Seite 2/ Nr. 65

Kleine Weltchronik

STUTTGART. Der Volksschullehrer Friedrich Eble aus einem Dorf in der Nähe von Freiburg, der sich aus unerfindlichen Gründen drei Jahre lang unter falschem Namen freiwillig im Internierungslager Ludwigsburg aufhielt- Eble behauptete, ein Schwei- zer Generalstabsoffizier namens Otto Senhausen zu

sein, der sich 1941 dem Spionagedienst der Gestapo

zur Verfügung gestellt habe- wurde nunmehr aus dem Lager verwiesen.

MÜNCHEN. Ein deutsches Gericht verurteilte in Penzberg den Schriftsteller Hans Zöberlein, der als Führer einer Werwolfkompanie am 28. April 1945 fünfzehn Penzburger Einwohner hinrichten ließ, drei- mal zum Tode, zu drei Jahren Zuchthaus und le- benslänglichem Ehrverlust.

SCHWÄBISCHES TAGBLATT

Abschied von Staatspräsident Lorenz Bock

Fortsetzung von Seite 1 Staatspräsident war ein echter Christ. Fleiß, Gerechtigkeitsgefühl und Pflichtbewußtsein waren für ihn das höchste.

Inzwischen war es 10 Uhr geworden. Der kilometerlange Trauerzug, an dem sich auch die Rottweiler Zünfte mit ihren alten Fahnen, die Schuljugend, Vereine und Organisationen beteiligten, stellte sich auf, während Beamte der Landespolizei den Sarg aus der Kirche trugen. Unter den Klängen Beethovenscher Trauermusik ging der Zug durch die Haupt- straßen der Stadt. Zum letzten Mal grüßten die in weißen Uniformröcken spalierbildenden Polizeibeamten ihren obersten Chef. Auch auf dem Friedhof hielten Beamte der Landespo- lizei am Sarge von Lorenz Bock Ehrenwache. Der Stadtpfarrer der Heiligkreuz- Gemeinde, Dr. nenbehörden rechnet man bei Auszahlung der rest- Ochs, dankte in seiner Ansprache dem to- lichen Kopfquote in Bargeld, zumal es sich um über ten Staatspräsidenten. Lorenz Bock habe durch 900 Mill. DM handeln würde, mit wirtschaftlichen seine Haltung und Leistungo das Wort wahr gemacht: ,, Wer unter Euch der Erste sein will, der sei der Diener aller".

MÜNCHEN. Der frühere Vorsitzende der WAV, Staatsminister a. D. Alfred Loritz, erschien trotz des gegen ihn erlassenen Haftbefehls am vergange- nen Samstag auf einer Tagung der WAV und wurde wiederum zum ersten Landesvorsitzenden gewählt. FRANKFURT. In zuständigen Kreisen der Bizo-

und preispolitischen Störungen. Da es jedoch hier um ein Gesetz der Militärregierungen gehe, liege

die Entscheidung bei ihnen.

LUDWIGSHAFEN. Bis vergangenen Freitag hatte sich die Zahl der Todesopfer des Ludwigshafener Explosionsunglückes auf 193 erhöht. Vermißt werden weitere 29 Betriebsangehörige. In den Krankenhäu- sern liegen noch 437 Schwerverletzte.

DÜSSELDORF. Der Landtag von Nordrhein- West- falen wählte am Freitag seine 17 Delegierten und je einen Stellvertreter für den parlamentarischen Rat. Unter den sechs Mitgliedern der CDU befindet sich der Vorsitzende der CDU in der britischen Zone, Dr. Konrad Adenauer, unter den sechs der SPD Innenminister Dr. Menzel, unter den zwei Ver- tretern der KPD Max Reimann. Hinzu kommen zwei Vertreter des Zentrums und ein Mitglied der FDP.

