Donnerstag, den 19. Oktober 1939

Schwarzwalö-Wacht Seite 8

Stadt und Kreis Calw

§M alle mit!

Sammelt Himbeer- und Brombeerblätter!

Jeder kann sich seinen Tee im Walde selbst suchen. Esnen sehr guten Ersatz für den auslän­dischen schwarzen Tee bildet der sogenannte deutsche Tee', der zum großen Teil aus einer Mischung von Himbeer. und Brom­beerblättern hergestellt wird unter Zusatz von einigen anderen Kräutern je nach besonderer Geschmacksart. Derartige Teemischungs-Nezepte vermitteln die Drogenhandlungen gerne. Jetzt gilt es, die Grundstoffe von Himbeer- und Brombeer, blättern zu sammeln, eh« sie sich im Herbst ver- färben und absallen.

Di« noch frischen Blätter werden gepflückt und noch am selben Abend lose, etwa nur 2 Zent:- Meter hoch, flach in einem luftigen Raum auS- aeschüttet. Der Boden muß sauber sein, andern­falls ist Papier nicht Zeitungspapier als Unterlage zu verwenden. Noch bester eignen sich Natürlich Tücher. Dort trocknen die Blätter ohne weiteres Zutun, d. h. sie brauchen nicht gewendet werden. Wenn sich der Sammler den Tee nicht selbst zubereiten will, wird wohl jede Drogen- und Vegetabilienhandlung die gesammelten Blät­ter gerne abnehmen, wenn sie gut trocken, ein­wandfrei sauber und angenehm im Geruch sind. Als Mindest. bezw. Höchstpreise wur­den vom Reichskommlstar für Preisbildung fest­gesetzt: für Brombeerblätter 3244 Pfa. und für Himbeerblätter 1828 Pfennig je Kilogramm trockene Ware. Diese Preise gelten selbstverständ- lich nur, wenn wirklich einwandfreie Ware ge- liefert wird, andernfalls sük entsprechende Preis- abschläge zulästig.

Es ist also jeder Hausfrau die Möglichkeit gegeben, sich den Grundstoff für ihren Tee selbst zu suchen und darüber hinaus haben ältere Leute und Jugendliche die Möglichkeit, durch Sammeln und Verkauf sich einen Nebenverdienst zu schaffen. Helft alle mit; in unseren Wäldern stecken ungeheure Werte, die auf die Bergung wartenl

*

Wo wir stehen, steht die Treue

Verpflichtungsfeier bei der NS.-Frauenschast Deutsches Frauenwerk

Die NS.-Frauenschaft Deutsches Frauen­werk, Ortsgruppe Calw, hält am Freitagabend im Waldhorn-Saal eine Verpflichtungsfeier, in deren Mittelpunkt die Verpflichtung von etwa 90 Frauen des Deutschen Frauenwerks steht. Die Kreisfraucnschaftsleiterin, Frau Treutle, Wildbad, wird den feierlichen Akt der Verpflichtung vollziehen und zu den Frauen sprechen. Für die Mitglieder der NS.-Frauen- schaft und die Jugendgruppe der Ortsgruppe Calw ist die Teilnahme an der morgen um 20 Uhr beginnenden Veranstaltung Pflicht.

Calwer Standesnachrichten

Monat September 1939 Geburten:

ü. Scpt.: Hiltrud Sigrid, T. der Lehrers- Eheleute Christian Lang von Mutschelbach;

6. Sept.: Waltraud, T. der Kraftfahrers-Ehe­leute Wilh. Hemminger von Menningen;

7. Scpt.: Heinz,. S der Maschinenarbeiters- Eheleute Christian Ham mann von Neu­bulach; 12. Sept.: Marianne Emma, T. der Maschinenarbeiters-Eheleute Christ. Grimm von Möttlingen; 17. Sept.: Gerhard Friedr., Sohn der Schreiners-Eheleute Phil- Stall von Oberkollwangen; 18. Sept.: Helga, T. der Dipl.Landw.-Eheleute Hans Michel, Calw; 23. Scpt.: Maria Luise, T. der Techn. Bahn- oberinsPektors-Eheleute Karl Karg, Calw;

26. Sept.: Kurt, S. der Zylindermachers-Ehe- leute Gottfr. Oe stelle, Tanneneck; 27. Sept.: Wolfgang Helmut, S. der Spinnmeisters-Ehe- leute Karl Schnierle von Kenthpim.

