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käorelpreis 20 kkenaiz monstlidier Lerugspre» äurcti Irsger 1.50 KU. üurcli äie kost 1.74 HU. ^nreigenpreise: Oessrnt- susgsbe 1.20 KU., I^reis- susgaüe 0.40 KU. je rnnr Lki§reZeIrükr 1.— KU.
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sichten Hitlers geglaubt haben. Die großen außen-
Es ist im bisherigen Verlauf des Nürnberger Prozesses noch nicht vorgekommen, daß einer der Angeklagten den Mut ausgebracht hätte, klipp und klar einzugestehen, daß der Weg des Nationalsozialismus das deutsche Volk in den Abgrund geführt hat. Der frühere Wirtschaftsminister und Reichsbankpräsidcnt Walter F u n k hat zwar von seiner „tiefen Scham und Schuld" gesprochen, aber es war nur ein halbes Eingeständnis. Im Vergleich dazu ist es bemerkenswert, daß der ehemalige Reichsjugcndführer Baldur von Schirach, der nun in eigener Sache von dem Welttribunal in Nürnberg gehört wird, der erste ist, der ein offenes Schuldbekenntnis abgelegt und zugleich eingestanden hat, daß der von Hitler eingeschlagene Weg das deutsche Volk ins Verderben führen muhte.
Im Lauf der Verhandlung sind letzten Freitag die Verbrechen gegen die österreichischen Juden zur Sprache gekommen. Bei dieser Gelegenheit erklärte Baldur von Schirach, daß für die Judenverfolgung in Oesterreich letzten Endes nur Hitler und er selbst verantwortlich seien. Auf eine Frage seines Verteidigers über Auschwitz und die Aussagen des ehemaligen Lagerkommandanten von Auschwitz, Hoeh, sagte Schirach:
„Das ist der größte und satanischste Massenmord der Weltgeschichte. Hoeß war nur der Henker, den Mord befohlen hat Adolf Hitler. Er und Himmler haben gemeinsam dieses Verbrechen begangen, das für immer ein Schandfleck unserer Ge- fchichte bleibt. Die deutsches Jugend aber ist un- fchuldig an dem, was Hitler dem deutschen und dem jüdischen Volk angetan hat. Sie war antisemi- tifch erzogen, aber sie wußte nichts von der Vernichtung der Juden und sie wollte diese Verbrechen nicht. Es istmeine Schuld, die ich vor Gott und unserer Nation trage, daß ich die Jugend meines Volkes im Glauben an Adolf Hitler erzogen habe, einen Mann, den ich für unantastbar hielt und' der ein millionenfacher Mörder war. Ich habe an Hitler geglaubt. Das ist alles, was ich zu meiner Entschuldigung sagen kann. Ich war Nationalsozialist von Jugend an und damit auch Anti- fcmit. Hitlers Rassenpolitik aber war ein Verbrechen. diese Politik, die sünf Millionen Juden und allen Deutschen zum Verhängnis geworden ist!"
Dieses Geständnis des ehemaligen Reichsjugend- führers wird hoffentlich auf die deutsche Jugend Eindruck machen und sie zum Nachdenken zwingen. Zum ersten Male wird van einem früheren Nazi gesagt, wie falsch der Weg gewesen ist, den die deutsche Jugend zwangsläufig gehen mußte und der durch den katastrophalen Zusammenbruch der nationalsozialistischen Politik für ihre Zukunft so verhängnisvoll geworden ist.
Baldur von Schwach hat sich im übrigen in Nürnberg bemüht, in seinen Aussagen den Eindruck eines Schöngeistes zu erwecken, der die Jugend im Geiste Weimars und Goethes habe erziehen wollen Er bezeichnet sich als allein verantwortlich für die deutsche Jugenderziehung, wönn auch Hitler und Axmann in den letzten Jahren Befehlen» die deutsche Jugend erteilt hasten, die ihm nicht bekannt gewesen feien. : „ . .
