Montag, den 3. Juli 1939.

Slüwarzwald'Wacht Seite k

Reichsstatthalter Murr auf de« Studententag

v/ir wissen, cisk äas äeutscke Volk äss erste «Zleser Lräe ist"

Tübingen, 2. Juli. Das nachhaltigste Er» lkbnis des Tiibingcr Studententags bildet« der eindrucksvolle Festakt, der am Samstagnachinit- tag im Festsaal der Reuen Aula mit einer Red« von Gauleiter Reichsstatthalter Murr, sowie in Anwesenheit weiterer führender Männer von Par­tei, Staat und Wehrmacht stattfand.

Die von dem Akademischen Orchester unter Leitung von UnivcrfitätSmufiknrektor Pros. Leon- Hardt intonierteFeierliche Musik" von Epitta leitete über zu der Begrüßungsansprache des Stu. dentensührers Dr. Goerlich. Er teilte mit, daß die Universität Tübingen zwei Rcichsbeste und zwei Reichssieger hervorgebracht habe und daß sich Tübinger Studenten an je einer Reichsbcsten Ar­beit und einer Neichssiegerarbeit Stuttgarter Stu- dentenmannschasten beteiligten. Mit dieser ach­tungsgebietenden Leistung hat sich di« Universität Tübingen an die vorderste Stell« im Reich gestellt. Mit der Ehrung der genannten Reichssieger ver- band er sodann die zweier Spanienkämpfer, die neben spanischen Orden von Generalfeldmarschall Göring mit dem Silbernen Spanienkreuz mit Schwertern ausgezeichnet worden sind.

Auch der Rektor der Universität, Prof. Dr. Hoffmann, ehrte di« Reichssieger, die Spa­nienkämpfer und die akademischen Preisträger der einzelnen Fakultäten mit anerkennenden Worten. Nach dem gemeinsam gesungenen LiedHeilia Vaterland" hielt

Gauleiter Reichsstatthalter Murr

«ine ausrüttelnde, immer wieder von stärkstem Beifall unterbrochene Rede. Jedes Volk, so führte er aus, erlebt im Laufe seiner Geschichte Stunden, in denen das Schicksal darüber zu Gericht sitzt, ob ein Volk zu Recht besteht oder nicht. Die Frage des Schicksals lautet, ob ein Volk wert ist, nach den ewigen Gesetzen zu leben, die für alle Zeiten gelten. Diese Gesetze haben wir kennengelernt, als wir als Frontsoldaten nach Hause kamen, als das Wort Versailles" aufstieg in der deutschen Ge­schichte. Eine Welt brach in uns zusammen. DaS Vorkriegsdeutschland war zwar groß und mäch­tig, aber es besaß keine einheitliche Zielsetzung. Es lebte, politisch gesehen, in einem Wölkenkuckucks­heim. Ms dieses Volk in den größten aller Kriege zog, da ging zunächst ein Erwachen durch daS Volk. Vorher innerlich gespalten und uneins, stand das deutsche Volk zum ersten Mal« zusammen wie ein Mann. Zum Bewußtsein kam dies aber nicht durchweg, und so geschah es, daß «8 einer verbre­che rischen Agitation gelang, unS im Laufe des Weltkriegs wieder zu entzweien. Ms uns der Schmachfrieden von Versailles auferlegt wurde, da fragte man sich erschüttert, wie «me solche Schande überhaupt möglich war. Man hatte unser Volk gezwungen, diesen Schandvertrag zu unter­schreiben. Haß und Neid der andern gegen das deutsche Volk hatten ihn diktiert. Dieser Haß kam nicht von ungefähr. Man wußte, daß daS deutsche Volk allgemein als ein fleißiges Volk galt, und deutsche Erfindungen und Entdeckungen machten die Rund« durch die ganze Welt. Auf der andern Seit« aber war es die weltbürgerliche Austastung, die bei uns noch aus dem kaiserlichen Deutschland herüberklang und einer der Gründe des Nieder- gangs war. Es war die Schicksalsstunde des deut­schen Volkes, war aber auch die Schicksalsstunde der Demokratien schlechtweg. Wir erkannten, daß die Welt uns zu vernichten suchte.