Der Staatsakt auf dem Friedhof Der eigentliche Staatsakt wurde durch die Trauerrede des stellvertretenden Staatsprä- sidenten, Staatsrat Prof. Dr. Karl Schmid, eingeleitet. Das ganze schwäbische Volk traure um seinen verstorbenen Staatspräsidenten, denn mit Lorenz Bock sei der erste Bürger und einer der tapfersten Männer des Landes dahingegangen. Ein Leben habe aufgehört, das in Zeiten des Glückes und der Not ganz unserer Heimat und unserem Vaterlande ge- hörte. Der Tote war ein Patriot, ein Demokrat, ein Kind dieses Volkes. Schon als junger DUSSELDORF. Der Landtag von Nordrhein- West- Rechtsanwalt habe er erkannt, daß ein Ge- deihen und ein Fortschritt nur auf einem brei- ten demokratischen Unterbau möglich sei. Am 8. Juli 1947 zum ersten Staatspräsiden- ten gewählt, habe er bei der Bildung der Regierung das Finanzministerium mit über- nommen und in diesen Aemtern sein Leben verbraucht. Die gesamtdeutschen In- teressen seien von dem Dahingeschiedenen wahrgenommen worden, als wenn sie die seines Landes gewesen wären.

falen hat den SPD- Gesetzentwurf zur Sozialisierung des Kohlenbergbaus mit den Stimmen der SPD, der KPD und des Zentrums gegen die Stimmen der FDP bei Stimmenthaltung der CDU verabschiedet. Das Gesetz, das noch der Genehmigung durch die britische Militärregierung bedarf, sieht vor, daß das Land Nordrhein- Westfalen Eigentümer aller Stein- und Braunkohlenvorkommen sowie aller Vermögen, Anlagen, Verteilungs- und Verkaufsorganisationen der Zechen, mit Ausnahme des Kohlenplatzhandels, werden soll.

LONDON. Die stellvertretenden Außenminister der vier Großmächte hielten am Montagnachmittag eine Konferenz ab, in der ihre Empfehlungen für das zu- künftige Statut der ehem. ital. Kolonien bespro-

Ministerpräsident Dr. Reinhold Maier fand in seinem Nachruf Worte des Dankes und der Anerkennung für den Toten, der trotz man- chen wurden. Die polnische Regierung brachte in chen Sturmes nie gewichen sei. Ministerpräsi- dent Stock, der im Auftrag sämtlicher west- deutscher Ministerpräsidenten sprach, wür-

einem Memorandum zum Ausdruck, daß sie dafür eintrete, Italien die Treuhänderschaft über seine ehemaligen afrikanischen Kolonien wieder anzuver- trauen.

BERN. Der Delegierte des Schweizer Bundesrates für Spezialmissionen, Minister Dr. h. c. Walter Stucki, wurde am 9. August 60 Jahre alt.

NANKING. Nach einem Kommunique des Ver- teidigungsministeriums hat die chinesische National- regierung seit Anfang 1948 89 Städte aufgegeben und 65 andere zurückerobert. Die Verluste der Regie- rungstruppen im ersten Halbjahr 1948 werden auf 233 000, die der Kommunisten auf 710 000 geschätzt. Während es jedoch den Kommunisten gelungen sei, nicht nur ihre Verluste zu ersetzen, sondern sogar ihre Truppenstärke noch zu erhöhen, gehe die Re- krutierung für die Nationaltruppen sehr langsam

vor sich.

WASHINGTON. Der Administrator des ERP, Paul Hoffman, genehmigte einen neuen Kredit in Höhe von 94 102 499 Dollar. Davon entfallen u. a. auf Groß- britannien 35, auf China 33,7 Mill., auf die Bizone 1 887 999 Dollar. Für den Ankauf freigegeben wurden vor allem Baumwolle, Metalle, Holzmasse, Häute, Farben, Gummi, Bergwerksausrüstungen und Le- bensmittel.

OTTAWA. Der kanadische Premierminister Mak- kenzie King teilte dem in Ottawa tagenden liberalen Kongreß mit, daß er auf Grund seines fortgeschrit- tenen Alters von 73 Jahren in den nächsten Mona- ten sein Amt als Regierungschef niederzulegen be- absichtige. Der gegenwärtige Außenminister Louis de St. Laurent, der zum Vorsitzenden der liberalen Partei gewählt wurde, dürfte traditionsgemäß der Nachfolger von Mackenzie King werden.

BUENOS AIRES. Zum Protest gegen den Aus- schluß des führenden Oppositionspolitikers, Sam- martino, dem vorgeworfen wurde, er habe in der ausländischen Presse in beleidigender Form zu Ar- tikeln des Präsidenten Peron Stellung genommen, legten die 42 Abgeordneten der Radikalen Partei ihr Mandat nieder. Das bedeutet das nahezu totale Ver- schwinden der parlamentarischen Opposition in Ar- gentinien.

Die Ernte in alten Bauernsprüchen

Heil Mutter Erde!

