n

rl.

Bezirk Nagold

Sonntag, 29. Jan. abends /»8 Uyr im VereirishanS Vortrag von Herrn Pfarrer Widmann in Güliltngen:

Kannst Du beten?" ilnichtteßend Aussprache.

Hiezu wird jedermann reundlich ein geladen. 335

Nagold. 339 Ein jüngerer

-rann sofort eintreten bei

R. Raufer.

Nagold.

Einen ordentlichen 344

Jungen

nimmt zum Frühjahr in die Lehre.

Otto Harr

Sattler- u. Tapeziermeister.

330 Ebhause»

Tüchtiger

Schneider

kann sofort eintreten bet

Georg Ziefle

Schneidermeister.

Habe im Auftrag einen wenig getragenen

für größere schlanke Figur passend, zu verkaufen.

D. Obige.

Gesucht

auf 15. Februar oder l. März älteres

von Frau Stadtpfarrer Eberhardt, Zaoelstein. z«e

Eine ältere

345

Bettstelle

Mit Rost verkauft.

Wer? sagt die Geschäfts­stelle d. Bl.

S«ttv»ltts>.vchm,

Ev. Gottesdienst

im 4. Sonntag n. Ersch.-Fest (29. Zan.) Vorm. ^/,10 Uhr Predigt ^Schainr), ^ri Uhr Krrdersorrn- iavstchule. >/,2 Uhr Christenlehre lf. Töchter). Abends Vg8 Uhr tm Deretnshaus Dortrag von Pf. Wrd » ann - Gültltngen über: .Kannst du beten? 2. Febr. Feiertag Mariä Rein.: Abends 8 Uhr im Verein-hous Abend» gotnsdirnst, verb mit Bibetstunde.

Ev. Gottesdienst, der Methvdistengemeind,

Sonntag vo> m UU. Predigt /I. Eisner), V- >t Uhr Sonntags- kchuie, abds V,8 Uhr Predigt <I. LIfner), Montaa admds 8V« Uhr Ges mgstunde, M:t!woch abus 8 Uhr Gebrtstundr. Ifelshausea Sonntag abds. r/z8 Uhr Predigt bei Hrn. Goitk. Gras. Mittwoch ob. 8 Uhr Predigt.

Kathol. Gottesdienst.

Sonntag, 28 2 m. V,8 Uhr Gottesdienst i Robrbors, Vzlt U. Gottesdienst in Nagold, 2 Uhr Andr cht Montag Vrb U Trauer- gottcedienft für den P Papst Dnudikt XV. F r'tnq Uhl Goilesdterijr m Rohrdo-f.

Erscheint an jedem Werk­tag, Bestellungen nehmen sämtliche Postanstalten und Postboten entgegen.

Bezugspreis: in Nagold, durch d.Agenten, durch d Post elnschl. Post­gebühren mon atl..^8-

Einzelnummer 40 L.

Anzeigen-Gebühr für die einspaltige Zeile aus ge­wöhnlicher Schrift oder deren Raum bei einmali­ger Einrückung I., bei mehrmaliger Rabatt nach Tarif. Bei gerichtl. Beitreibung ».Konkursen ist der Rabatt hinfällig.

Nr. 24

Del G

Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamlsbezirk Aagold

Gegründet 1826 Fernsprecher No. 20.

Druck »nd Verlag von <L. W Zatser (Karl Zatser) Nagold. VeramworMch sür die Schristletmng 0. Roschmann.

Montag den 3V. Januar 1922

Verbreitetste Zeitung im Oberamtsbezirk. An­zeigen sind daher von bestem Erfolg.

Für teles. Aufträge ivlrd kei­nerlei Bewähr übernommen. ES wird keine Bewähr dafür übernommen, daß Anzeigen oder Reklamen in bestimmten Ausgaben oder an der ge- wünfchien Stelle erscheinen. In Fällen Non höherer Ge­walt besteht kein Anspruch aus Lieferung der Zeiiung oder auf Rückzahlung d. Bezugspreise-.

