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Nr. 93

Freitag, den 23-April 1926.

101. Jahrgang

Das Fürstenabfindungsgesetz gefährdet.

Paragraph 2 im Rechtsausschuß abgelehnt.

Die Regierungsparteien in der Minderheit.

TU Berlin, 23. April. In der gestrigen Sitzung des Rechts- ausschussts des Reichstags wurde Absatz 1 des Paragr. 2 des Kompromißgesetzentwurfes mit 11 gegen 10 Stimmen abgelehnt. Dagegen stimmten nicht nur, wie beim Paragraphen 1 die Deutschvölkischen und Kommunisten, sondern auch die Sozial­demokraten. Die Deutschnationalen enthielten sich der Stimme. Der Vertreter der bayerischen Bolksparei war im Ausschuß nicht anwesend. Der abgelehnte Absatz des Kompromißentwurfes be­sagt, daß für eine EcsamtauseinanLcrsetzung, wenn eine solche nicht bereits durch Gesetz. Schiedsspruch, Vertrag oder Vergleich erfolgt ist, ausschließlich das Reichsondcrgericht zuständig ist. Die Vechandlungen des Rechtsausschusjes wurden daraus unterbro­chen, doch sott in einer neuen Sitzung am Samstag ein Eini- gungsoersuch unternommen werden. Der Ablehnung folgte eine sehr lebhafte Auseinandersetzung. Abg. Richthofen beantragte den sofortigen Abbnuh der Verhandlungen. Abg. Lohmann (Dntl.) betonte, daß sich seine Fraktion die Entscheidung Vorbe­halte, daß es aber im Interesse der Sache und aus formalen Gründen zu empfehlen sei, die Verhandlungen nicht sofort ab- zubrechen. Zn ähnlichem Sinne sprach sich der volksparte iliche Vertreter Dr. Wunderlich aus. Abg. Rosenfeld gab darauf für die Sozialdemokraten die Erklärung ab. daß es sehr bemerkens­wert sei. daß der deutschnationale Redner offenbar den Fortgang der Verhandlungen wünsche. Das beweise, daß Deutschnationale und Deutsche Volkspartei in der Sache einig seien. Das be­stärke die Sozialdemokratie in der Ablehnung des Kompromiß- entwurfes.

Reichskanzler Dr. Luther wurde, wie aus parlamentarischen Kreisen mitgeteilt wird, sofort von den Vorgängen im RechtS- auSschuß des Reichstages unterrichtet. Er hat daraufhin sofort die Vertreter der Regierungsparteien in die Reichskanzlei eiu- oeladen.

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Dir Besprechung beim Reichskanzler.

Reichskanzler Dr. Luther empfing in Anwesenheit des Reichsjustizministers Marx und des preußischen Finanzministers Pr- Höpker-Aschoff die Vertreter der Regierungsparteien, die dem Rechtsausschuß des Reichstages angehören. In eingehender Aussprach« wurde die durch die Ablehnung des tz 2 des Für»

stenabfindungskompromisscs geschaffene Lage erörtert. Die Ver­handlungen drehten sich hauptsächlich um die preußischen For­derungen. Eine endgültige Uebcreinstimmung in dieser Frage wurde nicht erzielt. Die Verhandlungen sollen am Freitag vor­mittag fortgesetzt werden. An diesen Beratungen wird auch der preuß. Ministerpräsident Braun, der gestern verhindert war. teilnehmen. Auch sollen neben den Vertretern der Regierungs­parteien im Rechtsausschuß die Parteiführer hcrangczogen wer­den. Freitag nachmittag 4 Uhr versammelt sich dann wieder der Rechtsausschuß des Reichstages, um zu entscheiden, ob die Be­ratungen fortgesetzt werden können. An dieser Sitzung wird voraussichtlich auch der Reichskanzler teilnehmen. Von dem Verlauf der Vornnttagsvcrhandlungen wird es abhüngen, ob der Kanzler zur Erweiterung der Basis des Kompromisses an die Deutschnationalen und die Sozialdemokraten hcrantreten wird. Von den Demokraten und dem Zentrum wurde der Kanz­ler dringend ausgedordert, endlich eine Entscheidung wegen der Fürstenabfindung herbeizuführen, um weitere Beunruhigung zu vermeiden- Die Neichstagsfraktionen der Regierungsparteien, die erst zum Dienstag nächster Woche einberufen waren, werden bei der Schwierigkeit der Lage voraussichtlich bereits zu Montag geladen werden, damit möglichst bald eine Entscheidung fällt.

