SCB Stuttgart, 23. April. Der Finanzausschuß des Landtags behandelte heute das Landesgewerbeamt und die Erwerbs- losenfürsorge. Der Vorsitzende Bock (Z.) gedachte zunächst in ehrenden Worten des verstorbenen Landtagsstenographen Haas. Berichterstatter Pflüger (Soz.) erstattete über das Landesgewerbeamt eingehenden Bericht. Präsident Jehle teilte mit, daß für das Hafnercigewerbe alsbald Wärmewirtschaftskurse veranstaltet würden. Vom Jahre 1928 ab bis 1933 gehe der gewerbliche Nachwuchs zurück. 50 Prozent der Schüler kämen weniger zur Entlassung. Die Wirtschaft müsse sich jetzt schon darauf einstellen. Die Ausbildungs- und Fachkurse nähmen immer größeren Umfang an- Die Ausstellungen des Landcsgewerbemuse- ums wirken produktionsförderird. Im Jahre 1925 wurden 2568 Teilnehmer in-115 Fachkursen ausgebildet. Die Heranholung der Industrie zur Unterhaltung der besonderen Fachschulen habe sich ideell und materiell bewährt. Nach weiterer Aussprache wurde Kap. 34 angenommen, ebenso Kap. 36 Landesamt für Arbeitsvermittlung. Eine große Debatte entstand bei Kap. 39: Erwerbslosenfürsorge- Berichterstatter Pflüger (Soz.) gibt einen Ueberblick über die Erwerbslosigkeit und deren Schädigungen. Staatsrat Rau teilt mit, daß am 15- April in Württemberg 46 250 Arbeitslose vorhanden waren- (35 932 männliche und 9 380 weibliche ) Dazu kommen 8 529 Notstandsarbeiter. Das Reichsarbeitsministerium und die Retchsregierung seien gegen di« Sonderleistungen einzelner Gemeinden. Die Regierung habe versucht, möglichst viele Notstandsarbeiten durchzuführen. Bis 1. März 1926 sind 327 Notstandsarbeiten durchgeführt worden. 32 neue wurden genehmigt. Württemberg marschiere hierin erheblich über dem Reichsdurchschnitt. Ein Zeinrumsredner erklärt, die Erwsrbslosenunterstützung unterstütze die soliden Arbeitskräfte und sei keine Faulenzerunterstützung. Er bringt Klagen über die Kurzarbeiterunterstützung vor und begründet einen Antrag auf Schaffung von Lohnklassen in der Erwerbslosenunterstützung. Ein dem. Redner ist für Verbesserungen der Kurzarbei- terunterstützung. Staatsrat Rau erklärt, daß die Regierung den Anträgen auf Schaffung von Lohnklassen zustimme. Ein Redner des Bauernbundes spricht sich für die Stärkung des inneren Marktes und für die Erwerbung von Kolonien aus- Bei der Abstimmung wurde ein Antrag Andre (Z-) angenommen, die Regierung zu ersuchen, bei der Retchsregierung für die weitere Gewährung der nur bis 1. Mai laufenden erhöhten Unterstützungs- reichung einzutreten und darüber hinaus für die Bildung von Lohnklassen unter Berücksichtigung des wöchentlichen Arbeitsverdienstes einzutreten. Ferner wurde angenommen ein Anwag Dr. Schumacher (Soz.), die Gewährung von staatlichen Darlehen an die Gemeinden zur Durchführung von Notstandsarbei- ten in Erwägung zu ziehen und das Ergebnis dem Landtag zu berichten.
SCB Stuttgart, 25- April. Der Abg. Pflüger (Soz.) hat folgende Kleine Anfrage im Landtag eingereicht: Der Landtag hat am 18. Dezember 1925 beschlossen, das Staatsministerium zu ersuchen, bei den Städten und Gemeinden darauf hinzuwir- ken, daß für Beglaubigung von Ausweisbescheinigungen zur Verabfolgung von Arbeiterwochen- und Arbeiterrückfahrkarten Gebühren nicht erhoben werden. Entgegen diesem Beschluß werden von den Schultheißenämtern Gebühren dieser Art teilweise auch jetzt noch erhoben. So wird von mehreren Schultheißen- ämtern im Oberamt Herrenberg für die Beglaubigung der Ausweisbescheinigungen zur Erlangung von Arbeiterfahrkarten eine Gebühr von 50 Psg. in Anrechnung gebracht. Ich ersuche um Auskunft darüber, was vom Staatsministerium auf Grund des angeführten Landtagsbeschlusses veranlaßt wurde bezw. was in Aussicht genommen ist, um die gebührenfreie Beglaubigung der in Frage stehenden Ausweise für die Schultheißenämter stcherzustellen. Mit Rücksicht darauf, daß die Vollsitzungen des Landtags gegenwärtig nicht stattfiuden bitte ich um schriftliche Beantwortung der Anfrage-
Die Finanzlage der Reichsbahn.
