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Ruhrkohle und Industrieplan DÜSSELDORF. Der Ministerpräsident von Nordrhein- Westfalen, Arnold, begrüßte in einer Stellungnahme zum neuen Ruhrplan die vorgesehene Steigerung der Ruhrkohlenför- derung auf den Vorkriegsstand, machte jedoch Bedenken gegen die ungeklärten Besitzver- hältnisse geltend. Der Landtag von Nord- rhein- Westfalen habe einstimmig beschlossen, die Kohlenbergwerke nicht mehr in die Hände

der früheren Besitzer gelangen zu lassen, viel- mehr solle bis zur endgültigen Regelung eine Treuhandverwaltung eingesetzt werden. Die- ser Beschluß, getragen von der überwältigen- den Mehrheit der Bevölkerung, versuche den Erfahrungen der Vergangenheit Rechnung zu tragen.

Zur geplanten Modernisierung der Berg- werke schlug der Ministerpräsident eine noch- malige Ueberprüfung der Demontagelisten

vor, damit die Maschinen zurückgehalten wer- den könnten, die für diese Zwecke verwend- bar seien Zur Erhöhung der Lebensmittel- rationen führte Arnold aus, daß es nur ken- sequent sei, sie für die gesamte Bevölkerung des Ruhrgebiets und nicht allein für die Berg. arbeiter durchzuführen.

In einer Stellungnahme des deutschen Ge- werkschaftsbundes der britischen Zone zum neuen Industrieplan für die Bizone wurde festgestellt, daß die Vorbereitungen zur Ver- wirklichung dieses Planes, eine ausreichende Ernährung für die arbeitende Bevölkerung so- wie die Beseitigung der Unsicherheit hinsicht- lich der Demontagen von für Friedenszwecke verwendbaren Fabriken und Maschinen noch nicht erfüllt seien

Herabsetzung der Besatzungskosten MÜNCHEN. ,, Ein finanzieller Zusammen- bruch Deutschlands kann auf längere Sicht nur dann verhindert werden, wenn die Besat- zungskosten auf ein tragbares Maß herabge- setzt und fixiert werden", wird in einem Kommunique der Konferenz der Finanzmini- ster alier Länder der Bizone festgestellt. Ausdrücklich wurde betont, daß die Aus- gabenwirtschaft der Länder eingehend über- prüft und schärfste Sparmaßnahmen durchge- führt werden müßten. Dies sei schon mit Hin- sicht auf die ungeheuren Soziallasten erfor- derlich, die die Länder künftig in steigendem Maße zu tragen hätten.

Waldverwüstung politisches Problem

HAMELN. Der Kreistag von Hameln/ Bad Pyrmont befaßte sich mit den vorgesehenen rigorosen Waldabholzungen im Gebiet von Hameln. Dort sollen 50 000 Festmeter Buchen- holz in nächster Zeit von 500 ausländischen Arbeitern eingeschlagen werden. Die Abge- ordneten aller Parteien wandten sich gegen diesen Plan und beschlossen, in einer Resolu- tion über die Landesregierung in Hannover bei der Besatzungsmacht um wirtschaftliche Einsicht, Klugheit, Gerechtigkeit und Huma- nität zu bitten, um die Abwendung dieser Maßnahme zu erreichen. In der Resolution wurde das Problem der Waldverwüstung als ein über das Forstliche hinausgehendes poli- tisches Problem gekennzeichnet.

Schumacher in Hamburg HAMBURG,., Der Friede Europas basiert auf der Einigung Deutschlands", erklärte der Vorsitzende der SPD. Schumacher in der letz- ten Rede vor seiner Abreise nach den USA. auf einer Großveranstaltung der SPD. Es gäbe keine Patentlösungen für die Probleme, die Deutsch' d heute beschäftigten. Es habe auch keinen Zweck, irgendeiner fremden Macht nachzulaufen, da die deutschen Probleme nur auf nationaler Basis gelöst werden könnten Be veiungsminister Kamm bleibt STUTTGART Der württembergisch- badi- Befreiungsminister, Gottlob Kamm, wird voraussichtlich sein Rücktrittsgesuch zu- rücknehmen, gab das württembergisch- badi- sche Staatsministerium bekannt. Seine Bemü- hungen um Abänderung des Befreiungsgeset- zes hätten sich so günstig entwickelt, daß die Gründe für seinen Rücktritt entfielen. Die amerikanische Militärregierung habe die- tigkeit des Ministers rückhaltlos anerkannt.

