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UNS

Gegründet 182»

Tagesspiegek

Am Samstag und Sonntag fand in Braunschweig ein« Zusammenkunft aller Minister im Reich statt, die zur Demo- kratischen Partei gehören. Es wurde über die Erfahrungen der inneren Verwaltung feit der Revolution gesprochen sowie über ein engeres Zusammenarbeiten.

Die neue Gehaltsaufbesserung der Beamten und Skaats- arbeiter bedeutet eine durchschnittliche Erhöhung der bisher!- gen Einkommen um 46 Prozent. ^

Der belgischen Regierung wurden am 25. September zehn Schahwechsel über zusammen ob Millionen Eoldmark, fällig am 15. Februar und 15. März 1923, übergeben.

Der belgische Minister des Aeuhern keilte amtlich mit, die Untersuchung habe festgestellt, daß bei der Ermordung der beiden belgisch«, Soldaten in Oberkassel eindeutsches Ver- brechen" nicht in Frage komme.

Aeber das Ergekmis des französischen Minifkerraks am Samstag w,rd so gut wie nichts mikgeteilt. Am Donnerstag soll wieder ein Ministerrat in Rambouillet stattfinden.

Die Orienkkonferenz der Verbündeten in Paris hak die Türkei zu einer Besprechung der Friedensbedingungen einge­laden und folgendes Angebot beschlosten: Ueberlastung Thra­ziens einschließlich Adrianopels an die Türkei, deren Hoheiks- recht über die Meerengen unter Aeberwachuug der Neutralität". BÄingung ist, daß die Truppen Semals den neutralen Gebietsfireifen nicht beträen und die Engländer m Tschauok nicht stören. Poincare ersuchte Lemal draht­los, nichts zu unternehmen, bevor der Eilseudbote mit dem Be­

hex Ruhe übernommen.

Rußland und die Dardanellen

Geographische und politische Gründe machen Rußland zu einem nach dem Mittelmeer hin gewandten Staat. Da­von abgesehen, ist Konstantinopel für Rußland von der größ­ten Bedeutung, denn die Meerengen bilden für das russische Reich das Tor, durch das es den bequemsten Zugang zur übrigen Kulturwelt und zum Warmen Meer hat, und von dem aus es die lebenswichtigsten Teile seines Gebiets am leichtesten verteidigen kann. Solange die Meerengen sich in den Händen einer andern Macht befinden, kann diese jeder­zeit den größten und wichtigsten Teil des russischen Handels lahmlcgen. Was die Meerengen strategisch für Rußland be­deuten, hat sich im Krimkrieg und später im Weltkrieg ge­zeigt. Im Weltkrieg ist Rußland deshalb so rasch zusam­mengebrochen, weil ihm die Verbindung mit den Verbün­deten durch die Meerengen nicht zur Verfügung stand und die Waffen- und Munitionsversorgung über Archangel und Ostasien unzureichend war. Konstantinopel ist des­halb immer das Hauptziel der russischen Politil gewesen, und der Kampf um denHausschlüssel" bildet den eigentlichen Inhalt der russischen Geschichte.

In seiner Orienpolitik ist Rußland nacheinander beinahe mit allen europäischen Mächten in Zwist geraten. Ln erster Linie mit Frankreich, der ältesten Orienmacht, die seit den Zeiten Franz I. mit der Türkei im Bündnis stand. In Tilsit verweigerte Napoleon I. den Russen Konstantinopel; die Spannung, die dann zwischen beiden entstand, brachte Rußland um die Gelegenheit, sich in den Besitz der Meer­engen zu setzen in einer Zeit, die vielleicht die günstigste ge­wesen wäre. Erst der Zusammenbruch Frankreichs im Krieg von 1870/71 machte Rußland frei. Nachdem Rußland im Weltkrieg sich für Frankreich ruiniert hat, hat dieses seine alte Politik wieder ausgenommen. Unter dem Vorwand, dic Zivilisation und Menschlichkeit gegen den Bolschewismus schützen zu müssen, sucht es Rußland von der übrigen Welt abzuschnsiden und wirtschaftlich zu ersticken

