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Nr. 87

Amts- und Anzelgeblatk für den Sberamlsbezirk Nagold

Gegründet 1826 Fernsprecher No. 29.

Druck und Verlag von «, W. Zaiser (Karl Zaiser) Nagold. Verantwortlich für di« Schristletmng K. Rasch mann.

Donnerstag den 13. April 1922

Verbreitetste Zeitung im Oberamtsbezirk. An» zeigen sind daher von bestem Erfolg.

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96. Jahrgang

3 619S00

2 473 000 736000 360000^

3 620 000^

115 920°^ 115 950

Wie der Aufbau Mitteleuropas unmöglich gemacht wird.

O. 6. Noch Einstellung der Feindseligkeiten entsandten die Verbandsmächte eine große Zahl von Mtlträr-, Marine-, Luftfahrt«', Finanz- und Lebensmittelmisstonen und so fort nach Deutschland, Deutschösterrrich. Ungarn und Bulgarien. Diese Missionen sind in ihren Auswirkungen viel Verderb sicher, als allgemein angenommen wird. Die nach Deutsch­land entsandte Wtederherstsllungskommisston besteht auS 171 Personen, sie kostet monatlich 32 Millionen Mark. Die Kontrollkommission, die Deutschlands Entwaffnung durch­führt, besteht aus- 1569 Personen und kostet nicht weniger als 23'/r -Millionen Mark monatlich. Die Jahreskosten des französische» Generals und Vorsitzenden der Kontrollkommis­sion, berechnet nach dem gegenwärtigen Markkurs, betragen: Hetmataeh. e. Dtv. General rund 3300 Fr. 740 200

Zulagen in Deutschland 736 000

Kosten der persönlichen Unterkunft 360 000

Insgesamt

Der englische General bezieht 45120 sh.

Zulagen in Deutschland Unterkunft

Insgesamt

Gin einfacher englischer Soldat, Ordonnanz oder Schreiber bei der Kommission, erhält:

Hermatlöhnung 4500 sh.

Zulage für Deutschland

Insgesamt 356 620

Trotzdem ihre Aufgabe längst durchgeführt ist, hat ihr Personenstand keinerlei Verminderung erfahren. Ihr Bestand wird immer noch aufrecht erhalten,weil von Zeit zu Zeit versteckte Waffen in Deutschland entdeckt" würden. Diese regelmäßig auftauchenden Geschichten von neu entdecken Waffenlagern sind immer anfgebauscht. die stets behauptete Mittärerschaft der deutschen Regierung blieb bisher m bewie­sen. Die Gesamtkosten dieser Kommissionen in Deutschland, einschließlich der Kosten der Truppen in Schlesien, belaufen sich auf 1800 bi« 2000 Millionen Mark jährlich. Wenn man dieser Summe die Ausgaben für das Besatzungsheer hinzu­rechnet, so gelangt man vollends zu märchenhaften Zahlen.

In Oesterreich steht es nicht viel anders. Eine rie­sige Schar von männlichen und weiblichen Beamten begab sich im Frühjahr 1920 nach Wien, um zu untersuchen, welche Entschädigungen bezahlt werden können. Sie blieben ein ganzes Jahr in Wien; die Kosten betrugen 7*/« Milliarden Kronen. Von dieser Summe hat die österreichische Regierung nur ein Drittel bezahlt, die übrigen zwei Drittel mußten die Verbündeten schließlich au« eigener Tasche bezahlen.

Die Finanzlage in Ungarn ist ebenso verzweifelt, je­doch sind in genau demselben Umfang Kommissionen dorthin entsandt worden. DieFlotte" Ungarns besteht aus vier veralteten Patrouillenbooten auf der Donau. Trotzdem wird geplant, eine Marinekommission nach Ungarn zu entsenden, vir aus vier Admiralen besteht, um Ungarn zu entwaffnen. Der militärische Teil der Kommissign soll aus 250 bis 300 Personen bestehen, und mehr als das gesamte ungarische Heer von 35000 Mann kosten. Die Heeresüberwachungs- kommission arbeitet ähnlich. Während der ersten 6 Monate hat sie 250 Millionen Ungar. Kronen gekostet, die monatlichen Kisten dieser Kommission werden jetzt auf etwa 30 Millionen ungar. Kronen geschätzt. Ein britischer gewöhnlicher Soldat, der zu dieser Kommission gehört, empfängt in einem Monat an Gehalt und Zuschüssen ebenso viel, wie der ungarische Ministerpräsident in einem Jahr. Die ganze Kommission kostet 10 Millionen ungar. Kronen. Die WiederherstellunaS- kommisston mit einem Sekretär und zwei oder drei Gehilfen hat im Laufe eines Monats in Ungarn für Büro- u, Möblie- rungrzwkcke viele Millionen aukgegeben, ihre augenblicklichen Ausgaben werden auf nicht weniger als 100 Millionen ungar. Kronen monatlich geschätzt.

