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Ist der Nazismus tot?

Er ist nicht tot, wie auf der Interzonen- konferenz der politisch Verfolgten des Nazi- regimes in Frankfurt a. M. ebenso wie bei der Gründungsversammlung der VVN. in- bingen festgestellt wurde und wie es neuer- dings E. A. Schneider in einem ausführ- lichen Bericht im Tagesspiegel" über den ,, Neonazismus in Deutschland" mit alarmie- renden Beispielen belegt, auf die wir gerade in den letzten Wochen auch in unserer Zei- tung mehrfach hingewiesen haben. Der Ta- gesspiegel", eine der führenden amerikanisch lizenzierten Zeitungen, stellt fest, daß immer noch in maßgeblichen Stellungen der Verwal- tung und der Justiz, aber auch in den Hoch- schulen, technischen Lehranstalten und in der Industrie sich zahlreiche und sehr gefährliche Nazis befänden, die mehr oder weniger ge- schickt getarnt ihre alten destruktiven Ziele verfolgten, tatkräftig unterstützt von kleine- ren, ebenso unbelehrbaren und bösartigen Pgs., die durch Flüsterpropaganda, Verleum- dungen und Denunziationen ganz im Sinne threr ,, Führer" Adolf Hitler und Josef Goeb- bels planmäßig hetzen und wühlen, um da- durch Mißtrauen und Unzufriedenheit in die Bevölkerung zu tragen und die vom ,, Führer" befohlene ,, totale Vernichtung" doch noch zu verwirklichen, Warnend weist der ,, Tagesspie- gel" auf die gleichartige Entwicklung in der Weimarer Republik hin, die versäumt habe, rechtzeitig und radikal diese Totengräber un- seres Volkes unschädlich zu machen. Wandten sich die Landsknechte und Desperados jener Zeit der Schwarzen Reichswehr zu, dann be-

völkern sie heute ebenso zahlreich den Schwar- zen Markt, der immer noch sehr vielen ille- gal lebenden und von den Gerichten gesuch- ten Naziverbrechern Unterschlupf und Le- bensmöglichkeiten bietet.

Der Tagesspiegel" fordert vor allem eine rigorose Säuberung von allen ge- fährlichen Nazis gleich welcher Art, außerdem eine Bekämpfung des Schwar- zen Marktes, der nicht nur ein wirtschaft- liches, sondern auch ein politisches Problem sei, am besten durch eine rasche und durch- greifende Währungsreform und schließt seine Ausführungen wie folgt: ,, Die Lage ist ernst und erfordert höchste Wachsamkeit. Die poli- tische Unreife des deutschen Volkes erweist immer wieder die große Aufgabe der Presse und der Parteien. Sie müssen das Volk er-

ziehen, indem sie ihm auch unbequeme Wahr-

heiten sagen."

Prozesse und Spruchkammern DACHAU. Otto Skorzeny und seine sie- ben Mitangeklagten wurden am vergangenen Dienstag von einem amerikanischen Militär- gericht freigesprochen. Die Verteidigung hatte bewiesen, daß durch das Tragen amerikani- scher Uniformen bei der Eifeloffensive das Völkerrecht nicht verletzt worden ist. Die An- geklagten hätten bei einer Gefangennahme

als Spione erschossen werden können, doch nachträglich könne man sie nicht mehr be- strafen.

DACHAU. Der ehemalige Insasse des KZ. Mauthausen Waldemar Barner hat wegen Mißhandlungen seiner Mitgefangenen 15 Jahre Zuchthaus erhalten.

KASSEL. Im Prozeß gegen Direktoren und Angesellte der Spinnfaser- AG. Kassel ist der Hauptangeklagte Dr. Erich Reimann zu 20 000 RM. Geldstrafe und einige Mitange- klagte zu Gefängnis- und Geldstrafen verur- teilt worden. Das Gericht hatte sie für schul- dig befunden, unrechtmäßige Kompensationsge- schäfte abgeschlossen und Textilien ohne Be- zugsrechte ausgegeben zu haben.