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Der Baripulzer von Bagdad

Von Eberhard Orthbandt

Um des Aufsehens willen, das der Kalif sicher vermeiden wolle, sei bloß im Innern des Schiffes die Festbeleuchtung hergerichtet worden; wenn es beliebe, so könne man nun hinuntersteigen und die Waren bewundern. ,, Nein!", rief Kasuel, der jetzt ganz in seine Rolle hineingewachsen war, herauf bringt die Waren! Unters Volk sollt ihr sie verteilen! Heute hat mich Allah erleuchtet, und dem Diener Allahs gepriesen werde sein Name! geziemt es, den Armen zu geben und die Hände zu öffnen und Gaben zu spenden und Da erhob sich ein nur durch die Grenzen der Schicklichkeit und Ehrerbietung gebän- digter Jubel und ein Freudentanz in der Volksschar, und die keuchenden Schiffsleute schleppten Ballen um Ballen und Geräte und Leuchter und Oel und alle Kostbarkeiten her- aus, die ein Herz erfreuen können, und war-

niemanden darben zu lassen.

SCHWÄBISCHES TAG BLATT

Die ,, entschiedenen Verfassungsfreunde"

Offenburg feierte Gedenktag der deutschen Demokratie

OFFENBURG. Die Stadt Offenburg feierte am 13. September das Andenken der ,, entschie- denen Verfassungsfreunde", die vor hundert Jahren dort zusammenkamen und in fünf Ar- tikeln die Wiederherstellung der Verfassung verlangten, ergänzt durch acht weitere Forde-

rungen zur Entwicklung der Verfassung. Diese Versammlung, die vor der Märzbe- wegung vor 1848 in Deutschland zusammen- trat, kann als Pate der demokratischen Be- wegung Deutschlands bezeichnet werden. Am 13. September sprach im Rahmen einer Gedenkfeier der badische Staatspräsident Wohleb und der Präsident des Ausschusses für Außenpolitik des Rats der französischen Politik Salomon Grumbach. Staatspräsi-

dent Wohleb wollte die Artikel von damals durch zwei weitere ergänzt wissen:

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, Wir verlangen Menschlichkeit und Frie- den, wir verlangen Ordnung und die europäi- sche Konföderatio."

Salomon Grumbach erklärte: ,, Ich habe mich entschlossen, an dieser Feier teilzunehmen, weil das Schicksal unserer Völker tragisch verbunden ist, weil Frankreich und Deutsch- land immer Nachbarn sein werden, weil heute das englische, das französische und das deut- sche Volk Hunger haben, weil sich die ganze Welt in einem Chaos befindet, aus dem sie

wieder herauskommen muß, wenn die Zivili- sation weiterleben soll."

Das deutsche Volk sei sich vor hundert Jah- ren nicht bewußt gewesen, was Freiheit be- deute. Seine Tragödie bestehe darin, daß die Demokratie nur dann immer am Ruder zu sein scheine, wenn Unglück und Besetzung herrsch- ten. Auch die heutige deutsche Jugend werde später Demokratie gleichsetzen mit Nieder- gang und Unglück.

16. September 1947

Kleine Weltchronik

Deutschland

BADEN- BADEN. Zu Ehren der elf Millionen Menschen, die als Opfer des Faschismus den Tod fanden, wurden am Vorabend des 14. September in vielen Orten Deutschlands Gedächtnisfeiern und Kranzniederlegungen durchgeführt.