Zum Vorwurf, er habe die Vorbereitung des Angriffskrieges unterstützt und den Geist der Irgend durch eine nur auf Kampf, Eroberung und Herrschaft ausgerichtete Schulung verdorben, und sie den motorisierten Gruppen und dem Scgelflug zugesührt, erklärt der Angeklagte, er habe ihr nur Gelegenheit zu „sportlicher Betätigung" geben wollen. Die spätere militärische Erziehung der Jugend wäbrend des Krieges kann der Angeklagte selbstverständlich nicht in Abrede stellen. Er ist der 8luf- sassung, daß bis zum Jahre 1939 die gesamte Jugend freiwillig der HI. beigetreten sei, kann aber nicht absireiten, daß er auch Hunderte von Eltern- bräesen erhalten habe, in denen die Eltern ihre Abneigung gegen die Hitlerjugend zum Ausdruck gebracht hätten. Der Angeklagte meint jedoch, daß diese Briefe für ihn persönlich ein Vertrauensbeweis gewesen seien.
Bis zum tatsächlichen Ausbruch des Krieges will Baldur von Schirach ebenfalls nicht an Knegsab-
Das f r a n z ö s i s ib e Kabinett bat den 13. Juni, an dem Teneral de Gaulle 1949 zum erstenmal aus London zum französischen Volk gesprochen hat, zum Ctaatsfeiertag erklärt.
Leon Blum ist non seiner amerikanischen Reise nach Paris zurückgekehrt.
Die Empirekonferenz in London ist beendet.
In Toulouse bat ein Kongreß der spanischen Sozialisten stattgefunden.
Vor der Untersuchngskommstsion des Sicherheitsrats in New Park hat Jose Tirol gegen Franco- Evanien Zeugnis abgelegt.
Eine polnische Delegation unter Führung des Ministerpräsidenten Morawski ist in Moskau von Molatow empfangen worden.
Ungarn will am 1. August eine neue Währung einsiihren. um der Inflation ein Ende zu machen.
In derTürke! sind am Sonntag Eemeindewab- len qew"'n Die demokratische Oppositionspartei hat sich der Wahl enthalten so daß die Beteiligung sehr schwach ällsfiel. „ ,
Die Wahlen zur türkischen Nationalversammlung werden im Juni oder Juli stattfinden.
Die Vereinigten Staaten uon Amerika haben der russischen Forderung auf Abschaffung der all- irrten Kontrollräte in Rumänien. Bulgarien und Ungarn zuqestimmt.
Diemandschurische Hauvtstadt T'chuna^Tschang ist wieder in der Hand der chinesischen Rcgierungs-
^'herbert Hoover ist aus vier Wochen nach Süd- Kmerika gefahren.
volitischen Ereignisse hätten ihn stets überrascht. Er habe z. B. den Einmarsch in Oesterreich und in die Tschechoslowakei auch nur durch den Rundfunk erfahren. Wien, so sagte der Angeklagte, sei das schwierigste politische Problem gewesen, das wir hatten, denn nach Bllrckels Amtsperiode sei in Oesterreich schon eine große Ernüchterung eingetreten.
Schließlich behauptet der Angeklagte, Hitler habe ihn vor ein Kriegsgericht stellen, summarisch ab- urteilen und schließlich hängen lassen wollen, weil er im Verlauf einer Unterhaltung in Berchtesgaden Hitler vorgeworfen habe, daß er das Reich in den Krieg mit Amerika gestürzt habe. Von diesem Augenblick an, so versichert Baldur von Schwach, habe ihn der Führer derart gehaßt, daß in den Büros der Gestapo in Berlin Akten über ihn angelegt worden feien, damit ihm der Prozeß gemacht werden könne. Nach dem Komplott vom 20. Just 1944 habe er seine Tage als gezählt betrachtet und sich mit sorgfältig ausgcwählten Leibwachen umgeben.