TU Berlin, 26. April. Nach dem Märzausweis der Reichs- Lahngesellschaft betrugen die Einnahmen im Monat Februar 289 SS8 VOO RM., die Ausgaben 338 154 000 RM. Auch im Februar hat die Finanzlage der Reichsbahngesellschaft keine bemerkenswerte Besserung erfahren. Die Einnahmegestaltung, die auch in diesem Monat durch die Auswirkung der allgemeinen wirtschaftlichen Notlage beeinflußt war, läßt zwar im Güterverkehr, besonders aus Anlaß der begonnenen Bautätigkeit und der Feldbestellungen, eine leichte Verkehrszunahme erkennen, zeigt aber im Personenverkehr gegen Januar 1926 einen weiteren Rückgang. Im ganzen blieben die Einnahmen erheblich hinter dem Ergebnis im gleichen Monat des Borjahres zurück und bedingten schärfere Einsparungen aus der Ausgabeseite. Zur völligen Deckung der im Februar 1926 entstandenen Ausgaben mußte daher die Sonderrücklage aus dem Jahre 1925 in Anspruch genommen werden. Der Personalbestand betrug im Februar 672 721 Kräfte, außerdem 10 946 Zeit- und Hilfsarbeiter gegen 682 795 bezw. 6736 im Januar.
Aus Stadt und Land.
Calw, den 26. April 1926.
Die Dtensttätigkeit der Landjäger im Jahre 1S2S.
Nach einer Bekanntmachung des Ministeriums des Innern sind im Jahre 1925 vom Landjägerkorps, das aus 789 Landjägern bestand, 5311 Festnahmen in Strafsachen erfolgt gegen 4637 im Vorjahre. Die Festnahmen bezogen sich u. a. in 31 (33) Fällen auf Widerstand gegen die Staatsgewalt in 44 (38) Fällen auf Verbrechen und Vergehen gegen die öffentliche Ordnung, in 4 (7) Fällen auf Münzverbrechen und Vergehen, in 32 (36) Füllen auf MAneid, in 2 (3) Fällen auf Vergehen gegen die Religion, in 282 (277) Fällen auf Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit, in 198 (219) Fällen auf Verbrechen und Vergehen wider das Leben, in 135 (91) Fällen auf Körperverletzung, in 21 (23) Fällen auf Verbrechen und Vergehen gegen die persönliche Freiheit. in 954 (1982) Fällen auf Diebstahl und Unterschlagung, in 41 (34) Fällen auf Raub und Erpressung, in 38 (38) Fällen auf Begünstigung und Hehlerei, in 349 (398) Fällen auf Betrug und Untreue, in 52 (54) Fällen auf Urkundenfäschung, in 1 (8) Fällen auf Bankewtt, in 42 (45) Fällen auf Jagdvergehen, in 191 (83) Fällen auf genreingefährliche Verbrechen und Vergehen. Die stärkste Zahl bei den Uebertretungen stellte der Bettel mit 1379 gegen 1183. Von den Festnahmen entfielen 1129 auf den Neckarkreis, 1187 auf den SchwarzwaMreis, 1035 auf den JaFtSreis und 1969 auf den Donaukreis. Anzeigen, Berichte und Meldungen wurden von den Landjägern im vergangenen Jahre 127 369 gegen 117178 im Vorjahre erstattet. Die Zunahme beträgt also 19191. Auch hier steht der Donaukreis an der Spitze mit 36 547, dann folgen der Neckarkreis mit 32 592. der Schwarzwaldkreis mtt 32 177 und der Jagstkreis mit 26143.
Gastspiel des Elsässischen Theaters Stuttgart.