SPEYER. In Speyer wird zurzeit der Druck von

Notgeldscheinen zur Behebung des Kleingeldmangels in der französischen Zone besprochen. STUTTGART. Auf Anregung des Länderrats soll in Kürze ein deutsches Forschungsinstitut für die Geschichte des Dritten Reiches gegründet werden. GARMISCH. Ein Waldbrand an der Arnspitze bei Mittenwald hat sich auf ein Gelände von ungefähr 75 ha ausgedehnt. Das Wasser muß in 3 Schlauch- 1450 m Höhe gepumpt werden.

FRANKFURT. Die dänische und die tschechoslo- wakische Regierung wollen den kürzlich freigespro- chenen Otto Skorzeny wegen Kriegsverbrechen vor Gericht stellen.

DÜSSELDORF. Die Lebenshaltungskosten in der britischen Zone sind gegenüber 1938 um 53 Prozent gestiegen.

Er wisse, daß militärische Besetzung keine gute Schule für Demokratie sei. Frankreich werde in seinen Forderungen gegenüber leitungen in ein 12 000 1 fassendes Gummibassin auf Deutschland nicht von Rachegefühlen beseelt, sondern durch seine wirtschaftliche Notlage Ohne einen Wiederaufbau Deutschlands werde gezwungen, das Lebensnotwendige zu fordern. es jedoch keinen Wiederaufbau Europas geben. Zur Frage, wie lange der heutige Zustand und das Besatzungsregime in Deutschland dauern werde, erklärte Grumbach, niemand könne dies wissen, sicherlich solange, bis die Demokratie tatsächlich Gemeingut aller Deut- schen geworden sei Er hoffe, daß die Novem- berkonferenz in London zu einem Erfolg werde, damit es nicht ein zweigeteiltes Deutsch- land und damit ein zweigeteiltes Europa und einen zweigeteilten Erdball gäbe und Deutsch- land ein geeintes Volk in einer demokratischen Republik werden könne.

Bayerische SPD. geht in die Opposition

MÜNCHEN. In der am vergangenen Sams- tag eröffneten Sitzung des Landesausschusses der SPD. Bayerns kam gleich von Anfang an zum Ausdruck, daß der stellvertretende Mini- sterpräsident, Dr. Högner, und der Fraktions- vorsitzende, Stock, in der Regierungkoalition verbleiben wollen, während der Vorstand ge- gen ein Verbleiben der SPD. in der Koalition ist. In zwei Geheimsitzungen des Landesvor- standes und der Landtagsfraktion sprach sich der Parteivorstand mit 19 gegen 7 und die Landtagsfraktion mit 23 gegen 20 Stimmen für den Austritt aus der Regierungskoalition

mit der CSU. aus.

In einer weiteren Sitzung löste der Landes- ausschuß der bayerischen SPD. die Koalitions- vereinbarungen mit der CSU. vom Januar dieses Jahres und forderte die Minister und Staatssekretäre der Partei auf, aus der Regie- rung auszutreten. Landtagsfraktion und Land- tagsausschuß wurden beauftragt, Neuwahlen zum Landtag herbeizuführen.

Ueberfüllung der Flüchtlingslager MÜNCHEN. Die Anordnung der amerikani- schen Militärregierung in Bayern, illegale Grenzgänger aus der Sowjetzone vorläufig nicht mehr zurückzuschicken, kann zu einer kritischen Lage in den bereits jetzt überfüll- ten Flüchtlingslagern Bayerns führen, erklärte ein Vertreter des bayerischen Staatssekreta- riats für das Flüchtlingswesen Mit Einsetzen der kälteren Witterung würden die deutschen Stellen vor eine nahezu unlösbare Aufgabe gestellt, da die meisten Lager für Durchgangs- zwecke bestimmt und nicht winterfest seien.