NÜRNBERG. Das gegen die elf Südost- Generale verhandelnde amerikanische Militär- gericht ist nach Norwegen abgeflogen, um sich in der norwegischen Provinz Finnmarken von den Zerstörungen zu überzeugen, die dem Angeklagten Rendulic zur Last gelegt werden. MÜNCHEN. Zwei Wachmänner des KZ. Mauthausen sind von einem Dachauer Militär- gericht zum Tode durch den Strang verurteilt worden. Sie hatten durch Benzininjektionen eine nicht genau zu bestimmende Anzahl von KZ.- Häftlingen ermordet.

Der Bartputzer von Bagdad

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Von Eberhard Orthbandt

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Kasuel war keineswegs so dumm, wie er in diesem Augenblick aussah; aber der Wein hatte seine Ueberlegungen so beharrlich in eine Rich- tung gefördert, daß er sich selbst kaum noch kannte: O Allah", dachte er ,,, so schnell hast Du die Wünsche Deines Gläubigen erhört oder sind sie mir gesandt worden, weil Allah Jetzt und in dieser Stunde die große Wand- lung an mir zu vollziehen gedenkt?" So ko- stete es Kasuel nicht viel Mühe, großmütig mit dem Kopf zu nicken und zu sprechen: Erhebe Dich, Fremdling, und führe mich sogleich zu Deinem Schiff, denn ich fürchte, daß böse Menschen sich voreilig an Deine Schätze ma- chen könnten und bist Du der Mannschaft sicher? Manch einer hat einen vollen Bart, und wenn man ihn anfaßt, ist sein Haar dünn und nichts wert, und mancher trägt nur einen dunklen Reif ums Kinn, aber jedes Haar da- von ist stark wie eine Schweineborste, und ge- waltige Kraft wohnt in ihm. So lehrt ein je- der Beruf Schein und Sein zu unterscheiden, und große Herrscher haben schon als Bart- putzer begonnen, weil sie mit dem Schermesser und dem Haarbesen und dem Kinn in der Hand das Schwert, die Gesetze und die Völker zu führen lernten!"

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,, Erhabene Weisheit spricht aus Deinem er- lauchten Munde", murmelte der Kaufmann; und plötzlich fiel ihm ein, daß er in der Auf- regung es vergessen hatte, seinen Namen zu nennen. Zugleich aber kam ihm, diesem schlauen Sohn des Goldes, eine Eingebung von wunderbarer Listigkeit: wenn er den Kalifen heute zu einem Schiff führte, das, an Ladung geringer und ärmer als das eigene, nicht ihm, aber einem Bekannten gehörte, und dessen Steuermann, der an Bord schlief, er kannte- würde er dann am nächsten Tag nicht nur diese oder ähnliche Waren und Kostbarkeiten

SCHWÄBISCHES TAGBLATT

Regierungskrise in Bayern?

Die Militärregierung sprach ihre Zufrieden- heit über den Verlauf der Entnazifizie- rung in Bayern aus, nachdem im Monat Juli mehr als 18 000 Fälle erledigt wurden.

