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Kummer 44

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Bei den Wahlen zur neuen verfassunggebenden französischen Nationalversammlung am Sonntag, den 2, Juni, die bei starker Beteiligung glatt ver­laufen sind, haben fünf große Parteien konkur­riert: Die Kommunisten (PC.), mit 152 Kam- mersißen bisher die stärkste aller Parteien: die so­zialistische Partei (SFJO.), die Partei Gouins und Leon Blums: die katholische Republikanische Volks­bewegung (MRP.), die etwa unserer CDU. ent­spricht; die Vereinigung der Linksrepublikaner (RDG.), in der die bisherigen Radikalsozialisten mit Edouard Herriot die Hauptrolle spielen, eine bürgerliche Mittelpartei ähnlich wie unsere Demo­kraten: und die konservativen Gruppen unter dem Namen Republikanische Freiheitspartei (PRL.) mit ausgesprochen antimarxistischem Charakter.

In der ersten verfassunggebenden Versammlung waren die drei Linksparteien mit je etwa 150 Sit­zen so ziemlich aleich stark: erst kam die PC. nstt 152, dann die MRP. mit 149, dann die SFJO. mit 148 Sitzen. Am Sonntag hat nun die MRP den Sieg erfochten und steht heute an der Spitze aller Parteien; ihr folgt die kommunistische und die sozialistische Partei, welch letztere ungefähr so viel Sitze eingebüßt als die MRP. gewonnen hat.

Am Montaavormittag war folgende Vertei­lung von 521 Kammersitzen bekannt: MRP 161, Kommunisten 144, Sozialisten 114, Radikalsozia- liston 41, Republikanische Freiheitspartei 61.

Ministerpräsident Gauin hat schon vor den Wah­len vorausgesagt, daß sie keine allzu große Ver­änderungen bringen werden. Es ist also möglich, daß die Dreierkoalition wie bisher beieinander blei­ben wird. MRP. und Sozialisten sind wahrschein­lich dazu geneigt: es fragt sich lediglich, ob die Kommunistische Partei weiter mitmachen wird, ge­gen die der Wahlkampf in erster Linie geführt worden ist und die bei einem Sieg, nach einer Äußerung ihres Führers Thorez, bereit gewesen wäre, die Führung zu übernehmen.

Die Kandidatenlisten der einzelnen Parteien ent­hielten im allgemeinen die alten Namen, mit Aus­nahme der sozialistischen, auf der mit Rücksicht auf die Provinzorganisationen der Partei gewisse Än­derungen vorgenommen worden waren. Urüer den jetzt wieder Gewählten befinden sich Ministerprä-

Dio neue ?i»Ker ReKieminA

Prag. Klement Gottwald, Vorsitzender der tschechoslowakischen Kommunistischen Partei, ist vom Präsidenten der Tschechoslowakei Dr. Eduard Benesch mit der Bildung einer Regierung der Nationalen Front, der alle Parteien angehören sollen, beauftragt worden.

pür die Demokratie

Ankara. Aus den Ergebnissen der letzten Gc- meindewahlen vom 26. Mai läßt sich erkennen, daß zum erstenmal seit über 20 Jahren die in der Tür­kei bisher allein bestehende republikanische Volks- Partei an Volkstümlichkeit einqebüßt hat. Diese erste Volksbefragung nach 20 Jahren scheint poli­tische Umwälzungen anzukündigen, die auch in der Türkei vor sich gehen werden. Es ist bezeichnend, daß in Ankara, der Hochburg der republikanischen Volkspartei, die Wahlbeteiligung am allerschlechte- sten gewesen ist.

Von zetrt skr DjV

New P o r k. Die Presseabteilung der ONU bit­tet darum, die Vereinten Nationen künftig mit der Abkürzung UN zu bezeichnen. In der angelsäch­sischen Welt schrieb man bisher UNO (United Na- tions Organisation), im französischen Sprachgebiet ONU (Organisation des Nations unies).

Das Ergebnis der italienischen Wahlen liegt noch nicht vor.

Oesterreich hat in einer Note die Moskauer Regierung ersucht, alle österreichischen Kriegsgefan­genen mit einwandfreier politischer Vergangenheit hald zurückzuschicken.

