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NKWD- Mathematik
Von unserem Ostzonenkorrespondenten W. W. Heiden
Was früher für die Welt die Begriffe Tscheka und später GPU bedeuteten, das ist heute für die Bevölkerung der Ostzone die NKWD. die russische Geheimpolizei, die mit Hilfe eines fein verzweigten Netzes von russischen Offi- zieren, Agenten und deutschen Spitzeln jede Regung des deutschen öffentlichen Lebens über- wacht.
Der mächtigste Mann in K., einem Dorf in der russischen Zone, war Bernhard R., bekannt unter dem Namen Beppo.
Seit er auf einem Tanzabend im Dorfgasthaus mit seinen Machtbefugnissen renommiert hatte, wußten alle, daß er ein Spitzel der NKWD war. An jenem Abend stand Beppo mit jungen Män- nern des Dorfes an der Theke. Der Kartoffel- schnaps machte die Runde, erhitzte die Gemü- ter und löste die Zungen. Beppo zahlte für alle und kostete es aus, der maßgebliche Mann zu sein. Sein massiger Körper lehnte breit auf dem Tresen, das Hemd stand über der haarigen Brust offen. Er lärmte mit den anderen und war ton- angebend beim Trinken.
,, So wie du muß man's machen, Beppo! Du ar- beitest nicht und hast doch das meiste Geld", rief ihm jemand zu und prostete auf sein Wohl. Beppo schlug mit der Faust auf den Tisch, daß der Schnaps in den Gläsern überschnappte, und rief: ,, Ha, ich kann euch alle abholen lassen alle." Ein paar Dutzend erstaunte Augen starrten ihn an. ,, Hier ist die Liste, da steht ihr drauf!" Beppo hatte einige zerknitterte Bogen Papier aus der Tasche gezogen und ließ die neugierig sich Drän- genden einen Blick hineintun. Da stand in alpha- betischer Reihenfolge Name hinter Name. Jeder, der einmal Mitglied in der HJ war, fand sich verzeichnet. Und in Beppos Hand lag es, den russischen Behörden mitzuteilen, ob der oder je- ner noch ,, Faschist" und gefährlich für das demo- kratische öffentliche Leben sei. In seiner Hand lag die Entscheidung über KZ- Haft oder Frei- heit.
Es gibt viele solcher Beppos in der russischen Zone. Viele skrupellose Opportunisten, die mit der NKWD gemeinsam arbeiten und sich ihr gutes Leben durch Denunzieren erkaufen. Spit- zel, die das feinmaschige Netz der russischen Ge- heimpolizei feinmaschiger machen helfen, so feinmaschig, daß es kein Entrinnen gibt, weder für diejenigen, die sich darin verstricken, noch für diejenigen, die darin verstrickt werden.
Die NKWD braucht aber nicht nur Beppos für Ihre Arbeit. Sie braucht auch den Kaufmann, den Lehrer, den Ingenieur, Menschen, die Zugang zu Kreisen haben, die für Beppo immer unerschlos- sen bleiben werden.
Friedrich F., 42 Jahre alt, war ein solcher In- genieur. Metallverarbeitender Betrieb in Sach- sen. Verheiratet, 2 Kinder. Eines Tages erhielt er die Aufforderung, sich auf der russischen Kommandantur zu melden.
Als im Kommandanturgebäude der sowjetische Offizier das Zimmer hinter ihm abschloß, wußte er, daß sich die NKWD für ihn interessierte.
Er wurde gebeten Platz zu nehmen. Der Offi- zier fragte, ob er einer der zugelassenen Par- teien angehöre, Der Ingenieur verneinte und war erstaunt über den Vorwurf ,, Sie sind Faschist!" F. erschrak und wies die Zumutung zurück. ,, Sie sind Faschist!". beharrte der Offizier,„ Sie wa- ren Mitglied von NSV!"
F. machte geltend, er habe weder der NSDAP noch anderen NS- Organisationen angehört. Nun, wenn Sie sind nicht Faschist, sind sie Freund von Rote Armee?", fragte der Russe, scharf jedes Wort skandierend und jedes" r" rollend. Was blieb F. anderes übrig als zu be- jahen? Dann werden Sie auch mit Rote Armee für Frieden arbeiten, Rote Armee will Frieden." Der Ingenieur ahnte, daß er für Spitzeldienste eingespannt werden sollte und lehnte ab. ,, Sind Sie doch Faschist!"