Es gönne der allwaltende, ewige Herrscher,

Daß die Aecker grünen und gedeihen, Voll werden und sich kräftigen;

Er gönne Garbe und des Roggens Wachstum Und der guten Gerste Wachstum Und des weißen Weizens Wachstum Und aller Erde Wachstum.

So heißt es in einem altangelsächsischen Feldersegen. Was hier vom Himmel erbeten wurde, ist jetzt gewährleistet: die Ernte wird geborgen, die Scheuern werden gefüllt. Diese Tage sind verklärt von einem Gefühl der Dankbarkeit und des freudigen Stolzes zu- gleich, das schon in den ältesten Bauernsprü- chen mitklingt.

digte vor allem das Vertrauen, das Lorenz Bock allgemein dank seines Könnens genossen habe. Ministerialdirektor Dr. Schlösser vom Fi- nanzministerium wies auf die unersetzliche Lücke hin, die der Tod dieses Mannes gerissen habe. Den Dank und letzten Gruß des Land- tags überbrachte Landtagspräsident Geng- ler. Für die CDU würdigte der 1. Landesvor- sitzende, Dr. Gebhard Müller, die Verdien- ste des Toten, ebenso Rechtsanwalt Dr. Le uze für die Anwaltskammer und Bürgermeister Gutknecht im Auftrag der Stadt Rottweil. Den Reigen der Nachrufe beschloß General Widmer. Er sprach im Namen der französi- schen Regierung und im Namen von General Koenig der Witwe und der Regierung des Lan- des das Beileid aus. An die Witwe des Ver- storbenen gewandt sagte er: Wir wissen, wie hart der heutige Tag für Sie ist, an dem der lange gemeinsam beschrittene Weg ein Ende findet und Sie trotz der Anwesenheit der vie- len Freunde einsam sind. Auch Ihre Söhne haben frühzeitig von Ihnen scheiden müssen. Ihr Gemahl hat dafür gekämpft, daß anderen erspart bleibe, was Sie gemeinsam erlitten ha- ben. In aller Schlichtheit ging der Tote an seine Aufgabe als Staatsmann heran. Diese Auf- gabe war schwer und vielseitig und doch waren die vom Krieg hinterlassenen Lasten nicht so schwer wie die Verantwortung für die Ent- scheidungen, die die Zukunft bestimmen. Täg- lich tauchten neue und wichtigere Probleme auf, die Präsident Bock gleich eingehend und gewissenhaft behandelte, ohne dabei das Ziel aus den Augen zu verlieren, das ihm seine Ueberzeugung vorgeschrieben hatte. Seit der Uebernahme seiner Aufgabe als Staatspräsi- dent dieses Landes war er tapfer und uner- müdlich am Werk. Der Friede war sein Ziel und sein Wille. Er strebte ihn an mit Güte und. Vertrauen."

Abschließend wünschte Gouverneur Widmer, das Gebäude möge aus den noch verschütte- ten Trümmern emporsteigen und dieses Land möge sich an seinen treuen Diener erinnern.

10. August 1948

Um die Bastion Berlin

W. G. Bismarcks Wort, daß Politik die Kunst des Möglichen sei, hat nichts von seiner klassischen Gültigkeit eingebüßt. Die Staatsmänner müssen sich in erster Linie fragen, welche Aktionsweite ihnen ihre militärische und wirtschaftliche Basis

gestattet. Wenn die Männer im Kreml solche Erwä- gungen anstellen, dann dürfen sie gewiß sein, daß im Ernstfalle weder die alliierten Besatzungstrup- pen noch die Generalstäbe der Westunion die Rote Armee davon abhalten könnten, in wenigen Wochen Atlantik zu stehen. Die besorgt dämpfende Rolle der französischen Außenpolitik, die einen Bruch verhüten möchte, hat es ihnen zudem deut- lich bestätigt.

am

Auf der anderen Seite können sie sich nicht ver- hehlen, daß die überlegene See- und Luftflotte, die fortgegeschrittenere Atombombentechnik, das grö-

Bere Produktionspotential und nicht zuletzt die psychologische Unterstützung der Mehrzahl der Na- tionen im Endeffekt einen Krieg doch zugunsten Amerikas entscheiden müßten. Solange sie nicht durch die kommunistischen Parteien im Hinterland ihrer Gegenspieler oder durch die linksradikalen nationalistischen Aufstandsbewegungen im asiati- schen Raum ihre Positionen entscheidend verstärkt

hat, muß die Moskauer Außenpolitik also darauf bedacht sein, den Ausbruch offener Feindseligkeiten zu vermeiden. Aber sie wird alles daran setzen, diesseits dieser Grenze im kalten Krieg soviel her-. auszuholen, als irgend möglich ist.

