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Republik, aber ein häßlicher, der wie eine stehende Propaganda der Verbit­terung, des Neides und der Selbstsucht wirkt. So lange das französ. Volk am Größenwahn leidet, ist leider an keine wirkliche Befestigung befriedigender internationaler europäischer Verhältnisse zu denken. (K. Z.)

TageS - Neuigkeiten.

Calw, 3. Januar. Der seit 22., Novbr. vermißte 64 Jahre alte Kessler Mich. Hölle von Lützenhardt, der schon seit Jahren in Hirsau und Ernstmühl wohnhaft war, wurde gestern am Wehr in Ernstmühl todt aus der Nagold gezogen. Es läßt sich annehmen, daß er in angetrunkenem Zu­stande vom Weg abgekommen und an einer der Straße nahen Stelle hinein- gefallen ist.

Teinach, 2. Janr. Das Badhotel dürfte wohl infolge des Todes des Eigenthümers, Buchhändler Hoffmann in Stuttgart, dem Verkauf aus­gesetzt werden, da, wie man glaubt, keiner der Erben Lust hat, das werth­volle Anwesen zu übernehmen.

Neuenbürg, 1. Jan. Stadtschultheiß W e s s i n g e r ist gestern von seiner Stelle als Stadtvorstand zurückgetreten.

Stuttgart, 2. Jan. Die kgl. Staatsanwaltschaft erläßt unter dem 28. einen Steckbrief gegen die beiden Goldarbeiter Wilhelm und Otto Morlock von Eßlingen, welche wegen Wechselsätschung angeklagt sind und sich der Untersuchung durch Flucht entzogen haben. Beide haben eine große Menge Goldwaaren mitgenommen.

Brackenheim, 2. Jan. Noch unter dem Schrecken des letzten Brands ging einer geachteten hiesigen Familie ein mit dem Poststempel Güglingen versehener, aber von Brackenheim datirter anonymer Drohbrief zu, worin kurzweg verlangt wird, daß 80 -.16 zur Empfangnahme des Brief­schreibers an eine bestimmte Stelle gelegt werden sollen, widrigenfalls Rache in Gestalt von Brandlegung geübt werde. Die Nachtwache wurde verstärkt und unter Aufsicht eines Gemeinderaths gestellt. Aber der Wechselnehmer blieb aus und sein Name ist bis jetzt unbekannt.

Amsterdam, 1. Jan. Ein entsetzliches Verbrechen, wie es in den Annalen der Strafjustiz wohl selten vorkommt, ist in Leyden ans Tages­licht gebracht worden. Vor etwa 14 Tagen wurde eine Frau verhaftet, die in den letzten fünf Jahren 16 Menschen vergiftet hat. Aehnlich wie der 1865 in Paris Hingerichtete Arzt de la Pommerais hatte sie ihre Schlachtopfer in verschiedene Kranken- und Begräbnißkasten, ohne daß diese darum wußten, eingekauft und sich nach dem Tode derselben die verhältniß- mäßig unbedeutenden Summen ausbezahlen lassen. Erst dieser Tage sind wieder zwei Personen an dem ihnen beigebrachten Gifte gestorben. Man fragt nicht mit Unrecht, wie es denn überhaupt möglich gewesen sei, daß sich eine Reihe solcher plötzlicher Todesfälle, die alle unter denselben Symp­tomen erfolgten, der Aufmerksamkeit der Polizei und der Justiz so lange entziehen konnte.

Vermischtes.

Die älteste Räderuhr Nürnbergs hat jüngst der Hof- Uhrmacher Gustav Speckhart unter altem Eisen aufgefunden und dem Ger­manischen Museum geschenkt. Speckhart gibt dem Fränk. Kur. über diese Uhr u. a. folgende Mittheilungen: Die Uhr ist unzweifelhaft eine der ältesten Räderuhren und um 14001420 gebaut, somit die erste und älteste Uhr Nürnbergs. Sie befand sich ursprünglich auf dem Glockenthurm der St. Sebalduskirche zu Nürnberg und gab dem Wächter die verflossenen Stunden an, damit derselbe diese den Bewohnern Nürnbergs durch wuchtige mittels eines großen Hammers auf die Thurmglocke geführte Schläge ver­künden konnte. Der Hammer wog 120 Pfund und wurde zu gleicher Zeit mit der großen SchlagglockeBenedicta" im Jahre 1392 auf dem Thurme angebracht. Das Zifferblatt zeigte die Einteilung in zwölf Stunden, allein am Rande befanden sich 16 Nägel mit runden Köpfen, deren oberster an der Stelle, wo sich sonst die Zahl 12 befindet, mit einem Stachel versehen ist.

