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Der Mörder begab sich dann in das Lokal zurück, verschloß die Thüre des Aabinets, in dem sich die Kinder befunden hatten, hinter sich von innen. Während der eine Mordgeselle Eifert verfolgt hatte, war nämlich der andere über die Lehrerin und die beiden Kinder hergefallen. Die Lehrerin bekam einen Hieb in die linke Seite der Wange, daß sie ohnmächtig niederstürzte, dem älteren Knaben wurde durch einen Beilhieb die Schädeldecke eingeschla­gen und dem jüngeren der Schädel buchstäblich zertrümmert. Außerdem drehte der Unhold dem Kinde das Genick um. Die Verletzungen scheinen mit dem rückwärtigen Theil einer Zimmermannshacke oder mit einem Hammer zuqefügt worden zu sein. Nachdem diese fürchterliche Szene vorüber war, die sich ungemein rasch abgespielt hatte, machten sich die beiden Mörder daran die Kasse zu rauben. Sie bemächtigten sich des Portefeuills, rissen aus demselben die großen Noten heraus, die Hunderter und Tausender, und steckten dann die in Päckchen zusammengebundenen Einser-, Fünfer« und Zeh­nernoten zu sich. Die Auslage ließen die Mörder unberührt. Als sie sich des gesammten Geldes bemächtigt hatten, zogen sie die Kafsabücher hervor, rissen aus denselben die Blätter heraus, und versuchten diese anzuzünden, offenbar in der Absicht, das Lokal in Brand zu stecken. Das gelang aber nicht und die beiden ergriffen nach vollbrachter That die Flucht. Eifert, der draußen im Hofe liegen geblieben war, schleppte sich bis zur Thüre des Kabinets, die, wie angegeben, von innen versperrt war. Er schrie, soweit seine Kräfte reichten, und seine 80jähr. Dienerin Anna Grill­mayer , die eben vom Keller heraufgekommen, fand ihren Herrn hilflos da­liegen. Mit Hilfe des gleichfalls hinzugekommenen Geschäftsführers Heinrich Beringer, der bei dem im selben Hause etablirten Fabrikanten Wessely be­dienstet ist, wurde Eifert aufgerichtet. Die Lehrerin Bayer, die mittlerweile aus ihrer Ohnmacht erwacht war, öffnete die von Innen geschloffene Thüre und man leistete den Schwerverwundeten die erste Hilfe. Eifert, dessen Zu­stand ein hoffnungsloser ist und der nach ärztlichem Ausspruche kaum die heutige Nacht überleben dürfte, wurde in das allgemeine Krankenhaus trans- portirt. Als sich die polizeiliche Kommission auf dem Schauplatze der That einfand, hatte Eifert noch so viel Kraft, um eine genaue Darstellung des Falles zu geben. Auch der verwundete Heinrich und die Lehrerin wurden in das Krankenhaus gebracht. Eifert wurde auf die Klinik des Prof. Dittl gebracht, wo ihm das in Folge eines Axthiebes ausgeschlagene Auge heraus­genommen wurde. Es ist so gut wie erwiesen, daß außer den beiden Un­bekannten, die im Innern des Lokals die That verübten, noch ein Dritter Letheiligt war, der an der auf die Straße führenden Thüre Wache hielt. Man kann sich die Szene ausmalen, die sich abspielte, als Frau Eifert nach Hause kam und die fürchterliche Kunde vernahm. Von den beiden Thätern die nach Verübung des Mords die Flucht ergriffen, ist bis zur Stunde noch keine Spur entdeckt. Der Eine ist in der Richtung der Mariahilferlinie entflohen, der Andere hat sich gegen die Barnabitengaffe geflüchtet. Beide sind, trotzdem sie mit den Rufen:Aufhalten! Räuber! Räuber! Mörder!" verfolgt wurden, spurlos verschwunden. Auch dem dritten Mordgesellen, der vor dem Lokale Wache gehalten hat, ist es gelungen, sich zu flüchten. Von Seite der Polizeibehörde wurde im Laufe der Abendstunden Folgendes über die Verbrecher bekannt gemacht:Nach Eiserts Angabe sollen drei Personen an dem Attentate betheiligt gewesen sein, von denen einer bei der Thüre auf der Straße Wache stand." Das Befinden Eiserts hat sich derart ver­schlimmert, daß er kaum die heutige Nacht überleben wird. Das Bewußt­sein des Unglücklichen begann nach 12 Uhr zu schwinden. Ebenso hat der Zustand des Knaben Heinrich eine Wendung genommen, so daß auch er kaum davonkommen dürste: dagegen ist das Befinden der Lehrerin ein verhältniß- mäßig zufriedenstellendes."