Und als sich die Besten unter uns gegen diesen Bernichtungswillen der andern aufbäumten, da begann auch schon die wahrhaft deutsche Revo- lution. Wir scharten uns zusammen als kleines Häuflein zu einem Kampf der zunächst aussichts­los schien. Aber wir besaßen den Glauben an unsere Idee, den fanatischen Glauben an Adolf Hitler. Diese Idee, die wir mit aller Energie verfochten hat sich durchgesetzt und wird sich im­mer durchsetzen. In diesem Zusammenhang schil­derte der Gauleiter den erfolgreichen Kampf der

Bewegung gegen den Marxismus, den LiberaliS- mus. daS Judentum und daS Freimaurertum.

Schon während des Kampfes empfanden wir deutlich, daß daß, was Adolf Hitler proklamierte, mehr war als ein politisches Programm, empfan­den. daß es jene Gesetze selbst waren, «ach denen

verlangt Freiheit in jeder Hinsicht, Unabhängig­keit vor allem nach außen, aber auch Unterord­nung unter die Lebensgesetze des Nationalsozialis­mus und Unantastbarkeit des Willens unseres Führers.

Was der Führer befiehlt und will, ist richtig. Darüber wird in keinem Fall diskutiert. Stark und mächtig, waren wir auch in früheren Zeiten. Aber jene Größe konnte keinen Bestand haben, weil ihr daS Ziel, die Einheitlichkit des Politi­schen Willens, fehlte. Diesen einheitlichen poli­tischen Willen besitzt heute aber unser Volk. Wir haben daS Empfinden, daß unser Volk in einen neuen Abschnitt seiner Geschichte eintritt. Adolf Hitler hat unserem Volk eine Weltanschauung gegeben, die wie ein heiliges Testament von Generation zu Generation weiter- gegeben werden muß. So müssen sich auch die -tudenten als die Hüter des nationalsozialisti- en Erbes, als Fahnenträger und als Fackel- cäger fühlen aus dem Wege, den unS der Führer voranschreitet. Wir wissen, daß unser Volk dazu berufen ist, ein Führervolk zu sein. Unser unerbittlicher Wille ist es, aus unserem Volk für alle Zukunft einen stählernen Hammer zu formen. Niemals darf ein November 1918 wiederkehren.

scheu

träg!

darf eintreten ein Zustand der Schwäche und der Feigheit.

Unser Bott soll stark und hart fein, bewußt fein feiner eigenen Stärke und Kraft. Dann wird keine Macht der Erd« stark genug sein, »S wieder nirdrrzuringen. Wir wissen und glauben es, daß dieses Volk das erste dieser Erd« ist. Sp ist es unsere Ausgabe, jene Führung in der Welt zu übernehmen, di« unserem Volk aus Grund »er ihm vom Schöpfer verliehenen Gaben zusteht.

Di« Lösung dieser Aufgabe ist zwar schwer, die Aufgabe aber wirb gelöst werden. Zum Schluß richtete der Gauleiter an di« anwesenden Studen­ten den flammenden Appell, auch in Zukunft mit der üleichen Unerbittlichkeit des Wollens zu mar- schieren wie bisher.

Di« Rede des Gauleiters wurde mit langanhal­tendem. stürmischem Zickel ausgenommen.

