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Nr. 87
Frxjtag, den 16. April 1S26.
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101. Jahrgang
Deutschlands Mitarbeit in Genf.
Die deutsche Antwort
an den Völkerbund.
Unverbindliche Teilnahme an den Beratungen der Stndienkommisiion.
Der Wortlaut der Note-
TU Berlin, 16. April. Die deutsche Antwort an den Völkerbund, die heute in Genf übergeben worden ist, hat folgenden Wortlaut:
„Herr Generalsekretärl Indem ich den Empfang Ihres Schreibens vom 26. März d. I .bestätige, beehre ich mich. Ihnen «itzuteilen, daß die deutsche Regierung bereit ist, einen Vertreter zur Teilnahme an den Beratungen der Kommission zu entsenden, die durch Beschluß des Völkerbundsrats vom 18. März d. I. eingesetzt worden ist ,um die Frage der Zusammensetzung d«S Rats, sowie die Zahl seiner Mitglieder und das Verfahren Ihrer Wahl zu prüfen. Die Benennung des deutschen Vertreters darf ich mir Vorbehalten.
Ich gestalte mir hierbei darauf hinzuweisen, daß sich der deutsche Vertreter, da Deutschland nicht Mitglied des Völker- dundes ist, bei den Beratungen der Kommission naturgemäß ln einer anderen Lage befinden wird als die Verirrter der übrigen beteiligten Mächte. Diese besondere Lage Deutschlands wird «tcht nur von dem deutschen Vertreter berücksichtigt werden müssen, sondern macht eS auch notwendig, ausdrücklich hervorzuheben, daß seine Teilnahme an den Beratungen die Freiheit der Entschließung der deutschen Regierung hinsichtlich des Eintritts Deutschlands in den Völkerbund nicht berühren kann.
Genehmigen Sic, Herr Generalsekretär, den Ausdruck meiner vorzüglichsten Hochachtung gez. Dr. Stresemann."
Zu dem Wortlaut der gestern mittag im Bölkerbundssekre- tariat übergebenen Note über die Beteiligung Deutschlands an der Studierckommrssion erfährt die Telunion von unterrichteter Seite noch folgende Einzelheiten:
Die Personalfrage ist von deutscher Seite noch nicht endgültig geregelt. Sie wird unter anderem von der Wahl der Delegierten abhängen, die die arideren Staaten entsenden. Die Zustimmung zu der Beschickung der Kommission ist ohne nähere Präzision über die Rolle des deutschen Vertreters erfolgt. Die Zustimmung als solche war selbstverständlich, da eine Ablehnung einer Ablehnung des Völkerbunds grdankerrs überhaupt gleiebgekommen wäre..
Der sachliche Standpunkt der deutschen Regierung ist seit den Genfer Verhandlungen unverändert geblieben. Der Eintritt Deutschlands darf nicht mit einer Umbesetzung im Rate Hand in Hand gehen. Auch eine konstruktive Aenderung des Rates soll vor dem Eintritt Deutschlands nicht erfolgen. Die Rolle des deutschen Vertreters in der Studienkommission wird dadurch, daß Deutschland noch wicht dem Dölkerbundsrat angehört, keineswegs verschlechtert sein. Vielmehr kann der deutsche Vertreter jederzeit seiner Meinung frei Ausdruck geben oder gegebenenfalls, nach dem Wunsch der Reichsregievung, sich auch zurückhalten. Die Reichsvcgierung behAt sich auch weiterhin die volle Handlungsfreiheit ihrer Entschlüsse vor, sodaß sie durch die Kommissionsbeschlüsse in keiner Weise gebunden ist. Nach Aeußerungen in den fremden Hauptstädten ist es keineswegs bestimmt, daß der Ausschuß seine Arbeiten mit einem positiven Ergebnis abschlietzt. Dies geht auch aus der Haltung der Völkerbundsligen auf ihrer kürzlich«» Tagung in Brüssel hervor. Das etwa zu erwartende Ergebnis wird als Vorschlag an den Rat weitergeleitet.