Er hatte diese Worte halb flüsternd, fast absichtlos gesprochen, sich aber schnell unterbrochen, als er gewahrte, wie die Freunde ihn mit hohem Erstaunen ansahen.Wen meinst Du eigentlich?" fragten Beide wie aus einem Munde. Doch in demselben Augenblick nahmen sie wahr, wie sein Auge blitzähnlich aufleuchtete und ein fliegendes Roth in seine Wangen schoß. Als sie der Richtung seines Blickes folgten, sahen sie die Harfnerin die zum erstenmale an dem heutigen Abend das Haupt emporgeworfen hatte und starren Auges nach dem Tische hinübersah, an welchem die drei Musik­liebhaber saßen. Es war nur ein kurzer Moment gewesen, allein er mußte hinreichen, um jedem schärferen Beobachter den Beweis zu liefern, daß in diesem tiefdunklen Augenpaar eine Welt von Räthseln lag, eine inhaltreiche Lebens­geschichte geschrieben stand; aber ebenso mußte Jeder, auf den diese Circe den Blick richtete, sich eingestehen, daß diese unvergleichlichen Augen ihrem ganzen Wesen die Weihe der Schönheit verliehen, daß sie zu gleicher Zeit fesselten, bezauberten, entzückten und vernichteten.

Der leicht erregbare Randow mochte etwas dem Aehnliches fühlen. Er rief, indem er voller Extase mit der Rechten auf den Tisch schlug:

Bei Allem, was mir heilig! Das ist ein Juwel, welches seinen Glanz dem Auge der Welt zu entziehen strebt! Laßt in diese starren Züge den Hauch eines glücklichen Gedankens treten, laßt die rabenschwarzen Locken frei und fessellos um die Alabasterstirn spielen, statt dieses altfränkischen Ge­wandes ein anschließendes Kleid sich um den schlanken Wuchs schmiegen und Ihr habt die Göttin der Schönheit leibhaftig vor Euch!"

Thörichter Schwärmer!" rief der junge Tadler mit einem bitteren Lächeln.So eine böhmische Harfnerin ohne Feinheit und Grazie ein Ju­wel ? Doch ich vergaß, Du hast dabei an die böhmischen Edelsteine gedacht!

Die 16 Nägel bedeuten 16 Stunden, da der längste Tag wie auch die längste Nacht 16 Stunden haben, und waren zu dem Zwecke angebracht, es dem Wächter auch in der Nacht ohne Licht zu ermöglichen, den Bewohnern der Stadt die verflossenen Stunden zu melden. Der Wächter suchte zunächst den Nagel mit dem Stachel, tastete dann zählend nach rechts, bis er zu dem Nagelknopfe kam, über dem sich zur Zeit die Spitze des Zeigers befand, und war nun im Stande, die richtige Stunde zu schlagen. Trotz ihres hohen Alters war die Uhr doch wieder in Gang zu bringen und schreitet nun, nachdem sie von mehrhundertjährigem Roste und Schmutz befreit ist, wieder rüstig vorwärts.

Ueber die große, nunmehr erloschene Trichinenepidemie in Emmersleben (bei Halberstadt, Prov. Sachsen) berichtet der dortige praktische Arzt Th. Stammer in der Zeitschrift für Mikroskopie und Fleischschau wie folgt:Die Gesammtzahl der an der Trichinose Erkrankten beträgt 257, davon sind bis jetzt 50, also ca. 20 Proz., gestorben. Der älteste der Gestorbenen war 76 Jahre, der jüngste war 12 Jahre alt. Kin­der erkrankten ziemlich viel, das jüngste war 1^/, Jahr alt, kamen aber bis auf einen Knaben glücklich durch. Die Personen, welche das gehackte Fleisch gebraten, gekocht oder als Leber- oder Rothwurst gegessen litten 814 Tage, ja einige 3 Wochen an Steifigkeit in den Gliedern, auch wohl an etwas Durchfall und an Anschwellung unter den Augen, wurden aber nicht bett­lägerig. Alle gegen Trichinen angewandten Mittel haben nichts genüzt. Die Kranken die trichinöses Fleisch genossen, und zwar Pfd. und darüber, sind mit geringen Ausnahmen alle gestorben."