Lebensmitteldefizite in Bayern/ Versagen des Wirtschaftsrates und der Spruchkammern MÜNCHEN. Am vergangenen Wochenende dem Direktor der amerikanischen Militär- fand in Passau die Gründungstagung des regierung für Bayern, General Muller, und bayerischen Bauernverbandes statt, zu der führenden Persönlichkeiten der bayerischen über 600 Delegierte erschienen waren. Land- Regierung statt. General Muller kündigte an, wirtschaftsminister Dr. Baumgartner gab daß die Militärregierung eingreifen und, falls in einer temperamentvollen Rede einen Ueber- notwendig, verantwortliche deutsche Stellen blick über die gefährdete bayerische Ernäh- absetzen werde, wenn die Sicherung der Ernte rungslage. Die vereinigten Westzonen hätten durch deren Unfähigkeit gefährdet sei. ein Kartoffeldefizit von vier Millionen Zent- nern. Die Aufrechterhaltung der gegenwärti- gen Fettration sei unwahrscheinlich, denn der Viehbestand müßte radikal vermindert wer- den. Dadurch könne damit gerechnet werden, daß erhöhte Fleischzuteilungen ausgegeben werden, die von der Bevölkerung für kom- mende fleischlose Perioden konserviert werden müßten. Der Frankfurter Wirtschaftsrat habe bis jetzt vollkommen versagt. Bayern habe ständig geliefert und kaum etwas dafür be- kommen. Alle Lieferungen nach Westdeutsch- land müßten eingestellt werden, wenn die vereinigten Westzonen nicht wenigstens so viel Strom nach Bayern liefern würden, um die Drescharbeiten sicherzustellen. Einschneidende Maßnahmen zur Ueberwin- dung der schwierigen Ernährungslage wurden vom bayerischen Gewerkschaftsbund in einem Notprogramm ausgearbeitet. Das Programm fordert schon jetzt die Heranschaffung der Le- bensmitteleinfuhren, um die erschwerte Trans- portlage während des Winters zu umgehen und schließt mit der Bitte an die Besatzungs- mächte, weiterhin großzügig zu helfen. Am Montag fand eine Besprechung zwischen

12. September 1947

Kleine Weltchronik

Deutschland

STUTTGART. Lord Pakenham ist am vergange- nen Mittwoch zu Besprechungen mit amerikanischen troffen. und deutschen Persönlichkeiten in Stuttgart einge-

schaftsminister Veit forderte die Einführung eines Ablieferungssolls für die Industrie.

KARLSRUHE. Der württembergisch- badische Wirt-

MÜNCHEN. Illegale Grenzgänger aus der sowje- tischen Zone werden vorläufig nicht mehr zurück- geschickt, weil die sowjetischen Behörden die Rück- führung nicht gestatten.

MÜNCHEN. Ein amerikanisches Flugzeug löste bel München einen 40 Minuten anhaltenden künstlichen Regen aus. Der Pilot hatte eine Wolkenschicht mit einem Zentner Kohlenoxyd bestreut.

NÜRNBERG. In diesem Jahr werden noch neun große Prozesse in Nürnberg anlaufen, u. a. gegen hohe Funktionäre der Reichskanzlei, gegen Rund-

stedt, die Hermann- Göring- Werke und SS.- Sonder-

vernichtungseinheiten.

vorsitzenden und öffentliche Kläger ha- 34 der 72 Münchener Spruchkammer- ben ihre Aemter zur Verfügung gestellt. In einer Resolution stellen die 34 Unterzeichner fest, daß ,, durch das Fehlen qualitativer Per- sonalpolitik bei der Besetzung der Kammern einerseits und andererseits durch mangelnden Rechts- und Ehrenschutz sowie durch Anwen- dung einer hoffnungslosen Instanzenmaschine- periode kommen erstmalig einheitliche Lebensmit- freiungsgesetzes einzuschlafen droht und da- rie die lebendige Zweckbestimmung des Be- mit überhaupt in Frage gestellt wird". Alle vier bisherigen bayerischen Säuberungsmini- ster hätten sich um die praktische Arbeit der Kammern nicht gekümmert.

ihrer Donnerstagausgabe über geheime Vor- Die ,, Neue Zeitung" in München berichtet in bereitungen der bayerischen SPD., in Kürze Ansicht der Zeitung rücken damit eine Auf- aus der Koalitionsregierung auszutreten. Nach lösung des Parlaments sowie Neuwahlen in Bayern in den Bereich der Möglichkeit.