Tages-Spiegel.
Deutschland hat die unverbindliche Teilnahme an den Verhandlungen der Studienkommission für Völkerbundsreform zu- «esagt.
Wie aus Riga gemeldet wird, finde« gegenwärtig Verhandlungen um eine« Gondervertrag zwischen Rußland und Litauen statt.
Gestern fanden in München Besprechungen zwischen dem Reichskommissar für die besetzen Gebiete und der bayerischen Regierung über die Brsatzungsfrage« der Pfalz statt.
Die italienische Flotte wird nach der Rückkehr Mussolinis nach Rom den Besuch der englische« Flotte in Malta erwidern.
Abd el Krim hat seinen Truppen den Befehl gegeben, di« Feindseligkeiten auf der französischen Front vinzustellen. Die Bewegungen Hallen jedoch an, Stellungen für de« Fall vorzu- bereite», daß die FriedenSverhandlungen fehlschlage«.
Me aus Peking gemeldet wird, dauert das Bombardement de» Stadt seit 48 Stunden mit kurzen Unterbrechungen an. Der gesamte Verkehr zwischen Peking und Tientsin ist unterbrochen.
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. Der amerikanische Senat nahm eine» Gesetzentwurf an, der die Bewilligung von 2 750 000 Dollar vorfieht, um das Kakivor-
kommen in den südwestlichen Gegenden festzustellen.
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Das Luftschiff „Norge" ist gestern abend in Gatschina, 45 Kilometer südwestlich von Petersburg, gelandet. Der Weiterflug wird wahrscheinlich nicht vor dem 25. April angetreten.
Die deutsch-russischen Verhandlungen.
Eine amtliche deutsche Mitteilung.
Eine amtliche Mitteilung.
TUBerli», 16. April. Zu der gegenwärtig viel rrörter- ten Frage der deutsch-russischen Beziehungen wird v»n unter richtet» Seite daraus hiugewiese», daß die zahlreichen Meldungen, die die englische Morgenpresse über de« Stand der deutsch-russischen Verhandlungen veröffentlicht, ein völlig fal- Bild der gegenwärtigen Lage ergeben. Die deutsch-russi- hr« Verhandlungen, deren Abschluß «och keineswegs feststrht, dienen in erst» Linie der Aufrechterhaltung des europäischen «Gleichgewichts und des europäischen Friedens. ES sei völlig falsch, darin eine Gefahr für Polen zu sehen, da die Verhandlungen mit Rußland ausschließlich d» Stabilisierung des Frie- densznstandeS diene«. Sollte« die Verhandlungen mit der Sow- jetregiernng zu einem Vertrag führen, so würde » nur einen kurze« Inhalt habe«, der jedoch heute noch nicht stststeh«. Alle Kommentare der Auswärtigen Presse seien daher unzutreffend. In keinem Fall ab« werde der Vertrag einen Verstoß gegen Deutschlands Locarno- oder Völlerbundsverpflichtungen bedeuten.
Auch die Sowjetregierung gibt beruhigend« Erklärungen ab.
LU Moskau, io. April. Die Sowjetregieruirg Hot beschlossen, die deutsche, englische, französische und italienisch« Regierung davon in Kenntnis zu setzen, daß das Außenkommissariat keinerlei Verhandlungen über einen Riickversicherungsvcrtrag mit Deutschland führe und daß die Sowjetregierung nur di« Verhandlungen über Neutralitätsverträge weiterzuführcn beabsichtige. Wie verlautet, hat Tschitscherin dem rustischen Botschafter in Berlin Krestinski die Anweisung erteilt, die Verhandlungen Mit der deutschen Regierung nicht zu unterbrechen. In politischen Kreisen Moskaus bezeichnet man die Timesmeldungen wegen eines deutsch-vussischen Riilkversicherungsvertrages als ein neues Manöver Chamberbrins gegen Sowjetrußland. Die polnische Gesandtschaft in Moskau hat anläßlich der Timesmeldung eine entsprechende Anfrage an Tschitscherin gerichtet, der noch einmal Polen von den friedlichen Absichten der Sowjetregicrung unterrichtet hat.