Und das ist nicht wenig. Denn bei dem gefähr- lichen Anfangsrisiko, bei dem ungeheuren Einsatz von Nationalvermögen und Menschenleben, den ein dritter Weltkrieg erfordern würde, könnte keine amerikanische Regierung vor ihrem Volk die Ver- antwortung für eine Initiative übernehmen, ohne

daß dessen unmittelbarste Lebensinteressen gefähr- det wären. Eine Prestige- und Humanitätsfrage wie der Streit um zweieinhalb Millionen Berliner würde keinesfalls genügen.

Freilich, Berlin ist heute die Bastion Europas, und die Beherrschung oder Nichtbeherrschung dieses Erd- teils wird auf der Waage der Weltgewichte den Ausschlag geben. Die Russen werden in Berlin, wo sie zweifellos am längeren Hebelarm sitzen, nur dann ein entscheidendes Zugeständnis machen, wenn sie in Form eines Mitspracherechtes in West- deutschland Kompensationen erhalten. Wäre dann aber nicht den Teufel mit Beelzebub ausgetrieben?

Verfassung und Ländervereinigung MÜNCHEN. Vom 10. bis 22. August wird im alten Schloß auf Herrenchiemsee der Verfassungsausschuẞ der elf westdeutschen Länder sich mit den Vorar- beiten für eine vorläufige Verfassung zu beschäfti- gen haben. Der Leiter der bayerischen Staatskanz- lei, Dr. Anton Pfeiffer, teilte auf einer Presse- konferenz hierzu mit, daß der von den Minister- präsidenten gebildete sechsköpfige Experten- Aus- sich nicht mit politischen, sondern mit rechtlichen Problemen zu befassen habe.

Es war bereits Mittag geworden, als der Sarg, nicht wie ursprünglich vorgesehen, auf einem Ehrenplatz unmittelbar in der Nähe der Kirche, sondern inmitten der anderen Gräber in die kühle Erde gesenkt wurde. Dort ruht jetzt unser 1. Staatspräsident, der von sich sagen kann: ,, Ich habe den guten Kampf schuß rein technische Fragen behandeln werde und gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue ge- halten".

Umschau im Lande

Fahrplanbesprechungen in Reutlingen Vertreter der verschiedenen Berufsgruppen aus allen Teilen Württemberg- Hohenzollerns trafen sich letzte Woche erstmalig mit Vertretern der Ei- senbahnen zu Fahrplanbesprechungen in Reutlin- gen. Die Generaldirektion in Speyer und die Ab- teilung Eisenbahnen im Innenministerium, als Ver- anstalter, wollten auf diesem Wege den am Eisen- bahnverkehr in erster Linie interessierten Kreisen die Möglichkeit geben, mit Wünschen und Anregun- gen an der Gestaltung des Fahrplanes mitzuwirken. Die Bemühungen für die Herstellung einer Eilzug- verbindung Tübingen- Stuttgart scheinen nunmehr Aussicht auf Erfolg zu haben. Sobald die techni- schen Voraussetzungen geschaffen sein werden, soll nach den bisherigen Plänen gegen 8 Uhr morgens ein Zug mit 14stündiger Fahrzeit Tübingen verlas- sen. Der Gegenzug würde als Anschluß für die Fernverbindungen von Frankfurt usw. nach 14 Uhr

Stuttgart verlassen.

Dr. Eckener 80 Jahre alt Friedrichshafen. Dr. Hugo Eckener, der Pionier der deutschen Luftschiffahrt, feiert heute in Konstanz, wo er seinen Lebensabend verbringt, seinen 80. Geburtstag. Ungebrochen an Körper und Geist arbeitet der 80jährige Mitarbeiter des Grafen Zeppelin heute an der Niederschrift seiner Lebens- erinnerungen.

