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SCHWABISCHES TAGBLATT
Juristen- Aerzte- Generäle
damar wurden 7 Sekretärinnen der Trost- briefabteilung vernommen, deren Aufgabe darin bestand, nach einem Schema Trostbriefe an die Angehörigen der in der Anstalt ver- gasten Insassen zu schreiben. Anläßlich der 10 000. Leiche fand nach dem Bericht der An- geklagten eine Feier in der Anstalt statt, bei der jeder Angestellte eine Flasche Bier erhielt.
15 ehemalige Nazijuristen auf der Anklagebank NÜRNBERG. Am vergangenen Mittwoch er- öffnete der amerikanische Hauptankläger Tay- lor in Nürnberg den Prozeß gegen 15 ehe- malige Nazi- Juristen, die beschuldigt wer- den, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen begangen zu haben. Ange- klagt werden folgende Personen: Josef Alt- stetten, ehemaliger Ministerialdirektor und Leiter der Abteilung IV des Reichsjustizmini- steriums, Wilhelm von Ammon, ehemaliger Ministerialrat der Abteilung IV und Sachbe- arbeiter für Verfahren gegen Ausländer, Paul Barnickel, ehemaliger Rechtsanwalt beim Volksgerichtshof, Hermann Cuhorst, einst Senatspräsident beim Sondergericht in Stutt- gart und früherer Präsident des Strafsenats beim Landgericht in Stuttgart, Kurt Engert, ehemaliger Ministerialdirektor und Leiter der Abteilungen V und XV im Justizministerium, sowie stellvertretender Leiter des Volksgerichts- hofs u. a. m. Zu nennen wären etwa noch Kurt Rothenberger, einst Staatssekretär im Reichsjustizministerium und stellvertretender Präsident der Akademie für deutsches Recht und Franz Schlegelberger, ehemaliger Staatssekretär und stellvertretender Reichsju- stizminister.
General Taylor erklärte, die 15 Nazi- Juristen seien genau so gemeine Kriegsverbrecher wie die Diplomaten, Generäle, Parteibonzen und Großindustriellen des NS.- Systems.
Im Nürnberger Aerzte prozeß wurde der ehemalige Leibarzt Himmlers und Chef des bekannten Sportsanatoriums Hohenlychen, K. Gebhardt, verhört. Gebhardt scheint sich dessen bewußt zu sein, daß er ein hartes Ur- teil zu erwarten hat. Ihm wird vor allem die Verantwortung für die Sulfonamidexperi- mente, Regenerationen und Transplantationen im KZ. Ravensbrück zur Last gelegt. Im Prozeß gegen Erhard Milch versuchte der als Zeuge aufgerufene ehemalige General- richter Manfred Röder Milch zu entlasten. Auf Befragen durch den Verteidiger Milchs gab Röder eine Schilderung der Umstände, die zum Selbstmord Udets geführt haben. Udet sei durch Krankheit und übermäßigen Alko- holgenuß als Reichsluftzeugmeister immer un- zuverlässiger geworden und habe, als er das Gefühl hatte, Göring lasse ihn fallen, sich durch einen Schuß in die Schläfe getötet. Im Frankfurter Prozeß gegen 27 Aerzte, Pfleger und Angestellte der Heilanstalt Ha-
Truman zur Demokratie MEXIKO- CITY. Präsident Truman traf am 3. März zu einem Besuch in Mexiko- City ein. Der mexikanische Staatspräsident Miguel Aleman feierte in seiner Begrüßungsan- sprache die täglich sich enger knüpfenden brüderlichen Beziehungen zwischen den USA. und Mexiko". Der Präsident der USA. wies in seiner Rede auf die gut nachbarlichen Bezie- hungen der amerikanischen Staaten hin und bezeichnete dieses ,, interamerikanische System" als beispielhaft für die im Aufbau begriffenen ,, Vereinten Nationen".
