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dualismus und Kollekivismus hinführen soll, desto schneller werden unsere Vormünder zu der Einsicht kommen, daß unsere aktive Mit- beteiligung an ihren Beratungen unumgäng- lich ist. Dagegen ist es weder würdig noch klug, uns jetzt zu einer Friedensverhandlung drängen zu wollen, solange auf der Gegen- seite noch nicht die innere Bereitschaft dazu vorhanden ist.
S: udentische Skepsis
cz. Eine Befragung von Studenten und Stu- dentinnen an den Universitäten Freiburg und Tübingen im Verlaufe dieses Sommers, die eine Reihe von Problemen zur Diskussion
SCHWÄBISCHES TAG BLATT
Zentralvorstand der CDU hält zu Jakob Kaiser
BERLIN. Der Vorsitzende der CDU in der Ost- zone, Jakob Kaiser, wurde in der Zentralvor- standssitzung der CDU am vergangenen Donnerstag von einem Mitglied aufgefordert, zurückzutreten. Im Hinblick darauf, daß ihm dies von russischer Seite nahegelegt worden sei. Die sowjetische Mill- tärverwaltung hatte vor Beginn der Sitzung wissen lassen, daß sie die Teilnahme von Offizieren anderer Besatzungsmächte an der Zentralvorstandssitzung der CDU nicht wünsche.
Das Berliner Organ der CDU, die Neue Zeit", konnte nur ein kurzes Kommunique über die Sit- zung des CDU- Hauptvorstandes der Ostzone ver- öffentlichen, da ein Offizier der russischen Besat- zungsmacht mit der Behauptung, der vorliegende ausführliche Bericht sei nicht objektiv, Streichun- gen in einem Umfange vornahm, daß die Redaktion der Zeitung auf die Veröffentlichung des Berichtes verzichtete.
Als ein Angehöriger der britischen Militärregie Volkskongreẞ"-Delegation abgelehnt
rung erschien und erklärte, daß er an der Sitzung als Beobachter teilnehmen wolle, protestierte der im Versammlungsraum anwesende sowjetische Ver- bindungsoffizier. Der britische Offizier verließ nach
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BERLIN. Der vom Berliner„ Volkskongreẞ" ge- wählten Abordnung für die Außenministerkonferenz in London wurde nach einer Mitteilung der bri- tischen Militärregierung auf Anweisung des Aus-
stellte, liegt nunmehr mit ihren Ergebnissen einiger Zeit das CDU- Gebäude, um die Fortsetzung wärtigen Amtes in London die Einreiseerlaubnis
vor. Einzelne Punkte sind durchaus auch für ein breiteres Publikum von Interesse. So etwa, wenn auf die Frage: Wenn Sie die Wahl hät- ten zwischen folgenden drei Möglichkeiten, Ihr Geld zu verdienen, welche würden Sie bevor- zugen: 1. eine Arbeit, bei der Sie ziemlich we- nig verdienen, aber die Sie Ihr ganzes Leben behalten können, 2. eine Arbeit, bei der Sie ganz gut verdienen und die Sie mit einiger Sicherheit ein paar Jahre behalten werden. 3. bei der Sie außerordentlich viel verdienen, die aber auch große Fähigkeiten verlangt und die Sie sofort verlieren, wenn Sie versagen, 13 Prozent sich für Fall 1, 13 Prozent für Fall 2, 70 Prozent für Fall 3 entscheiden,
Auf den ersten Anhieb sieht das ganz er- freulich aus, wenn miteinkalkuliert wird, daß an besagten Universitäten größtenteils in Ba- den und Württemberg beheimatete Studenten arbeiten, Länder, die zu unserer Zeit doch mehr als solide und gutbürgerlich, zumal nur örtlich vom Kriege schwer betroffen, gelten. Mut zum Risiko, Glaube an eigene Fähigkei- ten sind wertvolle Eigenschaften. In unserem Falle ist aber eher anzunehmen, daß dahinter Zweifel an der Möglichkeit, jemals wieder ein ,, sicheres" Leben nur im herkömmlichen Sinne aufzubauen, steht.