Keine Entlassungen bei den Maybach- Werken Friedrichshafen. Die befürchteten Kün- digungen und Entlassungen bei den Maybach- Mo- torenwerken sind noch nicht vorgenommen wor- den. In Auswirkung eines Kontrollratsbeschlusses, wonach die Werke vollständig demontiert werden, sollten am vergangenen Samstag rund 600 Arbei- ter und Angestellte entlassen werden.

hier ausgesprochen: Faulem Wichte bringt auch guter Acker keine Früchte."

muß, wie es auch die Fabel von der Grille und Wer also im Winter nicht hungern will, der der Ameise lehrt, sich die Zeit nicht mit Sin- gen vertreiben, sondern vorsorgende Arbeit tun. Zwar verleitet der ruhige Glanz des Som- mers leicht zum Müßiggang und es heißt: " Wenns Sommer ist, ruht man immer gern", Sommer will im Schatten stehn, wird dann aber mahnend klingt es auch an: Wer im im Winter vor Kälte vergehn." Und der Pfäl- zer fügt einen Spruch hinzu:

22

Wer nicht geht mit dem Rechen, Wenn die Fliegen und Bremsen stechen, Muß im Winter gehn mit dem Strohseil Und fragen: Hat niemand Heu feil? Auch ein Sprichwort aus der Eifel führt an- schaulich die Mühen der Landarbeit vor Au- gen und warnt den, der sie scheut:

Wer im Heumonat nicht gabelt, Im Kornschnitt nicht zappelt, Im Herbst nicht früh aufsteht, Mag sehn, wies ihm im Winter geht.

C. K.

Die Abhängigkeit von Wind und Wetter hat den Landmann Geduld und Demut gelehrt. Die Saat muß reifen, wie es seit je geschah, nach dem ewigen Rhythmus der Jahreszeiten. Voll tiefer Gläubigkeit vertraut der Bauer sein Schicksal Gott an, daraus kommt ihm die Ruhe zum Warten und die Stärke, auch nach den schwersten Rückschlägen und Verlusten den Kopf nicht hängen zu lassen. ,, Der Bauer Das Frühstück in Marseille pflügt umsonst die Erde,/ Spricht der Herr nicht: Werde!" heißt es, oder Der Boden Von C. Bachem- Tonger trägt gut,/ Wenn der Herr selber das Beste Der französische Weltreisende Bougainville, tut." ,, Des Herrn Ritt über die Saat läßt golde- dem der Ruhm gebührt, als erster Franzose nen Huf", und ,, Des Herrn Fuß düngt den eine Reise um die Welt gemacht zu haben, Acker am besten." Der Spruch ,, Das Korn ge- fuhr an einem schönen Frühlingstage im säet und Gott vertraut", fordert aber den Jahre 1766 langsam durch die belebten Stra- Landmann nicht auf, die Hände müßig in den Ben von Marseille und freute sich an dem Schoß zu legen, er muß hart um seinen Lohn südlich heitern, bunten Bild. Da erblickte er ringen und darf keine Mühe, keinen Schmutz in der Menge der vergnügt flanierenden und kein Wetter scheuen. ,, Schmutzige Hand Nichtstuer seinen Freund Maurice, von dem segnet das Land" sagt ein deutscher Bauern- er seit Jahr und Tag nichts mehr gehört spruch. Immer wieder hören wir aus den hatte. Maurice war ebenso erfreut über das Worten des Landmannes die alte Weisheit unverhoffte Wiedersehen wie sein Freund, heraus, daß Gott nur dem hilft, der sich selber und da er eben im Begriff war, zum Früh- redlich mit dem Leben herumschlägt. ,, Wer stück zu gehen, lud er Bougainville ein, ihn den Boden mit eigenem Schweiß düngt, dem zu Bassopère zu begleiten, wo es die beste wächst Gottes Segen darauf." ,, Man muß Gott Bouillabaisse( Fischsuppe) von ganz Frank- helfen Korn machen." Noch deutlicher wird es reich gab.

Um Lindaus Anschluß an die US- Zone Lindau. Ueber den kurzen Aufenthalt des bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Ehard in Lind- au in der Nacht zum vergangenen Donnerstag wird von zuständiger Seite mitgeteilt, daß keinerlei po- litische Besprechungen geführt worden seien Nach- richten, wonach bei einer Besprechung in Lindau- Bad Schachen zwischen Dr. Ehard, dem franzö- sischen Gouverneur in Lindau, Le Font- Reaulx und Kreispräsidenten Zwiesler, die Modalitäten eines möglichen Anschlusses von Lindau an die ameri- kanische Besatzungszone zur Debatte gestanden ha- ben, seien völlig unzutreffend.

