Nro. 5.

58. Jahrgang.

Amts- unä Intekkigenzbkatt für äen Kezirlr.

Erscheint Dienstag, Donnerstag und Samstag.

Die EinrückungSgcbühr beträgt 9 H für die vier- spaltige Zelle «der derm Raum.

Samstag, den 12. Januar L88L.

Äbonnemcntdpreis halbjährlich 1 80 durch

die Post bezogen im Bezirk 2 30 «Z, sonst in ganz

Württemberg' 2 70 L.

Ämtlieke Kekanntmaekungen.

Calw.

Au die Gemeiuderathe.

Aran^enverstrüerung äer Arbeiter.

Das Reichsgesetz, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter vom 15. Juni d. I. Rerchsges.-Bl. S. 73) sowie die hiezu erlassene Württ. Voll, ziehungverfügung vom 1. d. M. (Neg.-Bl. Nr. 30 S. 369) treten vom 1. Dezember 1884 an ihrem vollen Umfange nach in Wirksamkeit und muffen deßhalb längstens auf diesen Termin sämmtliche für die Anwendung des Gesetzes erforderlichen Kassenorganisationen geschaffen sein.

In Gemäßheit des Ministerial-Erlasses vom 4. v. Mts. Minist.-Amtsbl. Nr. 22 S. 329) ergeht nunmehr an die Gemeindebehörden die Aufforderung, sich mit den genannten gesetzlichen Bestimmungen genau bekannt zu machen und die in diesem Ministerial - Erlaß unter Abtheilung I. Ziff. 14 ange­ordneten Erhebungen unter Benützung der bestellten Aufnahme-Formularien Punkt für Punkt in sorgfältigster Weise sofort zu veranstalten und deren Ergebniß längstens bis 31. Januar 1884 hierher anzuzeigen.

Diese Anzeigen haben sodann auch die von den Gemeindebehörden eingeforderten Erklärungen der Arbeitgeber, für deren Betrieb bereits- eine besondere Krankenkasse mit Beitrittszwang besieht, darüber zu enthalten, ob diese Krankenkaffe auch nach dem Beginn der Wirksamkeit des Gesetzes fort- bestehen soll, sowie daß sie darauf aufmerksam gemacht worden sind, daß beim Fortbestehen dieser Kassen das Kassenstatut den Anforderungen des Gesetzes in Bezug auf Betriebs» (Fabrik-) bezw. Baukraukenkassen (§. 6368, 72, 85, 86 des Gesetzes) rechtzeitig anzupaffen ist.

Die Erklärungen derjenigen Arbeitgeber, für deren Betrieb eine be­sondere Krankenkasse nicht besteht, welche aber wenigstens 50 dem Kranken­versicherungs-Zwang unterliegende Personen beschäftigen, ob sie demnächst besondere Betriebs- (Fabrik-) Krankenkassen gemäß §. 59 fg. des Gesetzes er­richten werden, sind gleichfalls sofort einzuholen und hierher mit vorzu­legen.

Insbesondere wird auf die unter Abth. I. Abs. 7 von Ziffer 14 des Ministerial - Erlasses zur Verhütung von Mißverständnissen gegebenen Ausführungen aufmerksam gemacht.

Die in H. 2 des Reichsgesetzcs von Ziff. 16 bezeichnten Arbeiter sind an und für sich nach dein Reichsgesetz nicht der Versicherunpspflicht unterworfen, können aber durch Beschluß des Gemeinderathes mit Zustim­mung des Bürgeransschusses für versicherungspflichtig erklärt werden. Die bürgerlichen Collegien haben deßhalb hinsichtlich dieser Arbeiter zu berathen und zu beschließen, ob sie von der Besugniß zur statutarischen Ausdehnung des Versicherungszwangs auf dieselben oder auf welche einzelne Gewerbs- zweige und Betriebsarten Gebrauch machen wollen ; bejahendenfalls mären

die für die schon reichsgesetzlich versicherungspflichtigen Arbeiter angeordneten Erhebungen auch auf jene Arbeiter in ganz gleicher Weise auszudehnen.

Die diesfallsigen Beschlüsse und das Ergebniß der etwa veranstalteten Erhebungen sind gleichfalls längstens bis 31. Januar 1884 hierher vorzu­legen, nach deren Einlauf sodann von hier aus weitere Verfügungen werden getroffen werden.

Bemerkt wird, daß es den Gemeindebehörden gestattet und zu em­pfehlen ist, sich bei den ihnen durch die Einführung dieses Gesetzes erwach­senden Geschäften, soweit erforderlich, der Unterstützung der Gemeindehilfs- beamten zu bedienen.

Den 9. Januar 1884.

K. Oberamt.

F l a x l a n d.

Tas K. Amtsgericht Calw

an die Standesbeamten des Aezirks.

Stach einem Erlaß der Civilkammer des K. Landgerichts Tübingen ist wiederhol! wahrgenommen worden, daß sich die Standesbeamten zu Auszügen aus den Familien-Registern eines Formulars bedienen, das die Beurkundung enthält:Die Uebereinstimmung dieses Auszugs mit dem Familien-Register und den Standesbüchern beglaubigt rc. rc."