,, Alle unsere Völker", so sagte Truman ,,, ver- treten eine gemeinsame Ueberzeugung, die wir Demokratie nennen. Wir glauben an die Würde der Einzelperson, wir glauben, daß es die Auf- gabe des Staates ist, die grundlegenden Rechte und Freiheiten des Menschen zu erhalten und zu fördern. Wir vertreten den Standpunkt, daß der Staat dem Wohle des Menschen dienen soll und nicht, daß die Menschen da sind, um dem Staate zu dienen. Alles, was wir mit dem Wort Demokratie meinen, beruht auf dieser grundlegenden Ueberzeugung. Wir glauben, daß jede Einzelperson für ihre Lebensführung so viel Freiheit besitzen muß, wie sich dies mit den Rechten anderer Menschen vereinbaren läßt. Wir wissen, daß ein Höchstmaß an Frei- heit und Würde des Einzelmenschen unter einer Diktatur nicht erzielt werden kann. Freiheit und Würde für den Einzelmenschen können nur unter einem System von Gesetzen gewonnen werden, welche die Rechte des ein- zelnen schützen, und durch eine Regierung, die sich aus frei gewählten Vertretern des Vol- kes zusammensetzt."
Anna
EINE ERZÄHLUNG VON LUISE RINSER 10] Copyright by Verlag Kurt Desch, München
Endlich kam Anna auf eine breite Straße, auf der Trambahnschienen glänzten. Aber keine Straßenbahn kam. Sie lief weiter. Ein Mann begegnete ihr. Sie fragte ihn: ,, Wo ist die Haltestelle?" Da griff er nach ihr, und sie merkte, daß er nach Schnaps roch. Sie floh, indes er hinter ihr herfluchte. Endlich kam eine Bahn. Anna sah sie halten und erreichte sie eben noch. Sie war durchnäßt. Was werde ich der Mutter sagen, dachte sie, doch im Grunde war es ihr gleichgültig. Sie war nichts als müde.
Als sie über den Domplatz ging, rauschte plötzlich ein heftiger Regen nieder. Wie gut, dachte Anna. Die Mutter würde denken, sie sei auf dem kurzen Weg so naß geworden. Dieser Gedanke stimmte sie fast lustig.
Aus der Nische vor dem Eingang ihres Hau- ses löste sich eine Gestalt. Anna erschrak, doch sie erkannte sogleich Christine. ,, Aber, was machst du denn hier, Chri- stine?"
,, Ich mußte doch warten, bis du zurück- kamst. Sie würde sonst fragen, wo du warst, und dann müßtest du lügen, und wenn sie dann nachforschen würde, geschähe ein Un- glück."
Ein Gefühl warmer Geborgenheit überkam Anna.
Die Mutter öffnete. ,, Ach, da seid ihr ja!" Die Tonart ihres Ausrufes verriet die ausge- standene Unruhe.
Christine sagte: ,, Wir hatten keinen Schirm. Und eben, als wir über den Domplatz gingen, begann es zu gießen. Nun läßt es schon wie der nach, hören Sie!"
Die Mutter wollte sie nötigen, hereinzu- kommen und ein warmes Getränk zu nehmen. Auch Anna bat. Doch Christine sagte:„ Ich
Im Rastatter Prozeß gegen die Wärter der Lager Niederbühl und Haslach- Sportplatz sind bereits die ersten Aus- sagen der von der Verteidigung geladenen Entlastungszeugen zu verzeichnen. In den mei- sten Fällen wirkten die Aussagen der Ent- lastungszeugen weit eher belastend, als daß sie von einem der Angeklagten die ihm vor- geworfene schwere Schuld genommen hätten. Nach Abschluß der letzten Zeugenvernehmung ging das Hohe Gericht zum Anklageverhör über,
Von den Kriegsverbrecherprozessen, die im Auslande geführt werden, ist zu berichten, daß im Prozeß gegen den ehemaligen Generalfeld- marschall und Oberbefehlshaber der deutschen Truppen in Italien, Albert Kesselring, der Angeklagte in eigener Sache aussagte. Kesselring erklärte, daß Grausamkeiten haupt- sächlich durch Mussolinis Neofaschisten be- jedoch weiterhin, daß seiner Ansicht nach in gangen worden seien. Der Angeklagte betonte gäbe seien. Kesselring erklärte, daß er nicht Kriegszeiten Vergeltungsmaßnahmen gang und die Absicht hatte, Rom zu verteidigen, Mus- solini jedoch anderer Meinung gewesen sei.