Bulgarien, das ebenso wie Ungarn mit einem riest- gen Fehlbetrag zu kämpfen hat, wirst gleichfalls von Kom­missionen hetmgesucht. Die Mttitärkommisston besteht au« einem Vertreter aller Großmächte; sie hat nicht« zu tun, alS große Ausgaben zu machen. Ein Muschinenschr-ttber dieser Kommission empfängt zweteinhalbmai so viel als -in bulga- rischer Minister. Die Wiedergutmachungtkommtssion, die ,m März 192 l in Bulgarien eintraf, besteht auS etwa 40 Per» fönen, ausschließlich der bulgarischen Angestellten. Sie nimmt die besten Wohnungen in dem an Wohnungsmangel leiden­den Sofia für sich in Anspruch. Deren Möblierung kostete eine Riesensumme, da z. B. eine der Abordnungen in Bul- garten auf Kosten der bulgarischen Regierung ein Klavier aus Wien kommen ließ. Sie hat sogar der bulgarischen Re­gierung die Rechnung für das Stimmen des Klaviers über­sandt. Bulgarien hat für diese Kommission im Zusammen­hang mit den Kosten für die VerbändStruppen nicht weniger als 721 Millionen Franken ausgegeben.

Dieser Bericht stammt nicht etwa aus den Ministerien der auSgesogenen Staaten. Er wurde vielmehr in London am 7 März 1922 im Oberhaus von Lord Newton erstattet, ä-ord Newton versäumte auch nicht, die Folgerungen auS

diesen erschütternden Zahlen zu ziehen. Er sagte:Solange England oder Frankreich ihre Politik durch ihre Hetzpreffe machen lassen, besteht keine Aussicht darauf, daß Kommissionen dieser Art vermindert werden," undder Anblick dieser Kom­missionen. die aus dem Bankrott der Völker gedeihen, ist eines der widerlichsten Bilder, die man sich vorstellen kann." In der Wechselrede gab Lmd Phillimore der Hoffnung Aus­druck, daß die Rede Lord Newtons die Regierung dazu be­wegen werde, Abhilfe zu schaffen.ES wird ein großer Ge­winn für den Frieden der Welt sein, wenn die Geschäfte dieser Kommissionen aufhören und wenn sie sobald als mög­lich zurückgezogen würden."

Die Konferenz in Genua.

Die englische Presse über Genua.

1 London, 12. April. Die Meinung der englischen Blätter über Genua geht allgemein dahin, daß die Eröffnung der Konferenz von günstiger Vorbedeutung sei. Besonders wird die Rede FactaS und Lloyd Georges günstig besprochen.

Italiens Meinung zu Genua.

Genua, 12. April. In Italien hat man überwiegend von dem Verlauf der Konferenz-Eröffnung ungeachtet deS Zwischenfalles Tschitscherin-Barthou einen durchweg günstigen Eindruck Man findet, Barthou habe Tschitscherin nicht ver­standen, denn im Grunde habe Tschitscherin denselben Gedan­ken ausgesprochen wie Lloyd George, daß nämlich die Konfe­renz einen vollen Erfolg erst dann haben werde, wenn sie einer allgemeinen Abrüstung den Weg ebne. Auch in Bezug auf die mit den Schulden der Alliierten in einander zusam­menhängenden deutschen Reparationen ist die Stimmung durchweg zuversichtlich, da man au» verschiedenen Andeutun­gen entnehmen zu können glaubt, daß Frankreich gegen den Vorschlag einer Neuordnung der deutschen Zahlungen unter dem Vorbehalt der Sicherung aller französischen Ansprüche keine Bedenken erheben wird.

Die italienische Presse zur Rede Tschitscherin«.