Ergebnisse des CDU.- Parteitages

BERLIN. Die Reden und Aussprachen beim CDU.- Kongreß in Berlin haben gegensätzliche Auslegungen erfahren. Hat die Anwesenheit des Chefs der sowjetischen Militäradministra- tion, Oberst Tulpanow, Schatten auf die Erklärungen Kaisers und des ganzen Kon- gresses geworfen? Dieser Kritik gegenüber hat Kaiser erklärt, er sei nicht der Mann, sich einschüchtern zu lassen. Die Hetze der SED.- Presse gegen seine Person und die Demokra- tie habe ihn nicht gebeugt. Nach einer ande- ren Versión sollen die CDU.- Politiker von Marschall Sokolowski volle Freiheit in ihrer

FRANKFURT. Mit Beginn der 106. Zuteilungs- telkarten für die amerikanische und britische Zone zur Ausgabe.

WIESBADEN. Zum Schutz der Obst- und Getreide- Feldhütermannschaften aufgestellt. ernte wurden in Hessen freiwillige unbewaffnete

BRAUNSCHWEIG. Die Stadtverwaltung hat be- schlossen, die im Dritten Reich erworbenen Grund-

zugeben. stücke von Juden und Antinazis wieder zurück-

richten zu verantworten. ten sich in Hamburg 6680 Jugendliche vor den Ge- HAMBURG. In der ersten Hälfte des Jahres hat-

FLENSBURG. Infolge der großen Viehanliefe- rungen ist in Dänemark die Fleischrationierung auf- gehoben worden.

BERLIN. Dr. Kurt Schumacher ist zum Kongreß der American Federation of Labour( AFL.) im Ok- tober eingeladen worden.

BERLIN. Die anglo- amerikanische Zone hat seit mittel im Wert von 916 144 000 Dollar aus Amerika erhalten.

BERLIN. Rund ein Viertel der Baustoffproduk- tion in der amerikanischen Zone soll durch Schwarz- marktgeschäfte verlorengehen.

nigung zwischen den Auffassungen der CDU. in der Ostzone und der CDU. in der Westzone Kriegsende fast sieben Millionen Tonnen Lebens- konnte jedoch nicht erreicht werden. Der Uni- tarismus Kaisers steht in unversöhnlichem Ge- gensatz zu dem Bundesstaatsgedanken des Vorstands der britichen Zone der CDU., Dr. Adenauers. Ferner hat der Ministerpräsi- dent von Nordrhein- Westfalen, Karl Ar- nold, die sozialisierte Wirtschaft der Ost- zone, die fast 30 Prozent der gesamten Pro- duktion beträgt, einer Kritik unterworfen, weil sie weit über eine berechtigte Enteig- nungsaktion gegen Kriegsverbrecher und Na-

ziaktivisten hinausgehe. Man habe nicht aus sachlichen Notwendigkeiten, sondern aus mar- xistischem Dogmatismus sozialisiert und eine

Opposition gegen die SED. zugesprochen be- kommen haben, weil der sowjetischen Mili- tärverwaltung gewisse Unzulänglichkeiten der Leitung der SED.- Verwaltung und die Skan- ,, beinahe dale um Dr. Paul einen peinlichen Eindruck gemacht haben.

In dem Kampf um die deutsche Einheit und in ihrer Stellung als Vermittlerin zwischen Ost und West verficht die CDU. nach wie vor die Interessen Rußlands, unbeschadet ihrer schroffen, mit Beifall aufgenommenen Ableh- nung des dogmatischen Marxismus. Eine Ei-

Die Lage der Eisenbahnen BADEN- BADEN. Der Vertreter der süd- badischen Eisenbahngewerkschaften, Josef Harter, ist zum Vorsitzenden des Eisenbahn- verkehrsrats in der französischen Zone ge- wählt worden. Josef Harter erklärte, der Eienbahnverkehrsrat stelle einen ersten Ver- such dar, auf zonaler Basis eine föderalistisch gedachte Organisation unter verantwortlicher Heranziehung von aufzubauen.

