Dienstag, den 12. September 1939

Schwarzwald-Wacht Seite 8

-^US 8iadl und Kreis Calw

KrontgeLfL -a-eim

In der Not des Weltkrieges ist der Begriff des Frvntgeistes entstanden. Heute erleben wir wie­der Nottage. Der gleiche Gegner von einst steht an unseren Grenzen. Heute aber steht die Front und lebt ihr Geist im ganzen deutschen Volk. Frontgeist zeigen ist die Pflicht jedes Deut­schen, ob er mit der Waffe in der Hand seine Pflicht tut oder ob er in der Heimat an seinem Posten steht. Frontgeist beweist auch die deutsche Frau, die sich eingliedert in die Notgemeinschaft des Volkes. Ein kleines Erlebnis mag zeigen, wie sehr gerade die deutsche Frau heute begriffen hat, worum es geht.

Die Notwendigkeit der Kartenwirtschaft hat für viele Hausfrauen gewisse, nicht zu vermei­dende Unbequemlichkeiten mit sich gebracht. Das Einhvlen ist oft mit langem Anstehen verbunden und eine Hausfrau, aus die die Kinder daheim warten, kann wohl zuweilen in eine peinliche Lage geraten. Eine Berliner Hausgemeinschaft hat in dieser Lage zu einer beispielhaften Selbst­hilfe gegriffen. Die Hausfrauen der sechs Miets­parteien kamen überein, sich gegenseitig zu helfen. Man bildete eine Einkaufsgemeinschaft. An jedem Mend setzen sich die Hausfrauen zu­sammen, besprechen die notwendigen Einkäufe des nächsten Tages. Jede schreibt ihren Wunschzettel auf und am nächsten Morgen macht sich eine der Frauen auf den Weg, um für das ganze Haus die notwendigen Besorgungen zu machen. Der Haushalt der Einkäuferin wird jedesmal von den übrigen Frauen mitbesorgt. So spart man Zeit und Nerven. Bor allem haben diese sechs Berliner Frauen die Zeit und ihre Erfor­dernisse ganz und gar verstanden. Die Not hat sie erfinderisch gemacht.

Dieses kleine Beispiel mag vielen ein Ansporn sein. Es braucht sich nicht immer um große Dinge zu handeln, sondern auch in den kleinen Erleb­nissen und Sorgen des täglichen Lebens muß jenes Gemeinschaftsbewußtsein zum Aus­druck kommen, an das Hermann Gvring in sei­ner letzten großen Rede appellierte.

*

Paß- und Sichtvermerkzwang

Nach einer Verordnung, die heute in Kraft tritt, besteht für den Grenzübertritt nach wie vor allgemeiner Paßzwang. Der Paß be­darf, wenn der Paßinhaber das 6. Lebensjahr vollendet hat, vor dem Grenzübertritt eines Sicht­vermerkes. Zuständige Sichtvermerkbehörden sind für alle Personen, die nicht in amtlichem oder parteiamtlichem Auftrag ins Ausland reisen, die Kreispolizeibehörden. Ausländer bleiben wie bisher verpflichtet, sich beim Aufenthalt im Reichsgebiet jederzeit durch einen Paß über ihre Person auszuweiscn.

Nur noch WM-Sammlungen

Der Reichsminister des Innern hat mit sofor­tiger Wirkung angeordnet, daß alle auf Grund des Sammlungsgcsetzes vom 5. November 1934 er­teilten Genehmigungen mit sofortiger Wirkung widerrufen werden. Unberührt von dieser Anord­nung bleiben Sammlungen des Winterhilfs­werks und etwaige Sammlungen, die von einer Obersten Reichsbehörde im Einvernehmen mit dem Neichsminister des Innern angeordnet wer­den.

Was -er NerbrauKer wissen muß

Das Reichswirtschaftsministerium hat angeord- uet, daß die Abgabe von Zigarren nur bis zu fünf Stück an den Verbraucher zulässig rst. Die kistenweise Abgabe an den Verbraucher ist damit gesperrt.