Der frühere SS.- Befehlshaber in Italien, Oberst Kappler, wird in Rom von einem italienischen Miiltärgericht abgeurteilt werden. In Warschau wurden vom Volkgerichtshof der frühere Gouverneur von Warschau, Lud- wig Fischer, der für den Tod von mehr als einer Million Juden und für die Zerstörung des Ghettos verantwortlich ist, der Chef der Gestapo, Josef Meissinger, und der frühere
Polizeidirektor Max Daume zum Tod verur-
teilt.
Die ungarische Regierung hat der alliierten Kontrollkommission in Ungarn eine Liste von Kriegsverbrechern unterbreitet. Auf dieser Li- ste befinden sich unter anderem die Erzher- zöge Josef und Humbert, ferner die Namen sten, Schauspielern und Abgeordneten. Der von Generälen, früheren Ministern, Journali- ist jedoch nicht dabei. Name des früheren Reichsverwesers Horthy
In dem Wiener Hochverratsprozeß gegen den ehemaligen Außenminister Guido Schmitt leugnete der Angeklagte, persönlich die be-
rüchtigte Unterredung zwischen Hitler und Schuschnigg in Berchtesgaden vorbereitet zu haben.
maligen nazistischen Oberbürgermeister von Ein Wiener Volksgericht verurteilte den ehe- ziehung seines Vermögens. Wien zu 10 Jahren schwerem Kerker und Ein-
Revision der Friedensv
träge
WASHINGTON. Der frühere Außenminister der Vereinigten Staaten, Byrnes, forderte die außenpolitische Kommission des Senats auf, die Friedensverträge mit Ungarn, Bulga- rien, Rumänien und Italien unverzüglich zu ratifizieren, damit die Stabilisierung des Frie- dens beschleunigt werde. Byrnes betonte: " Nur der Abschluß eines endgültigen Friedens wird diesen Ländern die Möglichkeit geben, ihre Souveränitätsrechte wieder zu erlangen und die volle Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen." Die ehemaligen Satelliten- staaten erlangen durch die Ratifizierung der Verträge das Recht, ihre Aufnahme in die UN. zu beantragen.
Byrnes sagte: ,, Es könnte also sein, daß die Revision der härtesten Bestimmungen später durch Anrufung der UN. vorgenommen werden könnte." Byrnes gab schließlich der Hoffnung Ausdruck, daß diese Länder zur Beteiligung an der internationalen Bank, am internationa- len Währungsfonds und an den internationalen Organisationen für Luftfahrt und Handel auf- gefordert würden.
Gegen Zweikammersystem und Staatspräsident
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sind Möglichkeiten ausgeschlossen, die die Förderung der geistigen und sittlichen Werte, des Humanitätsgedankens und des So- zialismus nicht in den Hintergrund drängen. Schon aus finanziellen Gründen ist es unmög- lich, jeder Konfession eine eigene Schule zu geben.
Südwürttembergische KPD. zur Verfassungsfrage TÜBINGEN. Einer unserer politischen Mit- rantiert arbeiter hat an die Vertreter aller Parteien, Wirtschaftspolitiker und Mitglieder der provi- sorischen Regierung im Zusammenhang mit der Diskussion um die Verfassung und die Bo- denreform eine Reihe von Fragen gerichtet. Als erste Antwort liegt nunmehr die Stellung- nahme der KPD., Landesleitung Südwürttem- berg und Hohenzollern, vor.
