Das Woihnachtswundor im Walde /

Oas war immer Io: Wenn der Förster Springwittel in der Finsternis eines vcrschnei- ten Oezembcrmorgens mit der Art aus dem Hause schlich. krochen leine Kinder aus den Ledern, watschelten barfuß ans Fenster und lauerten pochenden Herzens kinter der Gar-

dine: Oer Vater ging den Tannenbaum schla­gen!

Oaß aber der Vater beute ohnq. Tannenbaum beimkam? Zum erstenmal seit all den Oahren? Oie Kinder sangen nicht mebr.

Om Hof warf der Förster Springwittel die Art in den Klotz, bauchte in die blauen Hände, schabte sich den Schnee oon den Stiefeln, ging in die Küche und sagte zu seiner Frau, er bringe es nicht übers Herz. Oie Bäume seien diesmal alle zu jung, die Schonung dürfe man nicht an­greifen. er kabc aber einen neuen und schöneren Plan: Hinterm zweiten Ziagen stünde eine Tanne, so boch wie ein Bauernhaus. Oiesen Baum möchte er übermorgen an «Ort und Stelle putzen und mit Lichtern bestecken, dann würde der ganze Wald sein Thriftfcst baben! Oie Kinder? Oie dürften nichts wissen. Oie würden beschert werden wie immer. Aber den Kerzenbaum sollten sie zur Mitternacht suchen geben wie im Früksabr die «Ostereier.

Am Nachmittag vor dem Heiligen Abend be­lud der Förster Springwittel seinen Schubkarren mir Lametta. Aepfeln und Spekulatius. Om Rucksack schleppte er die Fracht von dreißig bunten Machskerzen, dazu stopfte er ein Bün­del Orabt in die Tasche. Und stabl stch. als seine Frau die Kinder ins nächste Oorf geschickt batte, heimlich davon,- kam bald wieder, die Leiter zu holen und blieb dann verschwunden bis zur Ounkelbeit.

Nie bat in einem Mald solch eln Baum ge­standen! Oie Kobe Tanne reckte stch'-^lich, auf dem Mipfel glitzerte ein Oiadem. zwischen den Aesten bingen Aepfel. gebackene Figuren und schimmernde Metallfäden, in denen stch vielfältige Farben spiegelten. Und auf den Spitzen der großen und kleinen Zweige wieg­ten stch lange Kerzen, die alle zur Nachtzeit flackern und leuchten sollten.

Om fernen Oorf bub schon das Geläute an. dle Lieder der Glocken schwangen festlich durch den Mald und der Himmel schüttelte neuen Schnee auf die Trde: da bogen stch die Aeste der Tanne unter dem Mantel aus königlichem Hermelin! Oie Kinder bockten wieder in der Küche, wärmten stch. löffelten ibre Suppe, rutschten bin und ker auf der Bank vor süßer Ungeduld Oie Mutter öffnete den Backver- jchlag. da webte ein Weihrauch von dampfen­den Rosinen und duftendem Kuchendunst durch das Haus, Und als in der Stube die Holzuhr surrte, stürzten alle ins Freie, tappten Gru­ben in den Schnee, und wußten nicht, wobin der Vater ste sübrte. Sie kielten stch an den Händen fest rissen der Mutter am Rock, wilch'- ten stch die Flocken aus den Wimpern. bückten stch im kahlen Unterholz der Bäume.

Als ste in die Lichtung traten, laben ste das Mirakel. Oie Tanne überstrahlte alle Mipfel des Maldes ihre Aeste troffen von Glanz, da wurde iede Flammenzunge von einem Heiligen­schein verklärt. Mie drang die Fülle des Lichts durch den tanzenden Schnee, wie wurde die Nacht zum Morgen, wie fing sede Flocke das heilige Funkeln auf und trug es fort durch Eis und Wind! -

Oie Kinder wollten den Eltern von den Hän­den laufen, wollten dem Leuchten nabe sein, aber Förster Springwittel hielt sie starren

Winterhilfe zue Weihnacht

Von öorek ktsgnu, VVeknei-

Es segnet jede Hand, öle heute schenkt- es betet, wer der Armut heut gedenkt.