*

Nach einer amtlichen Bekanntmachung fallen Zichorie und andere Stoffe, die nicht mittel­oder unmittelbar aus Getreidekörnern gewonnen sind, als Kaffee-Ersatzstoffe ebenfalls unter die Bezugscheinpflicht.

Keine unnötigen Besorgnisse!

Mitteilung der Feldpostnummer nicht immer sofort möglich

Wie uns bekannt ist, sind zahlreiche Faniilien, deren Angehörige zur Wehrmacht einberufen ind, bisher noch ohne Nachricht und daher ehr besorgt um oas Schicksal ihrer Angehörigen. Wir werden von berufener Stelle gebeten, in diesem Zusammenhang nochmals folgendes be­kanntzugeben:

Wer von seinen Angehörigen im Felde eine Nachricht bisher noch nicht erhalten hat, hat keinerlei Anlaß zu irgendwelchen Besorgnissen. Ein Blick auf die Karte zeigt, daß bei den über­aus rasch fortschreitenden Operationen der Wehr­macht eine zuverlässige Beförderung der Feldpost verständlickerweis^ nicht immer möglich sein kann. Auch kommen zunächst viele Soldaten ein­fach nicht dazu, unter dem Eindruck der Kampf­handlungen den Angehörigen ihre Feldpostnum­

mer schriftlich mitzuteilen.' Es wird daher noch- mals gebeten, die Behörden nicht mit überflüssi­gen Anfragen nach dem Aufenthalt einzelner Truppenteile zu belasten, sondern abzuwar­ten, bis die Postkarte mit der Mitteilung der Feldpostnummer eintrifft und vor allem keine unnötigen Besorgnisse zu hegen.

KrankenversiKerung -er Einberufenen

In einem gemeinsamen Erlaß haben der Neichsarbeitsminister, der Reichsfinanzminister und das Oberkommando der Wehrmacht bestimmt, daß Krankenkassenmitglieder, die zum Waffen­dienst einberufen werden, weiterhin Mitglieder ihrer Krankenkasse bleiben. Die Beitrags- Pflicht ruht gänzlich. Da die Versicherten selbst in diesem Falle von der Wehrmacht freie Heilfürsorge erhalten, entfallen die Leistungen der Krankenhilfe an diese Versicherten. Die Familienangehörigen der Versicherten werden dagegen von den Krankenkassen in vollem Umfange weiter betreut.

Auch die Bekleidung für jedermann gesichert

weitere Textilwaren balä beruZLckeintrei Keine Zetirankscliniitielei

Der Generalreserent im Reichswirtschaftsmini­sterium, Präsident Hans Kehrl, äußerte sich einem Pressevertreter gegenüber ausführlich über den Zweck und die Handhabung der Bezugsscheine, soweit sie sich auf Textilwaren beziehen.

Die Berbrauchsreqelunz für Spinnstoffwaren und Schuhwaren, die als vierte Durchführungs­verordnung zur Verordnung zur vorläufigen Silberstellung des lebenswichtigen Bedarfs des deutschen Volkes am 27. August erlassen wurde, diente dem Zweck, unter allen Umständen den Warenbedarf der Bevölkerung und insbesondere der werktätigen Volksgenossen auf lange Zeit s icherzustellen. Hätte man für den Bezugs­schein eine Anlauf, oder Uebergangszeit einge- sührt, so würde es trotz aller guten Gesinnung, die sich gerade in den letzten Wochen im deutschen Volke so Prachtvoll bewährt hat, unvermeidbar gewesen sein, daß je nach dem Geldbeutel des einzelnen Hamsterkäufe getätigt worden wären und daß damit der Bestand an greifbaren und für die Verteilung unter die Gesamtheit des deut- scheu Volkes erheblich verringert worden wäre. Der Einzelhandel hat darüber hinaus auch dafür gesorgt, daß in der Vcrbrauchcrschaft keinerlei Unruhe entstand.

