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Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirb Calw.
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Freitag, den 2. Januar 1925.
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Ser NeujakrseuipsW heim ReWprWellte«.
Berlin, 1. Jan. Reichspräsident Eb.t empfing am Neujahrstage in der üblichen Weise die Thefs der hiesigen fremden viplomatischen Vertretungen.
Die Glückwünsche des Diplomatischen Korps brachte der Apostolische Nuntius Monsignore Pacelli als Doyen mit folgender Ansprache zum Ausdruck:
„Als ich mich in den verflossenen Jahren des ehrenvollen Auftrags entledigte, Ihnen die Glückwünsche des Diplomatischen Korps darzubieten, habe ich mich zum Dolmetsch der tiefen und peinlichen Sorgen der Stunde machen müssen und habe zugleich dem Wunsche Ausdruck gegeben, nach einer besseren, nach einer von Nächstenliebe, Gerechtigkeit und Frieden erfüllten Zukunft, ein Wunsch, der von allen meinen hervorragenden Kollegen im Herzen getragen wurde.
Ungeachtet der unablässig wiederaustauchenden Schwierigkeiten und Hindernisse scheint es, als ob dieser Wunsch sich zu erfüllen begonnen habe. Wir find glücklich, die Morgenröte dieses neuen Jahres zu begrüßen als eine Morgenröte des Wiederaufbaus und des Fortschritts. In dem Jahre, das soeben zur Neige gegangen ist, find sehr ernste und schwierige internationale Probleme ihrer Lösung nähergebracht worden. Mit neuer Kraft haben die Völker an die Arbeit gehen können, di« für die gesittete Welt ruhmvollen Glanz und berechtigten Stolz bedeuten. und in der gerade die Nation, deren höchstes Amt Sie, Herr Reichspräsident, ausüben, sich hervorragend auszeichnet. So dehnt der Mensch, Erde, Wasser und Lüfte meisternd, die friedlichen Errungenschaften der Wissenschaft und die wunderbaren Fortschritte der Technik auf alle Gebiete der Natur aus; die herrlichen Luftfahrzeug« der verschiedenen Länder erheben sich ohne Furcht in den Weltenraum, es schwindet die Entfernung zwischen den fernsten Ländern und Völkern. Möchten mit Hilfe der Vorsehung dies« hervorragenden Erfolge das Unterpfand bilden für einen engeren Zusammenhalt, für eine innigere und herzlich« Brüderlichkeit zwischen den Völkern, möchten sie das Wahrzeichen eines mächtigeren Emporstieges der Seele» sein zu den höheren Regionen der Wahrheit, Gerechtigkeit und Güte.
Von diesem Gedanken erfüllt entbietet das vereinigte Diplomatische Korps Ihrer Person und dem deutschen Volke die wärmsten Wünsche für Gedeihen und Glück."
Der Reichspräsident erwiderte mit folgenden Worten:
„Nehmen Sie meinen aufrichtigen Dank entgegen für die Glück- und Segenswünsche, die Sie im Namen des Diplomatischen Korps dem deutschen Volke und mir auszusprechen die Güte hatten. Es ist mir eine lebhafte Befriedigung, mit Ihnen festftellen zu können, daß im vergangenen Jahre an der Behandlung schwer wiegender, internationaler Fragen im einem Geiste gearbeitet worden ist, der die Hoffnung auf eine Lösung im Wege der Versöhnung und Verständigung neu belebt hat.
Möge der Wille zur Gerechtigkeit und der Geist des Friedens auch im kommenden Jahre die Regierungen bei den noch der Lösung horrenden Entscheidungen beseelen, und möge so das, was im vergangenen Jahr erfolgreich begonnen wurde, auch im kommenden Jahre glücklich weitergeführt werden. Auch die Fragen, deren Regelung noch offen steht und deren Lösung der nächsten Zeit Vorbehalten ist. find von schwerwiegender Bedeutung für die Zukunft nicht nur Deutschlands, sondern auch Europas und der Welt: es wird der Anstrengung aller Regierungen und aller Völker bedürfen, um auch hier den keift des Rechts und des Friedens den Weg bestimme» z» lassen, aus dem die europäische Ordnung endgültig wiedcr- hergeftellt werden soll.