Im Kreuzverhör werden dem Angeklag
ten noch einige Tatsachen in Erinnerung gebracht, die ihn im Sinne der Anklage belasten. Aber Baldur von Schirach, der „Schöngeist", will wenig kriegerischen Sinn besessen haben. Die von der HI. gesungenen Kriegslieder seien nur für den „inneren deutschen Kampf" bestimmt gewesen, der zum Sieg des Nationalsozialismus führen sollte. Daß viele HJ.-Mitglieder Pilotendiplome für die Segelfliegerei (es waren 1938 14 000) erhalten haben) und daß er einmal den jungen Leuten gesagt habe, der Säbel sei ebenso wichtig wie der Federhalter, versucht der Angeklagte jetzt zu bagatellisieren.
Auch auf die Frage, wie Himmler sich aus den Reihen der HI. so viele Anwärter für die Totenkopfbrigaden der SS. und für die Wachmannschaften der Konzentrgtionslager habe holen können, weiß der Angeklagte keine plausible Antwort zu geben. _
Nürnberg Die vier Besatzungsmächte ver- bandeln zurzeit über ein zweites internationales Gericht zur Aburteilung weiterer führender Kriegsverbrecher. Dabei handelt es sich in erster Linie um leitende Personen aus Industrie und F i - n a n z. Diese, die Rüstungsindustriellen und Bankleute, haben entscheidend zum Aufstieg Hitlers und zum Ausbruch des Weltkriegs beigetragen.
Das Gentium öer künftigen ^Sltpolitik
Ift-z-Ave I-i« uncl Liettinius über rien Welksielierlieitsimk
New Park. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen Trygoe Lie hat am Freitag auf einem ihm zu Ehren veranstalteten Empfang gesagt, der Weltsicherheitsrat habe trotz allen Schwierigkeiten über gewisse Probleme Uebereinstimmung erzielt! Dies werde nach seiner Ueberzeugung auch zur Lösung der noch schwebenden Fragen beitragen. „Wir können bei jedem Mitgliedsrat den guten Willen feststellen, der Organisation zum 'Erfolg zu verhelfen. Die weitere Entwicklung hängt davon ab, inwieweit jede einzelne Mitgliednation bereit ist, ihre eigene Auffassung der Notwendigkeit einer internationalen Verständigung zu unterstellen. Wenn die Verfahrensregeln für die künftigen Abstimmungsmethoden und das Vetorecht getroffen sind, kann der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zum Zentrum der künftigen Weltpolitik werden."
New Uork, Der ständige amerikanische Delegierte beim Weltsicherheitsrat, Stettinius, hat in einer Rede erklärt, seine Regierung beharre auf dem Grundsatz der durch die ONU. vermittelten internationalen Zusammenarbeit. Seit der Moskauer Konferenz im Dezember 1943, wo der Grundsatz der ONU. aufgestellt worden sei, habe man einen großen Weg zurückgelegt. „Heute", sagte er, .sind die Vereinten Nationen da uHd haben zu
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arbeiten begonnen. Auf diese Weise sind wir in eine neue Äera eingetreten, in deren Verlauf wir gegen neue Schwierigkeiten und neue Gefahren Front machen müssen."
Denjenigen, dis bereits die Hoffnung auf die internationale Zusammenarbeit verlieren und von einem dritten Weltkrieg sprechen, erklärte Stettinius: „Auf eine solche Einstellung haben wir mit drei Dingen zu antworten:
1. Aus der Geschichte der letzten zweineinhalb Jahren geht ohne den geringsten Zweifel hervor, daß eine wirksame Zusammenarbeit zwischen den großen und kleinen Mächten zum Zwecke des Friedens und der Freiheit möglich und notwendig ist.
2. Eine wirksame Zusammenarbeit bedeutet keineswegs das völlige Fehlen von Schwierigkeiten und Unstimmigke.itxn, die in Wirklichkeit^as Material darstellen, aus dem die Abkommen der Zukunft geschmiedet werden. Dazu ist jedoch Zeit nötig und die ONU. existiert erst fünf Monate.
3. Die bedeutendste Verpflichtung für jede Nation besteht heute in der Verhinderung eines neuen Weltkonflikts. Es wäre eine unglaubliche Verrücktheit für em Land, die Fundaniente des Friedens, die wir mit unseren Verbündeten zusammen gelegt haben, zu zerbrechen."