Wie telegraphisch gemeldet, wurde der muthmaßliche Führer der Raubbande, Joseph Pongracz, bei seiner Schwester, einer Prostituirten in Mariahilf, verhaftet. Derselbe heißt eigentlich Emil Troitz. Er ist ein sehr gefährliches Individuum, welches im vorigen Jahre bei einem Kaufmanne in der inneren Stadt bedienstet war, bei demselben zweimal Einbruchsdiebstähle versuchte und als er entlasten wurde, seinen Chef zu erstechen drohte, so daß derselbe, da Troitz ihm endlich auflauerte, eine zeitlang nur unter Bedeckung auszog. Man hat bei ihm kein Geld gefunden, was ihn aber sehr verdächtig macht, ist der Umstand, daß er in den letzten Tagen, um ein verändertes Aussehen zu gewinnen, seinen Bart ybschnitt und absolut kein Alibi darüber, wo er Donnerstag Abend in der kritischen Stunde war, anzugeben vermag. Der Verhaftete bewegte sich während des Verhörs in fortwährenden Wider­sprüchen. Fr. Journ.

Vermischtes.

In einem von dem Calwer Missionsblatt veröffentlichten Briefe des Missionars I. Frohnmeyer aus Kalikut in Madras vom 24. September v. I. heißt es über die Dämmerungserscheinungen:Nach Anfang des Mo­nats ging die Sonne jeden Abend als grasgrüne Scheibe am Himmel unter. Welche Sensation das hervorbrachte! Jeden Morgen fragten mich meine Hungen, was das bedeute. Europäer und Gelehrte bemühen sich, der Sache auf den Grund zu kommen. Von 5 Uhr Abends an wird die Sonne bläu­lich, so daß alles Weiße einen bläulichen Schimmer hat; man kann ihr ganz ungenirt ins Angesicht sehen. Dann wird sie grünlich, allmählig grün und geht so unter. Prof. Smith erklärt es durch ungewöhnliche Ansammlung -unverdichteten Wafserdampfes in der Atmosphäre, die Regierungs-Astronomin Frl. Payson leitet es vom Schwefel her, der in Folge der vulkanischen Aus­brüche (in Java) die Luft erfülle. Es scheint, daß selbst die Thiere sich ihre Gedanken über das Phänomen machen, da die ganze Natur unheimlich still wird wie bei einer Sonnenfinsterniß. Das Volk hat Angst und er­wartet schreckliche Ereignisse."

Ein dankbarer Schuldner. Die Reise Eduard Lasker's «ach Amerika galt auch seinem in Galvestone (Texas) als Banquier und

Industrieller in glänzenden Verhältnissen lebenden jüngeren Bruder. Ueber die Art und Weise, wie dieser Bruder Eduard Lasker's den Grundstein zu seinem großen Vermögen legte, wird von Lasker selbst dem B. T. eine recht hübsche Anekdote zur Verfügung gestellt. Der Schwager des Bruders des Verstorbenen hatte, als er vor langen Jahren nach Amerika kam, die flüch­tige Bekanntschaft eines Järlnders gemacht und diesem, als sich derselbe in großer Noth befand, ein Darlehen von etwa 100 Dollars gemacht. Jahre vergingen darüber; der Schwager des jüngeren Lasker hatte jenes Darlehens­geschäft längst vergessen. Da wird er eines Tages in Galveston, wo er mit dem jüngeren Lasker in Compagnie ein bescheidenes Mühlenetablissement be­saß, durch einen Diener nach dem Bahnhof beschieden, wo ihn ein Herr dringend zu sprechen wünsche. Beide Compagnons begaben sich ungesäumt nach dem Ort des Rendezvous. Hier stellte sich dem Schwager Lasker's ein Herr mit der Frage vor, ob er sich seiner nicht mehr entsinne. Die Ant­wort lautete verneinend. Erst als der Fremde den Schwager Lasker's durch Angabe aller Details daran erinnerte, daß er es sei, !welcher einst jenes Darlehen von 100 Dollars empfangen, fand die Erkennungsscene statt. Der Fremde war kein Anderer als der schon seit Jahren zum vielfachen Millio­när gewordene Makay. Lange Zeit hindurch hatte Makay seinen Gläubiger vergebens gesucht und als er ihn endlich ermittelt, war er mit einem Ex­preßtrain unverzüglich nach Galveston geeilt, um seiner Dankbarkeit Genüge zu leisten. Jenes Darlehen von 100 Dollars hatte in dem Geschicke Ma- kay's einen Wendepunkt bezeichnet. Makay schenkte seinem wiedergefundenen Freunde 100,000 Dollars in Baar und eröffnete den beiden Compagnons für ihr Geschäft einen nach Belieben zu verzinsenden, unkündbaren Credit von 500,000 Dollars.