Nur dann, wenn diese Aufgabe gelingt, wird auch in den Herzen der Völker der Friede tiefe und lebensstarke Wurzeln fassen können, nur dann werden die Vorbedingungen geschaffen sein, die unerläßlich sind für den Wiederaufbau Europas und einer Welt, in der friedliche Völker in edlem Wettstreit gemeinsam arbeiten am Fortschritt der Geistesbildung und einer in den Dienst des Friedens gestellten Technik. Das deutsche Volk ist gewillt, unter Einsetzung aller seiner Kräfte an diesem Wiederaufbau mitzuarbeiten, und wünscht, dazu beitragen zu können, daß für die ganze Welt eine neue Aera des Fortschritts, der Freundschaft und des Friedens anhebe» möge, die Sie, Herr Nuntius, für die Zukunft mit heißem Herzen erhoffen. Zum Neuen Jahre spreche ich, zugleich im Namen des deutschen Volkes, Ihnen Herr Nuntius, und Ihnen, meine Herren, zugleich für ihre Staatsoberhäupter, Regierungen und Völker meine herzlichsten und aufrichtigen Wünsche aus."
Hierauf begrüßte der Reichspräsident die einzelnen Botschafter, Gesandten und Geschäftsträger und wechselte mit ihnen Neujahrswünsche. Bei dem Empfang waren der Reichsminister Dr. Stresemann und die Staatssekretäre Dr. von Schubert und Dr. Meißner zugegen. Im Anschluß hieran wurden der Reichskanzler, die Rcichsminister und die Staatssekretär« empfangen.
Der Reichskanzler hielt folgende Ansprache:
„Zum neuen Jahr entbiet« ich Ihnen, Herr Reichspräsident, im Namen der Reichsminister, die Sie nach dem Rücktritt des Kabinetts mit der vorläufigen Wetterführung der Geschäfte betraut haben, die aufrichtigsten Glückwünsche. Vor Jahresfrist hurst« tch hier den Wunsch ausspr«chen, da» Jahr 1924 möge «in erfolgreiches sein für den Wiederaufstieg unseres Volke» und Aich«». Dieser LZunsch hat sich wenigsten, zu einem Teil« »rfüllt. Unsere Wirtschaft hat, wenn auch unter Ueberwindnna
schwerer Krisen wieder festeren Boden gewonnen, die Arbeitslosigkeit hat abgenommen und die Bevölkerung des besetzten Gebietes, deren Schicksal Sie, Herr Reichspräsident, mit ganz besonderer Anteilnahme verfolgen, hat erfreulicherweise eine Erleichterung ihrer Lage erfahren. Leider scheinen die Erwartungen die wir nach dem Abschluß der Londoner Verhandlungen hegen dursten, zu Beginn des Jahres 1925 zunächst nicht verwirklicht zu werden. Nach den uns vorliegenden Nachrichten müssen wir annehmen, daß die alliierten Mächte den im Versailler Vertrag für die Räumung der ersten Rheinlandzone vorgesehenen Termin, den 19. Januar 1925, nicht einhalten wollen und zwar aus Gründen, die wir nicht anerkennen können. Dieses Unrecht, ist für uns eine unerwartete Enttäuschung und schafft zweifellos «ine ernste Lage. Ich kann nur dringend der Hoffnung Ausdruck geben, daß aus dieser Lag« noch kein Ausweg gefunden wird. Dies kann aber nur auf dem Wege gegen» seitrger Verhandlung und Verständigung geschehen. Im kommenden Jahre muß deshalb dieser Weg der friedlichen Verständigung zwischen den Nationen, der in London mit Erfolg beschrittcn wurde, wieder gefunden werden. Möge aber auch das deutsche Volk, dessen ganze Kraft In den Dienst des Wiederaufbaues gestellt werden muß, sich nicht in unnötigen u. vermeidbaren Partei« kämpfen entzweien. Dann werden die Schotten, die im Augenblick das Jahr 1925 noch zu verdunkeln scheinen, wieder schwinden und wir werden dem Ziele näher kommen, für das Sie, hochverehrter Herr Reichspräsident, stets Ihr bestes Können eingesetzt haben:
Et« einiges und freies deutsches Volk und Reich inmitten eines friedlichen Europas!"
