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2.

^ reilsx, den 24. Vlsi 1946

Kummer 41

Si ot clei Heimat

Was soll nun aus uns werden? Das ist die Frage, die all die vielen Vertriebenen bewegt, die heute in den Notunterkünften sitzen. Der größten materiellen Not wird gesteuert; wer aber hilft aus der seelischen Bedrängnis? Denn die Heimatlosen brauchen inehr als nur Brot und Herberge. Sie wollen, wie ein Bauer aus Ostpreußen zu uns sagte,endlich wieder das Brot der Heimat essen". Darunter versteht er und mit ihm die vielen an­deren, daß sie seßhaft werden wollen, um zu arbeiten und die Zukunft ihrer Kinder zu sichern.

Armselig kommen die Vertriebenen aus dem Osten an, aber sie sind dennoch- keine Bettler. Der Reichtum, den sie mitbringen, ist die Geschicklicl>- keit ihrer Hände, sind die Erfahrungen qualifizier­ter Arbeit, die oft von Generationen vererbt ist. Da kommen die Glasbläser und -schleifer aus den böhmischen Tälern des Riesengebirges, deren Er­zeugnisse Weltruf hatten. Erzgebirgische Spielwa­renschnitzer, deren Fertigung bis weithin Nach Uebersee ging. Aus dem Waldviertel kommen die Edelsteinschlcifer, deren Erzeugnisse vielgesuchte Ex­portartikel waren. Vor rund tausend Jahren ha­ben die Vorfahren der Bergleute aus dem Jglauer Bezirk und aus Westungarn den Bergbau.Böh­mens und Ungarns erschlossen. In den Gevieten um Reichenberg und Gablonz waren viele deutsche Familien damit beschäftigt, jene reizvollen Schmuck­waren herzustellen, die als Gablonzer Schmuck be­kannt waren. Teppichweber und Lederarbeiter aus der Südostecke Schlesiens suchen sine neue Heimat. Aus der Grafschaft Glatz kommen die Herrgott­schnitzer und Holzbildhauer, Handweber aus dem Eulengebirge, Keramiker aus Niederschlesien. Hop­senbauern schickt uns das Saazer Land. Aus Bud- weis und Znaim kommen Obst, und Weinbauern, Viehzüchter aus der Zips.

Es darf nun nicht so sein, daß man die Flücht­linge vom grünen Tisch aus beliebig irgendwo an­siedelt. vielleicht nach dem Schema der Bevölke­rungsdichte oder nach regionalen Gesichtspunkten. Sie müssen dorthin, wo sie ihrem Beruf entspre­chende Voraussetzungen sindcn. Der Bayrische Wald wirk den Glasmachern und Holzfällern am leichtesten die verlorene Heimat ersetzen. Die Schwarzwaldhänge sind geeignet für die Siedlun­gen der schlesischen und böhmischen Holzschnitzer, der Spielzeugmacher und der Holzdrcchsler. Auf dev schwäbischen Alb, die gute Siedlungsräume bietet, könnte eine neue Schmuck- und Glaswaren­industrie entstehen. Die Bauern und Sennen aus der Zips gehören ins Allgäu, die Weinbauern aus Ungarn ins Neckartal oder ins Frnnkenland. Wo Tabak gedeiht, etwa in der Hardt, würden die Wansener Tabakbauern gern siedeln wallen.

Für alle diese Seßhaftmachungen ist eine ein­gehende Strukturforschung nötig, damit die rich­tigen Standarte für die Ansiedlung der Flücht­linge ermittelt werden. Die Ertragsfähigkeit der Böden, das Vorkommen von Erdschätzen wäre festzustellen, damit die geeigneten Siedler auf die richtigen Plätze kommen.

Wir können uns weder eine Fehlleitung noch lange Arbeitspausen leisten. Die gesamte Verede- lun'gsindustrie, auch die Bauwirtschaft ruft nach Facharbeitern. In den Flüchtlingslagern sind sie! Es kommt nur darauf an, ihnen entsprechende Le­bens- und Arbeitsbedingungen zu schaffen, damit aus den Heimatlosen von heute Seßhafte werden, die recht bald wiederdas Brot der Heimat essen".

x.iv.

