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15. August 1947

Hier spricht die Jugend: Die Aufgabe der Jugendausschüsse

Beim Waffenstillstand war die Situation der Ju- gend in großen Zügen folgende: Durch rücksichtloše Knebelung und durch unduldsame Bevormundung hatte ein Großteil der Jugend jedes verantwor- tungsvolle, selbständige politische Denken verlernt. Viele hatten darüber hinaus auch auf anderen Le-

bensgebieten ihr Verantwortungsgefühl und ihre Selbständigkeit verloren.

Die Umerziehung der Jugend war eine le- benswichtige Aufgabe, die im Rahmen der demo- kratischen Erziehung des deutschen Volkes gestellt war. Die beste Demokratie wäre ja sinnlos und von Anfang an zum Untergang bestimmt, wenn es nicht gelänge, die Jugend zu einer demokratischen Hal-

tung zu erziehen. Durch aktive Beteiligung der Ju- man am sichersten zu gehen. Die Jugend sollte das Recht bekommen, ihre Interessen selber zu wahren, ihre Ansichten, Wünsche und Anregungen den Be- hörden, der Regierung und auch der Militärregie- rung vorzutragen. Zu diesem Zweck wurden auf Anregung der französischen Militärregierung die

gend am öffentlichen und politischen Leben glaubte

Jugendausschüsse gebildet. Und zwar wurde

ein Landesjugendausschuß für das gesamte Land Württemberg- Hohenzollern und für jeden Kreis ein Kreisjugendausschuß aufgestellt. Daneben können in größeren Städten auch örtliche Jugendausschüsse gebildet werden. Ueber die Einzelheiten der Arbeit gibt uns am besten ein Auszug aus einem Schreiben des Herrn General Widmer Aufschluß:

SCHWÄBISCHES TAGBLATT

,, Schema F"

Unser Schlußwort in der Diskussion um Thomas Mann und Genossen

Wie auf unseren Leitartikel ,, Die Emigran- ten und wir" vom Oktober 1945 bekamen wir auch auf Die Verfolgten" in der Ausgabe vom 29. Juli dieses Jahres zahlreiche Zu- stimmungsäußerungen, neben einigen weni- gen Kritiken, die unsere Ausführungen ab- lehnten. Bemerkenswert ist es, daß sich nur eine einzige Stimme vorbehaltlos für Thomas Mann einsetzte und zwar war es eine alte Dame, die uns schrieb, daß Herr Mann eine ehrwürdige Erscheinung" sei und daß wir ihm das gute Leben doch gönnen sollten". Wir gönnen ihm beides, die Ehrwürdigkeit und das gute Leben, und zwar dort, wohin er sich ja oft und deutlich genug bekannt hat: jenseits des Atlantischen Ozeans.

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Die zweite, ernsthafter zu wertende Ab- lehnung stammt ebenfalls von einer sonst sehr gescheiten Frau, die sich aber offen- bar nicht die Zeit genommen hat, unsere Aus- führungen genauer zu lesen, denn sie unter- stellt uns, daẞ wir, gleichfalls in den Fehler des von uns gerügten kollektiven Denkens verfallend ,,, Emigrant gleich Emigrant" setzen und über sie alle den Stab brechen wollten. Und sie legt uns die Frage vor, ob wir ,, nie von Emigranten gehört hätten, die mit fal- schen Papieren und den Kopf unterm Arm ins nachtdunkle Deutschland schlichen, um dort die Fackel der Freiheit zu entzünden". Wenn damit Herr Thomas Mann gemeint sein sollte, dann müssen wir allerdings gestehen, daß uns diese Tatsache ebenso neu wie über- raschend ist. Bis jetzt wissen wir von Herrn Mann lediglich, daß er das Glück hatte, recht- regierung oder den deutschen Dienststellen unter zeitig drüben in USA. das rettende Ufer zu erreichen, und daß er niemals ernstlich ver- sucht hat, wieder nach Deutschland zurückzu- kehren. Selbst als er dazu, nach Kriegsende, ganz gefahrlos die Möglichkeit gehabt hätte, zog er es vor, um seine Heimat herum, via England Schweiz, einen großen Bogen zu machen.

