korfanty

,erobert'<9berschlesien

Steckbrief eine- ..NaNonathelden"

Aus dem Warschauer Gerichtsgefängnls wurde dieser Tage ein ga, prominenter Last entlassen: Wojciech Korfanty. Drei Monate sah der Träger dieses NamenS in Untersuchungshaft/um

Ich

siHe Warschau auS, doch sie find unschwer zu er­raten. Der genannt« Herr versagt noch immer über eine bemerkenswert große Anhängerschar und man geht wohl kaum fehl in der Annahme, daß die Regierung mit der FretlassungS-Orvre die Absicht verfolgt, die Korfanty-Anhänger restlos für sich zu gewinnen. Diesem Versuch dürste Er­folg beschieden sein, denn die gegenwärtige Poli­tik der polnischen Regierung stimmt voll mit den Zielen überein, die sich die Leute um Korsanty gesteckt haben.

In seinen besten Tagen hat sich Korsanty als Eroberer Oberschlesiens' feiern lasten. Aber die­ser. Ruhmestitel hielt nicht lange vor. Schon an d<r Zehnjahrfeier der oberschlesischenAbstim­mung" konnte der Führer der Jnsurgentenbanden nicht mehr teilnehmen, weil er um diese Zeit im Gefängnis saß. Tr emigrierte später in die Tsche­choslowakei und ging von dort nach Frankreich. Für lange Zeit verschwand er von der politischen Bildfläche und erst im Frühjahr dieses Jahres tauchte Korfanty wieder aus der Versenkung auf. Der gewesene ..Nationalheld" kehrte um diese Zeit reumütig nach Polen zurück, wo ihn gleich die Staatsanwaltschaft in Empfang nahm. Die Ver­haftung erfolgte auf Grund eines vor geraumer Zeit erlassenen Steckbriefes wegen politischer steuerlicher und sonstiger betrügerischer Manipu­lationen.

Neben den innerpvlitischen Zielen derinneren Einigung" de» Landes scheinen noch andere Gründe für dis vor kurzem erfolgte Freilassung KvrfantyS maßgebend gewesen zu sein. In erster Linie befürchtete man offenbar. Korfanty könnte auS der Schule plaudern und vor aller Oefsent- lichkeit gewisse Geheimnisse der Warschauer In­trigen- und Terrorpolitik preisgeben, wenn ihn der Staatsanwalt zu scharf anpackte. Solche Ent­hüllungen hätten sich schlecht vertragen mit der jetzt so gerne geübten Vorbringung polnischer Ansprüche" auf weile deutsche-Gebietsteile und deshalb sahen fich die zuständigen Behörden, auf einen Wink von oben, veranlaßt, den fälligen Pro­zeß niederzuschlagen und Korfanty wieder auf die Oesfentlichkeit IvSzulasten.

Der Plebiszit-Kommissar mit dem Gummiknüppel

Man schreibt den 2V. März 1921. Unter der Oberaufsicht der interalliierten Kommission, in der Engländer. Italiener und Franzosen vertreten find, soll Oberschlesien sich für Deutschland oder für Polen entscheiden. Beinahe ein Jahr ist ver­gingen seit dem Tage, da polnische Banden unter Führung des politischen Abenteurers Korfanty in dieses Gebiet einfielen. Der Anführer der Jnsur- gentenhaufen ist inzwischen zum Plebiszit-Kom­missar Polens für die von den alliierten Mächten befohlene Volksabstimmung in Oberschlesien auf­gerückt. Unter stillschweigender Duldung seiner

französischen Freunde handhabt er die Wahlvor­bereitungen auf seine Weise. Wer sich gegenüber den polnischen Versprechungen und Verlockungen unzugänglich erweist, wird auf andere Artbe­arbeitet". Die Untergebenen des Herrn Korfanty haben in solchen Dingen Uebung und verstehen sich daraus, widerspenstigen Deutschen da? Rück­grat zu brechen. Von Warschau in großzügigster Weise unterstützt, überschwemmt der Plebiszit- Kommissar die strittigen Gebiete mit polnischen Propagandaschriften, geht auf Stimmenkauf, und , wo Geld und gute Worte nicht mehr verfangen, da helfen Gewehrkolben und Gummiknüppel nach.