Der Daily Telegraph üb» die deutsch-russischen Beziehungen.
TU London, 16. April. Der diplomatische Korrespondent des „Daily Telegraph" weist bei Besprechung der deutsch-russischen Beziehungen darauf hin, daß Tschitscherin die Gelegenheit des Fiaskos von Genf und der daraus entstandenen Rückwirkungen wahrgenommen habe, um eine vielseitige diplomatische Offensive zu ergreifen. Soweit man diese Offensive in ihrem gegenwärtigen Stadium analysieren könne, sei sie dazu bestimmt, als Gegengewicht gegen Locarno und im besonderen gegen den Völkerbund zu dienen. Der Hauptgestchispunkt dieses Feldzuges lei das erneute und gleichzeitige Angebot von Pakten an Deuts
land, Polcn und an die baltischen Staaten, eigentlich an alle europäischen Randstaaten, mit Ausnahme Bulgariens und Rumäniens. In britischen amtlichen Kreisen müsse man sich aber mit den von der Wilhelmstrvße gegebenen Versicherungen zufriedengeben.
Wie der Korrespondent zu wissen glaubt, enthüll der Vertrag eine sogenannte begrenzte Neutralitätsklausel, die noch näher geprüft werden müsse, unbestreitbar hätten Moskau und Graf VWckdorff-Nantzau in der zweifellosen Ungerechtigkeit, die man Deutschland in Genf angetan habe, und in der Art, in der die erwarteten Rückwirkungen von Locarno von einigen der Unterzeichner des Locarnovertrages ausgelegt worden wären, ein Mittel für die Beeinflussung der Regierung zu ihren Gunsten gefunden. Di« neue rumänische Regierung werde sobald als möglich ein« Erklärung üb» den vielbesprochenen polnisch-rumänischen Pakt veröffentlichen und es sei zu hoffen, daß er sich nicht gegen Deutschland richte.
Pariser Pressestimmen.
TU Pari», 18. April. Die deutsch-russischen Beziehungen werden von den Pariser Blättern eingehend besprochen. Der „Matt n" ist der Ansicht, e» sei nicht zweifelhaft, dah di« Eow- jetregierung ebenso wie die Türkei versuchen würde, aus dem Vertrag mit Deutschland Vorteile zu ziehen. — D» „Petit Parisien" ist der Ansicht, man könne di« deutsch-russischen Verhandlungen dadurch erklären, daß Tschitscherin die Zeit bis zur nächsten Sitzung des Völkerbundes ausnutzen wolle, um den britischen Einfluß in den baltischen Staaten zu bekämpfen und die deutsche auswärtige Politik zu kompromittieren, indem er sie zu einem Vertrag verleitet«, der mit dem Locarnopakt in Widerspruch stände. — Das „Echo de Paris" Ist der Ansicht, Deutschland erwarte von Genf und Locarno Kredite, die für seinen wirtschaftlichen Wiederaufbau notwendig seien. Aber es wolle zur gleichen Zeit nicht aus die Macht verzichten, die es von einer Verbindung mit Rußland erhoffe. Durch die Stimmung gegen Poeln beeinsLußt, sei man in Berlin immer der Ansicht gewesen, daß es «ine außerordentlich diplomatische Geschicklichkeit sei, wenn man Polen durch ein deutsch-russisches Bündnis einkreise. Die Haltung der deutschen Regierung erscheine umso unverständlicher, als man m Deutschland über die kritische Wirtschaftslage Rußlands unterrichtet sei.
Ei» russisch»lita»ischer Sondervertrag.