,, Aufgaben des Jugendausschusses im einzelnen: Der Jugendausschuß bearbeitet alle die Jugend be- treffenden Fragen und unterbreitet einmal der Mili- tärregierung, zum andern den deutschen Dienststel- len sämtliche ihm wichtig erscheinende Anregungen und Beobachtungen. Er kann seinerseits von der Militärregierung oder den deutschen Dienststellen aufgefordert werden, seine Meinung zu Anregungen und Fragen zu äußern. Er ist ausführendes Organ für alle Aufgaben, die ihm offiziell von der Militär-

der Aufsicht der Militärregierung übertragen wer- den. Seine Tätigkeit ist besonders umfangreich und erstreckt sich insbesondere auf folgende Gebiete: 1. Schaffung, Einrichtung und Leitung von Jugend- heimen, die allen jungen Deutschen ausnahmslos zur Verfügung stehen; 2. Vorbereitung von Jugend- festen; 3. Schaffung von Handwerkerstuben; 4. Frei- zeitgestaltung; 5. Förderung von Jugendbildungs- werken usw.

Die Tätigkeit des Jugendausschusses soll sich auf die ganze deutsche Jugend erstrecken, aber durch die Jugendvereinigungen, soweit sie ge- nehmigt sind und aus deren Vertretern er sich in der Hauptsache zusammensetzt. Er stellt eine Art Synthese der Jugend dar. Die Jugendvereinigungen werden leicht erkennen, in welchem Maße sie die Jugendausschüsse, die ihnen ihrerseits bei der Er- füllung ihrer Aufgaben helfen sollen, mit Leben er- füllen können."

Wie setzen sich nun die Jugendausschüsse im ein- zelnen zusammen? Der Idealfall wäre zweifel- los, nur Jugendliche in die Ausschüsse aufzuneh- men. Da diese Jugendlichen zwar eine große Tat-

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Es paẞt zum Bild der Familie Mann, daß Thomas' Tochter Erika Mann heute in der

Weltpresse ins gleiche Horn bläßt wie ihr ge- feierter Herr Vater. Sie äußerte sich unlängst über das geistige und kulturelle Leben des heutigen Deutschland und benützte diese Ge- legenheit, um einige abfällige Bemerkungen anzubringen, unter anderem über den Schau- spieler Gustaf Gründgens( für den Partei zu ergreifen uns vollkommen fernliegt). Aber Erika Mann vergaß, wenigstens am Rande zu erwähnen, daß sie mit diesem Herrn Gründ- und deshalb gens einmal verheiratet war

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schnur geben: Gerechtigkeit. Entweder war einer im Dritten Reich anständig oder er hat sich krimineller Handlungen schuldig ge- macht. Ist er strafbar, dann wird er abgeur- teilt, auch wenn er nur ein kleiner Mann der Straße" war und auch dann, wenn er nicht der Partei angehörte oder sich heute so- gar als Antifaschist tarnt.

Die von

uns zitierte Frau Naziblockwart a. D., die im trauten Verein mit ihren ,, nicht- belasteten" Freundinnen, fleißig wie im Drit- ten Reiche, weiterdenunziert( und deren Maß jetzt voll ist), stellt ja nur eines der vielen Beispiele menschlicher Niedertracht dar, wie sie im Reiche Adolf Hitlers so üppig ins Kraut schossen. Herr Mann hin, Frau Block- wart her für uns handelt es sich um die grundsätzliche Frage, wie und mit wem wir den mühsam begonnenen Neubau in unserer Heimat weiterführen wollen. Hier aber ist nur eine Entscheidung möglich: Jeder ist willkommen, dem es ernst ist mit seiner Mitarbeit und der dazu noch seine anständige Gesinnung früher und jetzt beweisen kann. Das allein ist wichtig, nicht aber, ob