Als nach Besetzung der Reichslande Taufende von Elsässern teils vertrieben wurden, teils freiwillig auswanderten, weil sie ihr Deutschtum bewahren wollten, nahmen sie unter den vielen Erinnerungen an die alte Heimat eine mit, die ihnen viele frohe Stunden zurückrief, die Erinnerung an ihr Theater. Das „ElsäMche Theater" spielte in den Reichslanden eine große Rolle, brachte cs doch den gefunden alemannischen Humor zur vollsten Geltung. Hervorragende Dialektdichter fanden genügend Anlaß W harmloser, äußerst witziger Verspottung ihrer Landsleute und ihrer Eigenart, einer Verspottung, die niemals verletzend wirkte, im Gegenteil dazu beitragen sollte und auch beitrug, die Gegensätze im Volk auszugleichen. Die Erinnerung an diese spezifische Heimatkunst und deren Deutschstämmigkeit zu pflegen und hochzichalten hat sich das ElsäMche Theater Stuttgart, dessen Mitglieder vertriebene Elsaß-Lothringer sind, zur Aufgabe gemacht. Auch in unserer Stadt hat man den sonnigen, echt volkstümlichen Humor der eMMchen Volkskunst schätzen gelernt, das bewies der gute Besuch des Theaterabends am vergangenen Samstag. Zur Aufführung kamen zwei Einakter, lustige Satiren auf die elsässischen Verhältnisse der Vorkriegszeit: Emilie
Hahns „Jungt Madame "und des bekannten Julius Grebers „D'Madam un d'Magd." Anschaulich und unmittelbar kommt in diesen Satiren der elsäMche Volkscharaktcr zur Geltung; auch mangelt nicht eine Portion humorvoller Selbstverspottung. Die gesunde Genußfreude und der derbe Humor des elsässischen Volkes bieten die Grundlagen der ergötzlichen Spiele. Es gehört viel Enthusiasmus dazu, ein Dilettantcntheater diesen Umfangs zu schaffen und damit öffentlich auszutreten. Was hier an Mühe und Arbeit verwandt ward, sei nicht vergessen. Das manchmal verschleppte Spieltempo, unbeholfene Bewegungen, mangelndes Zusammenspiel ist verzeihlich, wenn man ein gutes, waschechtes Elsässisch zu hören bekommt. In der Echtheit des dialektischen Ausdrucks liegt der Schwerpunkt, ein großer Teil der Heimatkunst ist damit gerettet, denn nur in dieser Hinsicht bleibt die Dialektbühne unübertroffen. Das ElsäMche Theater Stuttgart möge immer sein Hauptaugenmerk auf die Pflege des Dialekts richten, und es wird seine Aufgabe erfüllen. Die unter der Spielleitung von Julius Zopp stehende Aufführung war reich an komischen und gewandten Einfällen, sodaß die Zuhörerschaft herzlich lachen konnte. Die Aufführung wie auch Gedichtvorträg« des Spielleiters ernteten daher großen Beifall.
Wetter für Dienstag und Mittwoch.
Eine Depression im Süden in der Nacht zum Sonntag beeinträchtigt die Wetterlage. Oestliche u. nördliche Hochdruckgebiet« werden aber einen Lustdruckausgleich bewirken, sodaß für Dienstag und Mittwoch wohl zeitweise bedecktes, in der Hauptsache aber trockenes Wetter zu erwarten ist.