Gegenüber dem französisch-russischen Gegensatz ist der englisch-russische und er österreichisch-russische verhältnismäßig jung. Wie Frankreich mit der Türkei, so stand England mit Rußland beinahe anderthalb Jahrhunderte lang im Bunde. Der gemeinsame Gegensatz gegen Frankreich Hai sie zufammengeführt. Beide Mächte verhinderten in den Napoleonischen Kriegen dis französische Vorherrschaft über Europa und über das Mittelmeer. Erst im Krimkrieg er­folgte der Bruch zwischen beiden Mächten, und es trat dann jener scheinbar unlösliche Gegensatz ein, der in den 80er und 90er Jahren seinen Höhepunkt erreichte. Tatsächlich konn­ten sich beide Gegner nicht recht an den Leib, und die rus­sische Drohung gegen Indien ist immer mehr ein Bluff ge­wesen. Ln Reval (1907) hat Rußland auf diese Drohung verzichtet und sich mit England über Persien geeinigt. Nach

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EchrisUrtnui», Druck «nd Verlas von ». W 8 all er (Karl Zoller) Nagold.

Montag, de« 25. September 1822

dem Kriege ist das Hauptziel der englischen Politik daraus gerichtet, das durch den Versailler Vertrag umgestürzte euro­päische Gleichgewicht auf politischem und auf wirtschaftlichem Gebiete wiederherzustellen, und da Rußland einer der wich­tigsten Faktoren dieses Gleichgewichts ist, ist England seil über drei Jahren bemüht, Rußland politisch und wirtschaft­lich in das europäische System wieder einzugliedern.

Oesterreich vollends ist mit Rußland anderthalb Jahrhunderte in der Balkanpolittk Hand in Hand gegangen, und oftmals haben beide Mächte gemeinsam gegen die Türkei Krieg geführt. Im Jahr 1849 ist die Donaumonarchie durch das russische Eingreifen gegen das aufständische Ungarn von Rußland gerettet worden. Auch in ihren Beziehungen brachte der Krimkrieg die Wendung. Aber auch jetzt war der Gegen­satz zwischen beiden Mächten nicht unüberbrückbar, wie der Vertrag von Reichsstadt, der Oesterreich Bosnien einbrachte, zeigte. Auch für Oesterreich galt Bismarcks Wort, daß es am besten sei, sich in dem europäischen Kartenspiel in der Hinterhand zu halten.

Zwischen Deutschland und Rußland bestanden gar keine wirklichen Gegensätze, und der russischen Verstimmung über das deutsch-österreichische Bündnis war durch Bismarck in dem Rückversicherungsvertrag mit Rußland der Grund entzogen worden. Die Nichterneuerung des Ver­trags durch Kaiser Wilhelm II. und Caprivi hob das ganze System Bismarcks aus den Angeln. Rußland, das die deutsche Neutralität und diplomatische Unterstützung in der Meerengenfrage verlor, mußte, um in der internationalen Politik nicht vereinzelt dazustehen, nach einigem Zögern in den unnatürlichen Bund mit -er französischen Republik tre­ten. Frankreich kam aus feiner Vereinzelung heraus, und bei einer geschickten Einleitung des Rachekriegs mußte ihm der Beistand Englands von selbst zufallen. Die Torheit der Politikdes neuen Kurses" bestand darin, daß sie den Zu­sammenstoß zwischen Rußland und Deutschland als eln un­abwendbares Naturereignis betrachtete und ein Zusammen­gehen beider Mächte deshalb für unmöglich hielt. Äatt küe russische Gefahr nach Bismarcks Rat abzulenken, suchte sie sie mit Oesterreichs Hilfe einzudämmen. Indem sie sich dsu russischen Drang nach Süden entgegensetzte, trieb sie die rus- Wche Flut nach Westen.