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Der Ring begann sich zu schließen. Die Glei- chung war höchst einfach: Freund der Roten Ar- mee= Bereitschaft, zur Dienstleistung für die Rote Armee; fehlende Bereitschaft Faschist. Faschisten aber müssen nach der bolschewisti- schen Theorie ausgerottet werden. F., der die Verhältnisse in der russischen Zone seit Kriegs- ende kannte, wußte nur zu gut, was es bedeutet, als Faschist zu gelten. Doch NKWD- Mühlen main langsam. Man schickte ihn nach Hause, mit dem Befehl, in einer Woche wiederzukom-
men.
Nach 8 Tagen betrat er das gleiche Zimmer zu neuem Verhör, fest entschlossen, sich nicht als Denunziant einspannen zu lassen.
Nun haben Sie sich überlegt, ob Sie sind Freund von Rote Armee?", begann der Offizier und sog an seiner Papyrossa. Er solle nur die Feinde des Friedens finden helfen. Und wieder kam eine verblüffende Gleichung: Feinde des Friedens Feinde der Roten Armee. Solcher NKWD- Mathematik war Ingenieur F. nicht ge-
Vor dreihundert Jahren Die Leiden Württembergs im 30jährigen Krieg An demselben Ort, da sich die Flamme des 80jährigen Krieges entzündete, erlosch sie gleichsam auch wieder, nämlich in Prag. Der schwedische General Königsmark hatte am 25. Juli 1648 durch schnellen Ueberfall einen Teil der Stadt in seine Gewalt bekommen und dadurch den Ruhm erworben, dies lange und blutige Ringen praktisch beendet zu ha- ben. Denn als der Kaiser sah, daß der Krieg sich wieder seinen Erblanden näherte und er dem Feind kein Heer mehr entgegenzustellen vermochte, erteilte er seinen Gesandten zu Osnabrück und Münster solche Vollmachten, daß die schon mehr als dreieinhalb Jahre dauernden Unterhandlungen endlich zum er- wünschten Ziel führten und der Westfälische Friede am 24. Oktober 1648 geschlossen wurde. Eine furchtbare Leidenszeit fand damit auch für Württemberg ihr Ende. In einem alten Unterrichtsbuche finden wir eine eindrucks- volle Schilderung der Schrecken und Nöte, die über unser engeres Vaterland hereinge- brochen waren:
,, In der Nördlinger Schlacht waren 4000 Württemberger gefallen. Nun war es, als wäre ein Geist der Hölle ausgegangen, der die kai- serlichen Truppen fortriß. Kaum die Sorge um die eigene Erhaltung konnte die Soldaten dahin bringen, einer kleinen Zahl von Men- schen ihr armes Leben zu lassen, damit diese Ihnen fronen könnten. Auf die Nachricht von jener Schlacht floh Herzog Eberhard III. nach Straßburg. Kaiser Ferdinand kam nach Stutt- gart und übergab einer Statthalterschaft das Regiment. Da kam eine traurige Zeit. Das platte Land war hauptsächlich der Schauplatz der Greuel und Zerstörung; aber auch die ummauerten Orte entgingen nicht immer dem- selben Schicksal. Waiblingen, das mit dem da- zugehörigen Amt 2350 Bürger gezählt hatte, behielt nach der ersten Verheerung, die auf die Nördlinger Schlacht folgte, nur noch 145.
SCHWÄBISCHES TAGBLATT
wachsen. Als er trotz der angebotenen Lebens- mittelpakete nein sagte, konnte er für eine wei- tere Woche gehen.
Am nächsten Morgen eröffnete der Personal- chef seiner Firma, er sei leider entlassen. Die sowjetische Militäradministration habe mitge- teilt, daß er politisch belastet, und als Faschist in leitender Stellung nicht tragbar sei. Der Arm der NKWD ist lang und allmächtig.