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Nenbulach, 24. April. Auch im hiesigen Kirchspiel sank eine kleine Veranstaltung anläßlich der Gesundheitswoche statt. Herr Dr. Seeger stellte sich zur Verfügung und hielt iin Gasthaus zur Sonne einen Vortrag über Verhütung von S«uchcn- Auf geschichtlicher Grundlage schilderte er die über ganz Europa in früheren Jahrhunderten verbreiteten Seuchen, welche in verheerender Weise die Bevölkerung reduzierten und es einen Schutz dafür nicht gab. Auf die neuere Zeit kommend, wies er daraus hin, wi der Organismus des Menschen im Stande sei, sich widcrstairdsfähig zu gestalten, so daß er im Stande sei, den Bazillen zu trotzen und sie zu bemeistern, was sich namentlich in dem großen Kriege durch weitgehende Impfungen bewährt habe; er forderte eine natürliche Lebensweise mit hinreichender Kost und gesunder Wohnung, >vas viel zur Stärkung bezw. Erlangung einer gewissen Widerstandsfähigkeit beitrage. Seine Ausführungen wurden mtt Beifall ausgenommen und dankte Stadtschultheiß Müller für dieselben. — Die Bautätigkeit im hiesigen Städtchen verspricht auch dieses Jahr sich wieder günstig zu gestalten, neben zwei Wohnhäusern mit Scheuern erstellt Sonnenwirt Schill einen den Anforderungen für Vereine und dergl. ausreichenden Saalbau und ist zu wünschen, daß er die Hoffnungen, di« auf ihn gesetzt werden, erfüllt. Die Südd. Wismut- und Kupferwerke A-G. haben ihren Betrieb dieses Jahr umgesteüt, wesentliche bauliche und maschinelle Verbesserungen eingerichtet, so daß demnächst der Betrieb wieder voll ausgenommen wird. Di« Firma hat soweit möglich hiesige Gewerbetreibende die Arbeiten aus führen lassen, wodurch ihnen ein gute« Verdienst zuteil wurde- Mögen auch hier die vorgesteckten Ziele erreicht werden-
SCB Pforzheim, 25. April. Am Samstag abend wurde hinter Enzberg der in Pforzheim wohnende 26 Jahre alte Karl Lindemann von einem Stuttgarter Auto, das nicht abgeblendet hatte, angefahren und so verletzt, daß er liegen blieb. Lindemann hat eine ziemlich große Weichteilwunde am Kopf und auch eine groß« Wunde am Oberschenkel erlitten. Das Auto, das de» Unfall verursacht hatte, ließ in rücksichtslosester Weise den Verwundeten liegen und sauste in schnellster. Fahrt davon. Ein Bahnwärter telephonierte sofort nach Mühlacker, von wo man die Meldung nach Stuttgart weitergab, um auf das Auto zu fahnden. Der Verunglückte wurde mit dem Sanitätsauto ins Krankenhaus nach Pforzheim verbracht.
Vom Glück vergessen.
Roman von Fr. Lehne.
^S. Fortsetzung. Nachdruck verboten.
Sie sah Tränen in seinen schönen, schwermütigen Zigeu- sneraugen blinken. Das entwaffnete sie ganz.
Ach, Malte, so eilig ist's l« nicht! Ich weiß, daß du ore ganze Summe so schnell nicht austreiben kannst — aber
entbehren kann ich das Geld doch nicht-" leise, stockend,
wie sich entschuldigend, sagte sie diese letzten Worte.
„Das wird auch nicht sein — ich sorge dafür! Schon in dem Gedanken an Ewendoline, die d,r sicher Vorwürfe gemacht haben wird!" Etwas Lauerndes lag in dieser Bemerkung.
„Wider Erwarten hat sie nichts gesagt! Malte, sie leide jauch darunter," flüsterte die Baronin.
- „Sie wird schon nicht zu kurz kommen! Das laste mein (Sorge sein! — Ich habe mein Aeußerstes versucht, Mama jchen — aber das ist mir fehlgeschlagen —" traurig blickt er vor sich hin. „Mutter, du weißt, wie sehr ich meine Frei chett noch schätze — ich fühle mich zu etwas Großem Lerusei ^— laste es dir gestehen, wenn auch Line mich für einei -Tagedieb hält, ich weiß es bester — kann ich aber darübe sprechen? Nächtelang sitze ich an meinem Schreibtisch — eii Schauspiel hart seiner Vollendung. Und dennoch, mein Freiheit, meine Zukunftsplüne wollte ich aufgeben, wollt der Sklave eines Weibes werden — um dich, um Line zu frieden zu stellen, der ewigen Vorwürfe müde —! Doch iö bin verschmäht-"
Malte war ein guter Schauspieler und seiner Wirkung auf bis Mutter sicher. Frau von Reinhardt lauschte beinahe andächtig seinen hochtrabenden, pathetischen Worten.
„Malte, mein lieber Sohn — wer?" kam es da bang von ihren Lippen.
j „Wer? Mamachen, du fragst noch —! Blank«! Du selbst Hattest mir dock diesen Weg gewiesen, und deinem Drängen folgte ich. Gestern war es! Wie hatte ich mir ausgemalt, Mr dick zu kargen, dir dein Leben gemütlich zu gestalten! Ku foMst -7 Hei uns blejben — und ein einzige-
Wort hat all meine Hoffnungen vernichtet, mich in schwere Sorgen gestürzt, mir meine Arbeitsfreudigkeit genommen!