Gewerkschaftsvertretern

Labaye, bewies an Hand eines Zahlen- Der Direktor für Arbeit und Verkehr. M. materials, daß die Lage der Eisenbahnen in der französischen Zone viel schlechter ist als in den zwei anderen Westzonen. Die Zone verfüge nur über 64 Prozent des rollenden Materials des Vorkriegsstandes( gegen 80 Pro- zent der anderen Zonen). M. Labaye ent- warf ein großzügiges Programm des Wieder- aufbaus der Eisenbahnen in der Zone, bei dem es sich vor allem um schnelle Reparatur von Güterwagen in Belgien, Luxemburg und der Tschechoslowakei handelt. Später soll in Ra- statt eine Standardproduktion von Kippwa- gen aufgenommen werden.

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zu

dem Kalifen zum Geschenk darzubieten haben statt der eigenen, wirklichen Schätze jenem Geschenk, das ihm die Angst vor den fürchterlichen Launen des Herrschers vorhin so törichterweise abgepreßt hatte? Und so sprach er hastig: ,, Vergib mir, Du edler Herr- scher, der Du in das Innerste der Menschen siehst, daß ich vorhin vergaß, meinen Namen zu nennen; der Schreck über Deine plötzliche glänzende Erscheinung lähmte meine Zunge, ich sah Deine Herrlichkeit aus dem schmutzi- gen Kittel des Bartputzers strahlen wie den Mond, der hinter einer Wolke hervorleuchtet. Mein Name ist Ibrahim, und ich komme aus Basra, wo mein Vater ein Tuchgeschäft unter- hält. Siehst Du, dort hinten, wo die Gásse endet, müssen wir uns links wenden, und am Fuße des steinernen Würfels, welcher die Erde darstellt, wie sie aussieht, nachdem Du sie mit Deinem Schwerte behauen hast, liegt mein Schiff."

Während sie so dahinschritten, hatten, von beiden unbemerkt, auf leisen Sohlen vorüber- wandernde und durch das Gespräch angelockte Passanten, die bald errieten, wer der schein- bare Bartputzer offenbar in Wirklichkeit sein ' müsse, sich ihnen angeschlossen, und folgten in lautloser Neugierde und Ergebenheit ihrem vermeintlichen Kalifen nach. So zog der Haufe, sich ständig vergrößernd, dem Hafen entgegen, der sich an den Ufern des Euphrat erstreckt: an der Spitze Kasuel und der Händler, der sich Ibrahim nannte, und hinter ihnen die flüsternde Schar, in die sich nun fragende und Antwort erhaltende, im Schatten der Schiffe und der Lagerhäuser herumlungernde Matro- sen und Bettler einreihten. Vor dem dunkeln, vom Mond und einer träge schaukelnden Oel- funzel schwach beleuchteten Schiff, das Ibra- him als das seine bezeichnete, machten sie Halt. ,, Erlaube mir, mein erhabener Gebieter", sagte Ibrahim ehrerbietig, sich tief verbeugend, ,, daß ich zuvor an Bord gehe und Deinen Emp- fang vorbereite!" Und ehe Kasuel seine Zu- stimmung ganz ausgesprochen hatte, war sein Begleiter zum Landungssteg geeilt und an

von

groteske Zuammenballung Macht in staatlichen Händen" erreicht. Die CDU. könne diese Neuordnung nicht guthei- Ben, die an Stelle privater Macht einfach den Machtfaktor Staat setzen wolle.

Jakob Kaiser ist mit 248 Stimmen gegen eine zum ersten und, Ernst Lemmer mit 247 Stimmen bei einer Stimmenthaltung zum zwei- ten Vorsitzenden wiedergewählt worden.

Revision der Anklage STUTTGART. Auf Grund der Zeugenver- nehmungen hat der öffentliche Ankläger in seinem Schlußplädoyer den ehemaligen Kult- minister Wilhelm Simpfendörfer nicht mehr in die Gruppe der Hauptschuldigen, son- dern in die Gruppe 2, Belasteter, eingestuft. Der Verteidiger Dr. Burk versuchte alle An- klagepunkte zu widerlegen und forderte den einzig möglichen Schluß, Simpfendörfer als nicht betroffen zu erklären. Am 22. Septem- ber wird das Urteil verkündet werden.