Planetenerscheinungen im Januar 1884. Am Abend­himmel ist Venus als Abendstern, immer noch tief am Horizont, etwa eine Stunde lang nach Sonnenuntergang sichtbar. Abends 8 Uhr, später schon vor 7 Uhr, steht Saturn hoch am Himmel bei Aldebaran, Jupiter und Mars nahe dem Horizont zwischen den Zwillingen und dem großen Bären. Der Komet von 1812, bis jetzt eine rundliche neblige Masse ohne bemerkens- werthen Schweif, ist am Abendhimmel zwischen dem Sternbild des Schwanen und des Pegasus aufzusuchen. Er ist mit dem bloßen Auge sichtbar.

Ein Jagdherr aus der Umgebung Wiens las vor einigen Tagen die Meldung seines Jägers vor, welche folgendermaßen lautete:Jagd im Revier L. Geschossen wurden 212 Hasen, 17 Hühner; angeschossen der Pfarrer, zwei Bauern und 1 Hund." So erzählt man sich in Wien.

Mittel gegen Traurigkeit. Tourist:Guten Morgen, liebes Kind! Du bist ja so lustig, gewiß hat Dich Dein Schatz heute schon geküßt?" Milchmädchen:Macht denn das Küssen lustig?" Tourist: Ei gewiß, liebes Kind, das Küssen von einem jungen Mann macht lustig!" Milchmädchen:Ach, mein guter Herr, dann küssen Sie doch meinen Esel, der ist immer so traurig!"

Handel Sr Verkehr.

Biberach, 2. Jan. Viehmarkt. Zufuhr 228 Stck. Handel flau, schwere trächtige Kühe und Kalbeln gesucht, ebenso Jungvieh: Tendenz fest. Für Gangochsen zahlte man bis zu 420 für trächtige Kühe und Kalbeln 230 bis 340 >?/L, für Jungvieh 90 bis 130 pro Stück. Schweinemarkt. Zufuhr 220 Stück Milch- und 27 Läuferschweine. Preise für Milchschweine pro Stück 1316 für Läuferschweine 2434 --16 Handel flau.

Kgl. Standesamt Calw.

Vom 20. bis 30. Dcz. 1883.

Geborene.

26. Dez. Carl, Sohn des Carl Serva, Schrcinermeisters.

28. , Rosa, Tochter des Clemens Rüvinger, Forstwächters.

Gestorbene.

20. , Emma Caroline Beißer, 2 Monate alt, Tochter des Carl Fr. Beißer, Tuch-

scheercrs.

27. » Georg Christian Waidelich, Fuhrmann, 56 Jahre alt.

30. , Carl Wilhelm Heiler, Kaufmann, 58 Jahre alt.

Du sagst ferner, sie entziehe ihren Glanz dem Auge der Welt? Doch wohl nicht dadurch, daß sie sich als musicirende Vagabundin an öffentlichen Orten den Blicken Aller Preis gibt? Und was findest Du denn an ihr Schönes? Welcher Geschmack, sich für den slavischen Gesichtstypus zu begeistern!"

Er lachte bitter und grell auf nach diesen Worten und stürzte hastig sein Glas hinunter.

Randow schüttelte in leichter Erregung den Kopf.Wie kann man, ich bitte Dich, Werner, so blind sein, diesen echt romanischen Gesichtsschnitt auf slavischen Ursprung zurückzuführen? Aber, Du hast einmal ein Vorurtheil!"

Streitet Euch nicht um des Kaisers Bart!" suchte der Dritte zu ver­mitteln;es ist wirklich des Redens nicht werth!"

Werner stand, ohne ein Wort weiter zu verlieren, in der übelsten Laune auf, langte Hut und Ueberzieher von dem Wandriegel und schickte sich an, das Lokal zu verlassen.

Schon jetzt willst Du fort, Werner?"

Ja, Berthold!" klang es kurz, fast mürrisch vMhen Lippen des jungen Mannes, ich habe noch heute eine Arbeit zu erMiDt^. die.k-.iM' Aufschub zuläßt!" x ' ^

Er schritt nach kurzem Gruße hinaus, ohne den Freunden, welche ihm kopfschüttelnd nachschauten, die Hand zu reichen. Gedankenvoll,, Hut tief in die Augen gedrückt, schritt er durch die noch ziemlich beliebt»,, Straßen. Es war bitter kalt. Der Wind pfiff ihm schneidend um die tzhxen, aber er achtete dessen nicht. Vor einem neuen dreistöckigen Hause- v) eleganter Bauart blieb er stehen. Die Fenster im ersten Stock waren; glänzend er­leuchtet, und hinter den weißen Vorhängen bewegten sich dunkl« Schatten.

Fortsetzung folgt.