Gefängnis für ehemaligen Flüchtlingskommissar Ulm. Der ehemalige Flüchtlingskommissar in Ulm, Albert Scheuringer, wurde vom Landgericht Ulm wegen Untreue, erschwerter Amtsunterschla- gung und versuchten Betrugs zu 16 Monaten Ge- fängnis und 1000 DM Geldstrafe verurteilt. Scheu- ringer hatte eine schwarze Kasse unterhalten, in der er etwa 22 000 Reichsmark Flüchtlingsgelder und Ueberschuẞbeträge gesondert führte und aus der er für sich 11 000 RM verwendete.

In den Kanal gestürzt

Ulm. In Erbach, Kreis Ulm, stürzte ein 73 Jahre alter Küfer mit Fuhrwerk und Pferd, das plötzlich scheute, in den etwa vier Meter tiefen Kanal ober- lang es, sowohl den Besitzer des Fuhrwerkes, als halb der Brücke. Einigen guten Schwimmern ge- auch das Pferd an Land zu bringen.

Mittleres Erdbeben

Karlsruhe. Am Montag wurde in Karlsruhe in den frühen Morgenstunden ein mittleres Erd- beben vermerkt. Der größte Teil der städtischen Uhren blieben auf 5 Uhr stehen.

,, Gern", sagte Bougainville, ,, eine gute Bouillabaisse ist nicht zu verachten, aber eine Spazierfahrt, um uns den rechten Ap- wenn es dir recht ist, machen wir zuerst petit zu holen."

Maurice war einverstanden und stieg zu dem Freund in den Wagen. Die Fahrt ging durch mancherlei Straßen und endete schließ- lich im Hafen. ,, Ich habe hier ein Schiff lie- Bougainville und führte den Freund auf ein gen, das möchte ich dir gern zeigen", sagte stattliches Fahrzeug, auf dem viele Menschen emsig beschäftigt waren. Maurice bezeigte viel Interesse für die Einrichtungen des Schiffes, besonders für die wohnliche Kajüte, die behaglichen Schlafkojen, die saubere Küche, und vergaß über allem Schauen die Zeit, bis sein knurrender Magen ihn an die Bouillabaisse bei Bassopère mahnte.

Aber wer beschreibt seinen Schreck, als er, an Deck kommend, sah, daß das Schiff mit geblähten Segeln in voller Fahrt auf den Golf hinausfuhr, als er, fern und immer fer- ner, die weißen Häuser von Marseille schim- mern sah und hoch über ihnen auf steilem Fels die Kapelle von Notre Dame de la Garde.

39

"

,, Was soll das?" fragte er ganz verstört, als Bougainville lächelnd auf ihn zukam. , Wir wollten doch bei Bassopère frühstük- ken ,, Ganz recht. Aber du hattest eingewilligt, zuerst eine Spazierfahrt mit mir zu machen." ,, Ja, eine Wagenfahrt

"

,, Nein, eine Seefahrt. Ich bin nämlich auf einer Reise um die Welt begriffen und freue mich. im letzten Augenblick einen so ange- nehmen Begleiter getroffen zu haben."

Als das Schiff nach 3 Jahren nach Aben- teuern aller Art wieder in den Hafen von Marseille einlief, meinte Bougainville:

97

, Wenn es dir recht ist, wollen wir jetzt zum Frühstück zu Bassopère gehen. Ich muß sagen, die Spazierfahrt hat mir Appetit auf eine gute Bouillabaisse gemacht."

Nach einer Mitteilung der bayerischen Staats- kanzlei ist der Termin für die Vorschläge der deut- schen Ministerpräsidenten über die Abänderung der deutschen Ländergrenzen von den Militärregie- rungen um mehrere Wochen verlängert worden. Ursprünglich sollten die neuen Ländergrenzen am 1. September feststehen.

