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Politische Nachrichten.

Deutsches Reich.

Die Verhältnisse zwischen Deutschland und Rußland werden jetzt im BrüsselerNord", dessen Verhältniß zur russischen Regierung bekannt ist, einer Besprechung unterzogen, die als Ergänzung der Äeuße- r ungen des Kaisers zu dem preußischen Landesprä­sidium betrachtet wird. Das Blatt bestätigt, daß die Reise des Herrn v. Giers und der Empfang, der ihm in Berlin und Friedrichsruh zu Theil geworden ist, einen vollständigen Umschwung in den Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland hervorgerufen hat. Jedenfalls hat die Zuvorkommenheit der russischen Regierung in der bulgarischen Frage nicht das Wenigste dazu beigetragen, und Deutschland und Oesterreich hätten mit Absicht jene große Zurückhaltung beobachtet, um nicht die guten und herz­lichen Beziehungen zu stören, welche die drei Mächte von jeher verbunden haben.

Einer amtlichen Meldung zufolge ist die deutsche Glattdeckskorvette Olga" mit dem Prinzen Heinrich v. Preußen an Bord in San Jago auf Cuba angekommen und soll am 22. Dezbr. in Havanna eintreffen.

Italien.

Ans Rom wird gemeldet, daß ein Besuch des Königs Alfons von Spanien dem italienischen Hofe bereits in bestimmter Weise notificirt worden sei und im nächsten Jahre anläßlich der Ausstel­lung in Turin erfolgen soll.

Spanien.

Wie verlautet, würde der deutsche Kronprinz bei seiner Reise nach Andalusien auch den Herzog von Montpentier in San Lucas bei Cadix besuchen.

China.

Nach einer Meldung aus Tientsin verweigert die chine­sische Regierung ihre Ansprüche in Betreff Tonkins zurückzuziehen oder abzuändern.

Nach einer Meldung desNew-Uork-Herald" aus Honkong ist Ge­neral Sang in Kanton eingetroffen und hat an die Angehörigen fremder Staaten ein Manifest erlassen, in welchem es heißt, falls in einem Kriege mit Frankreich fremde Schiffe und Maaren durch Feindseligkeiten Schaden erleiden sollten, hätten sich die Eigenthümer mit ihren Entschädig­ungsansprüchen an Frankreich zu wenden. Der General sei bereit, Kanton zu Wasser und zu Lande zu vertheidigen.

Tages - Neuigkeiten.

Stuttgart, 7. Dez. Der hiesigen Handels- uud Gewerbekammer lagen in ihrer gestrigen Sitzung mehrere Gegenstände von allgemeinem In­teresse vor. Wir erwähnen zunächst 1) die neueren Erschwerungen in der italienischen Zollbehandlung. Seit Abschluß des italienischen Handelsvertrags hat namentlich unsere Blechwaaren- und Korsett-Industrie, anstatt daß ihre Erwartung auf eine Ermäßigung des itailienischen Eingangs­zolls sich erfüllt hätte, eine bedeutende Erhöhung zu beklagen. Dieselbe be­ruht zum Theil auf dem italienischen Gesetz vom 6. Juni d. I., zum Theil aber auch auf einer willkürlichen Auslegung von Nnterbeamten, deren Eifer durch die Gewährung von Prämien auf Auffindung von Zollvifferenzen an­gespornt worden ist. Die Kammer beschließt, das Reichskanzleramt um Ab­hilfe auf diplomatischem Wege anzugehen. 2) Bezüglich des Offiziers- (Konsum-) Vereins erklärt die Kammer dessen Gründung und auf Beschaffung aller Lebensbedürfnisse der Mitglieder und ihrer Familien pro- jektirte Ausdehnung als eine Schädigung für Handel und Industrie, ins­besondere für unser Kleingewerbe, und beschließt, dies der Vorgesetzten Be­hörde mit der Bitte vorzustellen, daß die Hereinziehung der Offiziere unseres