1. Frage: Wie stehen Sie zu der von der CDU. in der Beratenden Landesversammlung vertretenen Meinung von der Notwendigkeit a) eines Zweikammersystems,
b) einer Bindung von Kirche und Staat, c) eines Staatspräsidenten und d) der Konfessionsschule? Antwort:
a) Die KPD. lehnt das Zweikammersystem ab. Das vom Volk gewählte Parlament muß höchstes Machtorgan sein, das in seiner Arbeit nicht durch eine zweite Kammer mit beson- deren Machtbefugnissen eingeschränkt wird. b) Bei uneingeschränkter Wirkungs- und Ent- faltungsmöglichkeit im religiösen Bereich ist im Interesse einer beiderseitigen Unabhängig- keit die Trennung von Kirche und Staat eine Forderung, von der die KPD. nicht abgehen kann. Die Kirchen können in Zeiten schwer- ster Not keinen Anspruch auf ein verfassungs- mäßiges Vorrecht auf finanzielle Leistungen des Staates beanspruchen. c) Kleine Länder wie Südwürttemberg benötigen keinen Staats- präsidenten, der Vollmachten hat, selbständig diplomatische Beziehungen mit anderen Län- dern zu unterhalten. Ein Staatspräsident könnte zur Basis partikularistischer Bestrebun- gen werden. Er ist außerdem genau wie die zweite Kammer eine zusätzliche unverant- wortliche finanzielle Belastung und schon aus Sparsamkeitsgründen abzulehnen. d) Nur in der Gemeinschaftsschule jeder Konfession ist ihr eigener Religionsunterricht vollauf ga-
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2. Frage: Wie stehen Sie zur nordwürt- tembergischen Verfassung?
Antwort: Unter den augenblicklichen Verhältnissen hält die KPD. die Ausarbeitung einer Vollverfassung für verfrüht. Zweckmäßi- ger wäre, nur ein Organisationsstatut zu schaffen, das die Funktion des Landtags und der ihm verantwortlichen Regierung festlegt. Die KPD. schlägt jedoch die Annahme der nordwürttembergischen Verfassung vor. Auch KPD. findet, ist diese zur Annahme bereit im wenn sie nicht unbedingt die Zustimmung der Hinblick auf eine spätere Reichsverfassung. Die Annahme wird weiter deswegen vorge- schlagen, um Widerstände gegen die Wieder- vereinigung von Nord- und Südwürttemberg zu beseitigen.
3. Frage: Wie stehen Sie zu der in Süd- württemberg in Aussicht genommenen Boden- reform?
der
7. März 1947
Aristide Briand
,, Briand verkörpert den Gedanken des deutsch- französischen Ausgleichs", schrieb Gustav Strese. mann im Vorwort für die deutsche Ausgabe von Briands Reden. Stresemann fährt fort: Dieses Buch wird ein Dokument sein jenes Verständigungs- Befriedung in diesem Jahrhundert nicht gelöst willens, ohne den die große Frage der europäischen
werden wird."
Am 7. März vor 15 Jahren starb Aristide Briand. Wo und wann immer nach dem ersten Weltkrieg sprochen oder geschrieben wurde, durfte sein Name von einer deutsch- französischen Verständigung ge-
nicht fehlen.
Aristide Briand wurde am 28. März 1862 in Nantes geboren. Nach Beendigung des Rechtsstu- diums arbeitete er an verschiedenen sozialistischen Zeitungen mit. 1899 ernannte ihn die sozialistische Partei zu ihrem Generalsekretär. 1902 wurde er erstmals in die Abgeordnetenkammer gewählt. 1904 gründete er zusammen mit Jean Jaurès die sozia- listische Zeitung ,, Humanité". Im März 1906 wurde er Kultminister. In seine Amtszeit fällt die Tren- nung von Staat und Kirche in Frankreich. Sein erstes Kabinett bildete Briand 1909. Zu dieser Zeit ging er von den Sozialisten zu den Sozialrepubli- kanern über. In den folgenden Kabinetten hatte er jeweils ein Portefeuille oder stand als Minister- präsident an der Spitze der Regierung. Schon 1921 zeigte Briand sich auf der Konferenz von Cannes zu einer Verständigung mit Deutschland bereit. 1925 trat Briand wieder als französischer Auen- minister in Erscheinung und verblieb auf diesem Posten für die folgenden Jahre. Im Locarnopakt fand seine Politik, die auf eine Entspannung des deutsch- französischen Verhältnisses hinarbeitete, ihre Erfüllung. Der Briand- Kellogg- Pakt 1928, der den Krieg als Mittel der nationalen Politik ab- lehnt und jeden Angriffskrieg für ungesetzlich er- klärt, zeugt vielleicht am eindrucksvollsten für den Mann, der einst die Losung„ Krieg dem Kriege" ausgab und an die Möglichkeit, ein geein- Europa- Union ist sein Name gleichfalls untrenn- tes Europa zu schaffen, glaubte. Mit der Pan- bar verbunden. 1926 erhielt Briand zusammen mit Stresemann, Chamberlain und Dawes den Friedens- nobelpreis.