Wer heute gibt, steckt an der Liebe Licht, auf ihm ruht Gottes ernstes Angesicht.

Oenn nur die Liebe hat die Welt geweiht, dag Gpfer nur wirkt ihre Ewigkeit.

Orum sei gesegnet, wer stch heut vergißt, dem Nächsten Vater. Freund und Bruder ist.

On deiner Gabe tönt der Schöpfung Klang, dein Liebeswort wird Gottes Lobgesang...

Auges zurück und auch die Mutter blieb stehen, als seien ibre Füße gelähmt.

Ein Rudel hungriger Rebe batte stch um den Baum versammelt während Finken und Sper­linge in den Aesten flatterten Oie Rebe warte­ten noch scheu, liefen noch ängstlich im Krcis. bis eines von ihnen nach kühnem Anlauf ein Stück Gebäck von den Zweigen riß und flink mit der Beute im Schatten der Oickung ver­schwand Oie Finken und Spatzen zankten stch lärmend um die roten Aepfel und schlüpften pfiffig zwischen den Kerzen hindurch daß die Flammen ihre Federn nicht sengen sollten. Oann schlossen die ängstlichen Rebe den Kreis, reckten die Hälse, lupften was ste erreichen konnten, aus dem geputzten Geäst. Aber die vlünüerung batte bald ein Ende, weil diese Bescherung zu spärlich war für den Hunger des Winters.

Oer Förster Springwiltel lief mit seiner Familie schrittweise zurück. Oa war etwas ge­

schehen. was noch keiner im Forst bewundert hatte: daß alle Kreatur stch zu erquicken kam wie damals in der Weihnacht von Bethlehem! Niemand störte das seltsame Geschehen man vernahm nur das Knistern der kleinen Flam­men. wenn eine Schneeflocke über den Oochl gefallen war. oder der Ruf des Vogels gab dem Märchen seine Melodie, während im fernen Oickicht eine Fähe bellte. Oie Eltern und ihre Kinder ließen den Tieren und dem Baum-ihren Frieden. Sie warteten bis das letzte Licht er­losch. Und gingen schweigsam nach Hause als der letzte Fink den fliehenden Reben gefolgt war. Und feierten dann erst die Heilige Nacht im Forstbause bei Spielzeug und vieffernüsten. doch war es ihnen als hätten ste die beste Spende im Walde empfangen.

Am nächsten Morgen streuten ste Futter in den Schnee Kleie, geweichtes Brot, Körner und Schnitzel von Rüben.

Bist du me ne Mutter? /

Von 6eorZ Lchwarr

Oort. in dem Haus hat deine Mutter ge­wohnt!" sagte die Krämersfrau zu Mariele und deutete auf ein schmales, vielstöckiges Haus in einer abgelegenen Straße.

..Meine Mutter?" flüsterte das Kind. ..meine Mutter! Warum bist du nicht meine Mutter?" - ..Och habe eigene Kinder" sagte die Frau stolz, merkte aber schon, daß ste das Kind be­trübt batte, wollte es wieder gut machen und griff nach seiner Hand, um es zu führen. Oie Hand des Kindes zitterte. -

Hin und wieder, wenn Mariele in der Ecke des Ladens mit den Krämerkindern spielte, kam es vor. daß es mit­ten im Spiel einbielt und halblaut sagte:Och habe auch eine Mutter!"

Bring ste her!" sagten die Kinder darauf.Bring ste doch her!"

Und da es vor Weih­nacht war, meinte der Krämcrsolm: ..Auf Weih­nachten könnte ste dich wenigstens besuchen und dir was schenken!"

Sie schenkt mir sicher etwasSchöncs" .schwärmte Mariele.mcincMuttcr!"

Aber warum kommt ste denn nicht?" frugcn die Krämerskindcr nach­einander.letztes chthr an Weihnachten ist ste auch nicht gekommen."

Was machst du denn da, Mariele?" fragte die Krämersfrau das Kind am Nachmittag vor Hei­lig Abend. Mariele saß in der Werkstatt und band mit Bindfaden Tan- nenzwcige um ein gegabeltes Holz.