Mit dem Ausdruck des Bedauerns wird der in- genieur in der Kommandantur empfangen:„ Oh wir haben gehört, Sind sind entlassen. Wenn Sie sind Freund von Rote Armee, werden Sie mor- gen wieder haben Ihre Stellung." F. versuchte zum wiederholten Male klarzumachen, daß er kein Feind der Roten Armee sei, und wußte von vornherein, daß auch dieser Versuch nicht glük- ken würde. So ließ er das Verhör abrollen, wie alle davor abgerollt waren. ,, Sie haben Sohn in russischer Gefangenschaft", bekommt er noch mit auf den Weg. Lockung und Drohung zugleich. Wenn er jetzt ja sagte, käme sein Sohn, der seit Jahren irgendwo in Rußland vegetiert, heim. Der Preis, den er dafür zu zahlen hätte, wären Denunziationen.
Auf dem Weg nach Hause kommt ihm seine Frau entgegen: Die Wohnung muß innerhalb ei- ner Stunde geräumt sein. Für Besatzungszwecke heißt es. Ingenieur F. denkt an seinen Sohn, an seine Frau, an die Wohnung, an die Zukunft
und ist bereit. Wozu? Nur als Freund der Ro- ten Armee für den Frieden zu arbeiten. Er hat einen Revers in russischer Sprache zu unter- schreiben, dann kehrt er auf seinen Posten im Betrieb zurück. Die Wohnung wird nicht mehr von der Besatzungsmacht gebraucht, sein Sohn wird bald nach Hause kommen.
Seine Aufgaben sind nicht schwierig. Jede
Woche einmal muß er zur Kommandantur. Zu- nächst hatte er seinen Kollegen, einen stillen arbeitsamen unpolitischen Ingenieur zu beobach- ten. F. brachte dem Russen einen harmlosen Be- richt, zum Denunzieren fehlt ihm die Charakter- losigkeit. In der folgenden Woche interessieren die Aeußerungen des Maschinenmeisters, dem bekannt ist, daß er als alter SPD- Mann ab- gelehnt hat, in die SED zu gehen. In der dritten Woche wirft der Offizier dem
von
Ingenieur seinen Bericht vor die Füße und fährt ihn an: ,, Rote Armee ist nicht dumm. Warum belügen Sie Rote Armee?" Andere Spitzel der NKWD haben gleichzeitig dieselben Personen be- obachtet, ihre Berichte lauteten wesentlich an- ders. Der NKWD- Offizier teilte ihm mit, daß er unterschrieben habe, sich der russischen Mili- tärgerichtsbarkeit unterstellen zu wollen. Das Netz hat kein Loch. Die Alternative steht vor Friedrich F., Spitzeldienste zu leisten oder zu fliehen.
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Ein Schicksal von vielen. Ihn, den Parteilosen, Unpolitischen, mit guten Beziehungen zu nicht- marxistischen Kreisen, benützte die NKWD, weil sie die Sicherung vor den möglichen Opponenten von morgen braucht.
Nachrichten aus aller Welt
FRANKFURT. Der Frankfurter Wirtschaftsrat hat am Donnerstag in dritter Lesung ein Gesetz gegen Preistreiberei mit 42 Stimmen vor allem der CDU/ CSU bei 47 Stimmenthaltungen angenommen.
FRANKFURT. Die Bezahlung der Flüge mit der britischen Luftfahrtgesellschaft auf der Strecke Frankfurt- London und Frankfurt- Wien kann ent- gegen vorherigen Meldungen noch nicht in DM er- folgen.
FRANKFURT. In den Spruchkammerverhandlun- gen gegen Thyssen wurde dessen als Beweismittel gegen ihn selbst verwendetes Buch ,, Ich bezahlte Hitler" auch von Rauschning, dem früheren Se- natspräsidenten von Danzig, als eine Fälschung be- zeichnet.
MANNHEIM. 18 000 t deutsche Werfer- und In- fanteriemunition in Kisten, die auf Veranlassung amerikanischer Truppen bei Kriegsende im Rhein versenkt worden war, wird nun durch Taucher wieder aus dem Flußbett geholt, nachdem es sich herausgestellt hat, daß die Munition trotz Einwir- kung des Wassers hochexplosiv geblieben ist und daher für ankernde Schiffe ebenso wie für ge- plante Bauarbeiten am Mannheimer Rheinufer eine Bedrohung bedeutet.
BERLIN. Der letzte Vorsitzende des Internatio- nalen Olympischen Komitees, Karl Ferdinand Rit- ter von Halt, befindet sich zusammen mit 14 000 an- deren Häftlingen seit 39 Monaten im Internierungs- lager Buchenwald. Er arbeitet in der Wäscherei des Lagers.
