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mit einer Anweisung versehen. Mit Bezugnahme auf die gesammten Im- Portmuster der Sendung werden Anweisungen für den Einfuhrhandel mit China gegeben, die für den gesammten deutschen Handelsstand von großer Bedeutung sind.
Frankreich.
— Ein Artikel der „ France" vom Deputirten Grauet verdient Beachtung. In demselben heißt es: „Wir werden nicht mit der Unterstützung der Westmächte nach China gehen. Wir gehen dorthin, begleitet von der Eifersucht der einen, der Böswilligkeit der andern, oder, was noch ernster ist, von der Befriedigung einiger, die sich im Voraus darüber freuen, daß wir am Ende der Welt den ernstesten Schwierigkeiten preisgegeben sind. Dahin hat uns die Unklugheit und der Dünkel unserer Minister geführt. Ein furchtbarer Krieg an dem Vorabende der Stürme, die sich vorbereiten; ein Krieg, der unsere Nationalarmee bedroht, die unverletzt zu bewahren, das Heil des Landes erheischt. Bei diesem Gedanken muß die Trauer den Unwillen in allen patriotischen Herzen verscheuchen. Glücklich die, welche mit leichtem Herzen so schwere Verantwortlichkeit tragen." — Aus der Sprache der royalistischen Presse erhellt, daß diese Partei froh ist, daß Ferry die Republik in so ernste Schwierigkeiten hineingestürzt hat. Sie hofft, er werde eine solche Lage erzeugen, daß Frankreich es für „opportun" halten werde, sich nach besseren Führern umzusehen.
— Der Krieg mit China scheint unvermeidlich. Im Marineministerium wie im Auswärtigen Amt herrscht eine fieberhafte Tätigkeit. Bei der Forderung des neuen Credits von 20 Millionen für die Tonking-Expedition pro I. Semester 1884 erklärt das Cabinet in den Motiven, bedeutende Verstärkungen nach Tonkin entsenden zu wollen. Drei Bataillone werden am 23. ds. Mts. nach Ostasien abgehen. Zum Oberbefehlshaber der Landtruppen ist General Millot ernannt. Ihm zur Seite stehen zwei Brigadegenerale. Admiral Courbet tritt in sein Verhältniß als Kommandant des Geschwaders zurück.
Italien.
Rom, 17. Dez. Die Abfahrt des Extrazuges, der den deutschen Kronprinzen hieher bringen sollte, erfolgte um 12 Uhr 20 Min. von Civita- Vecchia aus, wo eine Ehrenkompagnie mit Musik aufgestellt war; um 12 Uhr 30 Min. traf der Zug hier ein. Der Kronprinz trug die preußische große Generalsuniform und umarmte den ihm beim Verlassen des Wagens entgegeneilenden König von Italien, der in italienischer Generalsuniform erschienen war, herzlich. Unter militärischer Prachtentfaltung fuhren der König und sein hoher Gast nach dem Quirinal.
Tages - Neuigkeiten.
Stuttgart. Die hier wohnenden vormaligen Angehörigen der König!. Württemb. Artillerie veranstalten am 20. Januar 1884 eine gesellige Zusammenkunft mit Familie im Concertsaal der Liederhalle. Um nun auch den auswärtigen Korpskameraden Gelegenheit zu geben, sich an dieser Feier betheiligen zu können, wird Herr Controleur Krautter, (früherer Oberfeuerwerker), Hegelstraße 1, auf schriftliche Anmeldung bei Angabe der Zahl der Theilnahmer für reservirte Plätze besorgt sein.
Stuttgart, 17. Dez. In Anwesenheit I. kaiserl. Hoh. der Frau Herzogin Vera von Württemberg feierte am gestrigen Sonntag die hiesige Krippe wieder ihr Jahres- und Weihnachtsfest mit gemeinsamem Gesang, einer Ansprache über Ps. 115, 11—15 und mit Bescheerung von Kleidungsstücken, Eßwaaren und Spielzeug an ihre 69 Pfleglinge. Obgleich es erst der dritte Advent war, fand die Feier dennoch unter lebhafter Theilnahme von Gönnerinnen und Freundinnen der Anstalt aus allen Ständen statt und das stets rüstige Frauenkomite schöpfte daraus neuen Muth, seine Aibeit mit dem gewohnten stillen Eifer auch im neuen Vereinsjahre fortzusetzcn. Waren auch die herkömmlichen Geldspenden bei der frühen Zeit noch nicht so reichlich wie sonst zusammengeflossen, so gab man sich doch allgemein getrost der Hoffnung hin, daß die kommenden Tage den Mangel ersetzen werden. Möchten nur auch die ärmeren Familien die Anstalt immer reichlicher benützen und ihre kleinen Kinder, durch welche die Mütter so oft an brod- gebender Arbeit gehindert werden, den Tag über in die dortige Pflege geben!