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Nr. 65/ Seite 5

er einmal das Parteiabzeichen getragen oder ob ihm die Hollerithmaschine einen oder gar zwei Belastungspunkte zuviel gebucht hat, die ihn nach ,, Schema F" aus unserer Gemein- schaft ausschließen würden. Natürlich ist die Hollerithmaschine bequemer. Aber Punkte und Zahlen allein tuns hier nicht, wo es sich um Menschen und ihre Schicksale handelt. In je- dem Fall wird ja auch die Familie mitbetroffen und es ist klar, daß wir eine ,, Sippenhaftung" irgendwelcher Art heute ebenso ablehnen wie früher. Eine solche Einstellung hat nichts mit Sentimentalität und falschem Mitleid zu tun; sie unterscheidet aber unser Wollen grund- sätzlich von dem System planmäßiger Bru- talität im Reiche Adolf Hitlers

Wir haben am Beispiel des Nationalsozialis-

mus gesehen, wohin das geschickt gesteu-

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kollektive Denken führt. Und unser erte Widerstand galt nicht nur dem gestrigen Unheil, er gilt auch in der politischen Ent- wicklung von heute und morgen. Mit André Gide sind wir der Meinung, daß die Welt von dem Einzelnen gerettet wird, dem Einzelnen, der sich zu Wahrheit und Ge- rechtigkeit bekennt, mag das auch im Augen- blick ,, nicht opportun" erscheinen oder in die- ses und jenes ,, Schema F" nicht passen.. Will Hanns Hebsacker

Brief aus Bayern

Politischer Bericht von Ochse bis Parlamentsferien

bst Weil wir gerade beim Vieh sind, sei an einen heiteren Vorgang im Landtag erinnert. Ein Antrag der CSU- Fraktion, Ochsen ein- zuführen, wurde mit dem Bemerken, daß in- zwischen Ochsen aus Franken eingetroffen seien, neulich zurückgezogen. Der Abgeordnete Dr. Linnert( FDP.) aus Nürnberg erhob sich daraufhin und rief: Ich protestiere, da fühle Das ganze hohe Haus ich mich betroffen." soll von Lachen erfüllt gewesen sein und der aufmerksame Chronist vermerkt dazu, daß dieser Vorfall seit langem als das einzig Erhei- ternde zu berichten ist.

Die allgemein zu beobachtende politische In- teresselosigkeit ist jedoch keinesfalls allein auf die Hitze zurückzuführen. Man spricht im- mer mehr von einer Koalitionskrise, jedoch so, als käme sie erst jetzt zum Ausbruch... In Wirklichkeit dauert sie jedoch schon seit Mo- naten an. Und zwar in doppelter Hinsicht. Ein- mal innerhalb der beiden führenden Parteien." Die CSU. und SPD. haben beide einen rechten und einen linken Flügel, bei der CSU. tritt dieser Gegensatz stärker hervor als bei der SPD. In den Schulen wird nein, darf wieder das Land war dafür. Das hat Herr Dr. Hund- hammer, der vielgenannte bayerische Kultus- minister auch recht gut gewußt. Er konnte also in aller Seelenruhe die Komödie mit der El- ternbefragung einer parlamentarischen Abstimmung" aufführen. Genau so sicher ver- fiel auch der von der FDP. gegen ihn einge- reichte Mißtrauensantrag der Ablehnung.

kraft und einen unbeirrbaren Arbeitswillen, nicht hat die ausdrückliche Erwähnung des Herrn geprügelt werden. Die Städte waren dagegen,

immer aber die für die Erledigung einzelner Auf- gaben erforderlichen Fachkenntnisse und Erfahrun-. gen mitbringen, werden in die Ausschüsse auch noch Erwachsene als sogenannte Sachverständige aufgenommen. Diese Erwachsenen müssen in leben-

diger Verbindung zur Jugend stehen. In den Jugend- ausschüssen sind je 2 Vertreter der Jugendverbände, Je ein Vertreter des Jugendamtes, der Schulen, der

Arbeit, des Sports, des Jugendherbergswesens, des Volksbildungswerkes, ein Arzt und ein mit der Materie vertrauter Jurist.

Erste Bedingung für die Aufnahme in einen Ju- gendausschuß ist selbstverständlich einwandfreie politische Vergangenheit. Die Sachverständigen dür- fen nicht vom Landrat bestimmt, sondern nur vor- geschlagen werden. Ueber ihre Aufnahme in den Ausschuß entscheiden die Vertreter der Jugendver- bände. Diese werden von der Führung der einzel- nen Verbände benannt und müssen genau wie die Sachverständigen von der Militärregierung zugelassen werden. Die Amtsdauer der Mitglieder des Ausschusses beträgt ein Jahr.