Die Ausgabe der Bezugsscheine ist den Wirt- schastsämtern übertragen worden. Ihren Beamten erwächst eine besondere Verantwortung, die sowohl Takt als auch aesunden Menscbenver-

stano in vesonverem Matze erfordert. Wir wollen keine Kleiderschrankschnüffelei, sondern verständig urteilende Beamte. Dies hat allerdings zur Vor­aussetzung, daß die Verbraucherfchast durch ihr eigenes Verhalten dazu beiträgt, daß die Behörde der unangenehmen Notwendigkeit enthoben wird, unpopulär zu verfahren. Wirklicher Be­darf wird und kann gedeckt werden. Dem Be­dürfnis aber, mit Hilfe des Bezugsscheines kleine Hamstcrlaaer anzulegen, wird der Beamte durch­aus kein Verständnis entgegenbringen. Etwa vor­handene Befürchtungen, daß der Antragsteller sich einem hochnotpeinlichen Verfahren unterwerfen muß, werden verschwinden, so bald eS sich herum­gesprochen hat, daß niemand besorgt sein muß, der wirkliche und echte Sorgen um seine Kleidung hat.

Da nunmehr für die Versorgung Großdeutsch- landS mit Textilwaren einheitliche Richtlinien aufgestellt sind, wird cs sich ermöglichen lassen, bereits in den nächsten Tagen die Reihe der freien Waren zu erweitern. So werden Waren frei­gegeben werden, die saisonbedingt sind oder nicht der Deckung des unbedingt lebenswichtigen Bedarfes dienen. Dies trifft zum Beispiel zu für Teppiche, Gardinen, Handarbeitsgarne/ Kissen, Diwandecken, kunstseidene Kaffeedecken, Mieder, Abendkleidung und ähnliches, ebenso sollen Scheuertücher, Wischtücher und ähnliche Wirt- schaftsartikel freigestellt werden.

Me für -ie Landfrau

sollen

Lendfrau zu organisieren. Auf sprechungen mit dem Reic" sofort neu, werden,

Landwirtschaft verantwortlich weitersühren müs­sen. Für die örtlich in Zusammenarbeit mit den beteiligten Stellen durchzuführenden Hilfs­aktionen sind Richtlinien aufgestellt worden.

Darnach handelt es sich zunächst um den Auf­bau der Kindergärten und die Schaffung behelfsmäßiger Kindertagesstätten, in denen die zu betreuenden kleinen Kinder unter­gebracht werden können. Weiter muß unter allen Umständen versucht werden. Möglichkeiten für die gemeinschaftliche Verpflegung von Kindern und notfalls Familien zu schaffen. Zu diesen Arbeiten sollen Frauen der Ortsgruvp, herangezogen werden, die sich freiwillig zur Be fügung stellen. Es soll insbesondere auch auf solö Frauen zurückgegriffen werden, die sich im Lanb- ehrendienft bewahrt haben. Außerdem sind nach Möalicbkeit Arbeitsmaiden und Studentinnen

en

er-

e

lind alte Maßnahmen der Erntehilfe wie Wasch- und Flickbeutel- aktion, Einbringen der Obst- und Gemüseernte, Einmachen usw. wie bisher durchzuführen.

Wer erWt Nerwundetenabzeichen?

Auf Grund der Verordnung des Führers über die Stiftung des Verwundetenabzeichens hat das Oberkommando der Wehrmacht Durchführungs­bestimmungen erlaßen. Danach sind die Voraus­setzungen für eine Verleihung nicht gegeben bei Krankheit und Unfällen, auch wenn sie vor dem Feinde jedoch ohne Einwirkung von feindlichen Kampfmitteln eintreten. Mehrere gleichzeitig erlittene Verwundungen gelten als eine Ver­wundung. Das Silberne Abzeichen kann ohne Rücksicht auf die Zahl der Verwundungen verliehen werden, wenn ein in den Durchfüh­rungsbestimmungen näher angegebener Grad der Schwere der Verwundung vorliegt. Das gleiche gilt für das Goldene Abzeichen entspre- chend. Es darf nur die zuletzt verliehene Stufe des Verwundetenabzeichens getragen werden. DaS Verwundetenabzeichen des Weltkrieges und das für Spanienkämpser sind demnach bei Neuverlei- hung abzulegen.