Immer zvieder /^serkeidsdisn

New Dark. Der iranische Botschafter Hussein Ala hat am 20. Mai ein Schreiben an den Si­cherheitsrat der ONU. gerichtet, wonach die russi­sche Einmischung in Aserbeidschan noch nicht aus­gehört habe. Die internationale Sicherheit sei im­mer noch als bedroht zu betrachten. Einen Tag später folgte ein Telegramm des iranischen Mini­sterpräsidenten Sultaneh, Aserbeidschan sei von den Russen fristgemäß geräumt worden. Der Si­cherheitsrat beschloß darauf am 22. Mai auf An­trag Hollands, die Behandlung der iranischen Frage noch einmal zu vertagen.

New Dark. An der Sitzung des Weltsicher­heitsrates' vom 22. Mai hat der russische Delegierte Gromyko abermals nicht teilgenommen. Der per­sische Botschafter Ala erklärte, seine Regierung habe volles Vertrauen in das Wort der Russen, aber Persien übe keine souveränen Rechte in Aserbeid­schan aus. Sir Alexander Cadogan berichtete, die britifche Regierung habe Nachrichten erhalten, aus denen hervorgehe, daß bis zum letzten Augenblick die iranische Regierung nicht in der Lage war, ihre souveränen Rechte in Aserbeidschan auszuüben.

Das englisch« Unterhaus hat bas Eesett über die Nationalisierung der Kohlenindustrie mit 324 ge­gen 143 Stimmen angenommen.

In Holland ist nach den Wahlen das Kabinett Schermerhorn zuriickgetrcten.

?lm Sonntag sind Wahlen in der Tschechoslo­wakei.

Noch einer A-mßerung des Finanzministers hat Italien zurzeit neun Millionen Arbeitslose.

Griechenland stellt mit englischer. Hilse und Ausrüstung eine neue Armee von sieben Divisio­nen must

Am 3b. Juni wird in Polen ein Referendum über die Verfassung stattfindcn.

Dis Verhandlungen zwischen England und A e g y p- t e n in Kairo find für einige Zeit unterbrochen wor­den. «

In Aserbeidschan sind Zusammenstöße zwi­schen Truppen der ..autonomen^ Provinz Aserbeid­schan und iranischen Regierungstruppen vorgekommcn.

In der chinesischen Provinz Schantung ist der Bürgerkrieg wieder im Gange.

Argentinien wird 2NM10 Polen aufnehmcn. di« aus politischen Gründen nicht nach Polen zurück- kehrcn können.

Oie Weltmäotite sollen den Brieden

Ltsstssel^relsr Lzrue« dericlitei

Der amerikanische Außenminister Byrnes hat nach seiner Rückkehr aus Paris seiner Regierung über die Ergebnisse der Ministerkonferenz berichtet, auf der inan in dreiwöchiger Beratung nur über einige Punkte einig geworden ist: daß Südtirol bei Italien bleibt, daß Siebenbürgen wieder an Ru­mänien fällt, Sowjetrußland Bessarabien und die Nordbukowina behält und Bulgarien die südliche Dobrudscha bekommt. Alle anderen Streitfragen bleiben späterer Vereinbarung oder der künftigen Friedenskonferenz Vorbehalten: von allem die Ent­scheidung über die deutsche Westgrenze, die 'ita­lienisch-jugoslawische Grenze (Triest) und die Man­date über die i t a l i e n i s ch e n K o l o n i e n.

Die letztere ist deshalb so schwierig, weil es sich dabei um die englischen Interessen im Mittelmeer und das arabische Problein handelt, das allmäh­lich wieder etwas in den Vordergrund der Welt­politik rückt. lTobruk, hat Bevin früher einmal ge­sagt. sei für England dasselbe wie Stalingrah für Rußland.) England ist jetzt im Begriff, gegen den Widerstand der konservativen Opposition seinen Vertrag vom 28. Mai 1936 mit Aegypten zu revi­dieren. Es schlägt vor, auch Libyen selbständig zu machen und die Cyrenaika samt den übrigen italie­nischen Besitzungen unter die Treuhänderschaft der ONU. zu stellen. Auf keinen Fall möchte es haben, daß Libyen unter italienisches Mandat kommt, denn es hat den Senussi versprochen, daß sie nicht unter italienischer Herrschaft bleiben werden, und möchte nicht wieder an den Arabern wortbrüchig werden wie nach dem ersten Weltkrieg. Lieber

über die pariser Xonkerear

würde es selber das Mandat über Libyen über­nehmen.