Professor Jäger, der Erfinder des Seelenduftes, reist unermüd­lich umher, um die Leute für das Tragen von wollenen Kleidern, als die allein gesunde, zu gewinnen. Auch in Wien hat er seine Lehre vor­getragen und viele Spötter und Lacher in seine Jüuger umgewandelt. Jä­ger legt auch auf die Farbe der Kleider großen Werth. Schwarz ist nach ihm die schlechteste und ungesundeste Farbe. Er präsentirte sich der Versamm­lung in seiner Normal-Salon-Kleidung: einem schwarzen Staats« oder -Ad­miralsfrack und schwarzen Hosen, beide aus Tricot, Wollschuhen und einer rothen Wollbinde mit Goldfransen um den Hals. Später machte er eine Pause und erklärte in der gesundesten Tracht sich zeigen zu wollen. Er er­schien in rothen kurzen Pumphosen und einemaus altem Rocke hergestellten" Wams mit rothem Gürtel und rother Halsbinde, die malerisch über den Rock flattert.Das ist die Kleidung der Zukunft", sagte er, ich werde nicht ruhen, bis sie allgemein angenommen ist, und müßte ich ganze Turnvereine auf meine Kosten in sich kleiden lassen. (Kein Wunder, wenn man so in der Wolle steckt.)

DieDamen". Wir lesen inSchorer's Familienblatt": Viele unserer liebenswürdigen Damen haben wohl bis zur Stunde wenig darüber nachgedacht, was es eigentlich besagen will, eine Dame zu heißen? Am allerwenigsten werden sie es begreiflich finden wollen, wenn ich ihnen sage, daß es recht unbescheiden von den reizenden Trägerinnen der Bescheidenheit ist, sich Dame zu nennen. Dame war in alten Zeiten der Name der Gott­heit gewesen, stammt von dem römischenvominus" ab, wovon alsdann das altfranzösische Dam, Dame entstanden ist, welches man von Anfang nur dem Herr Gott (Hains ckisu) oder Dam le ckisu beilegte. Später nannte man in Frankreich die Könige ebenfalls Dame, jbis die weiblichen Zierden der französischen Höfe sich in den Namen verliebten und ihn mit der be­kannten bezwingenden Liebenswürdigkeit den Herren abschmeichölten. Von nun an nannten sich alle Hoffräuleins und Frauen Damen, und die Herren hatten das Nachsehen' Es würden gewiß sich alle Frauen zum Kriege bis aufs äußerste rüsten, wenn es sich die Männerwelt beikommen ließe, auf einmal den Titel wieder für sich beanspruchen zu wollen, wozu sie doch ein -verbrieftes Recht hätten.

Hoch hinaus. Haben Sie's gehört, daß sich unser Nachbar Müller gestern aus Aerger über eine verfehlte Spekulation vom dritten Stocke auf die Straße Hinabstürzen wollte und nur mit knapper Noth von seiner Frau am Rockschooße zurückgehalten werden konnte? Das wundert mich gar nicht; der Mann wollte immer hoch hinaus.

Aus dem Gerichtssaal.Also der Angeklagte hat Ihnen, als Sie Posten standen, eine Cigarre angeboten?"Jawohl, Herr Präsident."Sie verweigerten die Annahme?"Zu Befehl, Herr Präsident!"Und was gab er Ihnen zur Antwort?"Sie sind ein Schafskopf, Herr Präsident!"

Handel Le Verkehr.

Preise auf dem Stuttgarter Wocheumarkt vom 12. Januar.

'/, Kilo süße Butter

^ 1 20

' , Kilo saure Butter

1

1

Kilo Rindfchmalz

1 35

1

Kilo Schweineschmalz

80

1

1 Liter Milch

- 16

1

10 frische Eier

- 70

50

10 Kalk-Eier

- 60.

50

'/, Kilo Weißbrod

- 14

50

Kilo Halbwcißbrod

- 13

50

V, Kilo Hausbrod

10

50

1 Paar Wecken wiegen 80 Gr.

50

'/, Kilo Mehl Nr. 0 21 ; Nr.

1 19 ^

50

Kilo Kartoffeln

4 L

1

Kilo Erbsen

- 17

1

Kilo Linsen

- 25

1

'/, Kilo Bohnen

18

Kilo Ochsen fleisch

- 74

'/.

V, Kilo Rindfleisch-

- 60

V, Kilo Schweinefleisch

70

'/, Kilo Kalbfleisch

65

V.

Kilo Schaffleisch <4i -.65

Gans 5. bis.

Ente 2 4»

Huhn 1 30

Taube 55 ^

Kilo Kartoffeln ^ 2.60 bis 3.5» Kilo Welschkorn 9. bis.

Kilo Wicken 11.

Kilo Haber «Ki 6.40 bi- 7.

Kilo Gerste 9. bis.

Kilo Heu 3. 20 bis 3. 40

Kilo Stroh 2.40 bis 2. 60

Raumeter Buchenholz 12

Raumeter Birkenholz 10 50

Raumeter Tannenholz 9 50

Preise in der Markthalle. Kilo Rindfleisch 58

Kilo Schweinefleisch 65

Kilo Kalbfleisch 64

Kilo Hammelfleisch 45