Ser Strick W Wucherer und Schieber

Wie Staatssekretär Dr. Freister in derAmt­lichen deutschen Justiz" erklärt, kann auf Grund der Verordnung gegen die Volksschädlinge bestraft werden, wenn dies das gesunde Volksempsindcn wegen der besonderen Verwerflichkeit der Straf­tat erfordert. Er nennt als Fälle, die hiernach zu bestrafen wären, z. B. die Preiswucher- und Warenschiebertaten, die also dies­mal gleich von Anfang an so bedroht sind, Witz sie im Weltkrieg, obgleich diese Verbrechen offen­kundig vorkamen, nicht einmal an dessen Ende bekämpft wurden. Andere Beispiele wären die Verschiebung kricgsbewirtschafteter Waren, der Verkauf begehrter, bisher aber in der Preisfest­setzung nicht berücksichtigter Waren zu wucheri­schen Ueberpreisen, die Uebervorteilung des Reiches bei Lieferungen und Leistungen kriegs­wichtiger Art und die Umgehung der Vorschriften über die Warenvertcilung nach Bezugsscheinen.

Eine Durchführungsverordnung des Reichs- iustizministers zur Verordnung gegen Volks­schädlinge bestimmt, daß die Strafvollstreckungs­behörde darüber zu entscheiden hat, ob die Todesstrafe durch Erhängen vollzogen werden soll. Weiter klärt sie, welches die Ver­gehen sind, die nach der Ursprungsvcrordnung

Ausnutzung der zur Abwehr von Fliegergefahr getroffenen Maßnahmen begangen werden. Ver­gehen in diesem Sinn sollen nicht solche Taten sein, die nur auf Antrag des Verletzten verfolgt werden dürfen. Vergehen in diesem Sinne sind' daher zum Beispiel nicht Hausfriedensbruch, Be­leidigung und Körperverletzung.

'sox»! ist kervofrALenil devLktt de»

kkeum» Irrt»!»» kkvxsnrckusi

disrvsn- un6 Xopsretinierr klkSllungen

6 //ei/e 5 -

Ke/ssen

UnrLlilixen krden roxrl - r-blctlell r»rcde Hille gedrückt. Die dervorre- xenUe iVirkunz Ue» 1oe»i i«r von tre­ten unü Kliniken «eit 25 jebren de«kL- tiet. Keine unenxenedmen dledenvir- kuneen. Neben »uck 8i- V-itreuen unü mieden Sie nocd deute einen Ver­rück -- »der nedmen Sie nurroxel.

m slten LpvMeken

8tsei- oder dreimaliges Melken?

Richtlinien für eine zweckmäßige Melkarbeit >

Die Ansichten hierüber sind in der Praxis sehr oft verschieden, obwohl man ohne weiteres an­nehmen kann, daß öfteres Melken einen Mchr- ertrag bringt.

Zwei, oder dreimal am Tage melken, diese Frage wird heute mancher Betrieb zu entscheiden haben. Versuche haben gezeigt, daß bei dreimali­gem Melken etwa 5 Prozent an Milch und Fett mehr ermolken wurde. Damit kann aber noch nicht dem dreimaligen Melken unter allen Umständen der Vorzug gegeben werden, denn in Hinsicht auf Personalverhältnisse, Zeit, Anlieferung und Pfleg­liche Behandlung der Milch sowie flottes Melken, kann dieses Vorgehen nicht überall Gültigkeit' haben. Es ist nur berechtigt in denjenigen Fällen, in denen die Kühe mehr als etwa 15 Liter Milch je Tag geben, oder wenn es sich um Kühe Han- delt, bei denen der Zitzenschließmuskel nicht im- stände ist, die Milch zurückzuhalten. Auch bei Kalbinnen milkt man möglichst lange dreimal täglich, um durch die öftere Uebung der Milch- drüsen ihre Leistung zu fördern. Bei Kühen, die. mit ihrer Leistung an der 15-Liter-Grenze liegen, ist darauf zu achten, daß bei zweimaligem Melkew die Melkzeiten möglichst gleichmäßig verteilt wer- den. Dabei ist zu bedenken, daß unnatürlich hohe Milchstauungen im Euter sehr leicht zu Entzün­dungen führen können, bzw. das Euter leichter für Krankheitserreger aufnahmefähig macht.