Was das Verhältnis zwischen Landesjugendaus-

schuß und Kreisjugendausschuß betrifft, ist es nicht so, daß der Landesjugendausschuß die über-, der Kreisjugendausschuß dagegen die untergeordnete Instanz wäre. Alle Ausschüsse sind selbständig. Eine gegenseitige Fühlungnahme kann nur günstig wir- ken. Der Landesjugendausschuß soll die Verbin- dung zwischen den einzelnen Kreisjugendausschüs- sen herstellen, die Erfahrungen und die Erfolge ver- arbeiten und an die übrigen Kreisjugendausschüsse weiterleiten. Er soll ferner die Verhandlungen mit der Militärregierung und den verschiedenen deut- schen Ministerien und Regierungsbehörden für die Kreisjugendausschüsse führen und die Erledigung der Aufträge der Behörden übernehmen.

Der Wanderer

Von Olaf Hinz

Einmal kam ein Wanderer durch das stille Dorf. Er ging langsam durch die Straße, an den niedrigen Häusern vorbei, vor deren- ren die Kinder spielten. Er hatte einen Stab in der Hand und um die Schultern trug er einen Riemen, an dem ein Beutel hing, in dem wohl sein Eigentum verwahrt war. Er schritt barhäuptig. Sein Haar, war an den Schläfen grau.

Die Kinder und mancher von den Erwach- senen schauten zu ihm hin, als er an ihnen vorüberschritt, aber der Wanderer blickte sich nicht um, seine Augen sahen an ihnen vorbei. Er kam am Dorfplatz vorüber und am Schul- haus, aber als er an der alten, bald zerfalle- nen Sägemühle war, verhielt er für eine Weile seinen Schritt. Er hob den Kopf und sah auf den leeren Platz, auf dem ein paar Hühner ihr karges Futter suchten. Beinahe scheu trat er über den Weg näher zur Mühle hin. Seine Hände faßten nach dem Zaun.

Erst als er von der Straße Schritte vernahm, ging er weiter.

Man hatte ihn aus den Fenstern gesehen und seinen Schritten nachgehorcht und man fragte sich, wer jener seltsame stumme Wan- derer wohl sei, der dahinging wie einer, der eine schwere, unsichtbare Last zu tragen hätte. Der alte Veit meinte geheimnisvoll, es könne der junge Sägemüller wohl gewesen sein, der damals das Unglück mit der Bianca, der schönen Tochter des Erlenhofbauern, ge- habt habe. Der Sägemüller- Hubert?", sagten die anderen und schüttelten ungläubig die Köpfe. Nein, der wäre es sicher nicht gewe- sen, der Sägemüller war ein großer, breiter Mensch. Er sei ja auch, wie man gehört habe, ins fremde Land gegangen. Dieser Fremde sei ein hagerer, gebeugter Mann gewesen ohne Stimme und ohne Kraft.

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und der schönen Bianca war auf einmal aus

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Aber die Geschichte von dem Sägemüller

Staatsrats in ihrem kritischen Artikel einen sehr unangenehmen Beigeschmack. Wir haben Achtung vor allen Emigranten, die ehrlich kämpften und litten, und wir ha- ben auch in unserem Beitrag Die Verfolg- ten" ausdrücklich gesagt, daß wir nur diese Emigranten vom Schlage Mann und Ge- nossen ablehnen. Wir berufen uns dabei auf das Urteil des Staatsfeindes Nr. 1" der Nazis, Kurt Tucholsky, der angewidert von dem Treiben vieler seiner Mitemigrierten ge- schrieben hatte, daß ihre Hauptbeschäftigung darin bestehe, in den Kaffeehäusern herum- zusitzen und sich gegenseitig hochzuachten". Wir sind der Meinung, daß Männer wie Iversen und Schmiedchen( siehe ,, Ak- für oder wider" in unserer Ausgabe vom 22. Juli dieses Jahres) mehr und Bes- seres für das demokratische Deutschland geleistet haben als ein Schock der Emigran- ten, die Tucholsky treffend genug charakteri- sierte. Deshalb auch haben wir die Forderung erhoben, daß hier nicht nach ,, Schema F" ge- urteilt werden dürfe, und wenn behauptet agern wird ,,, jedes Kind wisse, daß in den gerade jene säßen, die der Hilfe am wenig- sten würdig seien", und auf der anderen Seite in Bausch und Bogen dem kleinen Mann der Straße" Generalpardon erteilt( oder, noch wirksamer, beim Eintritt in diese oder jene Partei versprochen) wird, dann ist das ein Schematismus, den wir ebenfalls ablehnen. Es kann nur einen Maßstab und eine Richt-