Oie Walilresultale in cier I08/V.-Aone
X>vei grok« Iftlrteien: LDstl. un<1 8?D.
Den Wahlen in den großen Städten der USA.- Zone am 26. Mai kommt größere politische Bedeutung zu als den Wahlen vom Januar und April in den Landgemeinden und kleinen Städten, bei denen die Linie der politischen Parteien gegenüber persönlichen und lokalen Motiven weniger stark heraustrat. Man kann nun aus allen drei Wahlen zusammen ein wenn auch grob umrissenes Bild derAparteipolitischen Verhältnisse bekommen. Immer deutlicher fchälen sich im Südwesten Deutschlands die beiden großen Parteien — CDU.-und SPD. — als Hauptfaktoren des politischen Lebens heraus. Freilich wird man darum noch nicht von einem künftigen „Zweiparteiensystem" reden dürfen, bei dem etwa eine rechte und eine linke, eine bürgerliche und eine sozialistische Partei einmkll um die Macht ringen würden.
Wir teilen im folgenden die bis jetzt vorliegenden wichtigsten Ergebnisse mit:
In der gesamten amerikanischen Zone entfielen von 1 826 000 gültigen Stimmen auf CDU. 729 000, SPD. 710 000,' KPD. 17S 000, Demokraten 182 000, Sonstige 60 000.
In Nordwürttemberg erhielten von 224 000 gültigen Stimmen SPD. 75 000, CDU. 60 000, DVP. 47 000, KPD. 27 000, Sonstige 15000.
In Nordbaden von 228000 gültigen Stimmen SPD. 87 000, CDU. 86 000,' KPD. 30-000, DVP. 25 000.
In Nordwürttemberg und Nordbaden zusammen also: SPD. 162 000, CDU. 146 000, DVP, 72 000, KPD. 57 000.
In Bayern erhielten: CDU. 422000, SPD. 357 000, KPD. 64 000, LDP. 35 000, Wiederaus- bauvereinigung 30 000.
In Groß-Hessen: von 466000 gültigen Stimmen entfielen auf SPD. 192 000, CDU. 161000, KPD. 54 000, LDP. 45 000, Sonstige 14 000.
Einige Einzelresultate: Stuttgart SPD. 59 000, CDU. 45 000, DVP. 38 000, KPD. 23 000, Sonstige 12 000. Ulm: CDU. 9300, SPD. 5000, DVP. 3900, KPD. 1900, Freie Wäblervereinigung 2800. Heilbronn: SPD. 10 800, CDU. 5700, Demokraten 5700, KPD. 3400.
Mannheim: SPD. 38000, CDU 33 000, KPD. 17 000, DVP. 7000. Karlsruhe: SPD. 26 000, CDU. 23 000, DVP. 8000, KPD. 7000. Pfoxzheim: SPD. 8000, CDU. 6700, KPD. 2100.
München: CDU. 152000, SPD. 130000, KPD. 22 000, DVP. 6500, Wicderaufbauvereini- gung 14 000. Nürnberg: SPD. 72 000, CDU. 56 000, KPD. 15 000, DVP. 9000, Wiederaufbauvereinigung 6000.
Wiesbaden: CDU. 36 000, SPD. 33000, KPD. 9000, DVV. 5000. Kassel: SPD. 31 000, CDU. 15 000, DVP. 7500, KPD. 6300. Darmstadt: SPD. 18 000, CDU. 11 000, KPD. 4700, DVP. 1800.
Dip Wahlbeteiligung war stark, in Bayern teilweise bis über 90 Prozent, in Württemberg-Baden und Groß-Hessen durchschnittlich 80 Prozent.