Der zehngliedrige Prüfungsausschuß für die Ver- einigung der Länder Baden und Württemberg trat erstmals am heutigen Tage in Karlsruhe zusammen. Hierzu wird aus Karlsruhe mitgeteilt, daß sich der Ausschuß zunächst mit den Möglichkeiten der Neu- gestaltung der Länder gemäß der Londoner Emp- fehlungen befassen wird, um die historisch gege- benen Bedingungen festzustellen, aus denen sich die Folgerungen für die Neugestaltung des südwest- deutschen Raumes ergeben könnten. Sodann sei die staatsrechtliche Grundlage der Vereinigung der südwestdeutschen Länder zu erörtern. Durch Be- rücksichtigung der strukturellen Unterschiede im Unterrichts- und Justizwesen der drei Länder hoffe insbesondere die isolationistischen Bestrebun- gen in Südbaden zu überwinden. In Karlsruhe rech- net man damit, daß sich die Kurpfalz für den An- schluß an Baden- Württemberg, die Rheinpfalz für den Anschluß an Hessen entscheiden wird.

man

WASHINGTON. Das Gallinger Krankenhaus" hat die Verwendung der vom amerikanischen Roten Kreuz gelieferten Blutkonserven", die für drin- gende Fälle von Bluttransfusionen zur Verfügung stehen, mit der Begründung verboten, daß vom Roten Kreuz zwischen dem Blut von Weißen und

Negern kein Unterschied gemacht werde, es aber unverantwortlich sei, erkrankten Weißen das Blut von Schwarzen einzuspritzen.

Herausgeber und Schriftleiter: Will Hanns Hebsacker Dr. Ernst Müller und Alfred Schwenger Weitere Mitglieder der Redaktion: Dr. Helmut Kiecza und Joseph Klingelhöfer Monatlicher Bezugspreis einschl. Trägerlohn 1.80 DM, durch die Post 2.16 DM. Einzelverkaufspreis 20 Pf. Erscheinungstage: Dienstag, Donnerstag, Samstag

Staatliche Dolmetscherschule Germersheim Die Staatliche Dolmetscherschule Germersheim nimmt zum Wintersemester 1948/49 in beschränk- tem Umfange Neueinschreibungen vor. Ihre Aufgabe besteht in der Ausbildung hoch- qualifizierter Uebersetzer bzw. Handelskorrespon- denten und Dolmetscher. Das Studium umfaßt vier bzw. sechs Semester. Es erstreckt sich auf eine Haupt- und eine Nebensprache. Als Haupt- und Neben- sprachen werden Französisch, Englisch, Russisch und Spanisch gelehrt, Italienisch, Portugiesisch und Schwedisch vorläufig nur als Nebensprachen. Neben den sprachlichen Vorlesungen und Uebungen lau- fen Vorlesungen über Philosophie, Rechtswissen- schaft und Nationalökonomie, Geschichte, Geo- graphie und Literatur. Außerdem erfolgt eine gründliche Ausbildung in deutscher und fremdspra- chiger Stenographie. Nach vier Semestern kann die Prüfung als akademisch geprüfter Uebersetzer oder Handelskorrespondent, nach sechs Semestern die Prüfung als Diplomdolmetscher abgelegt werden. Alle Bewerber müssen sich in der Hauptsprache einer Aufnahmeprüfung unterziehen, die in der zweiten Hälfte des Oktober in Germersheim statt- findet. Sie müssen ein Reifezeugnis besitzen und dürfen das 21. Lebensjahr nicht überschritten haben. Bewerber der französischen Zone werden bevorzugt. Das Sekretariat versendet ein Merkblatt, das alle wünschenswerten Auskünfte über Unterkunft( die Schule verfügt über ein modern ausgestattetes Wohnheim), Verpflegung, Gebühren usw. enthält.

Kulturelle Nachrichten

Am 8. August fand in Stuttgart die 150. Auffüh- rung der Singspielrevue" Zum weißen Röẞ 1" statt, die bis jetzt von über 300 000 Menschen be-

sucht wurde.

Ein italienischer Taucher hat an der westsizilia- nischen Küste eine versunkene Stadt ente deckt, die etwa 15 bis 20 Meter unter dem Meeres- spiegel liegt. Marmorpaläste und geometrisch ange- ordnete Straßen sollen zu erkennen sein. Man nimmt an, daß diese Siedlung aus dem 4. Jahrtau- send v. Chr. stammt, als Sizilien und Tunis durch eine breite Landbrücke verbunden waren.

Vom 22. August bis 12. September finden in Edin- statt, die ähnlich den Salzburger Festspielen aufge- burgh die schottischen Musikfestspiele

päischen Künstlern wurde Wilhelm Furtwängler zur zogen werden. Neben anderen bedeutenden euro- Teilnahme aufgefordert.