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luzeigeblak für den Sberamlsbezirk Aagold
Aagolder*Tagblatt
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Schristletmn», Druck und »erlag vou «. W »aller <«°rl Zaiser> Nagold.
Dienstag, den 21. November 1922
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Nr. 272
Lagesspiegel
Die Getreide« mlage in Baden ist von 22 »96 ans 12 869 Tonnen ermäßigt worden.
Nach dein R. W. TaM. wurde die Sfterreichtfche Regie- nmg vom Mlkerbun-sousschuß verpflichtet, vorn IS. Rovem- rer ab keine Rote« mehr ouszngeben.
Aus Lausanne wird amtlich gemeldet: poiacark. Mugo- lini Lurzon hatten eine erste Unterredung.
Der amerikanische Admiral und Oberkomm kflar ist von Ämstanttnopet nach Lausanne abgereist/
Das KMnett in Peking ist laut Reuter zirrückgettettn. Per Sturz der ReKerung scheint «ach der «Times" von der WMMvLel beckejgcMrt worden zu sein.
Englands Wahlen — und Deutschland
England hat wieder eine Regierung, die aus dem festen Grund einer parlamentarischen Mehrheit steht. Zwar bilden sich nur deutsche Träumer ein, die englische Politik werde erst durch die gewählte Parlamentsmehrheit bestimmt. Die englische Politik wird bestimmt durch die-Lebensbedürstnsse und Lehensnotwendigkeilen des Britischen Reichs, und weder durch Masfeilaunen oder Parteunteressen allein. Aber es macht natürlich Unterschiede der Form und des Zeitmaßes, ob eine geschloffene oder eine zusammengeleimte, eine entschiedene oder eine knappe Mehrheit zum Träger dieser Politik wird. BonarLaw, der wieder eine einhcktliche Partei hinter sich hat, wird andrs auftreten können als Lloyd« George, der sich bei jedem Schritt, den er in der Außenpolitik tat, zweimal Umsehen mußte, ob auch die Koalition hinter ihm noch zusammen hielt. Damit soll nicht gesagt sein, daß der Erstminister, der mehr Staatsmann als Demagoge gewesen wäre, nicht mehr hätte erreichen können, als Lloyd George. Der Oberstleutnant Nismann, Ordonanzoffizier des Kaisers, hat .einem der bewährtesten Männer dieses Kriegs" einmal die Frage vorgelegat, weshalb die tüchtigsten Militär; gegenüber dem Aufruhr in der Heimat so völlig versagt hätten. Hie Antwort hat gelautet: .Wir waren allc verbraucht. Einer solchen neuen Beanspruchung waren unsere Nerven nicht meist" gewachsen." (Niemann, Kaiser und Revolution, bei August Scherl.) Das gilt nichj nur von dev Besiegten, sondern ebensogut von den Siegern. Auch sie waren .verbraucht" von den Anspannungen des Kriegs, und schon der Ausgabe eines wirklichen Friedensschluffes nicht mehr gewachsen- Sie selbst merken's nur nicht und müssen daher gewaltsam kaltgestellt werden, wenn das Kriegsfieber nach und nach aus der Weltpokitik verschwinden soll. Wilson, der „Weltschiedsrichter", ist von einer höheren Macht kaltgestellt worden, und selbst die Franzosen haben Eleenenceav kaltgestellt. Dafür lasten sie freilich Poincare noch weiter vben. Nunmehr haben auch die Engländer erkannt, daß Lloyd George» verbrauchte Nerven durchaus Ruhe haben «nd daß frische Kräfte aus die Kommandobrücke müssen.
Lloyd Georges vernichtende Niederlage ist das eine Kennzeichen der englische« Wahlen —seine Porto sinkt auf weniger als die Hälfte — das andere ist das An- chwsllen der Arbeiterpartei, die ihre Stärke mehr ils verdoppelt. Den Händler-Liberalismus hat Lloyd George n die Brüche gewirtschaftet, der Industrie-Konservatismus' chließt sich zusammen und ihm tritt, nach dem Ausscheiden der Iren, als einziger geschloffener Block die Arbeiterpartei gegenüber. Die Konservatoren, die, nicht wesentlich ge- chwäch^ins Parlament wieder eiirziehen, haben, wenn sich Arbeiter rmd Liberale vereinigen, mit einer nicht kleiner Opposition zu rechnen. Ihre Politik muh also nach inner mit einer gewissen berechnenden Vorsicht geleitet werden -Zmfs Ganze" zu gehen, dazu ist ihre Mehrheil nicht angetan sie müssen danach streben, an den Liberalen, und zum min- >esten an den Lloyd-George-Liberalen, eine Seitendekkung gegen Ueberraschungen zu behalten. Der neue.Reichtum wird in England genau so an Sozialistenfurcht/leiden, wie auf dm Festland, und es wäre nicht undenkbar, daß in dieser Novemberwahlen der Keim zu einem neuen Zweiparteiensystem läge: hie Kapital, hie Handarbeit.