Aus der Ostzone

BERLIN. Der Chef der landwirtschaftlichen Abteilung bei der SMA., Oberst Kabanow hat Einzelheiten über die Durchführung der Bodenreform in der Sowjetzone bekanntge- geben. Die Bodenreform sei auf der Basis wahrhafter Demokratie vollzogen worden. Der Herrschaft der Großagrarier sei zugunsten der Kleinbauern und Flüchtlinge ein Ende berei- tet worden.

Die Gesamtfläche des beschlagnahmten Bo- dens beträgt danach 3 041 500 Hektar, davon sind 51,1 Prozent Ackerland, 31,9 Prozent Wald und 10,6 Prozent Wiesen und Weiden. 469 795 Familien mit insgesamt etwa 2 Millionen Menschen, darunter 119 650 Familien besitz- loser Bauern und Landarbeiter und 83.802 Um- siedlerfamilien, haben Land erhalten. Durch- schnittlich wurden 7,7 Hektar zugeteilt.

Zurzeit finden Besprechungen statt, um die

regungslos zurückgehalten. Es war ein kräf- tiger Mann mittleren Alters, mit einem dunk- len, sorgfältig gestutzten, wenn auch zerwühl- ten Bart, unter dem Turban hervor funkelten zwei kühne Augen; aber sein Anzug hatte- schlechtesten Sorte und eigentlich nur noch cher, und seine Pantoffeln waren von der Erinnerungen an das, was sie einstmals vor- gestellt hatten. Ein Glücklicher, der mit be- ladenen Armen an ihm vorüberrannte, und hastig zu: Mach schnell, steh nicht herum! selbst zur Gilde der Bettler gehörte, rief ihm Sonst nehmen sie dir die schönsten Sachen vor der Nase weg! Beim Bart des Propheten! Solch einen Dummkopf wie dich sah ich nie!" Und in vollem Laufe entfernte er sich. Ein anderer, von seinem Weib unterstützt, näherte sich; beide schleppten einen Ballen Seide zwi- schen sich. ,, Welch ein guter Herrscher ist doch Allahs Gnade ist wirklich auf ihm!" Sie zogen unser Kalif, sagte die Frau schwärmerisch,

davon.

Der Austritt aus der Koalition wurde da- mit begründet, daß die, Entscheidungen der CSU.- CDU. in Frankfurt. die sozialistenfeind- lichen Wendungen in der Eichstätter Rede des Ministerpräsidenten Dr. Ehard und die Ge- samthaltung der CSU. in der Regierung so- wie in vielen Stadt- und Landkreisen, das Vertrauen in die Koalitionstreue der CSU. zerstört haben. Die SPD. löse daher ihre Ver- einbarungen mit der CSU, und gehe in die Opposition über.

DÜSSELDORF. Die britische Militärregierung hat die von der KPD. beantragten Interzonenpässe für den SED Parteikongreß in Berlin abgelehnt. OLDENBURG. Im Monat August sind im Bezirk Weser- Ems infolge der dauernden Stromabschaltun- gen über drei Millionen Liter Milch verdorben. BREMEN. Durch die Ausbaggerung des Bremer Kohlenhafens hat sich in den letzten Tagen die Bremer Bevölkerung mit zusätzlicher Kohle versor- gen können.

HAMBURG. Ein Koffer mit Schmuckstücken aus Bismarckschem Familienbesitz ist aus dem Gut Bliesdorf bei Ratzeburg entwendet worden.

HAMBURG. Die bisher größte Fälscherzentrale in der britischen Zone ist in Hamburg aufgedeckt worden. Ueber 100 Personen wurden verhaftet und gefälschte Bezugsmarken für viele Millionen Zi- garren, Zigaretten, Tabak, Lebensmittel und andere Dinge beschlagnahmt.

KIEL. Der Schleswig- Holsteinische Landtag hat ein Trümmergesetz angenommen, wonach die Trüm- mer ohne Entschädigung der bisherigen Besitzer Gemeindeeigentum werden. Die Gemeinden sind zur Aufräumung und Verwertung der Trümmer ver- pflichtet.

BERLIN. Die jugoslawische Militärmission hat die Meldungen ausländischer Zeitungen über Banden-

,, lügenhaft" zurückgewiesen.