Telegramm-Adrcsse: Gesellschafter Nagold.

Postscheckkonto: Stuttgart 5113.

96. Jahrgang

Zur Lage.

Die elndrucktvolle Rede, die Dr. Wirlh im Reichstag gehalten hat, klang aus tu einem starken Bekenntnis zum Führerwillen. Mannigfach waren die inneren Hemmnisse, die sich in den letzten Wochen und Monaten der Reichspolitik entgegengestellt halten. Aber seit Versailles hat sich für Deutschland die Wellatmosphäre immerhin etwas gebessert. Freilich: Wir müssen als Besiegte zahlen, sooiel wir können, dieses Kriegsgesetz einer sich auf Gewalt stützenden Welt gilt sür alle, die im Augenblick des Nirderbruchs keine Beschirmer haben, es gilt deshalb auch sür das freundlose Deutschland. Wir haben zu zahlen, darin müssen wir unS aus realpoiiti-' scher Eikenntnis mit unseren ehemaligen Gegnern einig sein, nur über da»so viel wir können" stritten wir uns mit ihnen, streiten wir uns auch heute. Doch heute gibt es Völker, die uns glauben, wenn wir sagen, daß wir außer­stande sind, ihren urspiünglichcn Ansprüchen zu genügen. Der von uns ui ternommene, aber in seinen Folgen für uns und manche anderen katastrophal ausgefallene Versuch der Erfüllung ist ihnen znm Lehrmeister geworden. Der ehrliche ErsüllungSwille Deutschlands hat unsere Finanzkcaft auis gefährlichste geschwächt, aber er ,st zugleich eine scharfe Waffe gewesen, die der Wirtschaft der Gegenpartei schwere Wunden schlug, so daß eS nun unter den Gegnern Mächte gibt, die dringend Einhalt verlangen. Aber auch das, was man in diesem Jahr von uns erwartet, ist noch von erschreckender Höhe. Wir haben eS angeboren, denn die Taten sollen zeigen, wo die Grenze unserer LeisterngSkraft liegt. Die zwi­schen Lloyd George und Briand in London getroffene Ver­einbarung und das von den Sachverständigen in Cannes ins Auge gefaßte Provisorium für 1922, die sich von einander im wesentlichen nur durch das Verhältnis von Barzahlungen und Sachleistungen unterscheiden, sind gewiß nicht befriedigend für Deutschland, aber sie zeigen gegenüber dem Londoner ReparaUonsplan einen großen Fortschritt an. Das deutsche Volk wirb deshalb dem Kanzler, oer es seit der Annahme des Londoner Reparatior sd-ktals bis hieiher geführt hat, weiter mit Vertrauen folgen können.

Allerdings der Regierungswechsel in Frankreich zieht die gewünschte provisorische Einigung in Zweifel. Briand war bereit, Deutschland in diesem J-Hr unter der Bedingung zu schonen, daß die Zahlungen an Frankreich dadurch keine Ver­kürzung erfahren würden. Herr Potncare aber scheint ande­ren Willens zu sein. Zwar hat er vermieden, in seiner Programmrrde klar auszusprechen, was er über die dtesjäh rtge Regelung denkt, aber seine Unterschrift stand unter dem Protesttelegrmnm der Senatskommisston sür auswärtige An­gelegenheiten, in dem diese von Briand in Cannes u. a. ein Festhaiten an dem Londoner Zahlungsplan verlangte. Wird Poincare nun als Regierungschef versuchen, sich diese Politik zu eigen zu machen? Wenn er es täte, dann würden Deutsch iand und der übrigen Weit in den nächsten Wochen durch das Verschulden Frankreichs noch mancherlei Aufregungen bevorstehen. Der Kanzler hat deshalb recht daran getan, einen Teil seiner Rede an die französische Adresse zu richten. Es gibt Franzosen, die heule der Wahrheit ins Gesicht zu sehen vermögen, die sie erkennen und die aus ihrer Erkennt­nis bemerkenswerte Folgerungen zu ziehen imstande sind. Ist die Regierung des Herrn Poincare blind.r als andere, emsichrige Franzosen? Es ist beklagenswert, den Quell alles Schlichten in der weltpolitischen Lage immer wieder in der französischen Politik suchen und stets Frankreich anklagen zu müssen, aber ein Frankreich, das immer noch Deutschland des bösen Willens bezichtigt, setzt sich dem Vorwurf aus, eine vernunstmäßige Regelung der zwischen ihm und Deutschland schwebenden Fragen überhaupt nicht zu wollen, sondern sich mit seinem System" der Garantien und Sanktionen wilden Anriexronsplänen htnzugeben.