Der österreichische Außenminister Krnber ist auf Einladung Englands in London eingetroffen.

Die ungarischen Linksparteien. Sozialisten, Kommunisten und Bauernoartei. haben üch zu einer parlamentarischen Front rnsammenaeschfossen.

Der rumänische Ministerpräsident kündigt die Durchführung allgemeiner Wahlen in Rumänien für August oder September dieses Jahres an.

Das griechische Parlament hat in einer Ent­schließung dis territorialen Ansprüche Bulgariens zurückgewiesen.

Das bulgarische Parlament hat ein Gesetz zur Verstaatlichung der Versicherungsgesellschaften ange­nommen.

Die alliierten Stützpunkte auf den Azoren sind an Portugal zurückgegeben worden.

Irak und Transjordanien wollen sich zu einer föderativen Union zusammenschlietzen.

Ein zionistischer Weltkongreß wird im De­zember stattfinden.

Das iranische Kabinett Ehawam es Sultaneh ist zurückgetreten. Ehawam wird ein neues Kabinett bllden

General Marshall, der amerikanisch- Sonder­gesandte in China, hat die chinesischen Natio­nalisten und Kommunisten aufgefordert, den Bürger­krieg zu beendigen.

In Po-t Arthur verbleiben nach dem chinesisch­russischen Vertrag vom 16. August 1945 die einzigen sowjetischen Truppen in der Mandschurei.

Der neue argentinische Präsident Peron hat die Nmtsgeschäste übernommen.

Der amerikanische Kongreß hat ein Gesetz verabschiedet, das der Regierung von USA. die Kon­trolle über die Atomenergie einräumt.

sident Gouin, Vizepräsident Thorez, Außenminister Bidault, Justizminister Philip; ferner die früheren Ministerpräsidenten Daladier und Reynaud.

Paris. Das französische Innenministerium gibt folgendes Wahlergebnis bekannt: MRP. 160, PC. 145, Sozialisten 115, Republikanische Linke 43, Republikanische Freiheitspartei 58 Sitze.

Frankreichs ^Viederaukdau

Ministerpräsident Gouin hat in einer Presse­konferenz zum Abschluß der französisch-amerikani­schen Finanzverhandlungen Stellung genommen und dabei heroorgehoben, daß dieses Abkommen ohne jegliche politische Bedingungen zustandegekom­men sei. Frankreich sei es nunmehr möglich, aus einer Isolierung, die Hunger und wirtschaftlichen Selbstmord bedeute, herauszutreten.

Das Abkommen umfaßt zwei Teile, die endgül­tige Regelung der Verrechnung der Lieferungen aus dem amerikanischen Leih- und Pachtgesetz und die Abmachungen über den Wiederaufbau Frank­reichs, für den ein F ü n f j a h re s p l a n, der so­genannte Monnetplan, ausgestellt worden !ei. D's amerikanischen Lieferungen aus dem Leih- und Pachtgesetz haben 2,25 Milliarden Dollar betragen, und als Gegenwerte hatte Frankreich Lieferungen in Höhe von 870 Millionen Dollar zur Verfügung

gestellt. Amerika hat die restlichen Forderungen ge­strichen. Ein Schuldenrest Frankreichs in Hohe von 720 Millionen Dollar soll mit 2 Prozent verzinst und am 1. Januar 1950 zurückgezahlt werden.

Die von Amerika gewährte Anleihe soll dazu die­nen, den Monnetplan zu verwirklichen. Er sieht bis zum Jahre 1950 eine Erhöhung der Produktion um 59 Prozent gegenüber dem Niveau von 1938 vor. Frankreich benötige vor allem mehr Kohle und auch moderne Maschinen weil sein Maschinenpark schon seit 1938 veraltet sei. Es fehle auch an Lokomotiven und Wagen, an Benzin und anderen Rohstoffen. Die Stahlproduktion soll bis zum Jahre 1951 die Höhe von 15 Millionen Ton­nen erreichen.