BERLIN. Der in Berlin wellende dänische Außen- minister Rasmussen will u. a. mit den vier Mili- tärgouverneuren die Frage der Heimführung der noch in Dänemark befindlichen deutschen Flücht- linge erörtern.
PARIS. Im französischen Außenministerium wird ein großer Diplomatenschub vorbereitet. U. a. wird der derzeitige diplomatische Berater bei General Koenig, de Saint- Hardouin, zum Botschafter in An- kara ernannt werden. An seine Steile soll der der- zeitige Botschafter in Prag, Jejean, treten. General
Die zweite Rate der Kopfquote TÜBINGEN. Die Landeszentralbank für Würt- temberg- Hohenzollern gibt bekannt: Die 8. Durch- führungsverordnung zum Währungsgesetz bringt die näheren Bestimmungen über die Auszahlung der zweiten Rate der Kopfquote. Darnach ei- folgt die Auszahlung in der Zeit vom 20. August bis 11. September 1948. Personen, die einen Vor- druck A abgegeben haben, erhalten die zweite Rate auf ihr Bankkonto gutgeschrieben. Wer keinen Vordruck A abgegeben hat, kann die Zahlung unter Vorlage der Personalpapiere sämtlicher Mitglieder der Hausgemeinschaft an einem noch zu bestimmenden Tag bei seinem zu- ständigen Ernährungsamt empfangen.
Um Unklarheiten zu beseitigen, wird noch mit- geteilt, daß der Auszahlungstermin bei den Er- nährungsämtern noch nicht feststeht, aber vor dem 11. September 1948 liegen wird, und daß die Banken aus organisatorischen Gründen Gutschrif- ten der zweiten Kopfquotenrate auf Bankkonten nicht vor dem Auszahlungstermin der Ernäh- rungsämter vornehmen können..
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Ein Teil der Weiber und Kinder ertrank auf ten die Soldaten ihre Wut. der Flucht in der Rems, an den übrigen kühl- Die Kaiserli- chen nahmen einen festen Platz nach dem an- dern; der Kaiser verschenkte Herrschaften, Städte und Aemter in Württemberg an seine Getreuen, Kostbarkeiten, Gerätschaften, Kunst- sachen, Bibliotheken, Archive wurden in lan- gen Wagenzügen aus dem Lande nach Inns- bruck, Wien und München geschickt. In den Dörfern wurde fast alles vernichtet, die Wohn- häuser verbrannt oder doch abgedeckt, die Brunnen verschüttet, selbst die Kirchen ihres Schmuckes, ihrer Kanzeln und Altäre beraubt oder gänzlich zerstört, das Haus- und Feld- geräte sowie die Vorräte verderbt, das Vieh weggeführt, Reben und Obstbäume umge- hauen. Die Einwohner selbst wurden aufs un- menschlichste behandelt. Da entfloh, was fliehen konnte, meist nach der Schweiz. Viele verbargen sich in den Wäldern, Höhlen und Klüften; dorthin aber wurden sie von den Soldaten mit Hunden verfolgt wie vom Jäger das Wild, und bald fand man im ganzen Land fast nichts als leere, ganz oder halbverbrannte Ortschaften. Auf diese Verheerungen folgte die schreckliche Hungersnot. Arme schlugen sich um das Aas des gefallenen Viehs; selbst Wohlhabendere aẞen Brot von Eicheln und Baumrinde. Auf die Hungersnot folgte die Pest. In Stuttgart starben im Jahr 1635 nicht weniger als 4379 Einwohner, mehr als die Hälfte der damaligen Bevölkerung, in Eẞlingen gegen 8000, in Heilbronn 5518, in Ulm gegen 14 400. Von mehr als 400 000 Seelen waren nach sieben Jahren in ganz Württem- berg kaum noch 58 111 übrig; 345 000 Men- schen hatte das Schwert, der Hunger, die Pest aufgerieben."
Im Frieden zu ward Württemberg nun wieder ungeteilt sei- nem Herrscher zugestellt. Der geheime Regi- mentsrat Johann Konrad Varnbühler erwarb sich hierbei als Gesandter treffliche Verdien- ste. Ihm gelang es mit Hilfe Schwedens und
Münster und Osnabrück
Delattre de Tassigny soll zum Botschafter in Bue- nos Aires ernannt werden.