Am Abend der Volksabstimmung muß aber Korfanty eine böse Enttäuschung erlecken. Mit fast Zweidrittel-Mehrheit entscheidet fich die oberschle- fische Bevölkerung für Deutschland, Man zählt 707 393 deutsche gegen 479 365 polnische Stimmen. Immerhin darf Korfanty gegenüber feinen War­schauer Auftraggebern den weitaus größten Teil der polnischen Stimmen als persönliches Verdienst reklamieren, denn unter normalen Umständen hätte die Stimmenzahl für Polen nicht einmal die Hälfte der jetzt abgegebenen Stimmen erreicht.

Die Siegermächt« können sich dem eindeutigen Ergebnis der Abstimmung nicht verschließen. In dem Bericht der interalliierten Kommission an die Pariser Botschafterkonferenz wird die Auffassung vertreten, daß auf Grund des Abstimmungsergeb­nisses aus keinen Fall ganz Oberschlesien an Polen gegeben werden könnte.

Korfanty schäumt vor Wut, als er von diesem Beschluß Kenntnis erhält. Sollen alle Anstrengun­gen umsonst gewesen, alle Warschauer Gelder um­sonst geflossen sein? Das kann nicht sein, das darf ' nicht sein! Es heißt, der Veröffentlichung des Be­richtes der interallierten Kommission zuvorzukom­men und vollendete Tatsachen zu schaffen, ehe die 'Herren in Paris die neuen Grenzen festlegen.

Oh, er kannte die wahre Stimmung dieser ver­dammten Deutschen, er wußte, daß die Abstim­mung eine für Polen hoffnungslose Angelegenheit war, trotz aller Bemühungen und Anstrengungen, die polnischen Ansprüche aus legalem Wege zu be­friedigen. Deshalb bereitete er in aller Stille die große Gegenaktion vor.

Tag und Nacht rollten die Munitionszüge nach Sosnowice, hart an der deutsch-polnischen Grenze. Seit Wochen bildeten dort polnische Offiziere Frei­willige für den Bandenkrieg gegen Oberschlesien aus. sogar Artillerie wir- herangeschafft.

Die Vorbereitungen gehen reibungslos vonstat­ten und der Plebiszit-Kommiflar hat allen Grund, hoffnungsvoll in die Zukunft zu sehen. Mit einem Schlage aber wir- durch den Bericht der Kommis­sion der ganze Plan gefährdet. Verdoppelt man auch in Sosnowice die Anstrengungen, eS wird doch nicht gelingen, in der kurzen, noch zur Ver­

fügung stehenden Zeit die militärischen Vorbe­reitungen abzuschließen.

Verzweifelt sinnt Korfanty darüber nach, wie man dem drohenden Verlust begegnen kann. Jede Stund« ist wertvoll. Warschau erwartet Taten.

Erlogene Alarmnachrichten.

Urplötzlich kommt ihm dis Erleuchtung. Man maß die Oefsenllichkeit mit Alarmnachrichten auf­putschen. muß der industriellen Arbeiterschaft eine Streikparole geben, die sich ausschließlich gegen di« Deutschen richtet. Der ausbrechenve Generalstreik bildet dann die Ueberleitung zum dritten Ausstand und dem Einfall der Aufständischen nach Ober- 'chlesien.

Ein rafsiniert angelegtes Schwindelmanöver, das auf ewig den Namen Korfanty belastet, wird gestartet. Korsanty, ganz in seinem Element, dik­tiert frei erfundene Meldungen, die wenige Stun­den später in Hunderttausenden von Exemplaren als Sonderausgabe derOberschlesischen Grenz­zeitung" erscheinen und das Land in Aufruhr versetzen werden. Man muß die betr. Meldungen wörtlich Nachlesen, um die abgrundtiefe Verschla­genheit und Skrupellosigkeit des polnischen Auf­ständischenführers zu erkennen. Die selbstversaß- ien Alarmnachrichten haben folgenden Wortlaut:

Die Diplomaten haben gesprochen!