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärte, er be- dauere das Ausscheiden der SPD. aus der kämpfe in Mazedonien, Serbien und Kroatien als bayerischen Regierung auf das lebhafteste. Es erscheine ihm zweifelhaft, inwieweit ein neues Parlament arbeitsfähiger als das bisherige sein werde. Ob er und die CSU. sich bereitfinden werden, unter den gegebenen Umständen ein reines CSU.- Kabinett zu bilden, werde erst nach Rücksprache mit den maßgebenden CSU- Ministern und Funktionären entschieden werden.

103 Privateisenbahnen mit einer Gesamtstrecke von rund 3400 km in die Planung der Reichs- bahn einzubeziehen.

landeseigenen Betriebe kritisiert, die nach sei- Der sowjetische Chef für Thüringen hat die ner Ansicht eine mangelhafte Organisation. aufweisen. Die Direktoren sollen in Zukunft schlechte Arbeitsdisziplin und Verlustwirtschaft ohne Einmischung des Betriebsrats das Werk Kräfte, die sich als ungeeignet erwiesen ha- allein leiten. Die Entlassung aller leitenden ben, wurde angeordnet.

Wirtschaftliche Einheit unmöglich?

BERLIN. Der Geschäftsführer und Vorsit- zende des Freien deutschen Gewerkschafts- bundes und die Vorsitzenden der Industrie- sich gegen die Bildung eines bizonalen Ge- gewerkschaften in der Sowjetzone wandten werkschaftssekretariats in Frankfurt am Main. Es sei der Wille der überwiegenden Mehrheit aller deutschen Gewerkschaften, eine Vier- zonenvereinigung der Gewerkschaften

bilden.

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Dabei wurde Bezug genommen auf eine Er- klärung von General Clay, der eine über- zonale Verbindung der Gewerkschaften von der wirtschaftlichen Vereinigung Deutschlands abhängig gemacht haben soll.

Die Vertreter der Gewerkschaften der Sow- jetzone führten hierzu aus, die Aeußerungen Clays seien geeignet, die gesamtdeutsche Ge- werkschaftseinheit zu erschweren, da er sie von Bedingungen abhängig mache, die vorerst unerfüllbar wären.

Er reizt seine Unzufriedenheit! Er heißt sie plündern!" Der Angesprochene schüttelte den Kopf. Gedulde Dich, Großwesir", erwiderte er ,,, wenn erst Bartputzer meinem Thron ge- fährlich werden, muß er doch bald zusammen- stürzen; aber daran ist nicht zu denken."

BERLIN. Sämtliche früheren Fähnriche, aktive und Reserveoffiziere der ehemaligen deutschen Wehrmacht, die als Nachwuchskräfte für den geho- benen Dienst bei den Eisenbahnen in der Sowjet- zone ausgebildet werden, sind nach einem Erlaẞ der deutschen Zentralverwaltung für Verkehr in der sowjetischen Besatzungszone fristlos zu ent- lassen.

Ausland

PARIS. General Pierre Koenig ist zum Akademie- Offizier, der höchsten Auszeichnung des Ministe- riums für Unterrichtswesen, ernannt worden.

PRAG. Der tschechoslowakische Landwirtschafts- minister erklärte vor dem Parlament, daß die Ern- teausfälle annähernd 20 Millionen Kronen betragen, d. h. 25 Prozent des Gesamtumsatzes der tschechi- schen Landwirtschaft.

WIEN. Am Tor der in Wien stattfindenden Aus- stellung., Warschau klagt an" wurde von unbe- kannten Tätern ein Plakat angebracht, das die Aufschrift trug: ,, 12 Millionen Deutsche klagen an: vertrieben, verhungert, gemetzelt, erfroren. Wer fragt danach? Für Gerhart Hauptmann."