Diese Frage muß also jeder Betrieb nach seinen Verhältnissen entscheiden, immerhin aber geben! diese Hinweise Richtlinien für eine zweckmäßige Melkarbeit.

Nsr

Lin Kriminalroman von Leier Lau! öerlram

kpnW ISN di tramIdeiir-Vai^ slkdikliir, IMsiMil M 21

Sagen Sie, Inspektor," fragte er Swahnes, können Sie mir die Ermächtigung zu einer Haussuchung verschaffen und mir einen Spe­zialisten zum Aufknacken von Schlössern zur Verfügung stellen?"

Inspektor Swaynes sah seinen Besucher neugierig forschend an.Das dürfte sich be­werkstelligen lassen", antwortete er,wenn es sich um wichtige Staatsinteressen handelt, lind was den Schloßknacker anbelangt, so ist unser Inspektor McAllister der richtige Mann für Sie. Das Schloß, das er nicht öffnen kann, muß erst erfunden werden. Was beabsichtigen Sie? Wollen Sie unter die Einbrecher gehen?"

Ich möchte einer Wohnung einen Besuch abstatten, deren Inhaber verreist ist."

Wohnung der Familie Iohnston in Raven Row Nr. 11 hatte am folgenden

Die kleine

hatte am

Abend wieder zwei ungewohnte Besucher: den Beamten im Innenministerium Reginald recte Roger Denison und einen Einbruchsspezia­listen von Scotland Jard, Inspektor McAlli­ster.

Der Italiener ist nicht zuhause, Mr. Dem» son," erklärte Frau Iohnston bei ihrem Ein­tritt aufgeregt.Seit gestern abend hat er keinen Fuß mehr in seine Wohnung gesetzt."

Das weiß ich," erwiderte Roger, er ist verreist. Haben Sie achtgegeben, ob ihn jemand bei'ucken wollte?"

,Fa, ein Herr war da, ein junger, eleganter Mann. Er hat mindestens zwanzig Minuten beim Professor Sturm geläutet, als ob es um sein Leben ginge."

Vielleicht ging es auch um sein Leben," murmelte Roger.Wie sah der Mann aus?"

Während Frau Iohnston eine wortreiche Beschreibung des Besuchers gab, die auf tau­send Londoner Elegants paßte, sah der schweig­same Inspektor, den das Gespräch nicht zu interessieren schien, einige Male nach seiner Uhr, und holte schließlich aus seiner Rocktasche ein kleines Lederfutteral hervor.

Wenn es Ihnen recht ist, wollen wir nun anfangen, Mr. Denison". sagte er. .Ich habe heute nacht noch einen schwierigen Geld- schrank zu öffnen, und es bleibt mir nicht viel Zeit."

Frau Iohnston sah die beiden Männer er­schrocken an. Roger bemerkte es lächelnd.

Ja, ja, liebe Frau Iohnston," sagte er, Sie haben z!vei gefährliche Gentleman-Ein­brecher vor sich, die vor ihren Zunftgenossen allerdings das voraus haben, daß sie sich vor der Polizei nicht zu fürchten brauchen." Dann klärte er sie über den Sachverhalt auf und stellte den Polizeiinspektor vor.

Dieser hatte unterdessen die zwei Schlösser von Locatellis Wohnungstür untersucht und mit seiner Taschenlampe abgeleuchtet. Dann entnahm er seinem Lederetui einen eigen­artig geformten Metallstreiserl und steckte ihn hintereinander in die zwei Schlüssel­löcher. Binnen kürzester Zeit sprang die Tür auf.