Die Kreise Rybnik, Pietz und ein Teil von Kattd- witz an Polen.

Der Bericht der interalliierten Kommission. Warschau, 30. April. (East Expreß.)

Unser Berliner Korrespondent erfährt, daß Ber­liner Blätter aus Kattowitz aus gut informierten Lntentekreisen die zuverlässige Nachricht erhalten haben, daß die interalliierte Kommission in Oppeln am Donnerstag ihren Bericht über das Ztbstim- mungsergebnis in Oberschlesien frrtiggestellt hat und diesen Bericht am Freitag nach London an sen Obersten Rat gesandt hat.

Die interalliierte Kommission schlägt in ihrem Bericht eine Teilung Oberschlesiens zwischen Deutschland und Polen vor und zwar in der Weise, daß Deutschland fast ganz Oberschlesien zu­sammen mit dem zentralen Industriegebiet erhal­te soll. Die interalliierte Kommission rät. Polen nur die Kreise Rybnik und Pletz zuzuteilen sowie eine unbedeutende Grenzkorrektur im Kreise Kat­towitz östlich von der Stadt vorzunehmen."

An diese Meldung hängt Korsanty «ine zweite, aus Beuthen datierte, an, die folgendermaßen lautet:

Unser Beuthener Korrespondent versuchte so­fort nach Eintreffen obiger Meldung an Orr und Stelle in Oberschlesien eine Bestätigung zu erhal­ten. Alles spricht dajür, daß die in Berlin ein- zetrvssene Meldung vollkommen aus Wahrheit be­ruht. Die halb-offiziösen Meldungen, die in letzter Zeit über die Entscheidungen in Oberschlesien ver­breitet wurden, finden heute ihre Bestätigung. Heute steht die Wirklichkeit vor uns."

Äorfantysgroßer Schlag".

Diese beiden Nachrichten bilden jedoch nur die Ueberleitung zu dem großen Schlage, zu dem Kvr-

O

üsckr

Oie odersetllesisekea Lediete, Ute Polen venweblanä «iäeereedUlcb geraubt b«t

fanty mit dem dritten, in Form eineS Aufrufs gehaltenen Artikels ausholt.Schreiben Sie" sagt er zu seiner Sekretärin:

Die oberschlesische Industrie in Gefahr.

Die deutschen Schlotbaron« wollen Oberschlefien vernichten.

Am 7. April dieses Jahres fand in Kattowitz im Hotel Clemenz eine Versammlung der deutschen Großindustriellen statt, die uns die verbrecheri­schen Absichten dieser allmächtigen Industriegebie­te! mit erschreckender Deutlichkeit vor Augen stellt. Die Pläne, die am 7. April besprochen wurden, reißen die Maske vom Gesicht jener allgewaltigen Aussaugec, di« es wagen, als Vertreter der oper- schlesischen Industrie aufzutreten und die fich jetzt mit verbrecherischen Vernichtungsgedanken gegen unsere polnische Heimat und unsere Arbeiterschaft tragen.

lieber die Versammlung erfährt derGoniec Slonski" folgendes: Die Sitzung wurde von dem deutschen Plebiszitkommissar Dr. Urbanek eröff­net. der gleichzeitig über die politische Lage, refe­rierte. Danach stellte er den versammelten In- dustriellen die Frage, was sie für den Fall des

«« ..«MM»«

EMM- , d»

I» euäloseu Tilgen rollt 6»»sckvsrre 6olä", obersekleslsvke Lobte, NN» cken» releken

l-nnä.

I Anschlusses des Industriegebietes an Polen zu tun gedächten. Als erster ergriff daraufhin Oberberg­rat Williger das Wort, indem er erklärte, daß die deutschen Direktoren für diesen Fall sofort ihre Aemter niederlegen und die Arbeit in allen Un­ternehmungen «instellen werden, um zu beweisen, daß ohne deutsche Hilfe die oberschlesische Indu­strie zum sofortigen Stillstand verurteilt ist. An­schließend daran sprach Generaldirektor Prstorius. jEr riet, den Arbeitern gegenüber vorläufig Ent­gegenkommen zn zeigen, um dann, wenn Ober­schlesien an Deutschland fällt, ihnen um so schär­fer zuzusetzen und sie zum Verlassen der Arbeit zu zwingen. Aii Stelle ber polnischen Arbeiter .werden dann Arbeiter aus Deutschland beschafft 'werden.