Bergarbeiter für gleiche Zulagen DÜSSELDORF. Der Industrieverband Berg- bau in der britischen Zone hat in einer Erklä- rung festgestellt, daß weitere Sonderrechte für Bergarbeiter nicht vertretbar seien, solange die schwer arbeitenden Kameraden anderer Berufszweige nicht einmal das Notwendigste erhalten. Dadurch werde nur der Gegensatz zwischen Arbeitern über und unter Tage ver- größert. Die Bergleute hätten das Punktsystem nicht gewollt und die Ausgabe von Care- Paketen sei ohne den Wunsch der Bergarbei- ter durch die Besatzungsbehörden erfolgt.

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Bord gestiegen. Kasuel, allein geblieben, drehte sich unsicher und schwerfällig um, weil er die Gegend betrachten wollte: da traf sein Auge die Volksmenge, die sich in seinem Rücken angesammelt hatte. und die sich im Nu tief vor ihm mit gekreuzten Armen bis auf den Boden verneigte. Zu sehr schon war der Bart- putzer von der Weihe dieser Stunde ergriffen und seiner Sendung, deren Zweck ihm noch verschleiert war, überzeugt, als daß er wie vorhin überrascht gewesen wäre, doch die Größe seiner Begnadung überwältigte ihn auch beinahe. Aber, wie ein Dichter des un- gläubigen Volkes, das gen Abend und Sonnen- untergang wohnt, es ausgesprochen hat Allah hat selbst den Giaurs in seiner gren- zenlosen Gnade die Gabe der Dichtkunst ver- liehen höhern Zwecken", so überkam Kasuel eine - ,, Es wächst der Mensch mit seinen Kraft des Geistes, die ihn dem gewöhnlichen Dasein entriẞ; er erhob sich zu seiner vollen Länge, dieweil er sonst gebückt einherschlurfte, erkletterte einen Haufen zusammengerollter Taue, und von hier aus, allen als dunkle Ge- stalt sichtbar, richtete er folgende Worte an das ergebene Volk:

wagt, euer Antlitz meinem Antlitz gegenüber- ,, Die ihr vor mir gebeugt steht und nicht zustellen: richtet euch auf! Seht über mir den Mond wie ein Messer den Nachthimmel zer- schneiden

123 000 Mitglieder angewachsen.

BERLIN. Die SED. Berlin ist bis zum 1. Juli auf

liner Verlag ,, Volk und Wissen" als Lesetext für den BERLIN. Die Reden Stalins sind von dem Ber- russischen Sprachunterricht herausgegeben worden.

Ausland

kongreß wurde die Bildung der Vereinigten Staaten GSTAAD. Auf dem europäischen Parlamentarier- von Europa im Rahmen der Charta der UN. ge- fordert.

PARIS. Der französische Kabinettsrat hat strenge Maßnahmen zur Einschränkung des Benzinver-

brauchs erlassen.

LONDON. Der britische und amerikanische Pro- test gegen das Todesurteil des bulgarischen Oppo- sitionsführers Petkoff ist von der Sowjetunion ab- gelehnt worden.

LONDON. In der Grafschaft York streiken immer noch 40 000 Bergarbeiter. Durch den Ausfall an Kohle sind weitere 50 000 Arbeiter anderer Industrien von Arbeitslosigkeit bedroht. Die Gaslieferung mußte bereits eingeschränkt werden.

ROM. Ein aus russischer Gefangenschaft heimkeh- render Italiener hat in Erfüllung eines Gelübdes 200 000 Lire in einer Straße von Palermo verteilt. ANKARA. Wegen der griechischen Partisanen hat die Türkei den Eisenbahnverkehr im griechisch- türkischen Grenzverkehr eingestellt.