GÖSCHENEN( Schweiz). Durch Explosionen eines Muntionsdepots wurde der gesamte Eisenbahn- und Straßenverkehr über den St. Gotthard unterbrochen. LAUSANNE. Der Besuch des Schahs von Iran in Italien ist der erste offizielle Besuch eines Staats- chefs in Italien seit Kriegsende. Der Papst wird mit dem persischen Schah zum erstenmal ein moham- medanisches Staatsoberhaupt empfangen.
MAILAND. Ein Bernsteinhalsband, das der Köni- gin Cleopatra gehört haben soll und das nach der Legende seiner Trägerin ewige Jugend verleiht, wurde der Prinzessin von Holstein- Sachsen- Weimar
gestohlen.
BELGRAD. Bei einem Versuch, die Grenze von Jugoslawien nach Rumänien zu überschreiten, wurde der ehemalige Generalstabschef der jugoslawischen Armee getötet. Ein weiterer General wurde verhaf- tet, einem dritten gelang die Flucht.
BUKAREST. Nach dem Verbot der ausländischen
Schulen wurden nun auch sämtliche konfessionellen Schulen Rumäniens aufgelöst.
STOCKHOLM. Gegenstand der seit 20. August in Stockholm stattfindenden internationalen Konferenz des Roten Kreuzes ist eine Revision der Genfer Konvention. Durch diese sollen Deportationen, das Konzentrationslagerregime, Zwangsarbeit, das Gei- selsystem und das Zurück behalten der Kriegsgefan- genen nach Beendigung der Feindseligkeiten ausge- schaltet werden.
WASHINGTON. Präsident Truman bezeichnete
auf einer Pressekonferenz die von einer Parla- mentskommission durchgeführte Untersuchung über angebliche kommunistische Umtriebe innerhalb der Regierung der USA als einen Eingriff in die Prinzi- pien der Menschenrechte, zumal man nichts aufge- deckt habe, was nicht bereits der Sicherheitspoll- zei und den Gerichtsbehörden des Landes bekannt sei.
WASHINGTON. Das Staatsdepartement der USA hat der Sowjetbotschaft in Washington die Ant- wortnote in der Kosenkina- Affäre überreicht.
Ministerpräsidentenbüro in Godesberg KÖLN. Während, wie bereits gemeldet, Bonn zum Sitz des Parlamentarischen Rates bestimmt ist, wird in dem nahegelegenen Bad Godesberg das ständige Büro der Konferenz der Minister- präsidenten der elf westdeutschen Länder ein- gerichtet werden. Die Hotels ,, Dreesen" und ,, Adler" werden für diesen Zweck bereits ge- räumt.
Am 3. September wird der Parlamentarische Rat zu seiner ersten Sitzung zusammentreten. Gottesdienste beider Konfessionen werden die Sitzungen einleiten. Anschließend wird der Par- lamentarische Rat sein Präsidium wählen. Die Regierung von Nordrhein- Westfalen hat für die- sen Tag einen Staatsempfang vorgesehen. Am 27. und 28 August tritt der von der Mini- sterpräsidentenkonferenz aufgestellte Ausschuß zur Aenderung der Ländergrenzen in Mannheim erneut zusammen. Für 1. und 2. September sind Sitzungen aller Ministerpräsidenten der drei westdeutschen Besatzungszonen auf Schloß Nie- derwald bei Rüdesheim vorgesehen.
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Frankreichs, die Rückgabe des ganzen Her- zogtums und aller Klöster zu erwirken. Nur langsam erholte sich das Land von den ihm geschlagenen Wunden. 1652 waren noch 40 000 Weingärten, 272 000 Morgen Acker, Gär- ten und Wiesen nicht wieder angebaut.
Plauderei über die Nase
H.C.E.
Als unsere Vorfahren in den Kronen der Bäume lebten, haben sie leider den Geruch- sinn stark vernachlässigt. Sie brauchten ihn da oben nicht. Die Nase wurde zum Mauer- blümchen unter den Sinnen. Glücklicherweise nahm sie das nicht übel und hat sich trotzdem bis heute durchgesetzt. Nicht nur äußerlich, sie ist nämlich immer noch der hervorra- gendste Teil unserer Schönheit und richtung- weisend für klassische Schönheit, sondern auch als praktischer Gebrauchsgegenstand.