Heiraten:

6. Sept.: Karl Friedrich Fuß, Unteroffizier, Calw, mit Ruth Emilie Elisab. Boß, Pforz­heim; 9. Sept.: Friedrich Schleeh, Kontrol­leur, Calw, mit Hedwig Martha Anhorn, Nürtingen; 16. Sept.: Julius Willy Kies, Feldwebel beim Wehrmeldeamt Calw, mit Josefine Wicker, Haustochter, Stuttgart; 16. Sept.: Wilhelm Eugen Lutz, Landw. Ar­beiter, Calw, mit Luise Katharina Visel, Landw. Arbeiterin, Holzbronn; 18. Sept.: Hel­mut Swinkels, Former, Calw, mit Elsa Maria Kirchherr, Fabrikarbeiterin, Calw; 23. Sept.: Georg Alb- Holzinger, Kamm­macher, Calw, mit Martha Föll, Strickerin, Calw; 23. Scpt.: Paul Franz Böttcher, Hilfsarbeiter, Calw, mit Anna Maria Dürr, Hausgehilfin, Calw; 30. Sept.: Erich Ham­pel, Obertruppführer im RAD., Calw, mit Hedwig Angusta Hollas, ohne Beruf, Asch.

Sterbefälle:

1. Sept.: Anna Greule, Landwirts-Ehe­frau von Holzbronn, 42 I. alt; 9. Sept.: Christ. Koch, verh. Küfer, von Stammheim, 82 I. alt; 11. Scpt.: Kath. Weiskogel, Landwirtswitwe von Kehl a- Rh., 81 I. alt; 14. Sept.: Heinrich Anton Hojer, verh. Ma- schinenreguleur, 69 I. alt; 17. Sept.: Sophie Barch et von Stuttgart, 86 I. alt; 18. Sept.: Klara Sarah Krämer von Karlsruhe, 71 I. alt; 19. Sept.: Barbara Ziegler von Karls­ruhe, 61 I. alt; 23. Sept.: Katharina Traut­wein von Karlsruhe, 82 I. alt; 25. Sept.: Friedrich Sattler, verh. Sattler und Tape­zierer, von Stammheim, 64 I. alt; 25. Sept.: Paul Vollmer, verh. Friseurmeister, von Karlsruhe, 61 I. alt;. Sept.: Friedrich Mönch, verh. Kaufmann, von Schömberg, 65 I. alt; 29. Sept.: Wilhelm Kull, verh. Kanzleirat a. D., von Karlsruhe, 80 I. alt; 30. Sept.: Anna Thudium, von Möttlingen, 81 I. alt; 30. Sept.: Gottlieb Reule, lediger Hilfsarbeiter, von Sommenhardt, 20 I. alt; 30. Sept.: Adolf Rentschler, verh. Ma­schinist, 42 I. alt.

Dank an dieAlten" ans dem Weltkrieg

Ilinen Aebiikl-t äie etirfurcktLvoIIe Anerkennung äer Nation

Aus der Reichstagsrede des Führers wurden dem deutschen Volke die genauen Ziffern über die höhe unserer Verluste im polnischen Feld­zug bekannt Ziffern, deren absolute Höhe wohl Trauer auslöst über das wertvolle deutsche Blut, das fließen mußte, weil die von England aus­gestachelten Verführer des polnischen Volkes den Weg einer Verständigung mit dem Reich nicht gehen wollten. Aber doch wieder Ziffern, die ver­hältnismäßig niedrig geblieben sind, einmal dank der gründlichen, von höchstem Verantwortungs- bewußtsein getragenen Arbeit unserer Wehr- macht, die einem Soldaten, der die denkbar beste Ausbildung erhielt, die besten Waffen in die Hand gab. zum anderen, weil diese Soldaten die an Mut und Leistungsfähigkeit ihren Kameraden von 1914 nicht nachstanden, von Männern ge­führt wurden, die ihr Handwerk gründlich ver- standen.

Ein besonderes Wort verdienen die kampf­erprobten Soldaten des Weltkrie­ges. die in Reih und Glied mit ihren jungen Kameraden kämpften und marschierten. Die Er­fahrungen dieseralten Krieger' sind den jungen Jahrgängen zugute gekommen: daß sie mit dabei waren, ist eine weitere Erklärung für die niedrigen V e r l u st z i f f e r n.