Also Mut der Verzweiflung. Der Glaube an die eigenen Fähigkeiten läuft in der Frage wahrscheinlich nur so mit. Bezeichnend ist hier die Antwort, die amerikanische Jugend ( also nicht ausschließlich Studenten) auf die- selbe Frage gaben. Die Stimmen verteilten sich ziemlich gleichmäßig. Ein durchaus gesundes Ergebnis. Da ein Volk, ausschließlich aus Er- oberern bestehend, meist am Ende nicht ein- mal seinen ursprünglichen Besitz sich erhalten kann, müßte sich die Drittelung eigentlich be- währen, ohne daß deshalb gleich ein Schwin- den des„ Pioniergeistes" angenommen werden müßte, wie dies in den USA geschah.
Weitaus erstaunlicher ist das Ergebnis von Fragen, die sich mit dem Auswanderungswil- len der Studenten befaßt. Nur 9 Prozent wollen dies ohne Einschränkung ,, 51 Prozent vernei- nen, der Rest ist sich selbst nicht darüber im klaren. Man frägt sich unwillkürlich, wo wol- len die Wagemutigen denn Ihre Risikobereit- schaft beweisen?
der Besprechungen zu ermöglichen.
Nach fast zehnstündiger Sitzungsdauer sprach der Zentralvorstand der CDU Jakob Kaiser in einem Kommunique erneut sein Vertrauen aus. Zu der Forderung der sowjetischen Militärverwaltung, Ja- kob Kaiser solle zurücktreten, wurde nicht Stellung genommen. Die Landesvorsitzenden der CDU haben die Absicht, in Kürze an die sowjetische Militär- administration( SMA) heranzutreten um festzustel-
len, ob unter diesen Umständen eine Weiterarbeit
möglich ist. Die Frage einer Revision der Haltung der CDU gegenüber dem ,, Volkskongreẞ" kam überhaupt nicht zur Sprache.
Der britische Kommandant von Berlin hat gegen die Anweisung von sowjetischer Seite, daß keine andere Besatzungsmacht an der Vorstandsversamm- lung der CDU teilnehmen dürfe, Protest erhoben und bezeichnete diesen Vorfall als„ unkorrekt und unhöflich". Von russischer Seite wurde der Protest mit der Begründung, es habe sich bei der Sitzung um eine Angelegenheit der Ostzone gehandelt, zu- rückgewiesen.
Deutschland
nach England verweigert. Begründet wurde diese Ablehnung damit, daß die Frage einer deutschen Vertretung in London zurzeit erst diskutiert werde. Bevor nicht die prinzipielle Zustimmung der vier Mächte vorliege, könnten die Pässe und Visen nicht bewilligt werden.
Konferenzen ohne Ertrag
HAMBURG. Der Bürgermeister von Hamburg, Dr. Brauer, erklärte auf einer Pressekonferenz, daß er künftig an keiner offiziellen in der britischen Zone veranstalteten Sitzung oder Konferenz teil- nehmen werde.„ Im Verlauf von zwei Monaten wur- den in der britischen Zone 192 Konferenzen abge- halten, aber keine konstruktive.Arbeit geleistet." Dr. Brauer warf der britischen Militärregierung vor, sie gestehe den deutschen Vertretungen nicht genügende Entscheidungsvollmachten zu. Von fünf- zehn bis jetzt vom niedersächsischen Landtag gebil- ligten Gesetzen seien nur vier in Kraft getreten, die anderen harrten noch der Gegenzeichnung durch die Militärbehörden.
Nachrichten aus aller Welt
MÜNCHEN. Der bayerische Landtag hob die Im- munität des Abgeordneten und Parteivorsitzenden der WAV, Julius Höllerer, auf. Gegen ihn ist ein Strafverfahren wegen Beleidigung des Landtages eingeleitet worden.
MUNCEN. Die Unsicherheit in den Straßen Mün- chens ist nach Eintritt der Dunkelheit so groß ge-
worden, daß weibliche Belegschaften großer Betriebe am frühen Nachmittag geschlossen die Arbeit nie- derlegen, weil sie es nicht mehr wagen, in der Dun- kelheit allein nach Hause zu gehen.
MÜNCHEN. Franz Schwarz, der ehemalige Reichs- schatzmeister der NSDAP, ist im Alter von 72 Jah- ren im Internierungslager Regensburg gestorben.
MÜNCHEN, Der Adjutant und Pressereferent von Rudolf Heẞ, Alfred Leitgen, wurde von der Spruch- kammer Regensburg in die Gruppe der Belasteten eingereiht und zu sechs Monaten Arbeitslager ver- urteilt. Leitgen war nach der Flucht von Heß über drei Jahre in Gestapogefängnissen und in KZs. in Einzelhaft gehalten worden.