Ein Universaldietrich eigener Erfin­dung", bemerkte McAllister lakonisch.Be­wältigt alle Schlösser bis zum kombinierten Vierfallenschloß."

Die beiden Männer betraten die Wohnung des Italieners. -Ls ist ein Telearamm im

Briefkasten", sagte der Detektiv, auf den ver- gitterten Behälter unter dem Einwurfschlitz deutend.Wollen Sie es untersuchen?"

Mit einem raschen Griff öffnete er das Schloß des Kastens und reichte Roger den gelben Umschlag.

Wir werden es nachher bei den John- stons nach allen Regeln der Kunst aufmachen nnd danach wieder eiowersen." McAllister schien mit solchen Dingen gut Bescheid zu wissen.

Nacheinander wurden dann die Räume von Locatellis Wohnung durchforscht. Sie waren nur spärlich möbliert. Kaum die not­dürftigsten Gegenstände eines bescheidenen Junggesellenquartiers waren darin vorhan­den. In einem Zimmer stand ein großer Schreibtisch, den Roger näher in Augenschein nahm. Die Tischplatte war leer bis auf eine Schreibmappe und eine Photographie in einer Ecke.

Roger ergriff die Schreibmappe und durch­suchte sie nach Schriftstücken. Es befanden sich nur etliche leere Blätter darin, die an sich keine Anhaltspunkte boten. Roger er­kannte jedoch das Papier. Es war unzwei- selhaft von derselben Sorte, auf dem die ge­heimnisvollen, in einer steilen, verstellten Handschrift abgefaßten Mitteilungen geschrie­ben waren, die er selbst erhalten hatte. In dem großen zweiteiligen Tintenzeug fand er auch die zugehörige, metallisch-violette Tinte. Um ganz sicher zu gehen, schrieb er damit einige Worte auf ein Blatt Papier und hielt dieses dicht an das elektrische Licht. Tatsäch­lich verblaßte die Schrift merklich, als das Papier warm wurde.

Die Photographie beobachtete Roger an­fänglich nicht. Als sein Blick sie jedoch zu- sällia streifte, nalun er sie »ur Land. Wo

hatte er das schöne Frauenantlitz, das sie darstellte, schon gesehen? Er grübelte eine Weile darüber nach, aber die Jdeenverbin- dnng wollte sich nicht einstellen.

Der Inspektor hatte inzwischen einen Schrank geöffnet. Als er dessen Inhalt er­blickte. pfiff er leise vor sich hin. Roger trat näher und sah außer einigen Anzügen ei» ganzes Musterlagen von Perücken und fal­schen Bärten.

Die Schubfächer des Schreibtisches erwie­sen sich als leer, bis auf das letzte, das der Inspektor mit seinem Wunderinstrument öffnete. Auch dieses enthielt keine Schrift­stücke, nur eine Schachtel mit den Roger so wohlbekannten fünfeckigen Pillen lag darin.

Da nichts weiter in der Wohnung zu fiu- den war, und der Inspektor zur Eile drängte,, beschloß Roger, die Untersuchung abzubre­chen. McAllister versperrte alle Schlösser aus das sorgfältigste und verwischte kunstgerecht die Spuren des Einbruches. Dann begaben sich die beiden Männer wieder zu den John- stons, die schon in höchster Spannung auf den Ansgang des Abenteuers warteten.

Ohne sich auf ein Gespräch mit den zwei Leuten einzulassen, öffnete der Polizeibeamte den Umschlag der Depesche und reichte diese Roger. Sie kam aus Paris und lautete:

Wohne ab heute Claridge. Melrose."

Roger schmunzelte befriedigt, sah er doch, daß fast jede seiner Vermutungen sich be- stätigte und die Zusammenhänge immer deutlicher wurden.

Beim Fortgehen wendete sich Roger an Mrs. Iohnston:Es bleibt also dabei, wenn sich hier irgend etwas Wichtiges ereignen sollte, verständigen Sie mich."

(Fortsetzung folgt)