— Meine liebe Mutter — nun muß ich morgen von neuem herumlaufen, mich um das Geld bemühen —" es war ihm gelungen, seinen Augen Tränen zu erpressen.
Mit großen traurigen Augen starrte die Baronin vor sich hin.
„Eine liebe Hoffnung ist mir zerstört! Blank« — deine Frau —! Wenn das geworden wäre — aus allen Sorgen wären wir heraus!"
„Es ist doch nun aber nicht! Ja. ich wünschte es auch — wegen Line besonders! Deren Schuldner zu sein, drückt mich am meisten —ich mag ihr nicht mehr verpflichtet sein! Ich habe noch einen anderen Plan, doch darf ich vorläufig nicht
darüber sprechen-habe noch ein wenig Geduld mit
deinem großen, unnützen Jungen —" er legte seine Wange schmeichelnd an die der Mutter.
„Ich weiß, du wirst mir das Geld bringen — sorge dich nicht allzusehr! Line macht doch bald ihr Examen und wird zum Herbste angestellt, und bis dahin Helsen wir uns schon durch! Ich habe ja noch die sehr wertvolle Brillantbrosche
— und wenn Line mit Hanna verreist ist, könnte ich ja auch
ein Zimmer vermieten-" sie sah seine betrübte Miene,
hörte sein Seufzen.
„Nimm dir das mit Blank« nicht zu sehr zu Herzen — sie ist so launenhaft und verwöhnt — wer weiß, ob sie dich so gut verstanden hätte —"
„Mich versteht keiner — nur du, Mamachen —" er küßte ihre welken Hände.
Sie streichelte ihn, sprach ihm gut zu, sie wollte ihn wieder fröhlich sehen, ihn lachen hören! Er war ihr Sonnenschein, dessen kärgliche Zärtlichkeiten ihr so unendlich wohl taten. — Mit abgöttischer Liebe hing sie an dem Sohn — er war ihr alles — sie lebte nur für ihn; ohne Besinnen hätte sie ihm alles opfern können!
Neuntes Kapitel.
„ „,gen die Wolken ins Tal; wie dichte Schleier .hingen sie herab, daß .die Berge ganz v erdeckt w aren. Die..
großen, ernsten Tannen hoben sich scharf Umrissen mit
jedem Ast, mit jedem Zwerglein von dem grauen, undurchdringlichen Hintergründe ab, der nichts von der Pracht ahnen lreß, die er verhüllte.
Weiß und dampfend kam es aus dem Nebel irgendwo einem kleinen Feverwölkchen gleich, schwebte es davon< lustig, wesenlos, wuchs zusehends, ballte sich zusammen, vereinigte sich mit anderen gleichen Gebilden und stieg hoch auf, bis es im Nebel verschwand.
Immer von neuem wiederholte sich das Spiel, immer in anderen phantastischen Formen, die quirlend aus dem grauen Nichts entstanden und im grauen Nichts zerflossen.
Die Nässe tropfte schwer von den Bäumen, und auf den Wiesen wogten die weißen Nebel.
Kühl war es draußen, als ob es Herbst werden wollte.- Jm Ofen knisterten lustig die Buchenscheite und rots Funken sprühten auf.
Ein feiner, süßer Vlumenduft hing in dem traulichen Gemach. Er kam von dem überaus großen Strauß dunkelroter Rosen, der auf einem Tischchen neben einem mit bunter Decke belegten Diwan stand.
Liebevoll zupften schmale Mädchenfinger daran herum und ein zartes Mädchengesicht neigte sich darüber, die samtischen Blumenblätter mit den Lippen liebkosend.
„Noch ist die blühende, goldene Zeit — noch sind dis Tage der Rosen —" summte das Mädchen halblaut mit schwacher, leiser Stimme vor sich hin.
„Sing du mir das Lied, du Liebe! — Ich höre es so gern, wenn du es so machtvoll hinausjubelst —" und schmeichelnd legte die Sprechende ihre schmächtigen Arme um den Hals der Größeren, die, das Gesicht in die Hand gestützt, am Fenster saß, und in die Wogen des Nebels hinausblickte.
Eine scharfe Falte stand zwischen deren dunklen, schöngezeichneten Augenbrauen und in den blauen Augen flammte ein zorniges Licht; die Lippen waren lest zusammengepreßt, als wollt?» sie Worts des Unmutes zurück- halten.' d
^LLsrtsetzung folgt.!