Roth am See, 17. Dez. Am Samstag kam ein Stromer von
Lauf, Bezirksamts Hersbruck (Bayern), in das hiesige Pfarrhaus und fand das Studierzimmer unverschlossen, desgleichen den darin befindlichen Schreibpult. Der Pfarrer war im Augenblick abwesend. Der Stromer entnahm der Schublade 60 in Gold und suchte das Weite, wurde aber in der Nähe von Lenkerstetten eingeholt und dem Amtsgericht Langenburg eingeliefert.
— Am 12. ds. entlud sich bei einem heftigen Schneesturm über die Stadt Baden-Baden ein Gewitter; ein seltenes Naturereigniß.
Vermischtes.
— Norman Lockyer tritt dafür ein, daß die neuliche Abend- und Morgendämmerungshelle in Folge der Brechungen der Sonnenstrahlen durch den vulkanischen Staub beim Ausbruch in der Sundastraße entstanden sei, den größten vulkanischen Ausbruch, den vielleicht die Welt in geschichtlichen Zeiten erlebt hat. Im Verlauf desselben verschwand eine ungefähr 2500 m hohe Insel vollständig, und die gewöhnlichen vulkanischen Ereignisse, sowohl fester als dampfförmiger Art, flogen in eine Höhe, die Niemand wird ermessen können, denn viele Meilen rund um den Schauplatz des Ausbruchs herum war der Tag schwarz wie die Nacht.
Amerikanisches. In Newyork verbreitete sich jüngst die Kunde, daß ein junges Mädchen am Tage nach ihrer Hochzeit ihr Klavier verkauft habe, um für das Geld eine Nähmaschine und Stoff zum Hemdennähen für sich und ihren Mann anzuschaffm. Wenige Wochen später waren auch ihre vier Schwestern theils verlobt, theils schon verheirathet. — In Arkansas hatte ein Krämer einem biedern irischen Farmer eine Gallone Theer statt Syrup verkauft und entdeckte diesen „Mistake" erst nach längerer Zeit. Ganz bestürzt schrieb er an den Farmer und bat ihn wegen des Jrrthums um Entschuldigung. Der Farmer schrieb jedoch zurück, daß der Syrup bereits verzehrt sei; es habe Niemand etwas gemerkt, nur seine Frau habe einmal gemeint, der Syrup habe doch einen eigenthüinlichen Geschmack.
Heidelbeerwein.
Einein meiner Kinder, welches längere Zeit an Darmkatarrh, mit starker Diarrhoe verbunden, gelitten, wurde von meinem Hausarzte getrocknete Heidelbeeren in Wein aufgekocht, verordnet, und hat sich durch dieses Mittel das Leiden auch alsbald gehoben. Durch diesen Erfolg kam ich auf den Gedanken, aus frischen Heidelbeeren einen Wein zu bereiten. Das kleine Quantum, welches ich in den letzten zwei Jahren herstellte, wurde von mehreren Aerzten gegen Magen- und Darmkatarrh — auch solche, welche mit Leibschmerzen verbunden waren, — selbst bei Säuglingen mit großem Erfolg angewandt. Dadurch und durch gesteigerte Nachfrage veranlaßt, habe ich in diesem Jahre ein großes Quantum bereitet. Der Wein ist nur aus Schwarzwülder Heidelbeeren und frei von jeder schädlichen Beimischung, die Heilkraft desselben ist durch die Manipulation der Zubereitung vollständig erschlossen. Der Wein ist nur dann ächt, wenn die Flasche mit meinem Siegel versehen ist. Die kleine Flasche wird mit 1 „1L 50 L berechnet. Niederlagen werden in allen Städten zu errichten gesucht. Bei Bedarf wende man sich an 3l. <2. Bad Teinach im württembergischen Schwarzwald.
Calw.
AanälvirtUekaMeüee ^ezir^8veeein.