Damit ist auch die Antwort auf die verständ­liche Frage mancher Angehöriger der Welt- kriegsteilnehmer gegeben, warum gerade der Kämpfer des großen Krieges, der oft sein Vaterland vier Jahre lang in schweren Schlach­ten verteidigte verwundet wurde,, genas und weiterkämpfte, nun wieder als erster mit ins

NerBmifparer halt fest an feinem Ziel

Die Ereignisse unserer Zeit haben die Oef- fentliche Bausparkasse Württem- berg nicht daran gehindert, ihre regelmäßigen vierteljährlichen Zuteilungen von Baugeld fortzu­setzen. Diese Leistungsfähigkeit ist vor allem dar­auf zurückzuführen, daß so gut wie alle Bausva- rer auch in dieser Zeit ihre Pflichtraten wciterbe- zahlt haben. Die Oeffentliche Bausparkasse hat diese Treue ihrer Bausparer belohnt, indem sie am 14. Oktober wieder 2,7 Millionen Mar! »teilte. Die bisherigen Ausschüttungen be- aufcn sich nunmehr auf rd. 107 Millionen Mark. Wenn man bedenkt, daß diese Summe vorwiegend gegen zweite Hypothek als Bauspardarlehen gege­ben wurde, während die Sparkassen die ersten

Feld mutzte, als polnische Gewalt mit Gewalt beantwortet werden mußte. Im ruhmvollen Feld­zug gegen Polen wurde der große Fehler ver­mieden. daß man flüchtig ausgebildete Reserven ohne Kampferfahrung unvermittelt ins Feuer warf. Der aktive Soldat der deutschen Wehrmacht besaß eine Ausbildung, wie sie einzig dastehend in der Welt ist und wie sie bereits den aktiven Soldaten von 1914 auszeichnete. Mit dieser akti­ven Truppe konnte man an jede Aufgabe Heran­gehen. Der Mann aber, der überdies eine Kriegserfahrung in höchster Vollendung besaß, war der Soldat des Weltkrieges, der aller­dings erheblich älter war als der aktive Soldat unserer Wehrmacht. Dieser Mann aber kannte den Krieg in allen Phasen. Er wußte auch, wie der rasche Entschluß, wie Sicherung und kriegs­mäßiges Verhalten den größten Gefahren ge­schickt begegnen, und daß man andererseits zu­weilen spielend die Ilcbermacht überwindet durch Ausnutzung der Deckung, aller kriegsmäßigen Möglichkeiten und Gegebenheiten, durch kluges Abwarten oder entschiedenes Draufgängertum im richtigen Augenblick.

So hat das Zusammenwirken von alten und jungen Soldaten wesentlich dazu beigetragen, daß die 50 polnischen Divisionen in einem beispiel­losen Vernichtungsfeldzug geschlagen wurden. Noch niemals in der Geschichte ist dabei ein sol­cher Erfolg unter so geringen Verlusten errungen worden. Dafür, daß die Soldaten des Weltkrieges sich auch diesmal wieder in letzter Pflichterfüllung einsetzten, gebührt ihnen die besondere ehr­furchtsvolle Anerkennung der Nation!

Hypotheken zur Verfügung stellten, kann man er- messen, welche Stadt von Häusern aus diese Weise finanziert wurde.

Weihnachten wieder Mutter-Ehrenkrtliz

Da bei der Verleihungsaktion des EhrepkreuzeS der deutschen Mutter in diesem Monat die in Frage kommenden Mütter noch nicht alle erfaßt werden konnten, hat der Führer angeordnet, daß das Verleihungsverfahren unverzüglich mit größ­ter Beschleunigung weiter geführt wird. Wie der Neichsinnenminister mitteilt, soll möglichst erreicht werden, daß ein großer Teil der in Frage kom­menden Mütter, vor allem sämtliche Mütter über 50 Jahre, bis Weihnachten im Besitz des Ehrenkreuzes sind. Ein etwa verbleibender Nest an

Die heiligen Namen

Den im polnischen Feldzug gefallenen HJ-Führern

Tag um Tag da Ihr fallt / Die heiligen Namen Meldet man mir / O Schweigende!

Brüder!

Lauter vernahm ich sie nie als lachend Ihr

Lebtet / Und zum Appell ich befahl Euch den Chor der Getreuen.

Eure Stimmen sind stumm Starr die Gestalten Doch die heiligen Namen Sind gewaltigen Glocken gleich Das Geläute dem Land.

Führer der Jugend / Ihr Gefallen früh wie der Tau Ruht Ihr auf schuldlosem Schild.

Auf / Ihr Ewigen / Auf!

Hört Eure Namen Und lebt

Unvergänglich wie Gott.