Byrnes hat sich in seinem Bericht u. a. sehr be­stimmt für eine baldige Räumung Österreichs eingesetzt, für das die Besatzung eine unerträgliche Last bedeute. Wenn in Österreich keine fremden Truppen mehr seien, könnten diese auch ans Un­garn, Rumänien und Italien zurückgezogen wer­den.

^Amerika, sagt Byrnes, solle die Offensive für den Frieden ergreifen.Wir dürsen nicht versuchen, unseren Willen den andern aufzu­zwingen, aber wir müssen uns auch dessen ver­sichern können, daß nicht die Andern diese Absicht haben."

Washington. Infolge des endgültigen Waf­fenstillstandes mit Italien wird der Alliierte Kon­trollrat in Rom aufgelöst und durch eine (kleinere) alliierte Militärkommission ersetzt werden. Rußland wünscht, daß mit der Zeit auch die alliierten Kon­trollorgane in Ungarn, Rumänien und Bulgarien wegfallen.

Washington. Das amerikanische Staats­departement gibt bekannt, die Regierung der Ver­einigten Staaten befürworte die vom Palästina­komitee empfohlene sofortige Einreise von 100 000 Juden nach Palästina.

London. Bevin hat im Unterhaus erklärt, die unter britischem Oberbefehl stehende polnische Ar­mee Anders in Italien werde nach England ge­schasst und dort demobilisiert werden.

Human lecsuiiäeil

New Park. Die amerikanische Regierung hat die Kohlenbergwerke übernommen und den Innen­minister als Administrator eingesetzt.

Washington. Der Requisitionsbesehl des Präsidenten Truman für die Kohlenbergwerke ist am Mittwoch, dem 22. Mai in Kraft getreten. Der Entschluß des Präsidenten ist nach einer Unterhal­tung gefaßt worden, die Steelman, der Berater des Präsidenten für Arbeiterfragen, mit den Ver­tretern der Bergleute und der Arbeitgeber gehabt hat.

Der Befehl zur Requisition der Gruben erklärt, daß diese Maßnahmedurch die Unterbrechung oder die drohende Unterbrechung der Förderung von Fettkohle infolge von Streik oder von dro­henden Streiks" veranlaßt sei und daß sie dar Ziel hat,die Wirtschaftsstruktur des Landes zu schützen".

Der Präsidentschaftssekretär Roß erklärte der Presse, daß die Direktoren der Kohlenbergwerke und die Gewerkschaft der Bergarbeiter,wegen der Ernennung des Sekretärs des Bundesamts des Innern, Krug, zum Verwalter der Kohlengruben befragt worden seien. Beide Parteien haben an­genommen.

Einige Minuten nach der Veröffentlichung des Reguisitionsbcfehls für die Minen kündigten die

Oer ^VeltkrieS K

Oie LrnäsirnnZsiionk

Die vom Ernährunqsausschuß der ONU. einb'e- rufene Ernährungskonferenz in Washington, bei der Vertreter von 18 Ländern anwesend sind (Rußland und Argentinien fehlen), sucht herauszusinden, wie man im Jahr 1947 die Welt satt bekommen könne. Zwei hervorragende Sachverständige, der englische Experte für Ernährungswesen Sir John Boyd Orr, und Herbert Hoover, der Präsident des von Tru­man gegründeten Antihungerkomitecs, haben Vor­träge gehalten.

Orr fordert einen Weltsünfjahresplan für Ernäh­rung.Wenn den Regierungen wirklich das Wohl­ergehen ihrer Völker am Herzen liegt, dann muß die Lösung des Ernährungsprablems die erste Stelle unter den internationalen Angelegenheiten einneh­men. Eine gemeinsame Arbeit der verschiedenen Re­gierungen zur Befreiung der Welt vom Hunger- gespenft würde mehr zur Befriedung der Welt bei-

KolileriAruden

Minenbesitzer an, daß sie mit der Regierung Zu­sammenarbeiten würden. Für die Arbeiter erklärte Lewis im Laufe einer Konferenz mit dem vom Präsidenten eingesetzten Verwalter Krug, daß es nun bei den Bergarbeitern liege, sich zu entschei­den, ob sie unter der Kontrolle der Regierung Wei­terarbeiten oder die Kohlenförderung einstellen wollen.