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Beratungen über die

Erwerbslofenfttrsorge.

TU Berlin, 23. April. Halbamtlich wird mitgcteilt: Am 18. und 20. April hat in Franlsurt am Main eine Besprechung des Neichsarbeitsministeriums mit den Sozialministern der Länder über die schwebenden Fragen der Erwerbslosenfürsorge stattge- funden. Bei der Besprechung waren auch das Reichssinanz-, das Reichswirtschafis- und das ReichsernäHrungsministerium vertre­ten. Aus den Ergebnissen dieser Besprechung ist heroorzuheben, daß nach der übereinstimmenden Auffassung fast aller Länder die gegenwärtige Regelung der Unterstützungssätze, dis keine Rück­sicht au^ie Lohnverhältnisft nehme, nur für kurze Uebergangs- zeit auWcht erhalten werden kann. Nach der Auffassung der Länder muß sobald wie möglich rin Unterstützungssystem nach Lohnilassen eingeführt werden, wie es auch im Entwurf der Ar­beitslosenversicherung vorgesehen ist. Die Länder nehmen damit also den gleichen Standpunkt ein, wie kürzlich der Arbeitsaus­schuß des Reichswirtschaftsrates. Die Frage wird nunmehr un­verzüglich das Reichskabinett beschäftigen.

Der Regierungsentwurf zum Volksentscheid

Die Unzulässigkeit des

Aufrverlungsbegehrens.

TU Berlin» 23. April. Der von der Reichsrcgierung ange­kündigte Entwurf eines zweiten Gesetzes über den Volksentscheid hat folgenden Wortlaut:

Der Reichstag hat das vorliegende Gesetz beschlossen, das mit Zustimmung des Reichsrates hiermit verkündet wird, nach­dem festgestellt ist, daß die Erfordernisse versassungsändenider Gesetzgebung erfüllt find.

Artikel 1: Das Gesetz über den Volksentscheid vom 27. Juni 1821 (RGBl. S. 780) erhält in Z 1 Abs. 2 folgenden neuen Satz:Als Gesetz im Sinne dieser Vorschrift gelten auch Gesetze, die di« Folgen der Geldentwertung regeln."

Artikel 2: Ueber ein Gesetz zur Aenderung oder Aufhebung dieses Gesetzes kann nur der Reichspräsident einen Volksent­scheid veranlassen.

Artikel 3: Dieses Gesetz tritt mit dem aus die Verkündigung folgenden Tage in Kraft."

> Zur Begründung

wird folgendes angeführt: Nach dem Reichsrecht ist der Weg der Volksbcstimmung insofern beschränkt, als über den Haus­haltsplan, über Adgabengesetze und Besoldungsordnungen nur der Reichspräsident einen Volksentscheid veranlassen kann. (Art. 73 Abs. 4 der Rrichsverfassung und 8 1 Abs. 2 des Gesetzes über den Volksentscheid vom 27. Juni 1921, RGBl. S. 780.) Damit sind auch Gesetzentwürfe der bezeichnten Art dem An­trag auf Volksentscheid nach Art. 73 Abs. 2 der Reichsvcrfas- fung und dem Volksbegehren nach Art. 73 Abs. 3 Satz 1 der Reichsverfassung (Volksinitiative) entzogen. Wie dies aus den Beratungen der Nationalversammlung (Protokolle des Verfas- sungsausschusses Seite 296, 810, 312) hervorgehl, in der staats­rechtlichen Literatur übereinstimmend angenommen wird und auch der bisherigen Praxis der Reichsverwaltung entspricht.