Di« zweite, wettere Etappe, die vor uns liegt, ist Genua. Dr. Wtrth hat dos Wort des englischen Premierminister vom internationalen Vertrauen aufgenoinm-n, nicht als ein bloßes Wort, sondern als ein großes politische? Bekenntnis. Gerade wir Deutsche haben Anlaß, die Wüdeih.rstellung des Ver­trauens unter den Völkern zu wünschen. Denn nur da» Vertrauen der anderen kann un» zu besseren Zuständen Hel­sen. Aber wird angesichts des in Frankreich noch immer herrschenden Mißtrauens das für Genua gesteckte Ziel erreicht werden können? Durch wirtschaftliche Wiederaufbauarbetten größten SttleS will Lloyd George seine Pläne rechtfertigen und mit etner soliden Basis versehen lassen. Aber ohne Amerikas tätigen Beistand werden letzierr Endes die Wiederaufbaupro­jekte nicht durchgeführt werden können. Und Amerika winkt ab. GS sieht den französischen Militarismus und fürchtet, daß der russische Bolschewismus noch genügend nachgiebig sei. Es hält Europa für ein Genua noch nicht sür reif. Wird infolgedessen die Konferenz von Genua verschoben werden oder wird sie sich mit einem geringeren Programm begnügen müssen? _

Die Zwangsanleihe.

iv w Finanzwirtschaftlich ist das Aussckreiben einer Zwangsanleihe nichts anderes ats die vorläufige Ankündt gung des SmatSbankrotts. Die Zwangsanlerhe gilt in der

Regel als das äußerste Mittel, um den Bankrott zu verhüten. Versagt es, so ist damit auch der letzte Ausweg verschlossen. ES bleibt dann nur noch übrig, daraus die tatsächlichen Fol­gerungen zu ziehen. Wenn die Zwangsanleihe auch schon der Strohhalm ist, nach dem der Ertrinkende greift, so bleibt trotzdem die Pflicht übrig, Wirkung und Ergebnis vorweg zu prüfen. Zunächst ist darauf aufmerksam zu machen, daß Ver- mögentbestandteile, die für den Zugriff etner Zwangsanleihe taugen, eigentlich garnicht vorhanden sind. Gewiß, wir haben einen Notenumlauf von 120 Milliarden Paptermark. Die Tresors der Retchsbank und der Großbanken sind mit Schatz wechseln des Reiche« bis zum Bersten gefüllt. Der Geldmarkt gilt als flüssig, da- wilde Spiel an der Börse ist levhaster als je. Von Monat zu Monat steigt der Kapitalbedarf der In­dustrie. Allein dieser Kapitalbedarf ist nichts weniger als ein Zeichen wirtichaftlicher Gesundheit. Die Industrie muß Ka­pital ausnehmen, um den B tr'eb durchhalten zu können, um Rohstoffe einzukauftn, was sich alle- aus dem wirklichen Er­trag der einzelnen Unternehmungen nicht decken läßt. Wenn ans die hohen Dividenden hlngewi-sen wird, die die Aktien- Gesellschaften ausschütien, so ist dazu zu sagen, daß sie viel­fach nur unter dem Zwange deS Kapitalbedarfes geschehen. Um den Geldmarkt willia zu machen, neue Kapitalien für den Betrieb herzugeben, muß der Anreiz hoher Dividenden da sein. Die Zwangsanleihe wäre aber in der Hauptsache von Industrie, Handel und Gewerbe zu tragen. DaS sogenannte Rentnertum ist verschwunden. Soll die Zwangsanleihe nicht ein Spiel mit Worten sein, so muß sie so viele Vermögensteile erfassen, daß znm mindesten ein höherer Betrag herausspringt.