Washington. Zum Arbeitskonflikt der Gru­benarbeiter in den Vereinigten Staaten wird ge­meldet, daß sich, ungeachtet des 14tägigen Burg­friedens ist dev. Kohlengruben. der inn 25. Trat ab­läuft, die Zahl der stillgelegten Bergwerke weiter erhöhe. Im ganzen Land sind Hunderte von Koh­lengruben außer Betrieb gesetzt.

Washington. Präsident Truman hat durch Verhandlungen mit den beiden Parteien den Aus­bruch des Eisenbahnerstreiks noch einmal verhindert. Die Löhne sind um 18,5 Cents pro Stunde erhöht worden.

Brüssel. In verschiedenen Kohlenbergwerken Belgiens sind die Bergarbeiter zum Protest gegen die von der Regierung verfügte Lohnstabilisierung in Ausstand getreten. Dieser Streikbewegung haben sich auch die Arbeiter mehrerer Metallwerke ange­schlossen. Bis jetzt haben 10 000 Arbeiter ihre Ar­beit niedergelegt.

Ken clen OunAer

erenr in VVsskinzion

tragen als die Festlegung politischer Grenzen und die Ausarbeitung von Friedensverträgen."

Hoover verlangt die Gründung eines Welternäb- rungsrats auf 1. September, in dem die UNRRA. aufgehen solle. Die Vorratslücke in der Weltver­sorgung vom 1. Mai bis 30. Sentember wird non ihm auf 3,6 Millionen Tonnen Getreide berechnet.

Moskau. Eine Aufforderung Trumavs zur Hilfeleistung bei der Welthungersnot ist von Stalin grundsätzlich zustimmcnd beantwortet worden, doch seien die Vorräte Rußlands durch die Lieferungen nach Frankreich und anderen Ländern bereits stark zusammengeschmolzen.

London. Auf der Internationalen Konferenz der Landwirte, die gleichzeitig mit der Washing­toner Ernährunqskoiiferenz tagt, sind 31 Nationen vertreten. Die Konferenz soll 'eine internationale Vereinigung der Landwirte ins Leben rufen.

und kkusilnnd

Washington. In seinem Bericht über Paris hat Byrnes u. a. gesagt:Es ist mein aufrichtiger Wunsch, daß mein Angebot eines Bündnis- Paktes von den Sowjets angenommen wird, so­bald sie es geprüft haben werde» und sich Rech­nung über unseren Willeü gegeben haben, Deutsch­land zu ev.twaifnen und entwaffnet zu halten."

Washington. Der Marineminister hat dem Kongreß eine Aufstellung der Flottenstreitkräftc übergeben, die sich folgendermaßen zusammensct- zen: 26 Schlachtschiffe, 41 Kreuzer, 32 Flugzeug­träger, 75 Geleit-Flugzeugträger, 353 Zerstörer, 206 Unterseeboote. (Großbritannien hat 12 Schlacht­schiffe, 50 Kreuzer, 12 Flugzeugträger, 29 Geleit- Flugzeugträger, 259 Zerstörer, 115 Unterseeboote. Rußland: 4 Schlachtschiffe, 7 Kreuzer, 51 Zerstörer, 140 Unterseeboote.)

Xolrlonlvonsk-renr in psri«

DosEuropäische Kohlenamt" hat unter dem Engländer Griffith in Paris getagt, um die Koh­lenversorgung von 18 europäischen Ländern für die nächsten zwölf Monate zu besprechen, wobei es sich namentlich um die Verteilung der Kohlen­einfuhr aus Amerika und der Produktion der deut­schen Bergwerks handelt: beides zusammen bis jetzt etwa eine Million Tonnen im Monat. Unter den Teilnehmern an der Konferenz war auch die UNRRA. und der Kontrollrat für Deutschland.

p runoo-8psnion

New V o r k. Die amerikanische Regierung hat dem Spanienausschuß des Weltsicherheitsrats, der seine Untersuchung fortsetzt, ein Memorandum übermittelt, wonach Spanien nicht fähig sei, einen modernen Krieg zu führen. Gerüchte über eine Tätigkeit von Deutschen in Spanien auf dem Ge­biet der Atomenergie hätten sich nicht bestätigt.