Rußland ist durch den Krieg wieder in die Zeiten vor Peter dem Großen zurückgeworfen worden. Die Sowjet- Regierung hat die alte Politik Rußlands sofort wieder aus­genommen. Sie ist nationalistisch und militaristisch: die ein­zige Industrie Rußlands ist der Krieg. Sie hat sich zielbe- wußt dem Norden ab- und dem, Süden zugewandt. Sie hat mtt den baltischen Staaten, die von selbst wieder an ein wiedererstandeues Rußland zurückfallen müssen, Frieden ge­schlossen, die zarische Hauptstadt Petersburg verfallen lassen und den Mittelpunkt des Reichs nach Moskau verlegt. Ihre beiden Feinde sind die Polen, die Rußland von West­europa trennen und einen Vormarsch nach Süden in der Flanke bedrohen, und die Rumänen, die vor den Toren der größten Handelsstadt Rußlands, vor Odessa, stehen und den hauptsächlichsten Damm gegen Rußlands Vordringen gegen Süden billien. Sobald sich Rußland stark genug fühlt, wird es den Vorstoß nach der einen oder der anderen Rich­tung hin unternehmen. Weder mit Polen noch mit Rumä­nien ist die Grenzfrage geregelt, so daß ein Vorwand zum Vorgehen jederzeit gegeben ist. Beide Staaten sind dabei im wesentlichen auf ihre eigenen Kräfte angewiesen, da Frank­reich sich schwerlich zu dem Abenteuer eines zweiten Krim- kriegs entschließen wird.

Das Kaiserhuch

Zum Beginn der Veröffentlichung

Am 24. September beginnt die Veröffentlichung der Aus­zeichnungen Wilhelms II-, betiteltEreignisse und Gestalten 18781918", und zwar geschieht der Abdruck des Kaiser­buchs in der gesamten Weltpresse zu gleicher Zeit. Ursprüng­lich war geplant, die Auszüge aus dem Werk schon am 1. September der Auslandspresse zutommen zu lasten und das deutsche Buch erst am 1. Oktober her­auszugeben. Die Folge dieses nicht mehr unge­wöhnlichen Eeschäftstriks wäre gewesen, daß ein trüber Strom schlechter, gefälschter oder gefärbter und aus dem Zusammenhang gerissener Uebersetzungen die deutsche Presse überflutet hätte. Dies ist nun glücklicherweise vermieden. Dic deutsche Buchausgabe besorgt der bekannte Verlag K. F. Köhler in Leipzig, der das Buchverlagsrecht für die ganze Welt mit Ausnahme von Deutschland und Oesterreich dem Neuyorker Verlag Harper Brothers übertragen hat. Der amerikanische Verlag ist derselbe, der bereits die Werke von Ludendorff und Hindenburg, sowie das Verlagsrecht auf dic englische Uebersetzung des dreibändigen Bismarckwerks be­stick. Jiür das Kaiserbuch zahlen Harper Brothers ein Erstes

Jernstnccbcr 7lo. 2L

Verbreitetste Zeitung m> Oberamtsbezirk. Ar» zeigen find daher von bestem Erfolg.

Mr telef. Aufträge wird ket» nerlet Gewähr übernommen, »r wird keine Gewähr dafür übernommen, daß »uzet,«« oder Reklame» in befttnmueu »urgaben oder an der »« wünschten Stelle erscheine». In Fallen von höherer Ge­walt besteht kein Anspruch ans Lieferung bei Zeitung ober ans Nückzahlung d. Bezugspreise».

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96. ZshrgMW

Honorar von 230 000 Dollar (350 Millionen Mark) und der laufende Anteil an dem Verlegernutzen, die sogsnannte Tan­tieme, dürfte im ganzen auf etwa 1 Million Dollars (1400 Millionen Mark) zu veranschlagen sein. Den ganzen Er­trag der . vor einigen Monaten schon im Köhler-Verlag er­schienenen^^gleichenden Geschichtstadellen" hat der Kaiser bekanntlich der deutschen Wissen-'

. Eine Meinungsverschieden­heit ist entstanden ob dqr frühere Kaiser ol­

der literarische U ryMM^einerErinnerungen" an­zusehen sei oder ob der Eugen

Zimmermann, der als als der eigent­

liche Verfasser zu gelten hat. ZimmeWknn bestreitet dic letztere Auffassung. Es handle sich bei der jetzigen Veröffent­lichung um das eigenste Werk Wilhelms II. Man werd« das bei Erscheinen des Buchs nicht nur an den darin nieder­gelegten Ansichten, sondern auch am Stil und an dem all­gemeinen persönlichen Ton mühelos erkennen. Die Hilfe, dic er dem Kaiser bei der Herausgabe geleistet habe, sei rein praktischer Art gewesen. Es habe sich lediglich darum ge­handelt, die Aufzeichnungen u. Notizen, die zum Teil zeit­lich sehr weit zurückliegen und sich an verschiedenen Steller befinden, sowie Niederschriften über wichtige politische Ge­spräche, zusammenzubringen und zeitlich zu ordnen. Aus Grund dieser Stoffsammlung, gestützt auf sein gutes, viel­fach überraschendes Gedächtnis, habe der Kaiser sein Wer! selbständig verfaßt.