Die ^Vslileu in der IHieestosIovvnsiei
Am Sonntag haben in der Tschechoslowakei die Wahlen zur verfassunggebenden Nationalversammlung stattgefunden. Sie bedeuten einen glänzenden Sieg der Kommunistischen Partei, die in Böhmen und Mähren 40 Prozent aller Stimmen gewonnen hat. »
Es haben erhalten: In Böhmen und Mähren die Kommunisten 2 206 000 Stimmen, die Benesch- Partei 1300 000, die Katholische Volkspartei 1 111000, die Sozialdemokraten 856 000. In der Slowakei: die Katholische Volkspartei 988 000 Stimmen, die Kommunisten 490 000, die Freiheitspartei 67 000, die Arbeiterpartei 50 000.
skrüudk sick
Die Verhandlungen zwischen England und Aegypten in Kairo sind unterbrochen worden, weil Aegypten das Militärbündnis mit England auf der Grundlage des Vertrags von 1936 nicht erneuern will. Es will lediglich ein- Verteidigungsbündnis nach der Charta der Vereinigten Nationen abschließen und weigert sich, die Besetzung seines Gebiets auch im Falle drohender Kriegsgefahr oder internationaler Spannung zu gestatten.
Auch über die Dauer der Räumung Aegyptens durch die englischen Trupen ist eine Meinungsverschiedenheit entstanden, die vorläufg noch nicht überbrückt werden konnte. Aegypten verlangt diese binnen einem Jahr, während dis britischen Sachverständigen drei bis vier Jahre für notwendig halten.
Dnlelsrjheii iister
Der Weltsicherheitsrat hat die- weitere Behandlung der iranischen Frage auf unbestimmte Zeit verschoben, weil er sich über die Situation in Äser- beidschan vorläufig nicht hat klar werden können.
Der Ministerpräsident von Aserbeidschan, Pische- wari, hat erklärt, es bestehen nur ganz geringe Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und der Zentralregierung in Teheran. Der Sicherheitsrat solle sich nicht in innere Angelegenheiten Irans ein- mischen.
I„4vit kluins kft'sasst
Paris. Die Pariser Presse begrüßt den nach zweimonatiger Abwesenheit erfolgreich aus New Park zurückgckehrtcn Leon Blum. Er bringt eine Anleihe von 650 Millionen Dollar zum Aufbau der französischen Wirtschaft mit.
Können wir tun?
Von Laut Oistslbnrtd.
Von Paul Distelbarth stammt das schöne Buch „Lebendiges Frankreich". Er hat sich um die deutsch-französische Verständigung sehr verdient gemacht, — unter Hitler konnten freilich die Früchte feiner Arbeit nicht reifen. Jetzt hat er ein neues Buch geschrieben, das demnächst unter dem Titel „Franzosen und Deutsche — Bauern und Krieger" im Rowohlt- Verlag, Stuttgart, erscheinen wird. Das letzte Kapitel daraus wird hier gekürzt wieder- gcgcben. D. Red.
Wir stehen vor einem Trümmerhaufen. Bildlich gesprochen und im grausamsten Wortsinn. Man weiß nicht, was größer ist: die moralische Verwüstung oder die materielle. Auch in unseren Beziehungen zu Frankreich ist alles zerstört: alle Brücken sind abgebrochen, alle Wege verschüttet, alle Bande zerrissen, alles Vertrauen verwirtschaftet. Und doch ist Frankreich unser nächster Nachbar.
Was können wir tun, um zu Frankreich wieder in ein erträgliches Verhältnis zu kommen?
Wir müssen Darnach trachten, daß die abendländische, die christlich-französische Kultur, von der unsere eigene nur ein Ableger ist, auch in unserm Lande wieder zur Geltung kommt.' Wir müssen sie von allen Verfälschungen'reinigen.
Vor allem müssen wir den Geist des Krieger- tums, der bei uns, den Einzelnen kaum bewußt, alles beherrscht hat, mit Stumpf und Stiel ausrotten.
Als der Frankenkönig Clodwig, aus-dem Stamme der Sigamberer, zu Reims ins Taufbecken Hinabstieg, sprach der Erzbischof Remigius, der die Taufe vollzog, die denkwürdigen Worte: „Beuge dein Haupt, stolzer Sigamberer! Verbrenne, was.du angebetet hast, bete an, was du verbrannt Haft!"