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dem Schatten herausgetreten. Die Alten er- zählten sie wieder und die Jungen hörten zu. Das war viele Jahre her. Als der alte Säge- müller gestorben war, übernahm Hubert, der älteste Sohn, die Mühle. Er war ein Stiller, der mit Fleiß seine Arbeit tat. Von ganz an- derer Art war Reinhard, der Bruder. Der war auf allen Wegen zu finden, der konnte singen und wie ein Virtuose auf der Handharmonika spielen, daß es den Mädchen ordentlich heiß ins Blut ging. Bei der Arbeit in der Mühle traf man ihn nicht oft, wohl aber in der Gast- hausstube und auf dem Tanzboden. Hubert verargte ihm sein Treiben nicht, im Gegenteil, insgeheim bewunderte er den jungen Bruder, dem die Mädchen zuliefen, als hätte er sie durch sein Spiel oder sein Lachen verhext. Hubert dagegen wurde verlegen und unbehol- fen, wenn er vor einem Mädchen stand.

Einmal aber sah er Bianca. Sie war lange vom Dorf fort gewesen. Er hatte noch kein Wort zu ihr gesprochen, aber seine Gedanken waren von ihr erfüllt.

An einem Tage, als er vom Nachbardorf kam, begegnete er ihr auf dem schmalen Wie- senweg. Kein Mensch war herum zu sehen, nur sie beide waren auf dem großen Feld und kamen immer näher zueinander. Da geschah es, daß sie ihn anlächelte und ihm ein Gruß- wort zurief. Hubert, da er ihre helle Stimme vernahm, blieb wie festgehalten stehen. Am Abend dann hatte er sie in seinen Armen ge- halten und ihre Lippen hatten ihn geküẞt.

An einem Sonntag hatte er seinen dunklen Rock angezogen. Er trug einen bunten Strauß in der Hand, um zum Erlenhofbauern zu ge- hen, das Jawort zu holen. Auf dem Wege je- doch, als er am Waldrand vorüberkam, hörte er Biancas leise Stimme. Dann sah er Bianca im Arm des Bruders. Als die beiden ihn er- blickten, wie er dastand, ohne ein Wort zu sagen, lachte Bianca plötzlich auf, denn sie hatte den Strauß in seiner Hand gesehen. Hubert kehrte um. Wie gehetzt lief er zur Mühle zurück. Aber dicht hinter sich hörte er das helle Lachen klingen.

So konnte der nach Loritz am meisten um-

strittene Mann der bayerischen Regierung sei- nen schönen, wohlgepflegten Andreas- Hofer- Bart beruhigt streichen...

Die Tiefe der Krise geht auch aus der Be- handlung hervor, die man Herrn Loritz zuteil werden ließ. Man nahm ihn wohl vorher zu wichtig. Jedenfalls vertraute man ihm das äu- Berst wichtige Ministerium der Entnazifizie- rung an. Durch die Form seiner Ausbootung hat man ihn nun zum Märtyrer gemacht. Auf der letzten Versammlung, die er vor seiner Verhaftung in München abhielt, sollen nach übereinstimmenden Berichten 20 000 Personen seiner gewaltigen Rede gelauscht haben. Nicht wenige sollen unmiẞverständlich und laut ,, Heil Loritz" gebrüllt haben... Tumult um Loritz bis zuletzt.

Die Regierung kann nun auf alle Fälle den immerhin nicht geringen Prestigeverlust für sich buchen, diesem Mann erst eines der wich- tigsten Ministerien überlassen und ihn später wieder hinausgeworfen zu haben. Man kann darüber nur den Kopf schütteln und es ist

nicht verwunderlich, wenn das Mißtrauen ra- pide zunimmt...