1 Genua, 12. April. Tschitscherin« Rede in der Eröff­nungssitzung der Konferenz wird von den italienischen Zei­tungen günstig beurteilt. Der Meflagero schreibt, daß nach Informationen in der russischen Delegation die russische Re­gierung die^VorkriegSschulden Rußlands anerkenne.

Ein schweizerisches Urteil über deu Zwischenfall Tschitscherin-Barthou.

Zu dem Zwischenfall Tschuschertn-Barthou sagt der Kor­respondent der Basler Nachrichten: Tschitscherin brachte den unglücklichen Herrn Barthou dazu, sich durch eine maßlos ungeschickte Protestrede völlig abzudecken und in verstärkter Wiederholung de« Fehlers von Washington Frankreich alS den Anarchist hinzustellen, der die Verwirklichung der Ab­rüstungen verhindert. Der gute Eindruck seiner präparierten ersten Rede war dahin._

Kleine politische Nachrichten.

Die Reparatiouskommisfion

beharrt auf den Ivtägige« Dekadenzahlnugeu.

1 Paris, 12. April. Die Reparationskommission hat in einer offiziösen Zusammenkunft die deutsche Antwort auf die Bedingungen für das Moratorium besprochen. Nach einer Havas Meldung ist die Reparationskommission der Ansicht, daß Deutschland sich nicht weigern könne, die alle 10 Tage fälligen Zahlungen zu leisten, weil eS dazu in der Lage sei. Trotz dem von der Reichsregterung kundgegebenen Wunsch, die Reparationsfrage vor die Konferenz von Genua zu brin­gen, werde sich diese keineswegs mit der neuerlichen Weige­rung Deutschlands, die ihm auferlegten Verpflichtungen zu erfüllen, zu befassen haben. Die Reparationskommission werde sich weiter mit der Frage beschäftigen. Darüber seien sich die Bevollmächtigten in Genua einig.

Die deutsch-ukrainische» Handelsbeziehungen.

1 Breslau, 12. April. Nachrichten aus Charkow besagen, daß die deutsch-ukrainischen Handelsbeziehungen in guter Ent­wicklung sich befinden. Man erwartet die Ankunft ansehn­licher deutscher Industrieller und Kaufleut«. Bon der Tätig­keit deS kürzlich ernannten Bevollmächtigten der deutschen Handelsvertretung in Charkow erhofft man. daß die in Deutsch­land vielfach verbreilete Auffassung über die ukrainische Wirt­schaft einer anderen Platz macht.

Denizelo» geht wieder.

1 Parts, 12. April. Benizelo», der sich seit mehreren Monaten in Amerika befand, hat die Heimreise nach Athen angetreten. Wie eS heißt, auf Aufforderung des Königs Konstantins hin, der angeblich wünscht, daß Benizelo« wieder die Ministerprästdentschaft übernehme.

Die türkische» Gegenvorschläge von den Alliierten abgelehut.

t Paris, 12. April. Die Gegenvorschläge der Regierung von Angora zum alltterten Friedensangebot sind von Groß­britannien, Frankreich und Italien abgewiesen worden. Die Mächte erklären, daß die Räumung Kietnastens erst auf der Friedenskonferenz erörtert werden soll und keine Bedingung für den Waffenstillstand bilden dürfe.

Der italienische König in Mailand.

1 Mailand, 12. April. König Victor Emanuel ist zum Besuche der Mailänder Mustermesse hier cingetroffen. Die Sozialisten, die in der Stadtverwaltung die Mehrheit haben, haben beschlossen, auf keinen Fall dem Empfang des Königs beizuwohnen und an den ihm zu Ehren veranstalteten Kund­gebungen tetlz':nchmen. Die Abeiterorganisationen wurden ausgesordert, die Arbeit wie an e'nem gewöhnlichen Tage sortzusetzen.

Anch England für de« freien Rhein.

1 Basel, l2. April. Der Verband der britischen Handels­kammern hat vergangene Woche beschlossen, nach wie vor ab­solut auf der Sicherung de« freien Rheins, wie er auch von der Schweiz angestrebt wird, zu besteben und da« Projekt eines Rheinsetten-Kanal«, wie er von Frankreich beabsichtigt wird, abzulehnen. In diesem Sinne ist man bereits bei der englischen Regierung vorstellig geworden.