Baldur von Schirach

Im Oktober-Heft des Führer-Organs der Hitler-JugendWille und Macht" wer­den Gedichte und Prosastücke zum gegenwärti­gen Kriege veröffentlicht. Die Reihe eröffnet das vorstehende Gedicht Baldur von Schirachs, Tie heiligen Namen", auf im polnischen Feldzug gefallene HJ.-Führer. Das Gedicht trägt das Datum vom 21. September 1939.

runragen muy unveomgt bis zum Muttertag 19 4 0 aufgearbeitet sein. Die Aushändigung der Ehrenkreuze zum Weihnachtsfest erfolgt bereits am 17. Dezember, dem Sonntag vorher. ^

. Pforzheim, 18. Oktober. An der Ausfahrt Pforzheim-Ost der Reichsautobahn verun­glückte gestern mittag ein Stuttgarter Lastzug. Der Lastzug fuhr die steile Strecke aus Rich­tung Stuttgart zu schnell hinab, vermutlich weil die Bremse hersagte: In der Kurve der Ausfahrt geriet er über die Böschung. Der

3 Vocksil» keim korisron:

tick vor cjem kinssitsn mW t^ivso<rsme sinceib». ko» cirsi Vor­teils: sr5»sn5 ist cjor tarieren ongs- nekmsr. rwsitsn; v/ir6 6is Klinge ro »ctinelt Ltumpt u. <jri t»enL tut mone»>vÜL^ürc!isklout.

Motorwagen und der Anhänger überschlugen sich mehrmals. Der Motorwagen blieb auf dem Kops" stehen. An beiden Wagen wurde der Oberbau zertrümmert. Ter Beifahrer erlitt eine Gehirnerschütterung und eine Kopfwunde. Der Fährzeuglenkcr kam unverletzt davon.

Schönbronn, 18. Oktober. Gestern nachmittag Wurde der in weiten Kreisen bekannte und beliebte Bürgermeister i. R. Stockinger zu Grabe getragen. 1925 wurde er zum Orts­vorsteher gewählt, welches Amt er bis zu seinem 71. Lebensjahr versah. Außerdem war er während des Krieges Gemeindepfleger und 12 Jahre Waldmeister. 27 Jahre war er im Kirchengemeinderat und 8 Jahre Abgeordneter des Kirchenbezirkstags. Für den Gesangverein

Da»

Schicksal eines Deutsche« i« seine« Boike

KOKZäN VO dl Wllk-iricv

4) Copyright by Knorr L HIrtb, München 1934

Worauf der Landstürmer Thiele empört zurückfunkte:Sollen diese Herren vielleicht die Truppen in die Heimat schaffen, wenn ja, wie denken sich das die Herren?' ein Funkspruch, auf den er nie einen Bescheid erhielt. Und weil der Landsturmmann Thiele nicht annahm, daß nach der freundlichen Aufforderung, Soldatenräte zu bilden, der Nauener Funkturm eingestürzt sei, er auch bald von ihm Sprüche auffingAn Alle", die ihm wenig behagten und ihm vor allem ungeheuer dumm erschienen und ohne den geringsten Nutzen für das Leben der weit von der Heimat kämpfenden Truppe, so ver­sperrte er sorgsam die eigene Funkbude, montierte die Kabel ab nnd erschoß eigen­händig drei Bolschewisten, die er gerade am Vormittag gefaßt hatte, als sie dabei waren, eine deutsche Feldwache abzumurksen, mit Rasiermessern und ungeheuer fachmännisch.

»Hilft das nich, dann schad' es nich", mur- melte er zu dieser etwas eigenmächtigen Exekution, und schmiß die drei Toten auf ow Straße, wo sie zur Abschreckung der Be­völkerung liegen blieben.

Der Landsturmmann Thiele aber begann sich von nun an heftig für die russischen

Panzerzüge zu interessieren, die da draußen vor der Front herumfnhren und ab und zu die deutschen Truppen mit Maschinengeweh­ren zu ärgern pflegten.

Von all dem wußte freilich sein Sohn Hans in Berlin nichts.

* - >

Das Schültor ist noch verschlossen, als Hans dort ankommt. Die Kameraden stehen in Nudeln davor.

Es ist große Aufregung.

Bei uns hamse schon ieschossen", berich­tet Otto Soering.

Bei uns hamse Offizieren die Achselstücke abjerissen.'

Bei uns hamse aus'm Bezirkskommando die Akten usf die Straße jeschmissen.'

Dann kommt Georg von Korsf und gibt Hans die Hanv. Von Feindschaft ist keine Rede mehr.

Georg wohnt neben der Trainkaserne.

Sie werfen Gewehre und Stahlhelme aus den Fenstern",- erzählt er.und Weiber sind auch drin, eine von unserem Hinterhaus ist dabei, die vom Briefträger, der 14 gefallen ist, die Trude, ich Hab sie am Fenster gesehen, überm Eingang, wo die Wachstube ist."