Lianetti «n- M «omsr A StrrNsarl

Zwei KdF.-Abende in der Reichsgartenschau

Stuttgart, 3. Juli. Am Dienstag treffen in Stuttgart der Präsident der italienischen Industriearbeiter-Organisation, Cianetti, und Reichsorganisationsleiter Dr. Ley in Stuttgart ein, wo sie einen Betrieb besich­tigen werden. Aus Anlaß dieses Besuches finden am Dienstag in der Reichsgarten­schau zwei große Kd F.-A bende statt, an denen die hohen Gäste teilnehmen werden. In der Ehrenhalle wird ein AbendHeitere italienische und deutsche Musik" und im Dor- führgarten ein Abend unter dem Motto Blumen, Tanz und Artistik" veranstaltet. Der Eintritt für beide Veranstaltungen ist für die Besucher der Reichsgartenschau frei.

aus ävn» lieielr

Vier Türme rasen über den Mel»

Eine neue gewaltige ReichSautobahnbrücke

Ligeuberlekt äse 88 kr«s,«

bs. Mannheim, 2. Juli. In Höhe des Vororts Sandhosen erhebt sich seit einiger Zeit im Rhein eine durch stählerne Spund­wände gestützte künstliche Insel: die Baustelle eines großen Strompfeilers. Hier, tausend Meter nördlich der Einmündung des Frankenthaler Kanals, wird die Reichs- autobahnst recke Saarbrücken- Mannheim den Strom auf einer gewal­tigen Brücke überqueren. In der Mitte deS Jahres 1S4V soll daS stolze Bauwerk mit sei- ' 2L Me ' " - - -

nen vier

leter

Türmen vollendet

hohen

sein. ES wird sich würdig dem deutschen Strom anpassen und zugleich eine großartige Steigerung der Rheinlandschast bedeuten.

Mörder beraubte 8 « Autos

Mit geladenem Karabiner hinter Fallen

Ljgsiidoriodt 6»r Ü8 ?re,,e

ju. Frankfurt, 8. Juli. Zugleich mit der Aufklärung des Mordes au einem Berliner

Vertreter, oer in seinem Auto tot aufgefunden

seir

wurde, ist der hiesigen Kriminalpolizei ein großer Schlag gegen eine zehnköpfige Autobanditenbande geglückt. Außer dem Mörder und Autoräuber Franke, der bis­her 80 Autoberaubungen zugab, konnten fünf seiner Komplicen verhaftet werden. Der 20jährige Mörder Franke arbeitete bei sei­nen Untaten meistens mit acht bis zehn Ver- brechern zusammen. ES gelang nun, fünf von diesen Männern festzunehmen, die in Frank­furt, Mainz, Wiesbaden, Bad Homburg und anderen Städten Autos beraubt hatten. Die Kriminalpolizei stellte den Verbrechern in .Ge»

statt von wertvollen Autos und mit Koffern und Lockgegenständen Fallen. Nächtelang lagen die Kriminalpolizisten mit geladenen Karabinern hinter diesen Fallen auf der Lauer. Die Polizei ist bereits wieder neuen Untaten auf der Spur. Außer den fünf Ver­haftete« werden noch weitere gesucht.

Orkan über Me»

Ueberfchwemmuug Unterbricht Bahnverkehr Ligsoderledt ä«r kiS-kre»»«

dm. Prag, 8. Juli. Ein schweres Unwetter hat die Gegend von Pilsen heimgesucht. Ein Sturmwind von seltener Starke verursachte großen Schaden. Bäume wurden entwurzelt, Dächer zerstört und auch Baugerüste um­gerissen, wobei zwei Arbeiter Verletzun­gen erlitten. Auf der Strecke Pilsen Klattau unterbrach die Ueberschwemmung vorüber-

steckendlreb. Biele Wichnungen mußten geräumt werden. Der Schaden wird auf einige Millionen Kronen geschätzt.