Briand sagte 1926 in einer Rede: ,, Frankreich ist der Meinung, daß Deutschland eine Rolle zu spie- len hat in Europa und in der Welt. Daß es ver- schiedene Völker gibt, ein jedes mit den ihm eige- nen Genius, macht das Gleichgewicht in der Welt aus. Es wäre ein Verbrechen an der Menschheit,
eines daraus zum Verschwinden zu bringen..
Hat euch dieser letzte Krieg durch das Ueber- maß seiner Greuel nicht gezeigt, daß man endlich aufhören muß? Begreift ihr nicht, daß in Vorzügen wie in Fehlern der Völker Möglichkeiten zu Ver- bindungen liegen, die dem Friedenswerk nutzbar reich ist es ehrenvoll, eine solche Sprache zu gemacht werden könnten? Für das siegreiche Frank- führen."
Bei der ersten Sitzung des Völkerbunds, an der eine deutsche Delegation teilnahm( 1926), sagte Briand: ,, Friede, dieses Wort bedeutet für Deutsch- land und Frankreich, es ist zu Ende mit der Reihe der bluterfüllten Kämpfe, von denen alle Seiten der Geschichte besudelt sind. Es wird schließlich ein europäischer Geist erstehen. An uns liegt es, dahin zu wirken. Die Völker zu verurteilen ist leicht. Meist sind es ihre Regierenden, die vor allem diese Verurteilung verdienen."
Und wieder ist ein Krieg über die Menschheit gegangen. Winston Churchill hat die Gedanken Briands aufgegriffen und die Schaffung der„, Verein- ten Staaten von Europa" gefordert. Dieses hohe Ziel zu erreichen, bleibt einer besseren Zukunft vorbehalten.
Der Wirtschafts- und Sozialrat der UN. hat die
beschlossen.
Der Entwurf für eine Charta des Welthandels ist von dem vorbereitenden Ausschuß für die inter- nationale Handelskonferenz in Lake Succeß fertig- gestellt worden.
Antwort: Die Ertragssteigerung Landwirtschaft ist in erster Linie zu erhöhen durch Gesundmachung der landarmen Bauern Schaffung einer europäischen Wirtschaftskommission und ihrer Befreiung vom Pachtzins der Groß- grundbesitzer. Im Gegensatz zu der von der Regierung angekündigten Bodenreform kann eine intensivere Bodenbearbeitung nur durch die Zerschlagung des Großgrundbesitzes und durch Belebung der Privatinitiative der Klein- und Mittelbauern erreicht werden. Hierin und in der Enteignung des Grund und Bodens der Kriegsverbrecher, Kriegsgewinnler und Groß- grundbesitzer sieht die KPD. die einzige Mög- lichkeit zur Sicherung der Lebensgrundlage des Volkes.
werde zu Hause erwartet. Ich sagte, ich käme Bild zur Flamme entfachte und nährte und sofort wieder!"