Armeekorps nicht begünstigt und falls je dieselbe nicht ferngehalten werden könne, die Deckung der Bedürfnisse der Angehörigen des Württ. Arme^-rps im Mutterlande, ^sowie die Heranziehung des Vereins zur ordentlichen Ge­werbesteuer gesichert werden möge. Anderweitige direkte Vorstellungen er­scheinen durch den der Kammer gesetzlich vorgezeichneten Jnstanzengang aus­geschlossen. Uebrigens wird eine Eingabe an den Reichstag vor dessen Zu­sammentritt im Februar k. I. noch in Erwägung gezogen werden. 3) Hö­heren Orts ist eine hauptsächlich gegen den französischen Import gerichtete Erhöhung des Zolls für Farbholzextrakte, Branntwein, Champagner und Chocolade in Anregung gebracht. Da von einem größeren Theil der betheiligten Industriellen eine Aeußernng noch nicht eingeholt werden konnte, so wird der Antrag erst in nächster Sitzung weiter berathen.

Stuttgart, 8. Dez. Der frühere Postmeister Kettnacker in Bopfingen, der wegen verschiedener Verbrechen im Amte und im Privatver­kehr steckbrieflich verfolgt wurde, floh nach Amerika. Nachdem er fämmtliche Mittel ausgebraucht, hat er sich, wie es scheint, den Behörden gestellt, wurde eingeschifft und befindet sich seit etwa 34 Tagen bereits auf dem Wasser.

Ulm, 7. Dez. Am 4. er. wurde am Ehinger Thor eine Frau todt aufgefunden und wurde als Todesursache ein Butsturz angenommen. Die ärztliche Untersuchung ergab 13 Messerstiche an verschiedenen Stellen des Körpers, an Hals, Brust und Armen. Anfänglich wurde keiner der Stiche sür tödtlich gehalten. Nach der gerichtlichen Obduktion soll jedoch einer der Stiche die Lunge durchbohrt haben und damit die unmittelbare Ursache des Todes gewesen sein. Die betr. Frau war um 1 Uhr mit einem Körbchen am Arm in die Anlagen gegangen und wurde nach etwa 2 Stunden aus, dem Munde blutend und um Hülfe rufend auf dem Rückwege nach der Stadt gesehen. Näheres über diese geheimnißvolle Geschichte ist bis jetzt nicht bekannt geworden.

Frankfurt. Eine schwarze That. Ein junger, hübscher Schorn­steinfeger hatte in einem Hause auf der Zeil seinem Geschäfte obzuliegen, wobei es geschah, daß die hübsche Kammerjungfer von dem herabfallenden Ruß beschmutzt wurde. Der galante Schornsteinfeger erbot sich, den Ruß vom Kopse der Zofe abzublasen und ersuchte sie, damit ihr der Staub nicht in die Augen komme, diese zu schließen. Dies geschah und die Prozedur der Abblasung begann. So dicht vor dem reizenden Gesicht des Mädchens ver­mochte aber der junge Mann seinem Drange nicht zu widerstehen, rasch drückte er einen herzhaften Kuß auf die schwellenden Lippen und machte sich aus dem Staube. Da gabs natürlich große Entrüstung, ebenso große Heiter­keit aber auf Seite der hinzukommenden übrigen Dienstboten, denn am Munde der Kammerjungfer waren die Spuren der schwarzen That deutlich sichtbar. Die Folge der letzteren ist eine von der Geküßten angestellte Be­leidigungsklage, die demnächst das Schöffengericht beschäftigen wird.

Unfall auf dem Rhein. Aus Köln, 8. Dez.,' wird d. F. I. be­richtet: Gestern Abend trieb ein mit Holz beladenes schweres Eisenschiff mit großer Vehemenz gegen die Schiffbrücke und riß 7 Joche derselben mit sich fort stromabwärts. Die Personen, welche sich aus den Jochen befanden, schrieen laut um Hilfe, worauf sich zwei Rheindampfer in Bewegung fetzten, denen es denn auch gelang, die Menschen in Sicherheit zu bringen und die treibenden Joche anzuhalten. Das Schiff, welches das Unheil anrichtete, ist unverletzt geblieben; dasselbe trieb noch bis kurz vor die Eisenbahnbrücke, woselbst es die Anker auswerfen konnte. Der Verkehr mit Deutz über die Schiffbrücke ist feit gestern Abend in Folge des Unglücksfalles unterbrochen.