BATAVIA. Seit dem Tage der Einstellung der Feindseligkeiten" verloren die Holländer nach eige- nen Meldungen 105 Tote, 214 Verwundete und acht Vermißte. Während des Feldzugs selbst hatten die Holländer ihre Verluste auf 74 Tote, 178 Verwundete und 16 Vermißte beziffert.

japanischen Kriegsgefangenen müssen eine intensive Broschüren über sich ergehen lassen, um die Wir- Umerziehung mit Hilfe von Filmen, Vorträgen und kung der kommunistischen Propaganda zu neutra- lisieren.

TOKIO. Die aus der Sowjetunion entlassenen

Herausgeber und Schriftleiter: Will Hanns Hebsacker, Dr. Ernst Müller und Alfred Schwenger, Weitere Mitglieder der Redaktion: Dr. Helmut Kiecza und Joseph Klingelhöfer Monatlicher Bezugspreis einschl. Trägerlohn 1,50 RM., durch die Post 1,74 RM., Einzelverkaufspreis 20 Pfg. Erscheinungstage Dienstag und Freitag.

Narr oder Giaur beschimpft werden will, als ein Giaur, der alle möglichen Lächerlichkeiten begeht und darum auch nur bis ins dritte der sieben, Paradiese gelangen kann? Nach Voll- kommenheit strebt ein jeder, und danach, die Sehnsucht, die seine Seele verspürt und ihn unglücklich macht, zu stillen. O ihr Freunde, wie viele von euch tragen eine halbe Seele und ein halbes Herz in der Brust und haben einen halben Kopf auf den Schultern, und be- gnügen sich damit und sind verächtlichen Hunden gleich, statt sich zu bemühen, das fehlende halbe Herz und die andere halbe Seele und den übrigen Teil des Kopfes zu er- stens eure Hälften und Halbheiten von euch, werben! Oder warum werft ihr nicht wenig- statt als Toren herumzulaufen, darauf ver- trauend, daß euer Herz und eure Seele und euer Gehirn dem Nächsten unsichtbar sind und er nicht bemerken kann, wie viel euch fehlt? Glaubt ihr, es bleibe ihm verborgen, sobald er euch reden hört oder euch handeln sieht? Was ist ein Mann, der als Bartputzer sein Leben fristet und im Innern sich nach großen Taten verzehrt? Sollte er nicht ent- weder den Besen und das Bartmesser an die Straße setzen und eingestehen, daß er ein Wand werfen und als Bettler sich auf die halbes Leben zu wenig erhalten hat und Allah gepriesen sei sein Name! bitten, ihm nun auch die andere Hälfte seines Lebens zu nehmen? Oder soll er Allah bitten, ihm ganzen Manne zu machen? O ihr meine das Fehlende hinzuzugeben und ihn zu einem Freunde, Allah ist groß, er ist erhaben und niemand ist, der ihm gleichkommt; er erhört das Verlangen seiner Gläubigen und begnadet jene, die ihn anrufen; er erwählt seine Jün- ger und seine Propheten und heißt sie reden, und nicht stumm sein!"

also ist der Mensch, dem die Hälfte seines Daseins vorenthalten wird, und der sich mit der anderen begnügen muß: un- vollkommen ist er wie ein Mann, dem die Hälfte des Bartes abgenommen, wurde, und der sich schämt, sich solchergestalt auf der Gasse zu zeigen, er ruht und rastet nicht, bis auch die andere Hälfte von seinem Kinn ge- schabt ist. Oder was würdet ihr von einem Manne sagen, der nur links das Haar wachsen ließe, und die rechte Seite glatt hielte wie ein Huhn, das gerupft worden ist, und wie ein Als Kasuel die staunende Menge bis zu die- runder Napf, in welchem der Bartputzer Sei- sem Satze unterrichtet hatte, schlüpfte Ibra- fenschaum schlägt? Wird er nicht danach him von Bord und meldete, daß nun alles be- ringen müssen, die Zierde seines Gesichtes reit sei, die Mannschaft sei verständigt. gleichmäßig zu pflegen, wenn er nicht als

( Fortsetzung folgt