Och will der Mutter etwas schenken!" sagte das Kind mit leuchtenden Augen. Oie Krämerin meinte, das Geschenk gälte ihr. der Ziehmutter, und war gerührt. Ohre eigenen Kinder schenk­ten ihr nichts.

On der Oämmerung ging Mariele aus dem Haus. Es fiel nicht auf. Sic sprach den Namen einer Straße und die Nummer eines Hauses immer wieder vor stch hin um beides nicht zu vergessen. Als ste an einem Wachsziebecheschäft vorbeikam. blieb ste einen Augenblick überlegend sieben, dann trat ste ein.

Sie bat den Verkäufer um zwei kleine Ker­zen. Er schenkte ste ihr. ,.Anzünden!" sagte ste freundlich und der Mann zündete ihr die Ker­zen an.

Mit dem leuchtenden Zweig trat ste aus dem Geschäft und frug den nächsten Vorbeigänger, wo die Straße wäre, deren Namen ste stch ge­

merkt hakte Oer Mann nahm sie an der Hand und führte sie vor das Haus, zu dem ste wollte. Sie dankte ihm.- er half ihr die schwere Tür öffnen und ging nachdenklich weiter.

Mariele stieg vorsichtig die .koken, hölzernen Treppen hinauf und flüsterte:Och gehe zu meiner.Mutter!"

Oa stand sie vor einer Tür. Sie läutete. Ohr Herz schlug schnell wie das Herz eines Vogels. Es dauerte lange Zeit, bis die Tür ausgemacht wurde. Eine kleine Frau mit freundlichen Hellen Augen stand ihr gegenüber.

Bist du meine Mutter?" fragte das Kind.

K

Oie Frau sah in das Licht der Kerzen und in die Augen des Kindes, wollte etwas antworten, vermochte cs aber nicht und schwieg.

Nimm's". sagte Mariele und gab ihr den leuchtenden Zweig Oie Frau nahm das Ge­schenk und fuhr dem Kind dankbar über die Haare.

Oa. ich bin eine Mutter!" sagte ste mit stok- kcnder Stimme,und ich habe einmal ein Kind gehabt! Aber wie kommst du in das Haus? Und zu mir?" -

Oie Schustersfrau, bei der ich bin. hat mir'o gesagt, daß meine Mutter da gewohnt hat!"

Gewohnt hat!" wiederholte die Frau.

Und ich will zu dir!" sagte das Kind vor­der Tür.Bist du nicht meine Mutter?"

Oa fiel es der kleinen Frau, die einmal eine Mutter gewesen war und ihr Kind verloren halte, wie die andere. - schwer nein zu sagen, ste nahm das Kind an der Hand und führte es über die Schwelle.

Wöihnachisglocken in Lrro! /

Von f?ari8 8cs-ön/e/c?

Mi

/(sg war in der großen deutschen Notzeit, als ^ viel verzweifeltes Volk hungernd und frierend und bösen Absichten stch kaum er­wehrend auf den Straßen auch des Tiroler

Landes umherstrich. Wir wußten, daß einsame Lergböfe in diesen Tagen, noch dazu bei un­wirtlichem Wmterwetler. wie wir es damals hatten keineswegs ungefährdet waren. Trotz­dem stiegen wir von unserer Hochalm unbedenk­lich herab, als es Zeit wurde, zur Tkrist-Vesper in das kleine Talkirchlein zu wallen.

Während wir andächtig und ahnungslos in der Oorfkirche der ewig schönen Verkündigung Friede auf Erden ustü den Menschen ein Wohlgefallen" lauschten, begab stch auf unserem Hofe folgendes:

Nachdem er unser Fortgehen festgestellt und unser aller Abwesenheit durch Rufen und Klop­fen an Haustür und Fenstern stch versichert hatte, verschaffte stch der lange, dürre Mensch mit den tiefliegenden, glühenden Augen, den verbissenen Lippen und in der dürftigen Klei­dung eines lange arbeitslosen Staütmenschen oder eines hoffnungslosen Walzbruders un­schwer Eingang in unser altes Holzhaus, das durch Oakrkunderle Gottesfrieden gehalten und erfahren hatte.