Elly sr-sernmrGetr»bsril wieder dabeim

Gefährlicher Trvpenflug glücklich beendet

k!i ß eri t> e ri e k t cker ki8 Presse bl. Berlin, 2. Juli. Frau Elly Ros e - meher-Beinhorn, die bekannte deutsche Sportfltegerin, kehrte von ihrem mehrmona­tigen Fernflug nach Indien und Siam, zu dem sie am 20. April in Nangsdorf gestartet war, wieder nach Berlin zurück. Zum Enrp- fcmg auf dem Flughafen Teinpelhof hatten sich General der Flieger Walz, vom Luft­amt Berlin, sowie General der Flieger

1,7 Millionen offene Stellen

und nur 987 voll Arbeitsgesuche

Berlin, 2. Juli. Trotz aller BemühungM um Erweiterung des Kreises der Schassendem ist ein abermaliges Wachsen des Mangels an Kräften beim Arbeitseinsatz festziH stellen. Dies ergibt sich aus dem vom Reichsarbeitsministerium erstatteten BeriM über die Vermittlungstätigkeit der Arbeit^ ämter im Mai 1939. Angesichts der umfang reichen und dringlichen Arbeitsvorhaben, die die deutsche Wirtschaft z. Zt. zu bewältigen hat, waren die Arbeitsämter einschließlich! Ostmark und Sudetendeutsch­land im Berichtsmonat wieder stark in- Anspruch genommen. Sie hatten insgesamt 987 000 Arbeitsgesuche und 1744 000 offene, Stellen zu bearbeiten. Die Zahl der gemel­deten offenen Stellen hat gegenüber dem Vormonat sogar noch eine weitere, wenn auch nicht mehr erhebliche Steigerung er­fahren. Die Arbeitsgesuche dagegen haben um 184 OOO abgenommen. Diese Abnahme ist vermutlich nicht bloß saisonmäßig zu er­klären, sondern auch auf die gesetzlichen Be­schränkungen des Arbeitsplatzwechsels zu­rückzuführen.

Zander, der Präsident des Aero-LiubS von Deutschland, und viele Freunde und Be­kannte eingefunden. Neichssportführer von Tschammer und Osten, der in Tem­pelhof gerade zu einer Dienstreise mit dem Flugzeug starten wollte nahm die Gelegen­heit wahr, um Frau Roscmctzer-DeinhorN ebenfalls zu dem erfolgreich durchgeführten Fluge zu beglückwünschen.

Nach Iran, Indien und Siam führte des Flug der Messerschmitt-Taifun-Luftlimousinch der ausgerechnet in der für die Tropen un« günstigsten Jahreszeit unternommen wurdet Temperaturen von 50 Grad übe< Null waren nach den Schilderungen der Fliegerin bei diesem Jndienfluge an der Tagesordnung, und eine außerordentlich ge­fährliche Notlandung auf einem völlig ver­sumpften Reisfeld gehörte u. a. zu den Führ-, nissen des beschwerlichen Fluges, bei dem eS darum ging, eine der Spitzenleistungen deS deutschen Flugzeugbaues in fernen Erdteilen' vorzusühren.

ö»W mtt de« dkMM« MkMöventz

Rom-Stimmen zur englischen Politik

8«. Rom, 3. Juli. Einen bemerkenswert kn Artikel zur politischen Lage veröffentlich» die ZeitungTelegraf o". Sie schreibt! Schluß mit dem britischen Geschwätz unT Schluß mit den britischen Manövern. Tatech allein können jetzt noch reden. Wenn näm» lich die englischen und französischen Ministe» von einem bevorstehenden Kriege gegen Dank zig «den, so besagt das, daß sie der vo« ihnen abhängigen polnischen Regierung dem« entsprechende Instruktionen gegeben habe« oder geben werden. Wir können dazu nu» sage»: Wenn England und Frankreich dem Krieg provozieren, werden Deutschland una Italien mit jeder nur möglichen Energie Front machen. Was Frankreich dabei an- belangt, so genügt ein Wort des Duce, uich aus den Gefühlen des italienischen Volkes eine entschlossene und offensive Feindseligkeit werden zu lassen. Das alte Spiel, Deutsch« land die Verantwortung zuschieben zu wott len, ging noch 1914, heute ist es läng« durchschaut. Wer fordert, was ihm ge« raubt wurde, kann niemals Angreifer seinH