Klug beschützte dieser Satz der Freundin Anna vor allen Fragen der Mutter. Anna konnte unbehelligt sich umkleiden, essen und in ihr Zimmer gehen. Bald legte sie sich, fast völlig erschöpft, zu Bett. Und obwohl sie an Gedichte zu denken versuchte und an Musik, so liefen ihre Gedanken hartnäckig zu Karl.„ Ob er wohl noch pfeift?- Ach, wie dumm dieser Gedanke ist." Sie machte Licht, holte ein Buch und begann zu lesen; doch schal klang jedes Wort. Sie schaltete das Licht aus und blieb aufrecht sitzen. Ein Gefühl, des- sen unbestimmtes Quälen und dessen Maß- losigkeit sie erschreckten, befiel sie. Warum, dachte sie, warum lasse ich mich so tief ver- wirren? Es war ein dummes, kleines Aben- teuer, sonst nichts; es ist vorbei... Aber er hat mich geküßt... Und ich, ich hatte es ersehnt! Ich war es, die ihn verlockte. Ging ich nicht durch die Straßen der Stadt und wollte dies?- Doch nein, dies habe ich nicht gewollt. Doch was? Ich weiß nicht, ach, ich weiß es ja nicht.
endlich zusammensank. Als der letzte Rest des Bildes in Asche zerfallen war, begann Anna zu weinen. Aus offenen Augen flossen die Tränen über ihre Gesicht und brannten salzig auf ihren Lippen. Ihr schien, sie sei ein Baum ,, den ein Sturm der schönsten Blätter beraubt habe. Unter Tränen schlief sie endlich ein.
Ende!
Der blaue Wachsstock Freunde, die in der zerstörten Stadt im Westen lebten, hatten ihr das Päckchen geschickt.„ Viel- leicht macht es dir Freude", schrieben sie ,,, das wie- derzusehen, was wir in einem Winkel deines Kel- lers fanden." Sie schob Papier und Holzwolle zur Seite und sah den blauen Wachsstock. Sie konnte es fast nicht glauben und schaute ihn erst eine Weile an, ehe sie ihn vorsichtig aus seiner Hülle nahm; langsam drehte sie ihn auf dem Teller der Hand
rundherum, er war ganz unversehrt: so groß wie
eine Riesenbirne, doch in der Mitte eingeschnürt gleich der Taille einer Wespe. Ueber den enzian- blauen Grund seiner wächsernen Pracht lief in hei- terem Schwung ein silbernes Band, korallenrot ge- auch sie waren aus Wachs gebildet, voll Anmut, mit Staubgefäßen und gefiederten Blättern in zar- ten Pastellfarben, nur das Rot der Lilien leuchtete frisch
aus verwittertem Weiß und mattem Blau hervor. Tastend strich sie mit dér Spitze des Fin- gers über die Sterne und Kelche, und es schien ihr, als verschwämmen sie vor den Augen und gingen in einem Meer von blühenden Wiesen unter: in den Wiesen von Tirol.
Gibt es auf der Welt etwas Schöneres als die
Sie sprang aus dem Bett, riß das Gesang- faßt, und umschlang einen Strauß Wiesenblumen; buch aus dem Fach und nahm das Bildnis Giacomos mit bebenden Händen heraus. Sie legte es auf den Tisch und sah es an. Dann küßte sie es. ,, Du bist es", flüsterte sie, und sie küßte es wieder, seine Hand, seine Augen, seine Stirn, den Halsansatz überm Pelz, die ver- schattete Kehle, den Mund. Und immer wie- der diesen Mund. Sie fühlte nicht Papier, sie fühlte Fleisch und Wirklichkeit. Und Süße durchdrang sie bis ins Innerste. Ich liebe dich, ich liebe dich. Dann öffnete sie ihr Hemd und legte das Bild an ihre Brust. Und nach- dem sie dies getan hatte, zerriß sie es in Fetzen, doch so, daß das eine dunkle Auge schwenden vor dem tödlichen Schnitt der Mahd. aus der Schattenseite des Gesichtes unversehrt blieb. Dies legte sie beiseite in den Schutz- umschlag ihres„ Hyperion". Die Fetzen aber warf sie in den Ofen, in dem noch Kohlen- glut war. Sie blieb vor der offenen Feuertür kauern und sah zu, wie die Glut sich an dem
blühenden Wiesen in Tirol! Die im weißen Schaum der Margueriten stehen, auf denen die wilden, süß duftenden Stiefmütterchen wuchern, und Türken- bund und Enzian. Ach, diese Wiesen, sie sind wie ein einziger Rausch des Blühens, ein seliges Ver-
Sie hatte damals zwei Semester in Innsbruck stu- diert und im Frühling waren sie mit den Rädern das Inntal hinaufgefahren, das sich vor ihnen auf- tat wie ein Garten. Noch glänzte der Schnee auf den Bergen, der Inn schoß mit grünem Schmelz- wasser dahin, aber die Wiesen standen in Blust
Herausgeber und Schriftleiter: Will Hanns Hebsacker, Dr. Ernst Müller, Rosemarie Schittenhelm, Alfred Schwenger und Werner Steinberg. Weitere Mitglieder der Redaktion: Albert Ansmann, Dr. Helmut Kiecza und Josef Klingelhöfer.