Dann bekäme das englische Wahrverfahren auch wieder einen Sinn, das, mit seiner Ablehnung der Stich- und Verhältniswahl, nur auf den Gegensatz von zwei Hauptparteier jugeschnitten ist. Sowie drei und mehr Parteien sich fast ir -edem Wahlkreis bewerben, wobei einfache Mehrheit enr- jcheidet, ist nicht mehr gesagt, daß der Mehrheit im Parlamem ruch eine Mehrheit im Land entsprechen müsse. Ans Diesmal stehen den 5 Millionen Stimmen der Gewählten 8 Millionen Stimmen der Nichtgewähltsn gegenüber. Für di« Be-
:angunig ver Frau im Parlament scheint man in England weder rechts noch links allzuviel Sinn zu haben. Lady Astor, >ie geborene Amerikanerin, w.irü im Unterhaus nur zwei Kolleginnen haben.
Und was bedeuten die Wahlen in Amerika und England für uns? Bedenken wir, daß es unsere alten Feinde sind, die uns hier mit neuem Gesicht anschauen, so wahren wir uns wn besten vor Enttäuschungen. England ist'vorerst wichtiger für uns als Amerika, und unter dem Vorbehalt, daß weder dieses noch jenes irgendwie freundschaftliche Gesinnungen für ans hegt, ist nicht einzusehen, weshalb wir nicht mit einem Kabinett Borrar Law ebensoweit, ja vielleicht weiter kommen sollten, als mit einem Kabinett Lloyd George. An di« Partei- sarbe soll man sich nur nich stoßen! Ein konservative« Kabinett hat um die Jahrhundertwende das Bündnis irnt Deutschland gesucht, und ein liberales hat uns 191-1 den Krieg erklärt, schandbarer, als uns der Liberale Lloyd George beim Abschluß des Krieges behandelt hat, konnten wir nicht gut behandelt werden, und als er seine Dummheit gegen das englische Lebensintereffe nach und nach einzusehen begann, hat es uns wenig gnug genützt. Di« Hauptsache ist, daß wir selbst wissen, waswirwollen, was wir wollen müssen, uin am Leben zu -bleiben. Und dafür sollen wir ja endlich wieder einen Minister ins Auswärtige Amt bekommen. Auch ein konservatives englisches Kabinett wird mit Frankreich Frieden und Freundschaft zu halten trachten, solang sich nur ein Schatten davon erhalten läßt; aber es wird di« englischen Interessen im Orient vielleicht etwas nüchterner betrachten, als sie der türkenfeinüliche Sountagsprediger Lloyd George betrachtete. Und auf dem Weg wird es vielleicht eines Tags die Entdeckung machen, daß ein ruiniertes Deutschland den vereweigtc.r Unfriede^ von Madrid bis Bagdad bedeutet,
Wirrwarr in Berlin
Luuo a>bk den Auftrag zurück. Er versucht nun ein Kabinett der Mitte
Am Samstag nachmittag, als der Reichstag daran mar, seine Tagesordnung mit Wochenschlußeile abzuwickeln, ging rlötzlich das Gerücht durch die dünnen Reihen, Eeheimrai Euno habe dem Reichspräsidenten den Auftrag der Kabinettsbildung zurückgcgeben. Eine amtliche Bestätigung blieb zunächst aus, doch wurden alle Zweifel' bald beseitigt Die Verhandlungen Cunos mit den Parteien waren am dritten Tags völlig festgesohren. Di« Parteien hatten am Samstag vormittag noch vertraulich« Besprechungen, abgehalten, aber es wurden nur parteilich« Sonderwünsche norgcbrachl, dre Verständigung war ferner gerückt denn je. Die Sozialdemokraten erklärten wiederholt, daß sie mich eine verschleierte .Große Koalition" und besonders den beabsichtigten Eintritt Stress manns ins Kabinett nicht annehmen werde. Es nützte nichs, daß Cuno sich berei erklärte, nicht nur die drei sozialdemokratischen Minister Köster, Schmidt und Radbruch mit ins Kabinett zu übernehmen, sondern noch den Unabhängigen Hilfferding als Staatssekretär beizuziehen. Die Sozialdemokraten blieben dabei, daß die Deutsche Volkspartei als solche nicht ausgenommen und im übrigen die Minister- steelln nach der Parteistärke verteilt werden sollen. Das Zentrum verharrte in seiner Zurückhaltung, hatte aber nichts dagegen einzuwenden, daß Dr. Hermes als Neichsfinanz- minister im Kabinett verbleibe