Den Gipfelpunkt der Provokation bedeutete die ^Ansprache des Direktors Werner, welche etwa fol­gendermaßen lautete:

Um eine Zuteilung des JndustriebezirkS an Polen zu vechindern, müssen die oberschlejischen Großindustriellen alle verfügbaren Mittel ergrei­fen, um ein für allemal das industrielle Wben .zu vernichten. Es müssen vor allem die Maschinen zerstört werden, die aus deutschen Fabriken stam­men. Auf diese Weise wird der Arbeiter Plötzlich ohne Beschäftigung dastehen und wird sich aus­lehnen.

Sodann muß im rechten Augenblick Vas Gerücht in Umlauf gesetzt werden, daß diese Vernichtung und diese Katastrophe von den Polen herbeige­führt worden ist. Auf diese Weise werden die Ka­pitalisten den Hatz der Arbeiterschaft auf die Polen abwälzen und «8 dürfte nicht schwer sein, die oberschlesische Bevölkerung in diesem Irrtum zu verstricken.

Nach einer Debatte kamen die deutschen Grotz- kapitalisten zusammen mit dem deutschen Plebiszit» kommissar zu dem Schluß, daß der Weg, den Direktor Werner vorschlägt, der einzige Rettungs­anker für Deutschland sein kann. Alle Anwesenden erklärten sich damit einverstanden, daß man schnellstens alle Gruben und Hütten vernichten und die Schuld an diesen Zerstörungen den Polen in die Schuhe schieben müsse. Auf diese Weise werde es gelingen, die Arbeiterschaft für den Ge­danken der Vereinigung Oberschlesiens mit Deutschland zu gewinnen.

Der oberschlesische Arbeiter steht heute einer in der Geschichte der zivilisierten Welt einzigartigen Provokation gegenüber. Eine Hand voll fremder Blutsauger und Kapitalisten beschließt, im eigenen Interesse sowie im Interests des hakatiftisch-impc- rialistischen Preußen-Deutschland, mit einem ein­zigen Gewaltstreich alles zu vernichten, was das Werk der Hände vieler Geschlechter des Polnischen Volkes ist. Diese allmächtigen Gebieter beschließen ohne Scheu, Hunderttausend« von Arbeiterfamilien in den Abgrund des tiefsten Elends zu stoßen, da­mit ja nicht etwa dem Recht und der ewigen Äelt- gerechtigkeit Genüge geschehen kann. Die deutschen Kapitalisten von Oberschlesien haben dem Polni­schen Arbeiter den Kampf auf Tod und Leben an­gesagt. Es geht ihnen nicht um einen Kampf mit der Arbeiterklasse, sondern sie wollen nur aus­schließlich die Vernichtung des polnischen Arbei­ters. Sie wollen, daß Oberschlesien ein für alle­mal aufhört, der imperialistischen Preußenpvlitik gefährlich zu sein. Sie wollen das polnische Volk aus Oberschlesien ausrotten. Sie wollen, daß die polnische Sprache in diesem Lande aufhört. Die Stelle des polnischen Arbeiters in Oberschlesien sollen ganze Scharen deutscher Arbeitsloser ein­nehmen."

Die Sonderausgabe mit diesen durchweg frei erfundenen Meldungen erscheint am 1. Mai. Be­reits am darauffolgenden Tag treten 80 Prozent der gesamten Arbeiterschaft in den Streik. Kor- fantys Lügen Hecken gezündet! Der Weg für die Aufständischen ist frei. In der Nacht vom 2. zum 3. Mai dringen die polnischen Banden über di« Grenzen. Der dritte polnische Aufstand in Ober- schlefisen hat seinen Anfang genommen! S. 8odbg.