Friedrich der Große hatte seine Kaffee- riecher( die hätten ja heute nicht viel zu tun), und die Berliner Gaswerke haben eine Zeit- lang offizielle Gasriecher angestellt, die de- fekte Leitungen erschnüffelten. Aber das ist noch gar nichts, unsere Nase kann sogar noch 0,000 000 000 01 Gramm Trichlorphen 01 wahr- nehmen. Ich weiß nicht, was das ist, aber es muß ein ziemlich wildes Zeug sein, denn Moschus riechen wir erst, wenn es zehnmal
so stark ist.
nicht genau weiß, was ein Geruch ist. New- Interessant ist dabei, daß man heute noch ton hat ein Gramm Moschus viele Jahre auf- bewahrt. Es roch immer weniger, aber es wurde nie weniger. Dafür hat jetzt Professor Henri Devaux aus Bordeaux Gerüche durch chemische Bearbeitung sichtbar gemacht. Che- mischer Natur sind ja die Gerüche alle. Beta- Orangenblüten, ist aber in Gedichten kaum Naphtol- Methyl- Äther zum Beispiel riecht nach dehyd riecht zwar wie Jasmin im Frühsom- verwenden, auch Amyl- Cinnemisches- Al- mer, klingt aber lange nicht so gut. Auch San- delholz, Ambre und alle Wohlgerüche Ara-
zu
21. August 1948
Schießerei am Potsdamer Platz BERLIN. Bei einer am Donnerstag vom so- wjetischen Sektor her unternommenen Razzia auf dem Potsdamer Platz schoß die Polizei auf die fliehenden Menschenmassen. Mehrere Per- sonen wurden verletzt. Die dem Polizeipräsi- denten des Sowjetsektors unterstehenden Po lizisten gingen nach ihrem Eintreffen sofort mit Gummiknüppeln gegen die auf dem Platz herumstehenden Schwarzmarkthändler und gegen die Straßenpassanten vor. Als die in den US- Sektor gedrängte Menschenmenge ei- nen Polizeiwagen mit Steinen bewarf, eröff- nete die Ostpolizei mit ihren Dienstrevolvern dierten Polizeipräsidenten Markgraf wurde das Feuer. Auch der Privatwagen des suspen- mit Steinen beworfen. Mit Maschinenpistolen bewaffnete amerikanische und britische Mili- tärpolizei sorgte für Wiederherstellung der Ordnung.
Noch am Donnerstagabend rückten inzwi- schen ebenfalls am Potsdamer Platz eingetrof- fene sowjetische Soldaten und die anglo- amerikanische Militärpolizei wieder aus dem Gebiet in unmittelbarer Nähe der Sektoren- grenze ab. Zurück blieben nur verstärkte deutsche Polizeiposten der Westsektoren und des Ostsektors.
Die westlichen Militärbehörden haben nun- mehr Ueberweisungen von DM- Beträgen zwi- schen den Westsektoren Berlins und den drei Westzonen erlaubt.
Marschall Sokolowski erklärte, er wolle die Bevölkerung des Berliner Ostsektors und diejenigen Einwohner der Westsektoren mit Kohle versorgen, die ihre Lebensmittelkarten im Ostsektor angemeldet haben. Einzelper- sonen sollen 1 Ztr., Familien mit zwei Per- sonen 2 Ztr., Familien mit drei und vier Per- sonen 3 Ztr. und Familien mit fünf und mehr Personen 4 Ztr. Kohlen erhalten.
Bund, Länder und Europa MÜNCHEN. Die verschiedenen Unterkomi- tees des Verfassungsausschusses auf Herren- chiemsee befaßten sich am Mittwoch vor allem mit der Frage, in welchem Verhältnis die Bun- desverfassung einerseits zu den Verfassungen der einzelnen Länder und andererseits zum allgemeinen Völkerrecht stehen solle. Es allgemeinen Richtlinien des Völkerrechts Be- herrschte Uebereinstimmung darüber, daß die standteile der deutschen Verfassung werden und für jeden Bewohner des Staatsgebietes unmittelbar verpflichtend sein sollen. Es ist vorgesehen, daß gewisse staatliche Hoheits- rechte zugunsten internationaler Organisatio- nen aufgehoben bzw. eingeschränkt werden können. Dadurch soll dem Bund der Beitritt zu einer Vereinigung zur Aufrechterhaltung der kollektiven Sicherheit ermöglicht werden. Kriegsvorbereitungen sollen im Bundesgebiet unter Strafe gestellt werden.