In einer Rede in Lyon hat Finanzminister P h i l i p bei der Besprechung des Abkommens her­vorgehoben, daß Frankreich keine Handelsrivalitä­ten zwischen den Völkern mehr wünsche, weil diese unvermeidlich immer zum Krieg führten. Frank­reich will keine Zollschranken mehr, sondern seine Erzeugnisse aus einen freien Weltmarkt bringen.

Außenminister Bidault hat in einer Unter­redung zur politischen Lage Stellung genommen und betont, daß alle Maßnahmen, welche die Fe­stigung und die Schaffung eines Provisoriums in Europa herbeiführen können, die Unterstützung Frankreichs finden werden. Jedoch könne nichts Entscheidendes erwartet werden, solange sich die Alliierten über d'e Frage Deutsch-and. die nun ein­mal das Hauptproblem büde, nicht verständigt ha­ben.

Der Lerickt des ßlnteranssckusses des VVeltsiesterkeitsrates

Die Verhandlungen des Unterausschusses des Weltsicherheitsrates, der sich mit dem spani­schen Problem zu beschäftigen hatte, sind jetzt zum Abschluß gekommen. In den letzten Tagen kannten dem Ausschuß noch eine Anzahl »euer Do­kumente zur Nachprüfung übergeben werden. Außer­dem hatte die französische Regierung ein ausführ­liches Memorandum über Spanien vorgelegt, in dem vor allem ausgeführt wird, daß die von Franco nach Kriegsende vörgenommenen Aenderuvgen nur die Fassade, nicht aber die Grundlagen seiner Re­gierung betreffen.

In dem Bericht des Ausschusses über das Ergeb­nis der Untersuchung des spanischen Problems wird das Franco-Negime alsmögliche Bedrohung des Weltfriedens" bezeichnet. Der Ausschuß empfiehlt den Mitgliederstaaten der Vereinten Nationen, die diplomatischen Beziehungen zu Spanien abzu- brechen, falls die Franco-Regierung nicht bis

1. September dieses Jahres beseitigt ist.

Die Franco-Regierung, so heißt es weiter, habe zwar keinen offiziellen Friedsnsbruch begangen, aber Franco habe sich an der Verschwörung Hit­lers und Mussolinis gegen die Welt beteiligt und sich auch noch nach Kriegsende in gewissen Fällen geweigert, mit den Alliierten bei der Bekämpfung des Faschismus zusammenzuarbeiten. Darüber hin­aus sei die Friedensstärke der spanischen Armee weit höher, als man dies von einem friedlieben­den Volk erwarten könne. Ferner schließe die Tat­sache, daß es in Spanien zwei Regierungen gebe, die Möglichkeit eines Bürgerkrieges ein. Der Un­terausschuß macht im einzelnen folgende Vorschläge:

1. Der Weltsicherheitsrat soll die gemeinsame Er­klärung der Vereinigten Staaten. Großbritanniens und Frankreichs vom 3. März gutheißen. In die­ser Erklärung wird das spanische Volk aufgefordert, sich mit eigener Kraft von dem Franco- Rcgime zu befreien und eine vorläufige Regierung

zu errichten, bis die Möglichkeit freier Wahlen in Spanien gegeben ist.

2. Der Welrsicherheitsrat soll bei der nächsten Vollversammlung den Vereinten Nationen emp­fehlen, beim nächsten Zusammentreffen am 3. Sep­tember alle UN -Mitglieder aufzusordern. die diplo­matischen Beziehungen zu Franco-Spanien abzu- brechen, falls das Franco-Regime bis dahin nicht beseitigt ist.

3. Nach der Beseitigung des Franco-Reqimes soll Spanien zur M i t g i i e d s ch a f t der Verein­ten Nationen unter gewissen Bedingungen eingeladen werden. Diese Bedingungen sind: Ent­lassung der politischen Gefangenen, Rückkehr der polirisch Verbannten, Recht auf Gründung politi­scher Organisationen sowie freie und öffent- l i ch e Wahlen.

Dieser Bericht wird am Donnerstag der UN. zur Beschlußfassung vorliegen und es ist nicht zweifel­haft, daß er Annahme finden wird.