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und von der Straße wehten die ersten sommerlichen Staubfahnen. Sie kamen in die alten Städtchen, nach Hall und nach Rattenberg, und zuletzt schoben sie die Räder steil hinauf zum Achensee, der noch winterlich einsam lag. In einem Wirtshaus am Weg mit rotweißen Fensterläden tranken sie Tiroler Ro-
ten und nicht weit ab im Wald fanden sie einen alten, umgestürzten Grenzpfahl mit der Aufschrift
,, Gefürstete Grafschaft Tirol".
In Innsbruck hatten sie später zur Erinnerung an die Fahrt den blauen Wachsstock gekauft. Wenn die Wiesen längst leer sein würden, sollte sein honig- duftendes Licht in die Winternacht scheinen und den Zauber jenes Frühlings beschwören. Aber sie konnten sich nicht entschließen, den Wachsstock an- zuzünden, sie wollten ihn nicht zerstören.„ Wenn einmal eins von uns beiden stirbt", hatte, er lä- chelnd gesagt,„ zündet das andere zum Gedenken den Wachsstock an."
Die Wiesen waren seither schon oft leer geworden und neu erblüht. Mit den zweien, die durch das Inntal gefahren, hatte es nichts gegeben, sie waren auseinander gekommen, jedes war seinen Weg wei- tergegangen, aber sie hatten sich nie ganz ver- loren. Der Wachsstock war weit herumgereist, in fremden Ländern und Städten, denn seine Besitzerin führte ein unruhiges Leben. Der ihn geschenkt hatte, blieb bei Stalingrad vermiẞt.
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Als sie im dunklen Herbst 1944 mit tausend ande- ren aus der belagerten Stadt vertrieben wurde, hatte sie den Wachsstock im Keller versteckt, es war kein Platz mehr für ihn bei der hastig zu- sammengerafften Habe gewesen. Und während sie eine neue Heimat suchte und nicht fand, war das Haus über ihm eingestürzt und alles, was es ge- borgen, in, Asche gesunken. Die Belagerung war darüber hinweggegangen, viele Wochen, und fremde Menschen durchstöberten jeden Winkel in den Rui- der Wachsstock, in seiner zerbrechlichen Pracht, hatte alles überstanden. Sie nahm den kleinen weißen unbenützten Docht zwischen die Finger. Stalingrad wie viele Jahre waren das schon? Es war wie ein halbes Leben. Jetzt müßte ich ihn wohl anzünden, dachte sie vielleicht ,, Wenn einer von uns beiden stirbt", hatte er gesagt. Aber dann sah sie das blau- silberne Wachs, das sie längst im Feuer zerschmolzen ge- wähnt hatte, und sie sah die Blumen darauf. Nein, dachte sie, ich kann noch warten, immer noch wenigstens bis die Wiesen noch einmal geblüht ha- ben und wieder dahingesunken sind. Friedl Eidens
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