Der Bestimmung lag der Gedanke zu Grunde, daß nicht ein Teil der Dolksgesamtheit die Initiative ergreifen sollte, um N» Ilngunsten des anderen Teiles über die Verteilung wirtschaft­licher Lasten Bestimmung zu treffen. Infolge der Geldentwer­tung ergab sich Li« Notwendigkeit, die vor und während der

Geldentwertung begründeten Rechtsverhältnisse im Auswer- tungsgcsetz und im Gesetz über die Ablösung öffentlicher Anlei­hen im Zusammenhang zu ordnen, sowie im Finanzausgleichs- gefetz eine neue Grundlage für die öffentlichen Haushalte zu schaffen. Der Gesamtkomplex dieser Gebiete bildet die Grund­lage für die öffentliche Wirtschaft und war maßgebend für die Haushalte des Reiches, der Länder und der Gemeinden, für den Ausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden» wie über­haupt für das gesamte öffentliche Finanzwesen. Er ist ins­besondere auch die Grundlage unserer Währung. Solche Gesetze müssen, falls nicht die ganze deutsche Wirtschaft erschüttert wer­den soll, dem Rcichshaushaltsplan und den Abgabegesetzen gleichgestellt werden.

Um die erstrebten Erfolge auch für die Zukunft zu gewähr­leisten, wird das oorgeschlagene Gesetz selbst hinsichtlich feiner Aenderung oder Aufhebung der Volksinitiative entzogen, was durchArtikel 2 des Gesetzentwurfes zum Ausdruck gebracht wird, der sich in seinem Wortlaut dem Artikel 73 Abs. 4 der Reichs­verfassung anpaßt.

Zweidrittelmehrheit für die Annahme de« Gesetzentwurfes erforderlich.

Der geplante Gesetzentwurf der Relchsregierung, der die Un­zulässigkeit eines Volksbegehrens über dis weitere Aufwertung darlegen soll, bedarf, wie von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, zu feiner Annahme der Zweidrittelmehrheit. Dies ent­spricht einer BerfaHungsbcstimmung, wonach Bestimmungen, die die Verfassung interpretieren, so zu handhaben sind, wie ver- fasiuiigsändernde Gesetze. Die Reichsregierung steht aus dem Standpunkt, daß die der Volksabstimmui^ zugrundeliegenden Bestrebungen ohnehin dem Art. 78 d-.r Retchsverfassung wider­sprechen, da zum Beispiel schon der Befische Entwurf, der der mildere ist, die im Etat vorgesehenen 250 Millionen für die Aufwertung auf das Vierfache erhöhen wurde. Wenn der Best­ich« Entwurf zum Gesetz würde, dann würde er, zumal La der Etat zum wesentlichen Teil auf Jndustrieobligationen beruht, die Haushalte des Reiches und der Länder vollkommen unter­graben. Schon deshalb Handel« es sich hier materiell um eine Angelegenheit, die den Haushaltsplan betreffe, und die verfas­sungsmäßig vom Vo4kr«rtschrid ausgenommen sei, e, sei denn,

Tages-Spiegel.

Paragraph 2 des Fürstrnabfindungsgejehcs wurde im Rechts»- ausfchuß al-gelehut. Die Verhandlungen wurden abgebrochen

Beim Reichskanzler fand gestern nachmittag eine Besprechung

der Regierungsparteien über das Abfindungokvmpromih statt.

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Der Regicrungseuttvurf des neuen Gesetzes über den Volks- eutschcid wird heute veröffentlicht. Zur Annahme desselben ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich.

Der Reichsrat hat in seiner gestrigen Sitzung einen Nachtrag zum Haushalt von 1325 angenommen.