MÜNCHEN. Der bayerische Landwirtschaftsmini- ster Dr. Josef Baumgartner hat am vergangenen Freitag sein Rücktrittsgesuch eingereicht. Minister- präsident Dr. Ehard hat hierzu noch nicht Stellung
genommen.
AUGSBURG. Am vergangenen Freitag wurde auf den Eisenbahnschienen der Strecke Augsburg- Nürn-
gefunden.
BERLIN. Hitlers Bunker in der Reichskanzlei ist von einem russischen Kommando gesprengt worden.
Ausland
LONDON. Die sterblichen Reste von Sidney und Beatrice Webb wurden in der Westminsterabtei feierlich beigesetzt.
LONDON. Der ehemalige Führer der konservati- ven Partei, Lord Baldwin, ist am vergangenen Sonntag auf seinem Landsitz gestorben.
Einerseits. Andererseits zeugt dieses Ergeb- berg von einem Streckenwärter eine Bombe auf- nis von dem Willen, die Heimat nicht im Stich lassen zu wollen- soweit solche Ueberlegun- gen als sinnvoll überhaupt angestellt werden. Dabei wird aber auswandern deshalb nicht für ,, unpatriotisch" gehalten( wenigstens von 76 Prozent nicht). Da jedoch immerhin 51 Pro- zent auf eine weitere Frage antworteten, sie glauben nicht daran, daß in den nächsten fünf Jahren Schuhe und Kleidungsstücke wieder frei gekauft werden könnten und der höhere Prozentsatz in dem schwarzen Markt ein zeit- gebundenes, beinahe unumgänglich geworde- nes Uebel erkennt, wird zum andern Male deutlich, daß nicht Wagemut und Optimismus, sondern weit eher ein tüchtiger Schuß Skepsis die Antworten auf alle Fragen bestimmt, die sich mit der Zukunft beschäftigen. Durchaus nicht verwunderlich, vielleicht von Nutzen, da es uns Deutschen zwar noch nie an unbegrün- detem Optimismus, desto öfter aber an nüch- terner Beurteilungsfähigkeit einer irgend ge- arteten Situation gemangelt hat.
Die Einsicht, daß ein neuer Krieg, den im- merhin der größere Teil mit Wahrscheinlich- keit erwartet, Deutschland nur schaden könnte, beweist, daß Ernüchterung eine wesentliche Vorstufe der Gesundung werden kann.
Robert Bosch
Von Theodor Heuß
PRAG. Der tschechoslowakische Außenminister Masaryk gab auf einer Pressekonferenz die Unter- zeichnung eines Handelsvertrags mit der UdSSR bekannt.
HELSINKI. Die Kommunalwahlen in Finnland ergaben eine Verschiebung nach rechts. Die demo- kratische Volksunion die Vereinigung der Links- parteien einschließlich der Kommunisten lor 20 bis 25 Prozent ihrer Mandate.
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SOFIA. Die bulgarische Nationalversammlung bil- ligte die neue Regierung mit Dimitroff als Mini- sterpräsidenten. In dem 23 Mitglieder zählenden Kabinett sind 14 Kommunisten, 5 Mitglieder der Agrarpartei, zwei Sozialisten und zwei Mitglieder der Zveno- Partel vertreten.
WASHINGTON. Zwei gutgezielte Atombomben würden genügen, um die USA im Pazifik zur Ohn-
die notwendigen wissenschaftlichen oder orga- nisatorischen Mitarbeiter heran. Es ist nicht ganz zu übersehen, daß er den großen Auf- stieg mit der Ausführung fremder Patente ( Bogenlampen, auch Scheinwerfer) erreichte; aber er wußte, was gut ist, was besser sein könnte, und er hielt auf saubere Arbeits- leistung.