Oie iciinktixe KexieruvK Holland«

Die jetzt infolge der Wahlen zurückgetretene hol­ländische Regierung war eine Regierung derna­tionalen Einheit", m der der Einfluß der Arbeiter­partei am größten war. In der neuen Regierung wird nun die katholische Volkspartei die Führung haben. Sie kann mit der Arbeiterpartei Zusam­mengehen oder ohne diese einenationale" Regie­rung bilden. Der linke Flügel der katholischen Volkspartei ist für ein Zusammengehen mit der Arbeiterpartei: die alten Parteipolitiker des rech­ten Flügels möchten lieber eine rechtsgerichtete Regierung. In beiden Fällen muß mit einer ziem­lich starken Opposition gerechnet werden.

Amsterdam. Im neuen Parlament werden infolge der Wahlen vom 17. Mai die Sitze folgen­dermaßen verteilt sein: Katholische Volkspartei 32. Arbeiterpartei 29, Antirevolutionäre Partei 13, Kommunisten 10, Christlich-historische Partei 8, Freiheitspartei 6 und Protestantische Union 2; zu­sammen 100.

Oer 8 pie 8 bür^er

ks^esivlozie des Zarismus

Von 7? o k / 6 u » k a v 77 a e 5 t e r

Ein kluger Franzose, Päguy, hat einyzal den SpießbürgerIs granck Lventmrisr rlu LOisms siscls", den großen Abenteurer des 20. Jahrhun­derts genannt. Das klingt erstaunlich. Aber so er­staunlich es sein mag: es ist wahr geworden.

Der Spießer --- Peguy spricht wörtlich vom ,.- milienvoier" ist der Mann, der sich im Grunds nur um sich und seine Existenz und die seiner Fa­milie kümmert. Er hat keine besonderen Ideale, zu­mal keine Ideale, die etwa seine Existenz gefähr­den könnten. Er proklamiert, wenn er sich schon zu irgendwelchen idealistischen Forderungen beken­nen muß, immer diejenigen Ideale, welche gerade an der Macht sind. Die sozusagen durch ihre Lega­lität sanktioniert erscheinen.

Der Spießer ist kein politischer Mensch. Er ist ein Atom der politischen Masse, die durch die Pro­paganda der jeweiligen Macht gelegentlich zur Ak­tion gebracht werden kann. Bei besonders kritischen Anlässen explodiert er. Patriotisch explodiert er am liebsten. Im übrigen aber tut er nichts, was seine Existenz gefährden könnte, und tut alles, was sie

sichern kann.

lls im Jahre 1933 die NSDAP, zur Macht ge­kommen war, als am 30. Januar Hindenburg er war schon immer der große Mann der Spießer gewesen seinen ehemaligen Gefreiten Hitler zum Reichskanzler ernannt hatte, da war es der Spie­ßer, der am 5. März seine Stimme für die Nazis abgab: und es waren die. Spießer, die nun schleu­nigst in die Partei drängten. Nicht weil sie etwa einen nationalen Sozialismus oder etwas ähnliches wollten, nicht weil sie eigentlich Antisemiten waren, nicht weil sie den preußischen Militarismus über Braunau importieren wollten, sondern ganz ein­fach, weil sie ihre Existenz sichern wollten. Das ist keine theoretische Behauptung, sondern eine Tat­sache, die heute durch Hunderttauscnde Fragebogen eidesstattlich erhärtet ist.