Höherem Auftrag gemäß wird daher Nachstehendes zur Nachachtung bekannt gemacht:

Nach der Bestimmung des H. 13 der Minist.-Verf. vom 2. Juni 1880 (Reg.-Bl. S. 148) vertreten die Auszüge aus dem Fgmilienregister nicht die Stelle von Standesregister-Luszügxn, es sind deßhalb die Standesbeamten nur verpflichtet, die Uebereinstimmung des Auszugs mit dem Familienregister zu prüfen und zu beurkunden, und es kann ihnen nicht zugemuthet werden, auch die Uebereinstimmung mit den Standesregistern zu beglaubigen. In der Regel sind aber auch die Standesbeamten gar nicht in der Lage, die Uebereinstimmung der einzelnen Thatsachen, aus welchen sich die Einträge in den Familienregisteru zusammensetzen, mit den Standesregistern zu prüfen, theils weil dieselben in den Registern anderer Standesbeamten enthalten sind, theils weil sie vor die Zeit fallen, seit der die bürgerlichen Standesregister eingeführt sind.

Die Beglaubigung der Uebereinstimmung mit den Standesregistern kann daher in der Regel gar nicht gegeben werden und ist deßwegen in der Regel nicht der Wahrheit gemäß.

Die Standesbeamten werden daher angewiesen, in den Auszügen aus den Familienregistern in Zukunft nur die Uebereinstimmung derselben mit dem Familien-Register zu beglaubigen.

Calw, den 9. Jan. 1884. Oberamtsrichter

Perrenon.

F e «i l L e t o «.

(Nachdruck verboten.)

Leidenschaftliche Kerzen.

Roman von Karl Zastrow.

(Fortsetzung.)

Sie sah vor sich nieder und zuckte schweigend mit den Schultern, während ein schmerzlich bitteres Lächeln um ihren Mund spielte.

Anna!" fuhr er in leidenschaftlichem Tone fort,warum verschwanden Sie vor drei Jahren auf eine so unbeschreibliche Weise aus Wien, ohne nur eine Zeile des Abschieds mir zu hinterlaffen? Hatte ich das um Sie ver­dient ?"

Wieder bestand ihre Antwort in dem leichten, von einem bitteren Lächeln begleiteten Achselzucken.

Anna! Sie wußten, daß ich Sie liebte!" rief Werner mit unter­drückter Heftigkeit, warum flohen Sie mich?"

Sie sah ihn forschend an nach dieser Frage. Ueber sein Antlitz glitt ein rasches Zucken, und verwirrt senkte er den Blick zu Boden.

Ich dachte mir, daß die arme Harfnerin nie und nimmer Ihr Weib werden könnte," gab sie in langsamem Ton zur Antwort,deshalb zog ich von meinen Wirthsleuten aus und hinterließ bei Ihnen, daß ich allein weiter reisen wollte. Dasselbe mußte auch unser Direktor sagen. Dann hielt ich mich so lange in der Stadt verborgen, bis ich bestimmt erfahren, daß Sie, in der Meinung, ich sei fort, Wien verlassen hatten.

Erft vierzehn Tage später verließ auch ich die Kaiserstadt. In Preß- bürg traf ich mit dem Geiger Brander) und dessen Tochter Lucie zusammen. Ich kannte sie von früher her und Hab mit ihnen bis jetzt zusammengehalten."

Ja, das ist eine schöne Gesellschaft", wandte Edmund unwillig ein; wie konnte eine Künstlerin wie Sie eine Virtuosin auf ihrem Instru­ment, sich so herabwürdigen, die erbärmlichen Jeremiaden dieses Pfuschers zu accompagniren?"

Legen Sie mir's nicht übel aus", bat sie,ich thät's wahrhaftig nicht, wenn ich nicht müßte."

Und warum müssen Sie es? Wer zwingt Sie dazu? Wer gab diesem Vagabonden ein Recht über Sie?"

Das ist mein Geheimniß, Edmund! Wohl das einzige, welches ich vor Ihnen habe," seufzte sie;ich kann, ich darf es Ihnen nicht sagen, wenigstens nicht jetzt, später vielleicht, wenn"

Anna!" unterbrach er sie. wie von einem plötzlichen Gedanken er­griffen ,würden Sie darein willigen, mein Weib zu werden, wenn ich Ihnen sage, daß ich der Welt und meinen Verbindungen zuni Trotz mit Ihnen vor den Altar treten, daß ich, mit einem Worte, Alles thun will, um Sie glücklich zu machen? Sprechen Sie Ja, Anna, und noch heute werfe ich jedes Hinderniß über den Haufen. Ich bin unabhängig und reich genug, uin das zu können, und besitze hinlänglich so viel, um Ihnen ein Loos zu bereiten, welches Ihrer würdig ist."

Nur einen Augenblick war ihr Auge im lebhaften Glanze aufgeleuchtet. Dann aber schüttelte sie wieder traurig das Haupt und sagte:

, Mie Hindernisse sind bereits zu groß, als daß Sie sich über sie hin­wegsetzen ktzmrten, ohne die Folgen schwer auf Ihrem Haupte zu fühlen. Sie ko, Zen Ure Verlobung mit der schönen Banquierstochter nicht rück­gängig machen, ohne dem armen Kinde das Herz zu brechen; denn so viel ich erfahren habe, ist ihre Liebe zu Ihnen ebenso tief, wie aufrichtig!"