Am Freitag, den 21. Dezbr., (Thomasfeiertag) Nachm. 2 Uhr, wird Herr Oekonomierath Schoffer von Kirchberg, Delegirter des X. Gauverbands zum deutschen Landwirthschaftsrath, im I. Dreiß'schen Saale über die Verhandlungen des deutschen Landwirthschaftsraths und seine eigene Thätigkeit dabei, insbesondere über die Frage von der Zwangshagelversicherung, Bericht erstatten. Hiezu werden nicht nur die Mitglieder des landw. Bezirksvereins, sondern auch alle Diejenigen, welche ein Interesse für die Sache haben, hiemit freundlichst eingeladen.
Calw. 16. Dez. 1883.
Der Vereinsvorstand:
F l a x l a n d.
E. Horlacher, Secr.
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„Hörtest Du nichts?" frug am anderen Abend Margarethe ihre vertraute Dienerin, als sie unter dem Fenster wieder das wohlbekannte Lied zu vernehmen glaubte. Die Dienerin lauschte, und obwohl Lord Drummond dem König die Fortsetzung der geheimen Zusammenkünfte wiserrathen hatte, so ließ sich doch jetzt die altschottische Weise, durch welche Jakob sein Kommen anzukündigen pflegte, deutlich vernehmen. Die Dienerin huschte hinaus, schlich die geheime Treppe hinab und öffnete die kleine Thür. Mit der einem Könige gebührenden Ehrerbietung verneigte sie sich vor dem Eintretenden, welcher die Maske vor dem Gesicht und einen rothen Scharlachmantel trug und ihr schweigend die Windungen der geheimen Treppe hinauffolgte. Während sie oben unter abermaliger Verneigung eine Thür öffnete, durchs welche Margarethe sichtbar wurde, die Tapete ihres im Kerzenlicht schimmernden Boudoirs emporhebend, ward sie von einem Dolchstoß getroffen, unter dem sie lautlos zu Boden sank. Im nächsten Augenblick fühlte sich Margarethe von den kräftigen Fäusten des Mörders gepackt und ein über ihren Kopf fest zusammengezogenes Tuch benahm ihr Luft und Athem. Der verkleidete Eindringling war Niemand anders als Sir David Zuill. Er hatte mittelst Bestechung von einem der Drummond'schen Dienstleute ausgekundschaftet, daß die Fenster, nach denen gestern Abend der vermeintliche Lord Lindesay sein Lied emporgesandt, zu den Gemächern Margarethens gehörten, und hierauf seinen Entführungsplan gegründet. Für den sehr möglichen Fall, daß das Lied seine Wirkung versagt hätte, warteten zwei handfeste Matrosen von den englischen Schiffen unten auf der Straße, mit Hacken und Strick
leitern versehen, um sich Eingang durch das Fenster zu verschaffen, was jedoch nun nicht nöthig war. Der Räuber trug die ohnmächtige Margarethe die geheime Treppe hinab und übergab sie unten den beiden Matrosen, denen er eiligen Schrittes durch die Straßen folgte.
Für die damalige Zeit war dieses Unternehmen kaum tollkühn; selbst wenn Margarethe ihrer Sinne mächtig gewesen wäre und um Hilfe gerufen hätte, würde dies weder Neugier, noch Theilnahme erweckt haben, denn bei der allgemeinen Unsicherheit war Schwertergeklirr und Geschrei nichts seltenes auf den Straßen, die zudem damals noch nicht erleuchtet waren. Die Räuber erreichten unangefochten den Strand, wo in der Nähe von Home's Fischerboot eine Jolle mit wohlbewaffneter Bootsmannschaft unter Anführung Sir William Hongthon's wartete. Der englische Kapitän wollte seiner Gefangenen, die inzwischen zu sich gekoinmen war und in stummem Jammer um sich blickte, Trost zusprechen, aber der Anblick ihrer Schönheit benahm ihm die Sprache und er verwünschte im Stillen den unseligen Auftrag seines Königs.
„Hier, Kapitän, nehmt Euern Scharlachmantel zurück, der mir so treffliche Dienste geleistet hat," rief Sir David, sich seiner äußeren Verkleidung entledigend.
„Behaltet ihn," antwortete der Kapitän in verächtlichem Tone, „ich möchte mir leicht die Pest von einem Kleidungsstücke holen, das den Leib eines Schurken berührt hat, wie Ihr seid!"
Fortsetzung folgt.