Der Reichspräsident
erwiderte die an ihn glicht eten Glückwünsche mit Worten des Danles und fuhr sott:
„Das abgelaufene Jahr ist, wie ich mit Befriedigung am heutigen Tage feststellen kann, in jeder Beziehung ein Jahr fortschreitender Gesundung und Festigung für unser so schwer geprüftes Vaterland gewesen; unsere Währung, unsere Staatsfinanzen, unsere Wirtschaft fiird von den bösen Erscheinungen und Nachfolgen der Inflation befreit und wieder auf feste und zuverlässige Grundlagen gestellt und das Leben unserer Volksgenossen im besetzten Gebiet ist erleichtert worden. Daß diese Fortschritte erreicht werden konnten, verdankt Deutschland in erster Linie der Tatkraft und dem Veramwortlichkeitsbewutzt- sein, mit dem Sie, Herr Reichskanzler, und Ihre Ministerkollezen ihre Hohe» Aemter verwaltet haben: es ist mir eine lebhafte Genugtuung, dies hier am heutigen Tage im Gefühl herzlicher Dankbarkeit und aufrichtiger Anerkennung aussprechen zu können.
Sie sprachen, HerwReichsanzler, von der ernsten Sorge, mit der das neue Jahr oxginnt, von dem wir den Anfang der Befreiung des Rheinländer erhofften. Alle Deutschen, welcher Patteiiichtung sie auch angehörcn mögen, sinv hier einig in dem Gefühl bitterer Enttäuschung und dem Bewußtsein eines uns angetanen neuen, schwer,ft,cheu Unrechks. Unter einer Begründung, die wir noch nicht kennen und noch nicht nachprüfen können, von deren Haltlosigkeit wir aber alle überzeugt stirb, soll uns, dem einzig wirklich entwaffnet«» Volke in einem sonst noch waffenstarrenden Europa, das versagt werden, was in dem io unendlich harten Friedensverlrag allein zu unseren Gunsten enthalten ist, die Räumung oefttzt-.n deutschen Bodens. Unser aller erster Wunsch am heutigen Neujahrstage ist der, daß der Geist der Gerechtigkeit und der Wille zur Verständigung der Völker obsiegen mögen über die Idee der Macht und Gewalt, und
daß uns und unseren Brüdern am Rhein und Rhur »as werde worauf wir Anspruch haben'
Recht und Freiheit."
Später übermiltelten Reichstagspräsidcnt Mallraf sowie die Vizepräsidenten Dr. Rießer und Dittmann die Wünsche des Reichstags und der Min!*er!alabteilung im preußischen Staats- minislcrium Nobis, ferner der thüringische Minister Münz«! und der bayerische Staatsrat v. Wolsf als Vertreter des Reichsrats die Glückwünsche dieser Körperschaft Generaldirektor Oeser und die Siaatssckrctäre Vogt und Kumbier brachten daran anschließend die Glückwünsche der Hauptverwaltung und des Personals der Reichsbahngesclllchaft zum Ausdruck. Für die Wehrmacht erschienen General Seeckt und Kontreadmiral Kodiert, die dem Reichspräsidenten die Glückwünsche des Heeres und der Marine aussprachen.
Reichspräsident Cbert an den österreichischen Bundespräsidenten.
Berlin, i. Jan Der Reichspräsident hat dem österreichischen Bundespriifidenten folgendes Telegramm zugesandt: Zum Jahreswechsel spreche ich Ihnen und dem stammverwandten österreichischen Volke die herzlichsten Glückwünsche aus und hoffe, daß Oesterreich und Deutschland im kommenden Jahre auf dem schweren Wege zur endgültigen «Liederaufrichtung erfolgreich fortschreiten werden. — Der österr. Bundeskanzler hat gedrahtet: Mit innigsten Wün- schen für das persönliche Wohlergehen Ew. Erz. verbinde ich an der Schwell« des neuen Jahre» den Ausdruck der von ganz Oesterreich geteilten Hoffnung, daß dem dentschen Zukunft beschieden fein
Neueste Nachrichten.