Bersteigerung des beschlagnahmten deutschen Eigentums in Amerika?

Pari«, 12. April. Nach einer Meldung derChicago Tribuns" aus Washington hat der Treuhändler über das be­schlagnahmte Eigentum ehemals feindlicher Staatsangehöri­ger im Senat einen Bericht etngebracht, in dem die bei dem Eintritt der Ver. Staaten in den Krieg beschlagnahmten Werte auf 350 Millionen Dollar, die amerikanischen privaten An­sprüche aus KriegSverlustrn dagegen auf 415 Millionen Dol­lar berechnet werden. Der Bericht schlägt die Versteigerung de» beschlagnahmten Eigentums durch einen besonders für diesen Zweck geschaffenen Gerichtshof vor.

Belgier find die Mörder?

Duisburg, 12 April. Die Untersuchung über die Er­mordung des belgischen Leutnants Grass scheint eine für die belgische Besatzung sehr peinliche Wendung zu nehmen. Wie verlautet, sollen die Mörder der Offiziers zwei belgische Sol­daten sein, die den Mord aus Rache ausgeführt haben. Der Vater des OifizierS ist belgischer General, welcher die beiden Leute schlecht behandelt haben soll.

Bayer« fordert Maßnahmen gegen die Teuerung.

t München, 12 . April. Der bayerische Ministerrat hat gestern getagt, um über die LebenSmtttelteuerung zu beraten. Ein Vertreter des LandwirtschaftSministerium« ist daraufhin im Auftrag der bayerischen Regierung nach Berlin abgereist, um von der Reichsregterung wirksame Maßnahmen gegen die Teuerung zu erwirken.

Der Geheimbundprozeß in der Erzberger-Affaire.

t Offenburg, 12. April. Wie die Telegraphen-Unton er­fährt, wird der Geheimbundprozeß nicht in Offenburg, sondern in München zur Verhandlung komme», nachdem das Reichs­gericht eine dahingehende Entschließung aesällt hat. Die An­klage richtet sich gegen 50 Personen. Der Prozeß Killtnger in der Mordsache Erzberper wird Mitte Mai vor dem Offen burger Gericht verhandelt werden.

Aus Stadt und Bezirk.

Nagold, 13. April !92L

Zum Rarfreitag.

Eine Liebe kenn ich, die ist treu War getreu, solang ich sie gesunden.

Hat mit tiefem Sehnen immer neu.

Stets versöhnlich sich mit mir verbunden.

Welcher einst mit himmlischem Gedulden Bitter Kittern Todestropfrn trank.

Hing am Kreuz und büßte mein Verschulden,

Bis es in ein Meer von Gnade sank. MörUe.

Das Kreuz auf Golgatha kann dich nicht von dem Bösen wo es nicht auch in dir wird aufgericht't, erlösen.

^ AngeltuS Stlefiu».

Der Karfreitag steht neben Weihnachten und Osterfest in der ersten Reihe der christlichen Feste: Wethnachtsglanz und Osterfreude strahlt über die Kirche hinan«; der Karfreitag ruft die Fernen und Fremden herein in die Kirche.

Die Achtung vor dem Kreuz liegt uns im Blute. Daß eS Siegeszeichen und Ehrenmal ist, weiß jede» Kind. Aber dar eben ist das Erstaunliche. DaS Kreuz war einst ein ähnliche« Schand- und SchreckenSwort wie der Galgen in unserer deutschen Vergangenheit. Man denke sich aber ein- mal den Galgen als Schmuck auf den VersammtungSbäusern einer Gemeinde, deren Stifter am Galgen gestorben wäre, den Galgen auf den Gräbern seiner Getreuen nicht zum Hohn, nein zum Triumph. Christus, der Gekreuzigte, hat die Menschheit gezwungen, über das Leiden überhaupt ander« zu denken. Wer e» tut »nd in die Geschichte hinetnschaut, der erkennt, daß das Leiden der G-rechten und Reinen dar Heil ist, daß nur die Hingabe des Lebens über die großen Fortschritte in der Geschichte entscheidet.. Das ist Be leuch- tung der Menschheitsgeschichte von Golgatha aus. ck

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Passion urd Kreuz. Beide Worte beherrschen heute unsere Gedanken. Bedenken wir auch, was sie bedeuten? Alles Unbequeme, Beschwerliche, nennen wir so leichthin