Das Problem einer kapitalistischen Auswei- tung, das mit der Errichtung von Kraftwerken ein paar Jahre später, wesentlich durch Schuk- kerts kaufmännischen Mitleiter, der ganzen Unternehmung ein neues Bild gab, konnte der junge Robert Bosch noch nicht miterleben es gab ja auch bei ihm später mehr als einmal die Frage, die sich Schuckert aufzwang, ob er sich„ gründen" ließe. Doch gewinnt man den Eindruck, daß der Nürnberger Betrieb für ihn die erste und erlebnismäßig wichtige Begeg- nung mit einem werdenden industriellen Groß- betrieb war.„ Zu Schuckert drängte sich in jener Zeit alles. Er ließ die Leute verdienen, und es war daselbst ein mächtiger Betrieb", vermerken die Notizen von 1921. Für die Grö- Benordnungen von heute spielte sich der „ mächtige Betrieb" freilich noch in einem be- scheidenen Rahmen ab: 1882 setzte zwar ein Aufschwung ein, der zu den ersten, zweckhaft erbauten und durchorganisierten Werksanlagen führte, aber als diese 1883 bezogen wurden, betrug die Belegschaft nur etwa 100 Mann.
Schuckerts Anfänge mit einem Gehilfen er- innern an den Beginn von Boschs eigener Selbständigkeit: er übernimmt Reparaturen, er beginnt Präzisionsinstrumente zu fertigen, wissenschaftliche Apparate für die Institute in Erlangen usw. Doch bald greift er nach größeren Aufgaben und wagt sich an den Bau einer dynamoelektrischen Maschine. Werner von Siemens hatte wenige Jahre zuvor, 1867, das dynamoelektrische Prinzip entdeckt und dargestellt. Auch W. E. Fein hatte damit be- gonnen, doch blieb sein anfängliches Produk- tionsprogramm, der einfallreichen Geschick- lichkeit des Mannes entsprechend, sehr viel seitig und überwiegend im Schwachstromge- biet. Bei Schuckert beginnt früher die sachliche Konzentration. Es ist die Beleuchtung, die mit der Erfindung der Bogenlampe seit geraumer Zeit die Welt beschäftigt, im Zusammenhang damit Stromerzeugung und Stromübertragung. In dem Manne meldet sich ein neuer Typ. Nicht umsonst hatte er fünf Jahre in Amerika ge- lebt, bei Thomas Alva Edison gearbeitet und einen lebhaften Eindruck nicht nur von den technisch- wissenschaftlichen, sondern auch den ökonomisch- kapitalistischen Möglichkeiten des jungen Elektrizitätswesens mit nach Hause ge- In der Rückschau auf diese Zeit ist für Bosch bracht. Er war sein Ausgangskapital bildete die berufliche Sonderarbeit nicht sehr wichtig. die ersparten 100 Dollars unternehmend in Er wird bei den Volt- und Amperemetern be- einem wagenden Sinn, selber ein erfahrener schäftigt, die der Chefkonstrukteur des Hau- Praktiker, der das Brauchbare erspürte, der ses, Uppenborn, entworfen hatte ,,, Instrumente ein Gefühl für den Markt und für das Markt- recht ursprünglicher Natur". Haften bleibt die gängigmachen besaß, keine eigentliche Erfin- soziale Atmosphäre: die Mechaniker, die viel dernatur( wie bis zu einem gewissen Grade verdienten, die aus allerlei Heimaten stammten, Fein), kein wissenschaftlicher Kopf. Es wäre denn die Stadt konnte den rasch wachsenden ihm selber ganz vermessen vorgekommen, im Bedarf an gelernten Leuten nicht schnell Vergleich an Werner von Siemens zu denken, decken, sie waren ,, wenig an Ordnung ge- dem das Auftauchen dieses regen fränkischen wöhnt", führten„ ein leichtes Leben" und Mannes mannigfaches Unbehagen bereitete. murrten, als eine Krankenkasse geschaffen, als Schuckert sorgte für gute, zuverlässige Arbeit, der Ein- und Ausgang des Fabrikhofes über- erkannte die eigenen Grenzen, und holte sich wacht als eine Arbeitszeitkontrolle ausgeübt
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macht zu verurteilen", wurde in einem vom Un- terausschuß für bewaffnete Streitkräfte ausgefer- tigten Bericht festgestellt und gleichzeitig vorge- schlagen, eine Auflockerung der Konzentration an Marinestützpunkten und Armeebasen vorzunehmen. WASHINGTON. Die auf einem Atoll im pazifi- schen Ozean geplanten Atomversuche sollen, nach einer Meldung aus den USA, der Herstellung von radioaktiven ,, Wolken" dienen, die nach Belieben gelenkt werden können.