Wenn von der SPD. jetzt Stimmung für Neu- wahlen gemacht und dabei auf die inzwischen 500 000 wahlberechtigten Neubürger hingewie- sen wird, so zeigt dies, daß die SPD. ihre Stunde als gekommen ansieht, in die brüchige Stelle der CSU, hineinzustoßen. Zwei Vor- kommnisse haben besonders günstige taktische Voraussetzungen hierzu geschaffen. Einmal die überraschende und als sensationell empfundene Rede des SPD.- Wirtschaftsministers Dr. Zorn über die Planwirtschaft, denn er nahm hier erhebliche Korrekturen an den bisher vertre- tenen Prinzipien vor, zum anderen die auf dem SPD.- Parteitag in Nürnberg erhobenen pro- grammatischen Forderungen, die nicht nur in einer Anerkennung des bäuerlichen Eigen- tums gipfelten, sondern ausdrücklich seinen Schutz forderten.

An bemerkenswerten Zitaten geht durch die Publizistik eine Aeußerung Dr. Hundhammers, daß Bayern schon ein Kulturstaat war, als in Berlin noch die wilden Säue ihre Hintern an den Föhren rieben und eine Verlautbarung aus gleichem Munde: die Flüchtlinge seien Ha- benichtse und Habenichtse seien meist Tauge- nichtse. Wohl hat man auf Anordnung der Mi- litärregierung endlich das Flüchtlingsgesetz durchgepaukt. Die Flüchtlinge selbst haben je- doch nach wie vor Anlaß, ihre bisherige Skep- sis beizubehalten.

An sonstigen bemerkenswerten Ereignissen wäre auf die Schaffung der Zweiten Kammer des Senats hinzuweisen. Sie begegnet außer- halb Bayerns starkem Interesse; in Bayern selbst interessiert das jedoch herzlich wenig. Wer kümmert sich schon groß um Verfassung und ähnliche Dinge? Die ,, oben" machen das schon... Im amtlichen Staatsanzeiger kann man lesen, daß die Staatsregierung ersucht wurde, auf die Schaffung einer Parteipresse hinzuwirken, deren Auflagenhöhe der Wähler- zahl entsprechen soll. Damit soll der, All- macht der Presse"( dieses Wort stammt von Herrn Loritz) das Rückgrat gebrochen und der Weg für eine stärker auf das flache Land wir- kende ,, Heimatpresse" freigemacht werden. Aus dem gleichen Blatt wäre noch zu vermer- ken, daß Innenminister Seifried( SPD.) Ober- ammergau besucht und einer Probe für die im Jahre 1950 geplanten Passionsspiele beige- wohnt hat... Der Landtag konnte also beru- higt in die Ferien gehen in dem Bewußtsein, bei seinem Wiederzusammentreten( vermut- lich Mitte September) einer äußerst prekären Lage gegenüberzustehen, einer Lage, deren Schatten Frankfurts" heute schon deutlich zu erkennen sind.

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Noch ehe der Morgen kam, war Hubert fort- terung durch die Töne von Stimmgabeln, die unter gegangen. Er kam nicht mehr zurück. Bianca war bald wieder in die Stadt ge- und Reinhard hatte die Mühle ver- zogen fallen lassen.

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Das erzählten die Alten.

,, Aber der Fremde heute war ein anderer, das war der Hubert nicht", sagten die meisten nun. ,, Was meinst Du?", fragten sie Mat- hilde, die auf der Ofenbank saß und die Hände im Schoß hielt.

Doch Mathilde antwortete nicht. Es schien, als hätte sie die Frage nicht gehört. Sie hatte damals den jungen Sägemüller geliebt.

Sie hatte den Wanderer erkannt. Sie hatte ihm vom Garten nachgeblickt, wie er zum Wald hinging. Sie hatte gesehen, wie er, ehe er hinter den dunklen Bäumen verschwand, sich umgewandt und die Hand gehoben hatte, so, als wollte er sich über die Stirne streichen. Dann war er in den Wald hineingegangen.

Wie klug ist ein Fisch?