Die Lage in Spanien selbst wird durch wach­sende Unruhe und Spannung gekennzeichnet. Nach englischen Berichten bict?t Seinen beute das Bild eines Landes verwirrender Gegensätze. Wäh­rend Franca sich auf die rund eine Million starke Arinee und die in Svanien seit jeber sehr mächtige und einflußreiche Kirche stützt, steht die c^oße Masse des arbeitenden Volkes völlig abseits. Aber die große Zersplitterung aller demokratischen Kräfte lähmt ihren Widerstandswillen und ihre innerpoli'- tische Durchschlagskraft. Es bestehen in Spanien mindestens 13 verschiedene und untereinander un­einige Widerstandsgruppen gegen Franco. Außer­dem bestehen noch starke monarchistische Strömun­gen inner- und außerhalb Spaniens.

Der Bericht des Spanienausschusses ist von den fünf Mitgliedstaaten Australien, Frankreich. Po­len, China und Brasilien gutgeheißen worden.

Oä8 europäische kotilendetiLit

Auf der kürzlich beendeten Pariser Kohlenkonfs- renz für das am 1. Juli beginnende Wirtschafts­jahr ist ein Defizit von 46 Millionen Tonnen Kohle sestgestellt worden. Man müsse daher mit ausge­dehnter Arbeitslosigkeit und empfindlichen Verzö­gerungen des Wiederaufbaus rechnen. Ausreichende Versorgung der Bergleute mit Lebensmitteln und Bekleidung, sowie eine gründliche Lösung der Transportfrage sei notwendig, den bedenklichen Rückgang in der Kohlenproduktion aufzuhalten.

Weiter wurde gefordert, daß dem europäischen Kohlenausschuß die sofortige Prüfung über eins mögliche Erhöhung der Kohlenförderung anzuver- trauen sei. Bei der Kohlenzuteilung müßten be­stimmte Vsrbrauchergruppen, wie z. B. die Stahl­industrie, besonders berücksichtigt werden.

Was die deutsche Kohlenerzeuqunq im Ruhrgebiet betrifft, so hat diese (ebenso wie die belgische) den Vorkriegsdurchschnitt noch lange nicht erreicht und ist im April, wie es heißt infolge der Ernährungsschwierigkeiten, statt vorwärts zu- rückgegangen; Anfang Mai hat sie 165 000 Tonnen täglich betragen; das Produktionsziel sind 300 000 Tonnen täglich. Im übrigen decken die Koblen- preise van 15 bis 16 Mark pro Tonne die Crzsu- gungskosten nur zur Hälfte, was in der heutigen Wirtschaftsordnung auch nicht gerade als Anreiz

zur Mehrförderung wirken wird. Man wird wabl mit einer Erhöhung der Kohlenvreise zu rechnen haben. Aber wird dann nicht unser ganzes Prcis- gebäude, das sowiesa nicht mehr ganz intakt ist, ins Wanken geraten?

Im S a a rg e b i e t sind im Avril 430 000 Ton­nen gefördert worden. Davon hat die französisch besetzte Zone Deutschlands 230 000 Tonnen erhal­ten, Frankreich 80 000, dis amerikanische Zone 100 000. Man schätzt die erreichbare Tagesförderung auf 50 000 Tonnen.

Die polnische Förderung (Oberschlesien) wird dieses Jahr insgesamt etwa 50 Millionen Tonnen e:-reichen. Zurzeit sind es 3 bis vier Millionen pro Monat. Frankreich erhält davon 100 000 Tonnen.

Olear Xolilen kür die Industrie:

Berlin. Auf Anregung der amerikanischen Ve- satzungsbehörde sollen aus der amerikanischen Be- satzuugszone Deniichlands 20 000 Arbeitskräfte für die Kohlengruben im Ruhraebict geworben werden. Der Zoncnbeircü der britilchen Zone ist der Mei­nung. daß die Wirtschaft der britischen Zone dem Zusammenbruch entaegengehe. wenn die Kohlen­lieferungen für die Industrie nicht gesteigert wer­den können, auch auf Kosten des Exports und des sonstigen einheimischen Verbrauchs.