Geheimrat Cuno sah nun keinen Weg mehr, mitten Parteien das „Kabinett der Arbeit", das nach den letzten Verhandlungen eben doch nichts anderes geworden wäre als wieder ein Parteiministerium auf.der Grundlage einer durch Deutsche Volkspart-ei und Bayerische Volkspartei erweiterten Koalition. Er richtete an den Reichspräsidenten ein Schreiben: Die Verhandlungen mit den Parteiführern haben ergeben, daß einzelne Parteien nicht nur Anregungen und Wünsche, sondern Anträge und A n s p r ü ch e Vorbringen, daß die Fraktionsstärke zu berücksichtigen sei, daß für bestimmte Personen bestimmte Ministerien verlangt werden, sa daß bisherige Minister aus eraem Amt in ein anderes gebracht werden. Damit werden die Voraussetzungen hinfällig, unter denen ein Kaoniett sachlicher Arbeit gebildet werden kann. Wenn er (Cuno) auch die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Kabinett und Reichstag nicht verkenne, so nrüffe er doch für sich die Freiheit in der Auswahl der Mitglieder bewahren. Da das zurzeit nicht der Fall sei, gebe er den Auftrag zurück.
Reichspräsident Ebert Serief darauf am Samstag abends 7 Uhr die Führer der in Bettacht kommenden Fraktionen und besprach sich mit ihnen bis in'die späten Abendstunden Nach einer amtlichen Mitteilung am Sonntag wurde zwar keine Vereinbarung getroffen, doch glaubte siic Regierung festellen zu können, daß die Parteien dem Ge- hemrrat Cuno bei der Auswahl der Personen im Rahmen des von den Koalittonsparteien vereinbarten Programms vom 13. Dezember (Vorschläge an die Entschädi- gungskommission) freie Hand lassen werde. Eine Be-
-öerbreitetste Zeitung im Oberamtsbeztrk. — Ar - zeigen find daher von bestem Erfolg.
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sprechung der sozialdemokratischen Parteiführer am Sonntag machte die Hoffnung jedoch zunichte. Die Sozialdemokratie gibt nicht nach. Das Zentrum andererseits, das sich nur hatte beteiligen wollen, wenn Dr. Wirth wieder mi> der" Kabinettsbildung bettautt-worden wäre, soll es nun-zufrieden sein, roenn wenigstens die Politik Wirths beibehalten würde.
Am Sonntag abend traten nun die Führer der bürgerlichen Parteien (Zentrum, Deutsche Volkspartei, Demokratie und Bayerische Volkspartei zusammen, und es soll, wie dr Berliner „Lokalazeiger" erfährt, ein Einverständnis erzielt worden sein, dem Geheimrat Cuno ein „Kabinett der bürgerlichen Mitte? zu empfehlen, das die Unterstützung der vier Parteien haben würde. Dabei sollte die Frage zunächst offen gelassen werden, ob es sich um eine politische Regierung oder um eine solche handle, die über den Parteien steht. Diese Negierung wäre allerdings, wie die Regierung Wirths, eure Minderheitsregierung, doch hofft man .von Fall zu Fall die Unterstützung der Sozialdemokratie von links oder der Deutschirattor» rlsn Bolks- parter von rechts, wodurch jeweils eine starke 'i ehr heit zustande käme. Wie das Blatt weiter meldet, soll auch der Reichspräsident mit einem Kabinett der Mitte oder der bürgerlichen Arbeitsgemeinschaft einverstanden sein. Cuno Hai den Auftrag wieder angenommen, und er wird, wie verlautet, bei der Zusammensetzung des Kabinetts die Bindung an Parteien formell außer Acht lassen, wie es ursprünglich in seinem Plan gelegen zu haben scheint. Hätte er sich davon nicht durch die Parteiverhandlungen abbringen lassen, so könnte das Kabinett schon fünf Tage beieinander fein, so sicher ccher unsicher, wie es morgen sein wird. Eile tut not.