WASHINGTON. Der Vorsitzende der Bergarbei- tergewerkschaft, John Lewis, hat sich zum zweiten Male innerhalb von zehn Jahren von dem ameri- kanischen Gewerkschaftsverband, der AFL, getrennt, um seine Freiheit wieder zu gewinnen. Die Berg- arbeiter haben diesen Entschluß gutgeheißen.
LAKE SUCCESS. Der Sicherheitsrat der UN hat die Palästinafrage auf unbestimmte Zeit vertagt. Die Vertreter Libanons und Aegyptens, die Er- klärungen abzugeben beabsichtigten, kamen nicht mehr zu Wort.
16. Dezember 1947
,, Dienstpflicht" für politische Säuberung
BEBENHAUSEN. Das Gesetz über die Einfüh- rung der Dienstpflicht zum Zwecke der Durchfüh- rung der politischen Säuberung". das am vergange- nen Mittwoch vom württembergisch- hohenzolleri- schen Landtag nach zum Teil recht scharfen Debat- ten angenommen wurde, bestimmt, daß Beamte und Angestellte der öffentlichen Verwaltung, Warte- stands- und Ruhestandsbeamte sowie sonstige Per- sonen die die Befähigung zum Richteramt oder höheren Verwaltungsdienst besitzen, zur Mitwir- kung bei der politischen Säuberung verpflichtet werden können.
Wer zum Beisitzer einer Spruchkammer oder eines Kreisuntersuchungsausschusses vorgeschlagen wird, kann zur Uebernahme des Amtes verpflichtet wer- den.
Nach§ 5 können Personen, die durch Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses nachweisen, daß sie durch Krankheit oder Gebrechen verhindert sind, das Amt ordnungsmäßig zu führen, nicht verpflich- tet werden. Der§ 6 des Gesetzes stellt fest, daß die nach den vorstehenden Bestimmungen verpflichte- ten Personen vom Staatskommissar durch Ordnungs- strafen zur Uebernahme des Amtes angehalten wer- den können.„ Die einzelne Ordnungsstrafe darf den Betrag von 3000 Reichsmark nicht übersteigen."
Der Staatskommissar für politische Säuberung, Traber, begründete das Gesetz vor dem Landtag: Eine große Anzahl der zur Mitarbeit Berufenen habe in Verkennung der Notwendigkeit der poli- tischen Säuberung sich versagt. Trotz aller Bemü- hungen sei es nicht möglich gewesen, Freiwillige für die Spruchkammertätigkeit zu gewinnen. Da- durch sei der Wiederaufbau der Verwaltung, des Schulwesens und der Wirtschaft teilweise gehemmt worden.
Das Gesetz kam insofern etwas überraschend, als der Staatskommissar noch vor kurzem betont hatte, daß er den Weg der„ Dienstpflicht" für die Arbeit der Spruchkammern nicht zu gehen gedächte.
Eine Zeitung wird verklagt
des
KOBLENZ. Vor der zweiten Strafkammer Landgerichts Koblenz wird am 19. Dezember eine Offizialklage des Ministerpräsidenten von Rheinland- Pfalz, Altmeier, gegen Redakteure der„ Rhein- zeitung" wegen Beleidigung verhandelt. Die Rhein- zeitung" hatte sich auf Aeußerungen des französi- schen Militärgouverneurs in der Frage der Kartof- felzuteilungen berufen und war deshalb von Mini- sterpräsident Altmeler vor dem Landtag bezichtigt worden, sie versuche einen Keil zwischen die Mili- tärregierung und die Landesregierung zu treiben. erwidern, daß uns die deutsch- französische Verstän- Die„ Rheinzeitung" hatte darauf geantwortet:„ Wir digung ein echteres Herzensanliegen ist als man- chem, der sich in heuchlerischen Verneigungen vor der Besatzungsmacht das Rückgrat verbiegt. Wir wissen, wie sehr gerade der Franzose eine derartige Gymnastik verachtet und wie hoch er ein offenes Wort schätzt, wenn eine gute Sache zur Diskussion steht. In der Redaktion der Rheinzeitung" gibt es keinen„ Monsieur oui, oui".
Auf diese Auslassung gründet sich die Offizial- klage des Ministerpräsidenten von Rheinland- Pfalz.