Freie ßVakIen nach 2? fahren

Rom. Die Wahlen zur verfassunggebenden Ver­sammlung sind die ersten freien Wahlen seit 25 Jahren gewesen. Auch die Frauen konnten zum erstenmal von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Die Wahlen sind bei starker Beteiligung im allge­meinen ruhig verlaufen, nur in Mailand wurden Handgranaten gegen die Büroräume desAvanti" geworfen und Revolverschüsse abgefeuert, wodurch drei Personen Verletzungen erlitten. Bei den Wah­len zur verfassunggebenden Versammlung haben sich elf Parteien beworben.

Der italienische König Umberto Hot vor der Volksabstimmung über die Frage, ab Monarchie oder Repvblik, erklärt, er erwarte von den Anhän­gern der Monarchie, daß sie sich bedingungslos dem Spruch des Volkswillens unterwerfen.

Fan-Fniop»

Eine paneuropäische Konferenz in New Hark unter dem Vorsitz von Graf Richard Coudenhooe- Kalergi und Fernando De Los Rias, dem frühe­ren spanischen Botschafter in USA., hat dem Ge­neralsekretär der Vereinten Nationen. Trygve Lie, vorgeschlagen:

1 Die Aufmerksamkeit des Sicherheitsrates soll auf die große Gefahr gerichtet werden, die in der Aufteilung Europas liegt.

2. Eine Konferenz europäischer Staaten zur Schaffung einer paneurnpäiichen Einbeit soll ein- bcrufen werden.

3. Ein permanenter Ausschuß der Vereinten Na­tionen solle errichtet werden, der die Wirtschafts-, Sicherheits- und sozialen Probleme Europas ein­heitlich behandeln soll.

Der^Valcl urrcl clie käume

Von Ferdinand 2 eeb

Nach Lektüre des neunundneunziqsten wohlgc- schriebenen Zeitungsartikels, nach Kenntnis der sechsundsechzigsten, nun aber wirklich klaren Reso- lution, nach Anhören der dreiunddreißigstcn stili­stisch einwandfreien Rede werde ich nun den Ein­druck nickst mehr los, daß ein großer Teil unserer Politiker es sich zum Prinzip gemacht hat, über Begriffe zu reden oder zu schreiben, statt sich um Tatsachen zu kümmern und entsprechend zu handeln.

Sie sprechen so viel über die Demokratie, daß einen jeden das Gähnen ankommt, sobald er da­von hört, und sie vergessen dabei das Wesentliche: die Demokratie. Sie jammern über die Krise der abendländischen Kultur und erweisen sich als un­fähig, uns die abendländische Kultur lebenswert zu machen. Sie sprechen über diechristliche Vereint- Wartung" in den Fragen der sozialen Gerechtig­keit, aber die ehrlichen Mahnungen eines Niemöl­ler gehen ihnen in das eine Ohr hinein und aus dem anderen wieder heraus. Und ein jeder ist So­zialist. Man spricht so viel von Sozialismus, daß wahrhaftig kein Mensch mehr weiß, worum es sich dabei eigentlich handelt.

Viele Männer, die gegenwärtig mit der Führung der Politik der Summe der öffentlichen Ange­legenheiten betraut sind, sehen nur den Wald und vergessen dabei die Bäume. Von den Fenstern ihrer Luftschlösser herab betrachten sie die Baum­schule unseres unfertigen Staates und merken nicht, daß sie im Begriffe sind, eben diesen Staat selber wieder in Frage zu stellen.

Derweil nehmen die Dinge ihren Lauf, und es steht nicht gerade zum Besten in der besten aller möglichen Welten. Die Gefahr der Kürzung der Lebensmittelrationen besteht nach wie vor; denken wir nur an die Zuteilungen in einigen anderen Ländern Europas, denken mir an Indien, China und an die Streiks in USA. Wir gelangen jetzt an einen Punkt, wo die Frage der nackten "Existenz mit aller Schwere vor uns steht. Machen wir ein­mal einen Anfang und beweisen wir, daß wir De­mokraten, Christen, Sozialisten usw. sind!