Hans steht geistesabwesend dabei und weiß nicht recht, was eigentlich auf einmal mit ihm los ist. Er Hai so ein sonderbares Ge­fühl. das zusammengesetzt ist aus einer rie- sengroßcn Schwäche und einer riesengroßen Stärke und etwas in seiner Seele tut scheuß­lich weh.

Und nur Gott Vater selber oder sein Schutzengel könnte ihm in diesem Augenblick seinen Zustand erklären. Daß nämlich in den sieben Minuten, die er von der Belle- Alliance-Straße bis zur Schleiermacherstraße

gebraucht hat. seine Kindheit Stück um Stück von ihm abgefallen ist. Er hat in der Berg­mannstraße die ersten roten Fahnen in den Fenstern gesehen, er hat beobachtet, indessen er dahinraste, daß aus den Schaufenstern der Lebensmittelgeschäfte die letzten ärmlichen Reste der Nahrungsmittel weggeräumt wur­den, um in Die sicheren Keller geschafft zu werden, er sah zu, wie viele Läden überhaupt die Rolläden herunterließen und die Türen verschlossen und er hat ohne Verwunderung plötzlich in den Hutgeschäften und in den kleinen Papierhandlungen viele Hunderte von roten und schwarzrotgoldnen Kokarden ausliegen sehen. Also, denkt er im Vorüber­laufen, also haben es alle gewußt und schon lange vorher gewußt, so daß sie genügend Zeit gehabt haben, um so viel Kokarden her­zustellen und anzumalen.

An der Post greift er im Rennen sich eine Zeitung und liest hastig die dicken Ueber- schriften: Frieden! Freiheit! Freies Volk! Gleichheit und Brüderlichkeit! Wenn der Kaiser ein Hindernis für den Frieden ist. dann muß er in Gottes Namen abdanken -und das Opfer des Rücktritts bringen . . .

Dazu ein Heeresbericht: An der Westfront nichts Neues, kleinere französische und ameri­kanische Vorstöße brachen im Abwehrfeuer zusammen . . .

Revolution!

Arbeiter, und SoldatenratI

Der Kaiser!

Das sind die drei Punkte, um welche die Gedanken von Hans kreisen, indessen er nachdenklich in der Mitte seiner Kameraden steht.

Wie es kommt, weiß er nachher selber nicht mehr, kurz und gut, auf einmal steht er auf einem Prellstein und hält eine Rede, die erste politische Rede seines Lebens. Er brüllt:

Kameraden! In der französischen Revo­lution war das auch zuerst so! Das hört bald aus. Und jetzt kommen sie alle herein, die Feinde, und jetzt kommt die 1«v6s on muss«! Der Kaiser hat keinen Frieden machen kön­nen, und jetzt muß er weg und die Roten erobern Paris, das werdet ihr schon sehen! Deswegen muß jetzt alles an die Front, mein Vater ist auch ^draußen, und wir sind alle bald fuffzehn. Wir dürfen erst mit siebzehn, aber das ist jetzt egal, jetzt fragen se keinen Menschen mehr, wir müssen gleich einen Soldatenrat machen und Gewehre besorgen und Emgehs und . . ."

Er bricht ab, denn er weiß nicht mehr wei­ter. der Schweiß läuft ihm in Strömen über das Gesicht und seine dunkelblonde Mähne hat sich verklebt über die feuchtblasie Stirn gelegt, er weiß vor Ueberfüllung seiner Ge­danken nicht mehr, was zuerst aussprechen, er weiß Plötzlich schmerzhast genau, was Va­terland heißt.

Und er weiß auch, daß irgendwo etwas nicht in Ordnung gewesen ist, öa ganz oben, wo die großen Herren sitzen.

Und jetzt sind wir dran, denkt er entschlos­sen. wir. das heißt die Jungens. die noch nicht dran waren und sie werden sich sam­meln und werden marschieren und die fran­zösischen, englischen und amerikanischen An­griffe werden in ihrem Feuer zusammen­brechen.

Sie werden nunmehr ins Feld gehen.

Die Mutter? Ja. die hat nun also nie­mand mehr, die schweren'Kohleneimer wird sie auch nicht allein schleppen können, der Kohlenmann ist ohnehin gemein und hilft niemanden, aber das geht nun nicht anders, der Krieg ist wichtiger als alles andere.

Nnd Hans Thiele redet nicht nur. er gebt ans Werk.

(Fortsetzung folgt.) -