Der ReichSbankpräsident Haoenstetn hat früher einmal das Ergebnis etner Zwangsanleihe auf 1 Milliarde Gold­mark geschätzt. Das wäre aber heute nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Diese Summe würde heute nicht einmal ausretchen, um den Fehlbetrag des Reichshaushalt« zu decken, selbst dann nicht, wenn die Au»gabe> feite streng nachgeprüst würde. Tatsächlich wird auch ern höherem Betrag atS nur 1 Milliarde Goldmark sür notwendia erklärt. Es wird eine Summe von 2 oder 3 Milliarden Goldmark genannt. In Paptermark umgerechnet, würden das heute 50 bis 80 Mil liarden Mark sein. Dieser ganze ungeheure Betrag würde hauptsächlich von Industrie, Gewerbe und Handel getragen werden müssen. Nun steht fest, daß die Industrie ständig unter dem Mangel an Betrteb»kapiral leider. Woher soll sie die Milliarden für die Zwanosanlethe nehmen? Die Aktien- Gesellschaften verfügen nicht über ihre Aktien, die einzelnen Unternehmungen nicht über mobile Kapitalien in dem Aus­maß, um den verhältnismäßig hohen Pflrchtanteil auf die Zwangsanleihe einzahlen zu können. Sonach würden die Pflichtigen gezwungen sein, sür die Zwecke der Anleihe an den inneren Geldmarkt heranzntreten. Es ist aber wenig wahrscheinlich, daß sich diele Dutzende von Milliarden auf- tretben lassen, zumal sie nur mit geringer Zinsvergütung auS- gestattet werden können. Allein selbst dann, wenn der Geld­markt willig wäre, so würde die unvermeidliche Folge eine gewaltige Aufblähung aller Preise sein. Wenn der innere Geldmarkt versagt, so bleiben nur die ausländischen Geld- märkie übrig. DaS aber würde zu einer finanziellen Ueber- fcemdung führen, zu schweren Belastungen der deutschen Wirtschaft, die die AuSlandtkaptiaiten sehr hoch verzinsen müßte. Es ist ein gefährlicher Irrtum, anzunehmen, daß die Wirtschaft oder der Besitz die Zwangsanleihe mühelos aufbrtngen könnte. Wohl jedes Unternehmen wäre gezwun gen, den Betrieb irgendwie etnznschrä ken, da eS ja die flüs­sigen Geldmittel, die sonst zum Ankauf von Rohstoffen dien­ten, iür die Zwangsanleihe ve wenden müßte. Weiter kommt in Betracht, daß eine Zwangsanleihe nicht regelmäßig erho­ben werden kann. Ihr Ertrag würde im günstigsten Falle ausreichen, den Fehlbetrag eines einzigen Haushaltsjahres decken zu helfen. Aber der Preis dafür wäre unverhältnis­mäßig hoch. Die Wirtschaft würde unter der Abgabenlast zusammenbrechen, so daß im zweiten und dritten Jahr auch der Ertrag aus den allgemeinen Steuern und Gebühren wett geringer wäre. Auf der anderen Seite aber würden sich unsere Lasten nicht verändern, so daß dann der völlige wirt­schaftliche wie finanzielle Zusammenbruch erst recht unver­meidlich sein würde. Die Ursache, daß die Zwangsanleihe versagen muß, ist, daß wir durch den verlorene» Krieg völlig verarmt Und. Wir haben eben den großen Fehler begangen, Wirtschaft und Erzeugung künstlich einzuschränken, statt sie mit allen Mitteln zu fördern und zu heben.