Auch wir müssen die Götzen verbrennen, die wir angebetet haben, so schwer es uns fallen mag. Aber wir brauchen keinen neuen Gott zu suchen, Es genügt, wenn wir uns auf die echten Grundlagen unserer Kultur besinnen, die jedem zugänglich sind und die nichts Vernunftwidriges enthalten. Was unserer Vernunft zu widersprechen scheint, können wir zunächst getrost beiseite lassen.
Zunächst sind es die einfachen zehn Gebote, die das Christentum aus dem mosaischen Gesetz übernommen hat, und von denen in unserer Lage das letzte das wichtigste ist: „Laß dich nicht gelüsten deines nächsten Hauses! Laß dich nicht gelüsten deines Nächsten VHjbes, noch seines Knechtes; noch seiner Magd; noch seines Ochsen; noch seines Esels; noch alles, was dein Nächster hat!" Denn dieses Gelüsten war die Ursache unseres Sturzes.
Wenn wir mit einem neuen Leben nach diesen Grundsätzen ernst machen und nicht nur darüber predigen, dann wird die Welt bald glauben, daß es uns ernst ist mit dem Neuwerden. Dann werden wir wieder Vertrauen gewinnen, eher als wir heute hoffen dürfen.
Vor allem werden wir, so unglaubhaft das manchem erscheinen mag, unser» Nachbarn im Westen dann rasch näherkommen. Sind doch die Franzosen das einzige Volk der Erde, bei dem das Christentum nicht nur ein oberflächlicher Lack geblieben ist, sondern das in seinen Tiefen verändert wurde; das christlich empfindet, so unkirchlich es sich oft gebärdet.
Denn was ist es anders als christlich, wenn ein Volk alle bloße Gewalt so aus tiefster Seele verab. scheut? Wenn es sich als Wahlspruch für einen ganz neuen Abschnitt seiner Gefchichte drei Worte wählt, die das ganze christliche Ideal enthalten und über die wir nicht genug Hähnen könnten — nämlich Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit?
Wenn zwei Völker sich das gleiche, das christliche Ideal erwählt haben und ihm nachstreben, dann kommt auch der Augenblick, wo sie sich wieder die Hände reichen, den alten Groll begraben und ihre Kräfte für die gemeinsame Aufgabe vereinigen. Und er ist nicht fern. Darauf können wir fest vertrauen.
Wenn wir freilich nicht umlernen, nicht von vorn anfangen, wenn wir nur so rasch als möglich alles notdürftig überkleistern und den alten „Betrieb" wieder aufnehmen wollen, dann ist alles vergeblich, dann hat es auch gar keinen Zweck, von diesen Dingen überhaupt zu reden. Dann kommen wir nie aus dem Sumpfe heraus, sondern finken immer tiefer Hinein, bis wir ersticken.
Schon vorher, schon bald, können wir anfangen, mit den Franzosen Güter aller Art auszutau- jchen, geistige, kulturelle, wirtschaftliche.
Die Franzosen haben eine große Liebe und Verehrung für unsere Musik. Nicht einmal Richard Wagner haben sie sich durch Hitler verekeln lasten. Mögen unsere' unsterblichen Meister für uns werben!
Goetbe wird in Frankreich mit mehr Bewußtsein und in richtigerer Erkenntnis verehrt als bestürm, wo man wohl seinen Namen viel im Munde führt, ihn im übrigen aber mit törichten Etiketten wie vom „Olympier" oder vom „großen Heiden" beklebt und ins Regal gestellt hat. Besinnen wir uns auf Goethe, auch über ihn führt ein Weg nach Westen!
Und vergessen wir nicht, daß Schiller ein Bürger der ersten Republik war.
Räumen wir der französischen Sprache in un- serem Bildungswesen den Platz ein, der ihr zukommt! Lernen wir von ihr Ordnung und Folgerichtigkeit in den Gedanken, Klarheit in der Rede. Das wird von selbst in unfer Handeln übergehen.
Nehmen wir uns vor allem ein Beispiel an den Franzosen in der Geduld und Bescheidenheit, im Maßhalten, dem inneren Gleichgewicht, dem Glau-
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