Won Zimmermann stammen, wie es scheint, die Erläu­terungen, die die Blätter des Berliner Scherl-Verlags ihrer Veröffentlichung der Kaisermemoiren vorousschicken. In diesen Erläuterungen- heißt es u. a., die Kaiserin habe vor ihrem Tod ihren Gatten bewogen, die Erinnerungen noch bei seinen Lebzeiten erscheinen zu lassen. Ursprünglich waren die Notizen als politisches Vermächtnis für die Söhne, insbesondere für den Kronprinzen bestimmt. Damit hat der ehemalige Kaiser, wie wir hinzufiigen möchten, eine Ueberlieferung wiedercmfnehmen wollen, die einst Friedrich der Große begründete. Dieser hinterließ bekanntlich eine ganze Reihe von politischen Testamenten, die ans Notizen, Kritiken und Erinnerungen bestanden und an seine Nach­kommen und Nachfolger gerichtet waren. Im Testament von 1752 sind derPrinzenerziehung" die geistvollsten Wahr. Herten gewidmet (Die von mir vorgeschlagene Erziehung verfolgt nicht den Zweck, einen Theaierkönig heranzubilderf sondern einen König von Preußen. Was bei einem Privat­mann nur ein Fehler ist, wird bei einem König zum Laster").

Ln der Beurteilung dessen, was man von den kaiserlichen Erinnerungen bereits kennt, kann man sagen, daß das Buch Wilhelms II. eine ergreifende und menschlich nicht unsym­pathische Bemühung ist, den furchtbaren Sturz des deut­schen Volks von seinem Standpunkt, dem der mit in den Ab­grund der Demütigung und des Leidens gestürzten Dynastie, aus zu verstehen und gegen die feindliche Verfälschung der Schuldsrage zu verteidigen. Keine Klage über das eigene Leid, kein Haschen noch Mitleid soll sich in dem ganzen Buch finden. Dies allein schon wäre ein Grund, das Werk ernst

M nehmen.er.

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. Paris, 24. Sept. DasEcho de Paris" entschuldigt fich, daß es, wie alle Blätter der Well, die Erinnerungen des Kaisers veröffentliche, da sie nicht Zurückbleiben können. Das Blatt versichert, daß die französischen Blätter für den Ab­druck kÄnen Pfennig zahlen, der Kaiser habe also tsnen Vermägensvorteü davon.

Kleine politische Nachrichten.

Für Erhöhung der lOprozentigen SteuergreuzL

Berlin, 24. Sept. Der Deutsche Gewerkschaftsbund Hai beim Reichsfmauzminister beantragt, daß bis zu einer jähr­lichen Einkommenshöhe von 250000 Mark eine besondere Veranlagung unterbleiben und es bei dem lOprozentigen Steuerabzug sein Bewenden haben scstl. ,

Lohnskala

Esten, 24. Sept. Der ReichsverbauL- deutschen Indu­strie, Fachgruppe Bergbau, hat die von den Bergarbeiter- oerbänden verlangten Verhandlungen über neue Lohn­erhöhungen zum 1. Oktober ab ge lehnt mit dem Bemerken, anläßlich der letzten Geldentwertung seien vor kurzer Zeck die Bergorbeiterlohne so reichlich erhöht worden, daß der Einkommenstand auch über den Oktober ausreichend sein müsse. Eine neue Lohnerhöhung mühte neue Kohles- preise zur Folge haben, die für die deutsche Wirtschaft nichi tragbar _seien.

Roggemvährung in Oldenburg

Berlin 24. Sept. Der Ministerpräsident von Oldenburg, Lantzen, plant, lautBerl. Tageblatt", die Einführung einer Art Roggenwährung durch Ausgabe eines Roggenpapiers, das eine bestimmte Menge Roggen wert ist. Der Inhaber erhalt nacy vier Jahren den dazu geltenden Wertbetrag M eine entsprechende Menge Roggen zurück.

Liuigpug der beiden sozialdemokratischen Parteien

Gera, 24. Sept. Der Parteitag der Unabhängigen soz. Partei nahm mit allen gegen 9 Stimmen den. Antrag aus

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