-L-LelMMW

KOlttälV VOtV SLK7 6L0K6L

1«

Sie lehnte sich zurück, schloß die Augen und hörte dem Wind zu, der leise in den Blattern der Bäume raschelte. Ihre Ge­danken flogen zurück, nach Deutschland, zu Acer behüteten Jugend, zu dem Kreis jener Menschen, die sie verwöhnt hatten. Ihr Vater. Ihre Brüder. Sie entsann sich ihrer ersten Tanzstunden mit ihren Freundinnen. Ihr war, als hörte sie noch dre Walzer-Musik, nach der sie sich so oft entzückt gedreht. Ach, wie schön, wie süß waren diese Melodien, die man hier fast gar nicht kannte, wiegend, fließend, schwebend.

So schlief sie ein ...

Nach einigen Stunden weckte sie das Gefühl eisiger Kälte. Es dämmerte schon. Sie fröstelte und sprang auf. Die Handtasche lag am Bo­den, im Schein der noch brennenden Laterne, sie war geöffnet. Rasch hob sie sie auf. Alles war da: chr Paß, ihr Portemonnaie, ihre Toi­lettengegenstände und der Brief.

Nur das rote Saffianledertäschchen war weg.

Was Cleo nun erlebte, gleicht dem Schicksal von zahllosen hübschen, jungen Mädchen, die die grausame Notwendigkeit aufs Pflaster ge­schleudert hat. Ob dies Paris, London, Wien oder Berlin ist, der Kampf ist überall derselbe. Auf -er Suche nach dem Brot begegnen sie ohne Unterlaß brutale».Zudringlichkeiten. Ge­willt, zu arbeite»/, durch ch« Jnteüigeus mrd l

Kenntnisse sich die Mittel zur Existenz z« schaf- fen, werden sie genötigt, sich unausgesetzt Pl verteidiaen, sich fortwährend zu wehren.

Ein Kampf ohne Erbarmen . ..

Clio war hintereinander in verschiedenen Berufen tätig, immer so lange, bis sie floh vor Entsetzen, vor Ekel, vor Aerger. Ihre auf­fallende Schönheit, ihre angeborene Vornehm­heit standen chr im Wege. Wer sich chr näherte, tat es mit Berechnung. Alle Quak und Bitter»

nicht

Lebensmöglichkeiten ringt erspart.

Sie war als Choristin im ThüLtre Nouveau gelandet und nannte sich längst wieder Fräu­lein von Buet.

Von ihrem bescheidenen Gehalt hatte sie langsam den Anwalt bezahlt, der ihr« Schei­dung von Paul durchgeführt. Nun bewohnte sie ein kleines Stübchen in der Rue Bolivard bei einer alten Rentnerin. Mit Leichtigkeit hätte sie natürlich chr Leben sorglos und heiter ge­stalten können, wenn sie nur einem der zahl­losen Verehrer Gehör geschenkt hätte, die all­abendlich im Theater saßen. Sie war die hüb­scheste Choristin, die damals auf einer Pariser Bühne stand. Aber sie hütete sich, nach dem, was hinter chr lag, einem stärkeren Gefühl in ihrer Spele Raum zu geben. An ihr Herz durfte niemand rühren.

Man spottete über sie im Theater, aber sie setzte sich gleichgültig darüber hinweg. Nach­dem sie sich aus den Untiefen, in die sie chr Schicksal gestoßen, gerettet hatte, nachdem es

Elko war bereits ein Jahr an der Bühne Sie hatte die Gewohnheit, abends, bevor sie ins Theütre Nouveau zur Vorstellung ging, dgs CW Musk zu besteche», da» Hy» AMtyl- -

nüber lag. Dorr las sie Zeitungen, auch ütschr, und unterhielt sich mit Kolleginnen. Ihre kleine Stellung hatte sich um ein Gerin­ges verbessert, <da sie als Tänzerin verwendet wurde. Sie war jetzt im zwanzigsten Lebens­jahr. Ihre Schönheit war von südlicher Art, man konnte sie für eine junge Spanierin hal­ten. >

Die Kellner des Cast Müsse verehrten sie als Quelle reichlicher Trinkgelder, die chnen von der Unzahl täglicher Verehrer Lleos heim­

lich gegeben wurden, damit sie Blumen, Briefe und Eirckadungen an sie übermittelten. Sie steckten die Trinkgelder ein, indes ClLo die Blu­men verschenkte und die schriftlichen Ergüsse zerriß.