Beim Reujahrsempfang des Reichspräsidenten überbrachte gestern Runtlns Monsignore Pacelli die Glückwünsche des diplomatischen Korps.
In einem Telegramm an den österreichisch«« Bundespräsidenten spricht Ebert dem österreichischen Volke die besten Glückwünsche Deutschlands aus.
I« «ine« in der »Zeit" veröffentlichten Artikel gibt Dr. Streseman« einen Ueberblick übe» die deutsch« Außenpolitik de» vergangenen Jahres.
In einer Sitzung am Mittwoch nachmittag wurde von der Botschafterkonferenz der endgültige Text der Riiumnngs« not« festgesetzt, der jedoch erst nach de, Uebergab« der Rote veröffentlicht wird.
Rach einer Washingtoner Meldung «erde« di« Bereinigten Staaten sich an einer Erörterung der interalliierten Schuldenregelnng ans der Pariser Konserenz nicht beteiligen.
In Florenz ist es. wie eine Meldung au» Rom berichtet, am Neujahrstag zu schweren Faschistenkrawallen gekom
men.
Verständigung über die Entwaffnungsnote.
Die Gründe sü, die Aufschiebung der Räumung.
Paris. 31. Dez. Havag veröffentlicht folgendes Londoner Telegramm: Der diplomatische Meinungsaustausch über die Vorbereitung der Note an Deutschland über die Räumung Kölns hat heute nachmittag, also viel früher als angenommen wurde, zu einer Verständiguna pe'ührt. Die englische Regierung hat den in Paris ausgearbeiteten Entwurf zurückgeschickt. ohne nennenswerte Aenderunaen daran vorzunehmen. Das Ergebnis entspricht allen Er. Wartungen. Die Gründe, die für die Nichträumung Kölns am 10. Januar angeführt werden, find folgende;
1s Erbringung des Nachweises durch die Verbündeten, daß Deutschland seine militärischen Verpflichtungen nicht erfüllt hat.
2s Deutschland ist außerstande, st« zum 10. Januar zu erfüllen.
3. Deutschland hat seine Verpflichtungen bisher in un- genügendenk Maste erfüllt.
4s Die Verbündeten müssen den Schlustbericht der Kontrollkommission abwarten, um festzustellen, was von Deutschland künftig erwartet werden kann. Es unterliegt keinem Zweifel, dast. wenn Deutschland seinen militärischen Verplichtungen nachkommt. es für sich den K 429 in Anspruch nehmen kann
Die Botschafterkonferenz wird also bereits morgen eine Entscheidung über d!« Absendung der Not« an Deutschland fassen können. Alle Presseinformationen die sich auf eine zweite Note beziehen, die nach dem Erhalten des Schlukbe- richtes der Kontrollkommission abgefchickt werden soll, sind als verfrüht zu betrachten, da eine Annahme der eventuellen Note zwischen der englischen und französischen Regierung noch nicht beschlossen ist.
Volke ein« glückliche
möge.
Heute Ueberreichung der Räumungsnote.
Pari», i. Jan. Nach Blättermeldungen wird die Note der Botschafterkonferenz voraussichtlich im Laufe des mor-, gegen Freitag» von den verbündeten Botschaftern in der Wilhelmstrast« überreicht werden. Unmittelbar nach der Aebergabe wird das Dokument veröffentlicht werden müssen. Der Weg zu einem Kompromist bleibt, den Blätter« zufolge, offen. Der .Intranflgeant" macht das bemerkenswerte Eingeständnis, dast di« Drohung Deutschlands, den Eachverständigendericht unter Umständen zum Scheitern zu bringen < ?s ihr« Wirkung auf di« Verbündeten nicht ver- fehlt habe, sGemeint ist wohl der Hinweis, dast die Politik der Entente geeignet sei, den Darvesplan ernstlich zu gefährden. Red.)