Der deutsche Botschafter von Hösch hatte gestern mit Miand eine Unterredung. Bon französischer Seite verlautet, daß »»« Hösch eine Reihe von Angabe» üb» den geplanten deutsch- russischen Vertragsabschluß machte.

Der litauische Außenminister Professor Rreyuik ist von feinem Amte zurückgetreten. Zum stellvertretende» Außenminister »ft Ministerpräsident a. D. Biftras ernannt worden.

Generaloberst von Seeckt, der Chef des Reichsheeres, feiert, ge­stern feine» KV. Geburtstag.

daß ihn der Reichspräsident nicht veranlass«. Die weiteren Bestimmungen des Befischen Entwurfes über die Auswertung der Reichsbanknoten würden ferner die ganze Währung erschüt­tern.

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Aus dem Reichsrat.

TU Berlin, 23. April. Der Reichsrat genehmigte in seine» gestrigen Vollsitzung mit Mehrheit eine Verordnung des Neichs- verkehrsministers, wonach di« Zahl der Mitglieder des Reichs­rates für die Neichswasserstraßen von 12 auf 15 erhöht wird Weiter wurde ein Nachtragsetat für 1925 angenommen, der ins­gesamt eine Mehrausgabe von 221 Millionen prüft, wobei der Hundertmillionenkredit an die Reichsbahn den Hauptteil in An­spruch nimmt. Ferner kommt dem Etat von 1925 noch ein Be­trag von 12 Millioiren zugut, den die Reichspost an die Reichs­kasse abliefern wird. Die im Etat vorgesehenen 500 000 Mari zur Durchführung des Volksbegehrens wurden im Emverneh. men mit der Regierung auf 1-j Millionen erhöht. Schließlich wurde die neue Regierungsvorlage über die Bestrafung des Zweikampfes angenommen, wonach entsprechend den Bestim­mungen für den militärischen Zweikampf auch für den Zivil­zweikampf in der Regel noch die fakultative Dienstentlassung vorgesehen wird, die sofortige jedoch nur für schwere Fälle.

Die Räumung des Saargebiets.

TU London, 23. April. Auf eine Anfrage im Unterhaus, ob bei der kürzlichen Zusammenkunft deS Völkerbundsrates «in Zeitpunkt festgesetzt worden sei, innerhalb dessen die französi­schen Truppen aus dem Saargebiet zurückgezogen werden sollen, antwortete Chamberlain v«meinend. Die französische Regierung habe sich aber verpflichtet, bis zum 31. Mai ein Bataillon zu­rückzuziehen und dann Schritt für Schritt die Zurückziehung der übrigen Teile der im Saargebiet stehenden Truppen durchzu­führen. _

Bor einem österreichisch-französischen Handelskrieg?

TU Wien» 23. April. Zwischen den österreichischen und den französischen Behörden haben sich in der letzten Zeit in der Aus­legung des österreichisch-französischen Handelsvertrages Gegen­sätze ergeben, die bereits zu einpsindlichen Rückwirkungen ge­führt haben. Österreich hat vorläufig oie Einfuhr von fran­zösischen Automobilen fast vollständig gesperrt. Die französische Regierung beabsichtigt, als Gegenmaßnahme di« Sperrung de, Einfuhr österreichischen Holzes nach Franlreich zu vcrsüMn. Mit Rücksicht, daß der Akrt des nach Frankreich ausgeführten Hol­zes die nach Oesterreich ausgeführten Kraftwagen um das 20- fache übersteigt, macht sich in österreichischen Holzvertrctungs- kreisen eine gewisse Aufregung bemerkbar.

Russisch-chinesische Spannung.

TU Moskau, 23. April. Die Abberufung des russischen Bot­schafters Karachan wird als bevorstehend bezeichnet. Der Kriegs­rat der Mukdener Oberbefehlshaber hat die Entfernung auch anderer Smojetbcainter verlangt, die als Agenten der Kommu- nistischm Internationale bezeichnet werden Die Beziehungen zwischen Mukden und Moskau find als gespannt zu betrachten.