AUS DER WIRTSCHAFT
Neuer Wirtschaftsplan für Südbaden FREIBURG. Wirtschaftsminister Dr. Leibbrandt eröffnete die Sitzung des badischen Landtages mit einem Bericht über den neuen Wirtschaftsplan des Landes Südbaden. Er führte u. a. aus, die wirt- schaftliche Lage des Landes habe sich weiter ver- schlechtert. Der Wirtschaftsplan bezwecke eine kon- struktive Bewältigung der Notlage des Landes durch Hebung der Produktion auf mindestens 50 Prozent der industriellen Kapazität bis Ende 1948 und durch die größtmögliche Steigerung des Exports. Voraussetzung für die Durchführung des Planes sei jedoch eine genügende Versorgung der Bevöl- kerung mit Lebensmitteln, Kleidung usw., was nur geschehen könne, wenn die Zeit bis zum Anlaufen des Planes überbrückt werde. Die Ueberbrückung soll ein Devisenvorschuß schaffen, den Ba- den aus der Schweiz erwartet. Die in den Plan gesetzten Erwartungen würden allerdings durch Demontage und Maschinenentnahme beschattet. Die Frage, ob die Demontage in der angekündigten entschieden. Man könne aber nicht warten, bis die Form durchgeführt werde oder nicht, sei noch nicht Entscheidung gefallen sei, und eine Demonstration gegen Demontage und Maschinenentnahme hätte zwar in der Oeffentlichkeit sicher Wirkung, doch wäre damit nicht dem Volk gedient. Selbstverständ- lich werde kein Mittel unversucht gelassen, um die Maschinenentnahmen und Demontagen zu verhin- dern oder ihren Umfang herabzusetzen.
Zum Plan selbst führte der Minister aus: seine Grundlage sei die Kapazität der südbadischen Indu- strie, deren Produktion 1936 rund 1,1 Mrd. Mark be- tragen habe, im Jahre 1946 aber nur 649 Mill. Mark,
wurde. Auch ich selbst fand mich zwar wohl oder übel in diese Ordnung, war aber wenig erfreut darüber" der Individualist reagiert instinkthaft gegen die scharfe Vorschrift, doch muß er sie rationell anerkennen. Daß Bosch im Alter, nachdem er selber mit genauen Re- geln solcher Art zu wirken längst gelernt hat, diesen Satz über seine frühe Seelenhaltung niederschrieb, ist bezeichnend. Aber er notiert auch aus einer Rede, die der damalige Be- triebsleiter bei Schuckert, der früh verstor- bene Franz Decker aus Eßlingen, bei einem Firmenfest hielt ,,, daß bei einer Fabrik eine Leitung sein müsse, die wie bei einem Heere alles zu überlegen habe, um die Fabrik lei- stungsfähig und schlagfertig zu gestalten". Der Mann hat dem Hörer spürbar imponiert.
Der Aufenthalt in Nürnberg dauerte für Robert Bosch bis in den Sommer 1883; daran schloß sich eine kurze Arbeit in einer Göppin ger Fabrik, wo Bosch bei der Herstellung von Bogenlampen beschäftigt war. Diese Zeit hat keine Eindrücke bei ihm hinterlassen. Die Er- fahrungen der bisherigen Praxis legten es nahe, die Schulkenntnisse zu unterbauen. Beim Bruder Jakob in Jungingen will er sich vor- bereiten Neffen Wilhelm, der eben vor der letzten dem etwa nur vier Jahre jüngeren Klasse des Ulmer Gymnasiums steht, muß es Ferienvergnügen machen, von seiner jungen Wissenschaft in Algebra und Physik dem On- kel einiges abzugeben.