Bestimmungen über die Neufestsetzung der Ländergrenzen sind in der Verfassung nicht vorgesehen, da die Regelung dieser Frage durch das Frankfurter Dokument Nr. 2 am 1. Juli von den Militärgouverneuren den Minister- präsidenten übertragen wurde. Für die Bun- desverfassung wird die Aufnahme eines Arti- kels empfohlen, der verlangt, daß die Länder- verfassungen gewisse Mindestbestimmungen enthalten müssen, die entsprechend dem Prin- zip der Freiheit und Gleichheit die Rechte des einzelnen und die demokratische Willensbil- dung gewährleisten. An einen Lizenzierungs- zwang für die Parteien in den Ländern wird nicht gedacht, jedoch sollen Maßnahmen ge- troffen werden, um eine Blockbildung zu ver- hindern.
Schließlich wurde noch das Problem eines späteren Beitritts solcher Länder erörtert, die nicht in den Westzonen liegen. Die Mehrheit der Sachverständigen vertrat die Ansicht, daß der ehemaligen Reichshauptstadt Berlin in beiden Häusern des Bundesparlaments Vertre- ter mit beratender Stimme zugębilligt werden sollten.
Herausgeber und Schriftleiter Will Hanns Hebsacker Dr. Ernst Müller und Alfred Schwenger Weitere Mitglieder der Redaktion: Dr. Helmut Kiecza und Joseph Klingelhöfer Monatlicher Bezugspreis einsch! Trägerlohn 1.80 DM, durch die Post 2.16 DM. Einzelverkaufspreis 20 Pf Erscheinungstage: Dienstag, Donnerstag. Samstag
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biens lassen sich durch chemische Formeln ausdrücken und die berühmte Ami- Zigarette riecht ganz einfach nach Kumarin. Butter, Erdbeermarmelade und Leder, alles, alles kann synthetisch sein. Von unseren Nasen wird allerlei verlangt Dabei haben fast zehn Prozent aller Menschen gar keinen oder nur einen sehr schwachen Geruchsinn, die sind gut dran, sie brauchen nur die Augen zu schließen und sie wissen nicht mehr, ob sie einen Apfel oder gar eine Zwiebel essen, und nur mit Nase und Augen können wir unter- scheiden, ob wir Hammel- oder Schweine- braten zu uns nehmen.
Der römische Dichter Martial erzählt von einem Kupferschmied, der mit der Nase fest- stellen konnte, ob Kupfer aus Griechenland, Aegypten oder Afrika kam. Die Wüstenbedu- inen können genau Richtung und Entfernung der nächsten Oase erriechen und Trüffelwil- derer bringen es fertig, einzelne Trüffeln auf sechs Meter Entfernung mit der Nase zu fin-
den.
Menschen mit hochentwickeltem Geruchsinn
sind ziemlich selten und werden von der In- dustrie eifrig gesucht. Ein guter Teeriecher oder Parfümmixer verdient mehr als ein Oberstaatsanwalt mit zwanzig Dienstjahren. So gut ist meine Nase nicht, aber für einen saftigen Schweinebraten und ein Glas Pfäl zer würde sie schon ausreichen, wobei mir die chemische Formel völlig gleichgültig wäre.
Der Leiter der Württ. Landesbibliothek und Di rektor der Tübinger Universitätsbibliothek, Dr. des Präsidenten der UNESCO, Julian Huxley, Hoffmann, folgte einer persönlichen Einladung Sitzungen des Expertenkomitees für internationalen Publikationsaustausch nach Paris.
Bei den 9. internationalen Filmfest- Deutschland mit sechs Filmen vertreten sein. Es wird damit zum dritten Konkurrenten neben Groß- britannien und den USA, die ebenfalls je sechs Filme vorführen. Nach Abschluß der Festspiele werden wir einen Bericht unseres Sonderberich erstatters bringen.
spielen, die zurzeit in Venedig stattfinden, wird