer Entschließung die Reichsregie­rung auf, einmütig mit der bayerischen Regierung die maß­losen Forderungen der Botschafterkonferenz bezüglich Ingol­stadts und Passaus entschlossen abzulehnen.