Der Spießer beugt sich der Macht. Er ist, zumal in seiner deutschen Ausgabe, der Mensch, der ge­horcht, wenn der Befehl von oben kommt, von einem Oben, dap zugleich seine wirtschaftliche Exi­stenz sichern oder vernichten kann. Es war einer der glänzendsten Einfälle der Nazilegalität, den Satz zu prägen: Die Partei befiehlt dem Staat. Oder: Der Staat gehorcht der Partei. Oder gar: C-ont und Partei sind eins. Denn hierdurch erhielt der Parteifunktionär, angefongsn vom kleinen Llock- walter bis zum Reichsleiter, jene Befehlsgewalt, die dem Spießer nicht nur am meisten imponiert, sondern auch ihn aller persönlichen Verantwortung enthebt: was die Partei sagt und verlangt, ist Ge­setz. Und dem Gesetz muß man gehorchen, denn da­hinter steht nicht etwa ein sittliches Recht, das interessiert den Spießer nicht steht die Polizei, di« Gestapo, das Zuchthaus, das KZ. und also ge­gebenenfalls auch die Vernichtung der Existenz.

Als sich diese Entwicklung nach 1933 von d»r mehr administrativen Gewalt allmählich zum offe­nen Terror steigerte, als man Synagogen unter Aufsicht der Polizei anzündete und Juden unter ihrer Mitwirkung verschleppte, als man dann Fremdarbeiter als Sklavenhordcn mit Wachhunden vom Lager zur Fabrik durch die Straßen führte, als mehr und mehr Menschen, Nachbarn, die man kannte, plötzlich verschwanden und man nicht mehr im unklaren sein konnte, was mit ihnen geschehen sollte, auch wenn der wirkliche Umfang jener Ber- brechen nicht bekannt war: da hat der Spießer ae- schwiegen. Er hat zwar diese Dinge in seinem In- neren nicht gebilligt, denn er billigt nie das Ver­brecherische. weil es seine Existenz bedroht. Aber noch bedrohlicher wäre es gewesen, es öffentlich nicht zu billigen. Wenn der Spießer Soldat wurde, weil es seine Pflicht war, gegen die er nichts un­mittelbar tun konnte, so änderte dies nichts an seiner Psychologie. Indem man ihn in eine Uni­form steckte, wurde er nicht schon zum Kämpfer, und zu allerlebt oegen dis Befehlsgewalt. Im Ge­genteil: seine Uniformierung das auch äußer­liche Aufgehe« in einer Masse steigerte seine an­geborene Neigung, Befehlen zu gehorchen. Nicht weil sie richtig, recht, sittlich waren, sondern weil eben hinter ihnen die Macht stand: und damit Be­jahung oder Verneinung seiner Existenz und eine teuflisch- Idee des Nazismus auch der Exi­stenz seinsr Familie: durch dieSippenhaftunq".

So und nur so ist es erklärlich, daß Tausende von braven Spießbürgern als Soldaten und viele sogar in SS.-Formationen sich zu uniformierten Gangstern herobwürdigen ließen. Es gibt da, im einzelnen, tragische Verkettungen des persönlichen Schicksals. Ich kenne einen Fäll, wo ein Beamter

kein Pg. und schon gar kein Nazi als Lan­desschütze eingezogen und dann in der Uniform eines Totenkopfstvrmes in ein KZ.-Lager komman- diert wurde, als Verwaltungsbeamter. Er tat dort, was er nur konnie, um den Häftlingen zu helfen

aber: er war dabei. Und war übrigens nicht ein­mal das, was man einen Spießer nennen könnte: ein Beispiel, wie stark der Terror war und daß er zuletzt selbst die zwang, ihre Existenz, ihre nackte Existenz auf solche Weise zu retten, die sich unter einigermaßen normalen Verhältnissen niemals bit­ten mißbrauchen lasten. Denn seien wir ehrVR: wenn es um das ganz Letzte geht, gibt es mir wenige Helden. Und es ist meist nur persönlich? Glück gewesen, wenn uns das Schicksal in den r r- aanaenen Jahren nicht auf die härteste Probe e- stellt hat. Es war notwendig, auch dies in der - fl­oaten Sphäre des Psychologischen zu sagen. 21 -r es ändert nichts daran, daß dies Problem in erk-er Linie ein Mastenproblem war und merkw'r- digermeise heute wieder ist. Denn heute sehen mir gewissermaßen das Negativ dieser Erscheinung. Heute will keiner von allen den vielen Pgs. ein Nazi gewesen sein. Der Grund ist auch hier wie- darum: es geht um die Existenzerhaltung. Die Maste der Srießbürger. die ohne wirkliche nativ- nalsozialistische Ueberzeugung in die NSDAP, ge-