An der Technischen Hochschule in Stuttgart Für die theoretische Weiterbildung an der Stuttgarter Hochschule war das Wintersemester 1883/84 vorgesehen. Bosch schreibt 1921 über Verlauf und Ertrag dieses Halbjahres etwas summarisch:„ Ich hatte für ein solches Stu- dium zwar nicht die nötigen Vorkenntnisse, und ich hatte auch nicht die nötige Tatkraft, um meine mangelhaften Kenntnisse in Mathe- matik nun endlich wenigstens in den Grenzen des Möglichen zu vervollkommnen. Was ich in der Schule in Stuttgart lernte, das war, die Furcht vor technischen Ausdrücken zu verlie-
bei durchschnittlich um 25 Prozent gestiegenen Prei- sen. 1936 habe der Export rund ein Drittel des ge- samten Produktionsvolumens betragen. Bei der Fest- setzung des neuen Produktionsvolumens, das sich im Rahmen der Potsdamer Beschlüsse halte, habe auch der Anteil der Besatzungsmacht an der Pro- duktion eine Rolle gespielt, der bei der ersten Be- sprechung der drei Wirtschaftsminister der fran- zösischen Zone auf Grund vorliegenden Materials auf rund ein Drittel eingeschätzt worden sei. Würde man auch im neuen Plan den Anteil der Besatzungs- macht auf ein Drittel festlegen, so würde diese durch den erhöhten Produktionsanteil einen bedeu- tenden Vorteil erzielen. Wie indessen die Abtretung dieses Drittels rechtlich gehandhabt werden solle, sei noch nicht klar. Baden werde darauf drängen, daß dieses Drittel auf Reparitionskonto gutgeschrie- ben werde. Ausführliche Ziffernangaben bringen wir im Wirtschaftsteil der nächsten Nummer.
Vereinbarung über die Auslandsguthaben deutscher Gesellschaften BRÜSSEL. Im Internationalen Reparationsbüro in Brüssel ist aus der Initiative der Vereinigten Staa- ten eine Vereinbarung über die Frage der auslän- dischen Guthaben deutscher Handelsgesellschaften
Herausgeber und Schriftleiter: Will Hanns Hebeecker Dr. Ernst Müller und Alfred Schwenger Weitere Mitglieder der Redaktion: Dr. Helmut Kiecza und Joseph Klingelhöfer Monatlicher Bezugspreis einschl. Trägerlohn 1.50 RM., durch die Post 1.74 RM., Einzelverkaufspreis 20 Pfg. Erscheinungstage Dienstag und Freitag
ren. Ich wußte nachher, was Spannung und Stromstärke, was eine Pferdekraft war. Soviel hatte ich aber doch andererseits auch heraus- gebracht, daß ich noch mehr Leidensgenossen in dem Studium der Elektrotechnik hatte, die an sich auch nicht viel mehr Kenntnisse hatten,
denen es aber auch noch an der Fähigkeit fehlte, die Gedanken zusammenzuhalten, zu beobachten und Schlüsse zu ziehen. Der da- malige Lehrer der Elektrotechnik hatte von mir nach meinen Beobachtungen keine schlechte Meinung, obgleich der tatsächliche Gewinn an wissenschaftlicher Erkenntnis während dieses halben Jahres selbstverständlich gering war."
hatte eben ein neu errichtetes Ordinariat für Dieser Lehrer, Professor Wilhelm Dietrich, Elektrotechnik erhalten; in den vorangegan- genen Semestern fungierte er noch als ,, Hilfs- lehrer". Die Elektrizität als Teilgebiet der all- gemeinen Physik war selbstverständlich seit einigen Jahrzehnten Lehrgegenstand geworden
die Forschungen von Galvani und Volta, Gauß, Siemens hatten neue Erscheinungen, on Davy, Faraday und Maxwell, von Ohm, Gesetzmäßigkeiten, Meßbarkeiten in diesem Bezirk der Geheimnisse erschlossen. Es fehlte irgendwie nutzbar zu machen. Doch blieb das auch nicht an frühen Versuchen, das Erkannte langehin bloßes Mühen des Laboratoriums, des Modellversuches, den wohl die Geschichte sorgsam bewahrt, den sie auch mit den Prio- ritätsansprüchen der einzelnen Nationen be- hängt, der aber noch keine Wirkung in die Breite gewann. Das setzte wesenhaft erst ge- gen die Mitte des Jahrhunderts ein mit Wer- ner von Siemens Leistung für den zuverlässi- gen Telegrafenbau und in einem anderen Be- zirk mit den mannigfaltigen elektrolytischen Versuchen. Dann kamen Schlag auf Schlag die neuen Erfindungen: die Bogenlampe, die Glüh- fadenlampe, das Telefon; mit der Dynamo- kraftmaschine von Siemens aber gewinnen die technisch- industriellen Möglichkeiten die mei- sten Perspektiven. 1882 wurde in Darmstadt, mit Erasmus Kittler, der erste deutsche Lehr- stuhl für Elektrotechnik geschaffen.( Forts 4)