Stickstoff, nicht Kalt
Berlin, 20. Nov. Zur d« durch di« Presse gegangenen Meldung, daß der Verband eine große Kalilieferung als Kriegsentschädigung gefordert habe, wird amtlich mitgeteilt, daß der Negierung von einer derartigen Kaliforderung nichts bekannt sei. Die Nachricht sSr wahrscheinlich von deutscher Seite im Geschäftsinteresse in die Welt gesetzt worden, um deutsches Kali auf dem Weg der Sachleistungen nach Frankreich absetzen zu können, obgleich Frankreich jetzt im Elsaß über große Kalilager verfügt, denen Industrie der deutschen Einfuhr schon immer Widerstand entgegensetzt. Dagegen hat die Entschädigungskommission das Verlangen einer verstärkten Lieferung von Stickstoffdünger gestellt. Deutschland ist aus Grund des Versailler Vertrags verpflichtet, während eines Zeitraums von drei Jahren je 30 000 Tonnen schweselsaures Ammoniak zu liefern. Diese Verpflichtung geht mit dem Frühjahr nächsten Jahrs zu Ende. Es ist nunmehr beim-Wiederaufbauministerium eine Note der R-. parationskommission eingetroffen, in der die Fortsetzung dieser Ammoniaklieserung, und zwar in wesentlich erhöhtem Ausmaß gefordert wird. Vom April nächsten Jahrr sollen nicht weniger als 125000 Tonnen schweselsaures Ammoniak bis Ende des Jahrs geliefert werden und zwar stützt sich die Rsparationskvm- mission bei dieser Forderung auf das Wiesbadener Abkommen Rathenaus. Angesichts der Notlage, in der sich die deutsche Landwirtschaft hinsichtlich der Versorgung mit Stickstoff befindet, ist eine Fortsetzung, geschweige denn eine Erhöhung der Ammoniaklieferung völlig ausgeschlossen. Wenn auch die Belieferung mit Kali einigermaßen ausreichend ist, so ist dagegen der Mangel ar Stickstoff und an Phosphor immer noch außerordentlich groß Zudem kan die Erzeugung des schwefelsauren Ammoniaks im Gegensatz zu dem Luftstickstoff nicht beliebig ausgedehni weiden. Schwefelsaures Ammoniiak ist ein Nebenerzeugnis unserer Koksfabrikatton und die Mehrerzeugung also von der Neuherstellung von Koksöfen und von der Steigerung der Koksherstellung überhaupt abhängig. Auf Grund von Verhandlungen mit den zuständigen wirtschaftlichen Stellen, die sich für die Undurchführbarkeit der Ententeforderung ausgesprochen haben, ist mit einer Ablehnung durch die deutsche Rcg'erung zu rechnen.
Wünsche des Einzelhandels
Berlin, 20. Nov. Am 15. und 16. November tagte der Hauptausschuß der Hauptgemeinschaft des deutschen Einzelhandels. Während der erste Tag Sitzungsänderungen und internen Finanzfragen, die der Ausbau der Hauptgemeinschaft zu einer führenden wirtschaftlichen Spitzenorganisation mit sich bringt, Vorbehalten war, wurden am zweiten Tag die zurzeit im Vordergrund stehenden wirtschaftlichen Fragen eingehend erörtert und der ungeteilten Uebcrzcugung Ausdruck gegeben, daß die gegenwärtige Gewe.besteuerreglung sowie die Bilanzierungs- Vorschriften des heutigen Steuerrechts für den Einzelhandel eine außerordentlich eGefährdung seiner Betriebsmittel bedeuten und der unverzüglichen Umgestaltung bedürfen, um den Einzelhandel und die Versorgung der Verbraucher vor Erschütterung zu bewahren. Als ebenso reformbedürftig be- zeichnete man auch die gesamte Preistreibereigesetzgebung. Wenn hier dank der außerordentlichen Anstrengung der Hauptgemeinschaft Erleichterungen erreicht worden seien, so