Der veuiWe Reform- vnd SiNMiieplan.

Berlin, 28. Jan. Die der Reparationskommission heute überreich!e deutsche Note iührt u. a. aus: Die alliierten Sach­verständigen auf der Brüsseler Konferenz im Dezember 1920 erkannten an, daß die deutsche direkre Besteuerung keiner weiieren Steigerung mehr fähig ist. Gleichwohl wird durch die dem Reichstag vorliegenden G>s-tzsntwürfe Vermögens steuer, Vermögenszuwachrsteuer, Kapitalsteuer, VerkehrSsteuer, Körperschaftssteuer die dtrekie Besteuerung erneut erhöht, so daß oieifach ein Eingriff in die Vermögenssubstanz nötig ist. Die Erhöhung der Umsatzsteuer von 1^/r v. H. auf 2 v. H. und der Kohlensteuer von 20 v. H. auf 40 v. H. belasten Produktion und Verbrauch tm Voraus. Ebenso sollen wich tige Zölle und Verbrauchssteuern erhöht werden. Die Ge­

samtbelastung deS Verbrauchs ist der indirekten Besteuerung anderer Länder mindestens gleich. In der Anlage wird die deutsche Steuerbelastung mit 31 bezw. 23 o. H. gegenüber 14/15 bezw. 16^ o. H. ver französischen vom Einkommen an­gegeben. Unter den energischen Maßnahmen gegen die Kapital- und Steuerflucht wird die Aufhebung des Bankgeheimnisses, die Ueberwachung des WerlpapierbesitzeS bei den Banken durch die Steuerbehörden besonders hervorgehoben. Die Tarife sind gegenüber der Vorkriegszeit, wie folgt, erhöht: Eisenbahn­personenoerkehr 19 fach. Güterverkehr 32 fach, Post, Telegra­phen 2 l fach Zuschüsse für LebenSmittelverbilllgung werden im Jahre 1922 nur noch eine Milliarde Papiermark gegen­über bisher 22,5 Milliarden betragen. Der BrolpretS wird demnächst erneut um 75 o. H. erhöht. Statt der Tr- werbslosenunteistützung wird eine Arbeitslosenversicherung auf Kosten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer eingeführt. Die außerordentlichen Ausgaben der Post und der Eisenbahn betragen nur ein Drittel v. H. deS Anlagewerts aegenüber 3 o. H. in der Vorkriegszeit. Der ordentliche Etat weist mit 103,2 Milliarden Einnahmen und 86,7 Milliarden Ausgaben einen Ueberschuß von 16 V» Milliarden auf, die sür die Reparationen usw. zur Verfügung stehen. Zweck- Einschränkung der schwebenden Schuld wird die Reichs­regierung 1922 trotz des Mißerfolges der Sparprämien­anleihe von 19l9 erneut eine innere Anleihe versuchen. Ern Erfolg ist erst zu erwarten, wenn feststeht, daß die Bestimmungen des Vertrags von Versailles den Dienst nicht beeinträchtigen können. Unabhängig davon ist die tm Steuer­kompromiß vorgesehene Zwangsanleihe, die aber nur eine äußerste, nicht zu wiederholende Maßnahme darstellt, um die Reparationsleistungen für 1922 möglichst ohne Notenpresse finanzieren zu können. Die Autonomie der Reichsbank wird gesetzlich sichergestellt. Die Befugnis de» Reichskanzler» zu Eingriffen in die geschäftliche Leitung wird beseitigt. Die Wirtschaft?- und Finanzstat'sttk wird in gleicher Weise wie vor dem Kriege veröffentliche werden. Das Reformprvgramm gewährleistet die Deckung der inneren Zahlungsverpflichtung, jedoch nicht die gesunde Finanzierung der Reparationsleistungen, da die Reichsetnnahmen nur Papiergeld bringen.