BUDAPEST. Nach der Umbildung des Vorstands der ungarischen Kleinlandwirtepartei werden alle Politiker des linken Flügels, einschließlich des bis- herigen Ministerpräsidenten Dinnyes, keine füh- renden Stellungen innerhalb der Partei mehr be- kleiden. Die Partei wird jedoch nach ihrem Rechts- ruck wieder an der Regierung teilnehmen. CARACAS. Bei einer Verschwörung in Venezuela wurden 200 Teilnehmer, darunter der ehemalige In- nenminister und der Polizeichef der Hauptstadt verhaftet.

BOGOTA. Gegen alle Monopole ausländischer Plutokratien" wandten sich USA.- feindliche Kund- gebungen in Kolumbien.

TOKIO. Im japanischen Finanzministerium ist, ein Großbrand ausgebrochen, dem ein Teil der Archive und der Unterlagen zum Opfer fiel.

Herausgeber und Schriftleiter: Will Hanns Hebsacker, Dr. Ernst Müller und Alfred Schwenger. Weitere Mitglieder der Redaktion: Dr. Helmut Kiecza und Joseph Klingelhöfer Monatlicher Bezugspreis einschl. Trägerlohn 1,50 RM., durch die Post 1,74 RM., Einzelverkaufspreis 20 Pfg. Erscheinungstage Dienstag und Freitag.

so Lügen strafte wie die Tapferkeit und Kraft, mit der er gefochten hatte, und sie erwiderte verschämt:" Suleika ist mein Name, ich bin die Tochter des Handelsherrn Ibrahim, dessen Schiff soeben auf Befehl des Kalifen ausge- plündert wird; ich schlief, der Hitze wegen, mit einer Freundin unter der Obhut treuer

Diener und Wächter an Bord, als ein Händler, den ich einige Male als Gast bei meinem Va- Kalif, als Bartputzer verkleidet, die Ladung ter gesehen, uns die Nachricht brachte, daß der

zu sehen wünsche. O mit welcher Freude be- sondern ließ nur einfach unsere Habe unter lauchten Besuch vor! Aber dann kam er nicht, reiteten wir uns in größter Eile auf den er- eine oder andere Stück für uns zu retten, denn die Volksmenge verteilen, und ich stürzte hin- aus, um ihn um Gnade anzuflehen, oder das Kalif sei ungerecht oder grausam, aber wisse es darf ja jeder zugreifen; da faßten mich die nichts", sagte der Bettler; ,, jetzt glaubst Du, der Bösewichte und schlugen mich." ,, Fürchte

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Tabak und Kaffee und Gewürze und silberne das Gewühl gesehen hatten und eilends her- leuchteten auf, ihr Mund war halb geöffnet. die Straßen wandeln sehen, und kenne ihn

fen sie vor Kasuel zu Boden, indes Ibrahim schwitzend und fluchend im Bauch des Schiffs der Verschwendung Einhalt zu gebieten suchte und das Beste beiseite tragen ließ und seine Seele mit dem Gedanken an den ständig stei- genden Verlust kasteite.

Die Menge, die bis jetzt sich eines guten Benehmens befleißigt hatte und in der Gegen- wart ihres Herrschers, des Herrn über Tod und Leben, keine laute Aeußerung zuschulden kommen ließ, wurde durch den Anblick der Geschenke außer Rand und Band gebracht, sie löste sich in gierig greifende, raffende und schließlich miteinander kämpfende Einzelwe- sen auf, die sich traten und schlugen und schrien und drohten und zu Füßen des geistes- entrückten Kasuel mit Dolchen aufeinander losgingen und sich gegenseitig umbrachten. Einer hatte sich während der ganzen Zeit

Der Hafenmeister und die Hafenwache, die beigelaufen waren, wurden schnell genug über den Urheber dieses Festes belehrt, warfen die Waffen fort und stürzten sich ebenfalls auf die Waren; denn was dem einen recht war, war dem andern billig, und die Dunkelheit war groß genug, um ihrem Gebieter ihr pflichtvergessenes Handeln zu verhüllen.