TU Berlin» 16. April. Wie die Voss. Ztg. aus Riga erfährt, steht Litauen mit Rußland soeben in regen Unterhandlungen über einen außerordentlich schwerwiegenden Soudervertrag, der bedeutend weiter geht als der russische Vorschlag an die anderen baltischen Staaten. Rußland soll darin Litauen die Wilnagrenze gegenüber Polen und die Memelgrenze gegenüber dem Deutschen Reich garantieren. Auch soll der Sondervertrag das wirtschaftliche Gleichgewicht gegenüber Lettland bedrohen. Die Verhandlungen sind, wie man hört, recht weit gediehen. Es längerer Zeit bekannt, daß die Stellung Litanei
Völkerbund problematisch war. Das Zustandekommen des Sondervertrages würde eine Durchbrechung des Völkerbundspakts und auch der baltischen Einheitsfront bedeuten. In Riga sind di« Gesandten Lettlands und der Nachbarstaaten eingetroffen, um di« entstandene kritische Lage zu besprechen.
Die deutsch-polnischen
Wirtschastsverhandlungen.
Einlenken Polens bei de« Wirtschaftsverhandlungen mit Deutschland.
TU Warschau, 16. April. Die polnische Regierung hat ihrem Berliner Gesandten ein Memorandum üb« di« Liqui- dationsfrage und dt« Handelsvertragsverhandlungen zur Uebrr- gabe an den deutschen Außenminister -ugesandt. Gleichzeitig ist der polnische Gesandte beauftragt worden, Dr. Stresemann dringend zu bitten, die Verhandlungen Wer den Handelsvertrag so schnell wie möglich zu Ende zu führen. Die polnische Regierung hat beschlossen, die bisherige Handelsvertragsdelegation noch tmrch den Vizeminister für Handel und Gewerbe zu verstärken. Der Vorsitzende der Delegation und der Dizeminister begeh enstch am Freitag nach Berlin.
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Skr-ynski in Wien.
Oesterreichisch-polnische Trinksprüche.
TU Berlin, 16. April. Bei dem Esten, das der Bundeskanzler Ramek am Donnerstag abend dem polnischen Ministerpräsidenten zu Ehren gegeben hat, sagte Bundeskanzler Ramel in seinem Trinkspruch u. a.: Wir werden morgen unsere Unterschriften unter einen Schiedsvertrag setzen, der beweist, daß auch Oesterreich und Polen den Schiedsgedanken in moderner Form zu verwirklichen f,i^-n. Der Abschluß des Vertrages verkündet «imer Welt, daß abermals zwei Staaten entschlossen sind, in ihren wechselseitigen Beziehungen das Anwendungsgebiet der friedlichen Mittel zur Schlichtung der Streitigkeiten zu erweitern, weil ihre Völker, von aufrichtiger Freundschaft zu einander erfüllt, nichts anderes wünschen, als Frieden, Arbeit und gegenseitigen Austausch ihr» geistigen und materiellen Güter. Besonders auf wirtschaftlichem Gebiete, wo unsere beiden Staaten sich in so glücklicher Weife ergänzen, wird, wie wir zuverlässig hoffen, der Vertrag ein neuer Impuls für unser« Bemühungen sein, die dahin gehen, unsere Handelsbeziehungen noch enger zu gestalten. Der polnische Ministerpräsident erwiderte u. a.: Die tiefe und allgemeine wirtschaftliche Not mutz in der Politik ihren Ausdruck finden und der Politik ihren Stempel aufdrük- ken. Ich schätze mich glücklich, daß ich im Namen Polens Dokumente unterfertigen konnte, die für eine solche Politik Zeugnis und Bürgschaft geben. Zu diesen gehören die Vereinbarungen von Locarno, die unser» Friedenspolitik Ausdruck geben, gegen niemand gerichtet find und jede Rückversicherung ausschließen mit Ausnahme einer einzigen, des Völkerbundspaktes. Unser beiderseitiger Schiedsvertrag gibt Zeugnis von unserem Bestrebe::. unsere Beziehungen inniger zu gestalten.