Der Kampf, den sie mit ihrer eigenen Natur durchfechten mußte, und in welchem sie, dank der Äackenschläge, die Hr das Schicksal versetzt hatte Siegerin bliev, machte sie stark und widerstandsfähig.

Sie hütete ihre innere Ruhe wie einen kost­baren Besitz.

Aber, dir Gefahr kommt immer von dort, woher man sie am wenigsten vermutet.

Unter allen Kollegen, die sie am Thsätre Nouveau hattL war die ausfallendste Persön­lichkeit ein Mann, der sozusagen die geringste Stellung an diesem Theater einnahm, es war der Komparserieführer Enrico Ramondi, ein einstmals gefeierter Sänger, der seine Stimme völlig verloren hellte und nur noch dann auf der Szene mitwiickte, wenn er tanzen mußte, worin er Meister war. Oder wenn es sich darum han­delte, euie stumme Figur von wichtiger Reprä­sentation vorzustellen, edelgeformten Kopf, dunklen Augen und Augenbrauen und vollem, dichtem, Weißen Haar. Auch wenn er stumm auf der Szene stand, lenkte er stets die Auf­merksamkett deS Publikums auf sich.

Alsschöner Mann" machte Ramondi keinen Eindruck auf Mo. Er war ihr vollkommen

gleichgültig. Es interessierte sie jedoch, ihm zu­zuhören, wenn er von seiner glänzenden Ver­gangenheit sprach. Sie entsann sich noch genau seiner Gastspiele in Berlin; als sie noch ein halbes Kind war und zur Schule ging, nannte chr Vater oft seinen Namen.

Dieser Ramondi ging völlig auf in Ver­ehrung für Cleo. Er war es, der sie von einer noch Reineren Pariser Bühne ans Theötre Nouveau gebracht hatte. Er half ihr in alle» Dingen, in denen sie Rat und Hilfe brauchte. Er war wie ein kraftvoller, alter Löwe, jeder­zeit bereit, sie zu verteidigen, alles zu zerreißen, was sie bedrohte. Trat chr irgend ei« junger Kollege zu nahe, so stand bald Ramondi von ihm. Ein Gladiator. Seine Gestalt wuchs- dann empor, seine Angen sprühten Feuer, er glich einem Zanbergeist mit weißen Haaren, der gekommen war, die Unschuld zu beschützen.

Er hatte die ganze Welt bereist, kannte das Publikum und vor allem Paris. In seiner Jugend am Teatro San Carlo in Neapel aus- Abildet und mit dem Instinkt des geborenen Tanzmeisters hatte er in ihr das schlafende Ta­lent entdeckt. Seine Augen verfolgten jede ihrer natürlichen, abgerundeten Bewegungen; ihV Gang, ihre Haltung, die Wendungen ihrer wei-^ chen, biegsamen Gestalt, alles batte er längst in stundenlanger Beobachtung geprüft und be­wundert.

Eines Vormittags, während einer Probe, als beide hinter den Kulissen standen und nichts^ zu tun hatten, sagte er flüstern- und in gebro­chenem Französisch, das er trotz seines lange» Pariser Aufenthaltes noch immer nicht be­herrschte:

Mein Fräulein, Sie müssen werden ein« Tänzerin."

Ach, Herr Ramondi, eS lausen ja in Paris schon st, Tänzerinnen herum."

«ortjehuna folM