Calw.

Aanätvirt^ckaMcker Kezir^soerein.

Ter Schwäbische Bauernsreund", Kalender mit Schreibebuch von Fr. Möhrlin, ist angekommen und kann für 25 H von den Bestellern abgeholt werden bei

E. Horlacher, Secr.

Amtkickte Kekanntmaekmngen.

C a lw.

Fortsetzung der Leineweber Nagel' schen

Waaren-Auktion

und kommt mit Bezugnahme auf die vorige Nummer dss. Bl. vor:

am nächsten Donnerstag, Vor- «nd Nachmittag,

wollene und halbwoll. Kleider-, Jacken- und Unterrockstoffen, Kleider- und Möbelzitz, Sophazeug, baumwoll. Biber, Hals- und Taschentücher, Hosen-

und Turnzeug,

am nächsten Freitag, Vor- und Nachmittag,

Futterbarchent, Tricot, Canevaß und Sarsenet, weißes und rohes Stuhltuch, gebleichtes und ungebleichtes Baumwolltuch, Tischzeug, Leinwand, Shilling

und Strohsackzeug.

Hierzu werden die Liebhaber eingeladen.

Den 10. Dezember 1883. Theilnrrgsbehörde.

Concnrsverfahre«.

In dem Concursverfahren über das Vermögen des j- Schuhmachers Carl Wilhelm Stotz hier, ist zur Abnahme der Schlußrechnung des Ver­walters, zur Erhebung von Einwend.

ungen gegen das Schlußverzeichniß der bei der Vertheilung zu berücksichtigen­den Forderungen und zur Beschluß­fassung der Gläubiger über die nicht verwerthbaren Vermögensstücke der Schlußtermin auf Freitag, den 28. Dezbr. 1883, Nachmittags 3 Uhr,

vor dem Königlichen Amtsgerichte hier, bestimmt. Z. B.

Calw, den 6. Dezbr. 1883.

W i dma nn,

Gerichtsschreiber des K. Amtsgerichts.

Revier Hirsau.

Bremihoh-Verkiirrfe.

>1) Freitag, den 14. Dezbr. ds. I., Vorm.

10 Uhr, im Hirsch in Alt­burg aus Alt­burgergrund Abth. 6, Wandelburg :

173 Rm. Nadelholz-Scheiter, 235 Rm. dto. Prügel und Anbruch, sowie Nadelreis in Flächenloofen, tax. zu 1775 Stück;

2) Samstag, den 15. Dez. d. I.,

Vorm. 10 Uhr,

im Löwen in Oberreichenbach, aus Lützrnhardt, Abth. 32, Miß:

270 Rm. Nadelholz-Scheiter, 328 Rm. dto. Prügel und Anbruch, sowie Nadelreis in Flächenloosen, tax. zu 2300 Stück;

3) Montag, den 17. Dez., d. I., Vorm. 10 Uhr,

im Löwen in Hirsau, aus Lützenhardt» Abth. 4, Kohlmittel und Abth. 24» Bauernsteigle:

70 Rm. buch., 4 Rm. birk. Prügel, 248 Rm. Nadelholz-Scheiter, 566 Rm. dto. Prügel und An­bruch, 670 Stück buch. Wellen gebunden, sowie Nadelreis in Flächenloosen, tax, zu 675 St.

Calw. ^

Bekanntmachung.

Mittwoch, den 12. d. Mts., wird aus Anlaß des hiesigen Markts ein außerordentlicher Per- fonenzug von hier nach

um 3>b Nachmittags.

Der Extrazug hält in Teinach uni» auf der Haltstelle Thalmühle an.

Den 10. Dezember 1883.

K. Betriebsinspektion. Hutzenlaub.