Von Frank W. Lane

Der russische Wissenschaftler Prof. S. J. Frolov er- zählt in seinem Buch Ein Fisch beantwortet das Telefon" Erlebnisse, die er in seinem Laboratorium mit Fischen hatte. Er band die Fische, die in einem kleinen Aquarium schwammen, an einen dünnen, biegsamen Draht. Wenn er auf einen Knopf drückte, summte ein eingebauter Telefonempfänger einen Ton ins Wasser und durch den Draht wurde den Fischen ein leichter elektrischer Schlag versetzt. Sie rea- gierten mit einer hastigen Bewegung. Nach vierzig Versuchen schaltete Frolov den Strom aus und gab nur noch das Summerzeichen. Die Fische reagier ten wie zuvor. Sie hatten gelernt, dem Telefon zu antworten". Auch wenn eine Glocke unter Wasser angeschlagen wurde, führten die Fische die gleiche hastige Bewegung aus.

Diese und ähnliche Experimente geben uns eine Antwort auf die Frage, wie klug wohl ein Fisch sel der im allgemeinen ja als dumm gilt. Sie werfen auch ein Licht auf Anglerprobleme. Kann ein Fisch den Angler hören, und stören ihn Geräusche am Ufer?

Wasser angeschlagen wurden. Die Fische beantwor- teten die Töne durch heftiges Schnappen ihrer Mäu- ler. Selbst wenn die Stimmgabel 30 m vom Aquarium entfernt war, rief sie noch diese Reaktion hervor. Das sollte jedem Angler, der sich nicht scheut, Ge- räusche zu verursachen oder laut zu sprechen, zu denken geben. Stetter und von Frisch übten die Fische auch auf Unterscheidung verschiedener Töne ein. Ein Ton bedeutete: Futter, ein anderer: kein Futter. Machte ein Fisch einen Fehler und schwamm auf das Zeichen kein Futter" herbei, erhielt er einen kleinen Schlag auf die Schnauze mit einem Glasstab. Die kleinen Schwimmer hatten schnell be- griffen. Sie unterschieden mühelos zwei Töne, die eine Oktave auseinander lagen.

Dr. Frank A. Brown hat mehr als 14 000 Versuche mit Breitmaulbarschen unternommen. Ein kleines Glasgefäß, von einem farbigen Band umrandet, wurde zwischen die Fische gehalten. Kam einer her- an, erhielt er Futter. Dann wurden andere Gefäße mit anderen Farben ins Wasser getaucht; wenn sich denen ein Fisch, näherte, versetzte man ihm einen milden Schlag durch Berührung seines Rückens mit- tels eines geladenen Drahtes. Nach bereits fünf bis zehn Versuchen unterschieden die Fische die ver- schiedenen Farben: Rot, Gelb, Grün und Blau. Dieses neugewonnene Wissen hielt dann mehrere Wochen

an.

Fische haben auch einen Sinn für geometrische Formen. Konrad Herter erzog Fische dazu, ihr Fut- ter in runden Näpfen aufzusuchen. Er stellte ihnen sowohl runde als ovale Schüsselchen hin, aber die I ovalen waren leer. Die Fische hatten nach kurzer Zeit begriffen, daß es zwecklos sei, bei den ovalen nachzuforschen, und ließen sie in Zukunft unbeach- tet. Sie lernten sogar, zwischen, R" und" L" zu un- terscheiden. Wir dürfen daraus schließen, daß sie ihr Heimatgebiet auf dem Grunde der Seen oder des Meeres genau kennen, und daß ihnen jede fremde Form sofort auffällt. Auch ihre Schlupflöcher und ihre Wasser ,, straßen" sind ihnen sicherlich völlig vertraut und zwar haben sie ein Bewußtsein da- von, daß die Steine, Muschelhäuser, Sanddünen usw. gerade so aussehen und nicht anders.

Es scheint jedenfalls festzustehen, daß Fische durch Erfahrung lernen und aus ihren Erlebnissen Folge- rungen ziehen. Ein Fisch, der einmal oder einige Male an die Angel geraten war und sich hat losrei- Ben können, wird künftig immer schwerer dazu zu

Karl von Frisch und H. Stetter, die Versuche mit blinden Fischen unternahmen, begleiteten die Füt- bewegen sein, noch einmal anzubeißen.