Oer ungute Eindringling wird stch aber erst einmal gewärmt und etwas Warmes zu Trin­ken ausgesucht haben, dann hockte er stch in der Küche, wo die wohlverwahrte Glut im Herd noch hielt wohlig und müde hin und dann kiel er über das Eßbare ker. Endlich spürke er dem Feuerwasser und Tabak nach, die seine Fest-

Oie Erde-hüllt ln ihr dämmerndes Schweigen Oinge und Tiere nun ein . .

Gestirne stch heimlich bernlederneigen,

Und Träume ihnen entgegensteigen,

Sich ganz ihrer Sehnsucht zu weibn.

Ou fühlst die Tiefe der Wellen erschauern Und weißt, es hat sich wer ausgemacht.

Es lastet aris Ländern und Städten ein Trauern Ou aber spürst, um Oäckier und Mauern Schwebt die befreiende Gnade der Nacht.

VVotlprrng .lünomunn

Mahlzeit abschließen sollten. Was er danach noch im Sinne - etwa mit der versteckten Kasse und dem Klciüerzcug des Hausherrn - gehabt haben mag. läßt sich nur vermuten (er bestritt es lcb- hafv. Oedenfalls machte er sich ins Wohnzim­mer hinein, fand Zigarren und ein Restchen Kognak und machte stch'o sckwersckläfrig schon, am «Ofen bequem. Om Einnicken widerfuhr ihm dann das. was seine und unsre Rettung ward und so natürlich ist. daß man darüber lächeln oder auch sehr ernst einen nicht zufälligen Fin­gerzeig von oben sehen kann - derart, daß Radio und Rundfunk darin zu der vielleicht nicht häufigen Rolle des Schutzengels gelang­ten: Oer Blick des Faulgewordenen fiel auf das Radio in der Ecke, und der gierige Wunsch nach Langentbehrtem verdrängte die gefährliche Schläfrigkeit (er mußte doch weiter ehe die Hausbewohner zurück warenä Ein Griff - un­schön erfüllte tiefes Glockengeläut den stillen, dunklen Raum (denn schnell batte der Mann das verräterische Licht wieder abgedrebv. Wun­derbar süß und mit einer beschwörenden Kraft drang dies Geläut eines deutschen Oomeo in allcce. was mit Blut und Sinnen begabt war. Oer Einbrecher blieb mitten im Zimmer still und steif steben: wie gebannt mußte er den feierlichen Glockenklängen der Weiknachtovesver lauschen und kam nicht los. denn nach dem Ge­läute der rheinischen Kirchen setzte der Orei- klang einer schlesischen oder österreichischen

Leictinunken: I. 8. ILKel

Kathedrale ein. And so sprachen die ehernen Münder von Münster und Berlin, von Mün­chen und Oresden. von Speger. Mainz Worms, Oanzig. Hamburg und vom Wiener Steffel auf den Hörer ein.

Unerbittlich spielte der große deutsche Sen­der leine Glockensendung ab. Oer Mann ver­mochte und mochte mit raschem Griff die feier­lichen Klänge nicht verwehren. On seinem Onnern vollzog stch zögernd dann tapfer fest­gehaltene Wandlung. Ganz still letzte er sich in die Küche zurück und wartete dort geziemend nach versprechendem Wandererbrauch, bis die frohe, friedliche Hauobewohnerschaft über die Schwelle trat.

Unsere Ueberraschung war groß: unsere Un- lust wich geschwind vor der anständigen Frei­mütigkeit des schuldlos um Brot und Arbeit Gekommenen (der sich darüber überzeugen- auswiesV der seinen Eindruck und seine Reue und deren Ursache frei bekannte Wir saken uns an verstanden uns mit einem Blick: Friede auf Erden!

Oie froke Botschaft aus der Tkrist-Vesper sollte einem armen Teufel und volksgenosten nach unserem bescheidenen Vermögen zu weih­nachtlicher Freude werden. Oer Mann saß fröh­lich in unserer Runde nieder.