Die Rede verweist auf die Ausführungen Raihenaus in Cannes über die Gründe des Marksturzes und die Unmög­lichkeit, trotz höchster Kraftanstrengung zurzeit die Reparations- letftungen aufzubringen. Deutschland besitzt außer Kohlen nur noch wenig Rohstoffe. Die Produktioträt der Landwirt­schaft ist erheblich zurückgegangen. Der jährliche Ginsuhrbe- darf an unentbehrlichen Rohstoffen und Lebensmitteln beträgt je 2*/r Milliarden Goldmark. Die Ausfuhr von 10 Milliar­den Golvmark im Jahre 1913 ist auf rund vier Milliarden, also unter Berücksichtigung allgemeiner Steigerung der Welt­marktpreise auf etwa ein Viertel gefallen. Die Zahlungs­bilanz mit rund 2 Milliarden ist passiv. Jede erhebliche Devisen Zahlung bringt eine neue Erschütterung des Mark­kurses, vermehrt die Inflation und schwächt Deutschlands Fähigkeit zur Reparation immer mehr. Bei der wirtschaft­lichen Betrachtung des ReparationSproblems ist daher daß Ergebnis, daß eS unbedingt erforderlich ist, Deutschland min­destens für 1922 von allen Reparationsleistungen in bar zu befreien. Die deutsche Regierung erkennt jedoch an, daß die schwersten Bede .ken sür die deutsche Wirtschaft und die Fi­nanzen hinter den politischen Notwendigkeiten zurückzustellen sind. Sie verweist ausdrücklich auf die ihr bekannten Ziffern von 720 Millionen Goldmark Barzahlungen und 450 Mil­lionen Goldmark Sachleistungen, die von den Alliierten in Cannes -in Erwägung gezogen sind. Sie

bittet, die Barzahlungen, nötigenfalls unter Er­höhung der Sachleistungen, niedriger festzusetzeu, schlägt aber ohne Rücksicht auf die Höhe der Festsetzung auf Grund der Vorbesprechungen in Cannes verschiedene Ernzel- heiten für die Durchführung der Lieferungen vor. U a. sollen die Besatzungskosten aus die Gesamtleistungen von 1922 ver- rechnet und sonstige Verpflichtungen in fremder Währung au» dem Friedenvertrag, insbesondere dem Clearingverkehr, ermäßigt werden. Deutschland gibt seiner erneut seiner Be­reitwilligkeit Ausdruck, mit allen ' erfügbaren Mitteln und Kräften an der Wiederherstellung der zerstörten Gebiete mtt- zuwtrken. In diesem Geiste ist das Wiesbadener Abkommen abgeschlossen worden. Deutschland ist bereit, auch mit anderen Alliierten Abkommen über Sachlieferungen abzuschlicßen. Die Wiederherstellung des Vertrauens der Welt in Deutsch­lands Zahlungsfähigkeit ist die Vorbedingung für eine um­fassende Durchführung der Reparationen. Die deutsche Re­gierung ist daher der Auffassung, daß die Erhebung der Reparationen sür 1922 nur ein erster Schritt auf dem Wege zur Lösung des FtnanzproblemS ist. Die deutsche Regierung bittet die ReparationSkommftsion, die SchlußauSsührnngen besonder« zu beachten.

Kleine politische Nachrichten.

Zur Frage der Kriegsschuld.

Die deutsche Außenpolitik vor dem Krieg.

Berlin, 28 Jan. Wie dieTägl. Rundschau" zuverlässig erfährt, sollen anfangs Februar die Lorkrtegsakten deS Aus­wärtigen AmtS veröffentlicht werden. Dieser Entschließung liege die Absicht zugrunde, der Well ein Bild von der deut-