Ein alter, hochgewachsener und noch rüsti- ger Mann kam den Kai entlang; die langen Pumphosen schlotterten um seine Beine, und im Schal, den er um die Hüften gewunden hatte, steckte ein krummer Dolch. ,, Pst, pst, hierher!" rief der Bettler ihm zu, ohne seine Stellung zu verändern. ,, Hierher, Omar!" Der Alte hastete mit langen Schritten auf den Unbeweglichen zu. ,, Herr", flüsterte er, als er den Bettler erreicht hatte ,,, befiehlst Du, daß ich Deine Leibwache hole und diesem Spuk ein Ende bereite? Je länger dieser Wahn- witzige sein Unwesen treibt, je gefährlicher kann es Dir werden! Er wiegelt das Volk auf!

In diesem Augenblick wälzte sich ein Hau- fen schreiender, zankender Gestalten auf die beiden Abseitsstehenden los, an einem Stück Tuch oder dergleichen zerrend; doch als sie nahe gekommen waren, sah man, daß es ein Weib war, welches von ihnen miẞhandelt mit ihr!" Und da, wie ihr wißt, Mohammed wurde. ,, Diebin!" schrien sie ,,, zum Scheitan der Frau eine Seele abgesprochen und ihr den Eingang ins Paradies verwehrt hat, würden die Kerle sie ohne Gewissensbisse erschlagen oder ertränkt haben, wenn nicht in dem Bett- Frau jung und schön war; bei ihrem verzwei- ler sich das heiße Blut geregt hätte: denn in dem ungewissen Mondlicht sah er, daß die felten Sträuben hatte sich längst der Schleier gelöst, ihr Haar hing wirr herab, ihre Augen denn ich habe ihn so oft verkleidet durch -: aber während sie verzweifelt beteuerte: ,, Ich er wird Dir morgen zehnfach erstatten, was bin unschuldig! Nichts habe ich getan, was er heute nimmt. Komm zu ihm in den Palast nicht erlaubt ist!" schleppten sie die Peiniger Erhabene weiß es!", und sie werden Dich so- und sage den Wachen lediglich das Wort ,, Der johlend und bösartig mit sich fort. Da entriẞ gleich zu ihm führen, und seine Augen wer- der vorgebliche Bettler dem verkleideten den mit solchem Wohlgefallen auf Dir ruhen, Großwesir den krummen Dolch mit einem Ruck wie jetzt die meinen, schöne Suleika!" und warf sich mit gewaltigen Armbewegungen in den Haufen, hieb die Quälgeister rechts und links nieder oder warf sie zur Seite, ohne ein Wort zu sprechen, und der Großwesir, nach dem ersten Stutzen, ruderte mit seinen langen Armen und Beinen hinterdrein und schlug den Gegnern seine knochige Faust ins Gesicht. Die junge Frau fiel zu Boden und blickte erglühend, sin inniger Dankbarkeit, zu ihrem Befreier auf, der sie ritterlich emporhob und seinen Arm um sie legte, um die Zitternde zu stützen, in- des der Großwesir beiden den Staub aus den Kleidern klopfte. ,, Wie nenne ich Dich, schönste Blume von Bagdad?" fragte der Bettler mit einem Anstand, der sein Lumpengewand eben-

Indes sie diese Reden wechselten, und der Großyesir seine Säuberungsarbeit beendet hatte, war ein Haufe der soeben Geworfenen, verstärkt durch Freunde, im Halbkreis heran- geschlichen; jetzt stürzten sie sich über die drei, brachten sie zu Fall und ergriffen sie bei Händen und Füßen. Aber die Hafenwächter, die unter der Menge waren, hatten es bemerkt. , Wollt ihr die Sünde auf euch laden, im An- gesicht des Kalifen einen Mord zu verüben?" schrien sie, und schlugen ihrerseits mit flachen Klingen und Stöcken auf die Köpfe der Ban- diten ein. ,, Tragt eure Sache dem Kalifen vor, er soll richten!"

( Fortsetzung folgt