Wenn Not am Mann ist, so denke man zunächst an die Schwächsten, die Bedürftigsten, an das Wich­tigste. Wenn die Nahrungsmittel knapp sind, so müssen zunächst diejenigen'essen, die bei ihrer bar­ten körperlichen Arbeit mehr Energie verbrauchen als dis Männer hinter den Schreibtisch?» oder solche, die überhaupt nicht arbeiten. Man sagt, die Mensch--» wollten nicht arbeiten, weil zu viel Geld da sei. Man erörtert Geldabschöpfungspläne, ohne das Geld abzuschöpfen. Wenn dis Arbeitenden mehr essen werden, als die Nichtarbeitenden, dann wer- den sich viele zur Arbeit entschließen! In erster Linie sollen d i e satt werden, die durch ihre Arbeit unsere Existenz garantieren.

Wenn man heute nicht gleich mit einem Pfund Butter schmiert, so bekommt man nichts gemacht. Wer hat das Geld, um Butter auf dem Schwarzen Markt zu kaufen? Die Arbeiter, die Friseurlehr­linge. die Briefträger? Wenn für 30 000 Menschen nur tausend Paar Schuhe verbanden sind, so müs­sen zunächst diejenigen bedacht werden, die bei ihrer Arbeit am meisten Schuhe verschleißen, z. B. die Bahnarbeiter, die heute ihre Strecken auf den Schwellen abschreiten müssen, mit elenden Holz- und Lederfetzen an den Füßen. Was nützt es den Bahnarbeiter, wenn man ihm versichert, daß man in ibmden Einzelmenschen als Persönlichkeit achte", wenn seine Schuhe dabei zerrissen bleiben?

Man kann nichts machen? Es gibt keinen Weg, um unsere Ernährungslage von heute auf morgen entscheidend zu bessern? Dann tue man das, was man kann! Die Gemeinden können sichSchweine halten, an Kartoffelschalen fehlt es heute noch nicht. Kinder können Eicheln und Kastanien sammeln. Die Gemeinden können sich Tausende von Hüh­ner beranziehen: ihre Bürger werden dafür sor­gen, daß das Federvieh nicht verhungert. Cs ist ein Anfang gemacht worden mit der Kinderspec- sung in den Schulen. Dos ist gut so. Aber wer denkt an unsere 1418jährigen Lehrlinge in den Betrieben? Für die Jungarbeiter ist nichts vor­gesehen. Wir müssen Werkskantinen für sie ein­richten.

Tausende von Hausfrauen vergeuden ihre Zeit mit stundenlangem Schlangestehen, verbrennen ihr weniges Holz, um schließlich am Abend ihrem Manne, der hungrig von der Arbeit kommt, ein paar kärgliche Kartoffeln vorzusetzen. Also: Werks­kantinen auch für die erwachsenen Arbeiter. Wenn wenig da ist. so muß man mit dem Wenigen spar­sam umgehen. In einem großen Topf kocht man sparsamer, als in vielen kleinen. Da die Ernäh­rungslage sich derart verschlechtert hat und sich noch weiter verschlechtern kann, muß die Einrichtung von öffentlichen Volksküchen organisiert wer­den. Wir werden dort mehr und besser essen, wenn sie einwandfrei geführt werden.

Kriegermitwen und -waisen, Angehörige von Kriegsgefangenen und Vermißten sind dazu ver­pflichtet, in entwürdigender Form um staatliche Almosen zu betteln. Um den kleinen Rest ihrer abendländischen Kultur" ist es dabei schlecht be­stellt, er geht zum Teufel. Die Opfer der national- sozialistischen Kriegspolitik haben Anspruch auf würdige Behandlung und reguläre Unterstützung! Es ist kein Geld da? Man nehme es dort, wo es ist!

Worauf wartet man? Darauf, daß noch mehr Elend und Unzufriedenheit entstehen? Anstatt zu handeln, sucht man neue Schuldige, nachdem die alten Sündenböcke scheinbar verschwunden sind. In trautem Kreise wagt man, die angeblichen neuen Unbeilstiftcr zu nennen, dieAnderen". Und die Kommunisten!

Wem wird es nützen, wenn die Unzufriedenheit des Volkes aufs neue zu einem Werkzeug in den Händen der Volksfeinde wird? Man redet vies von unserer Schuld in der Vergangenheit und über-: