«rlro. 1^15.

58. Jaktrgang.

Amts- unä Intekkigenzbkatt für llen Aezirkr.

Erscheint Dienstag, Donnerstag und Samstag.

Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H für die viel­fältige Zeile oder deren Raum.

Dienstag, den 11. Dezember L88L.

Lbonnementsprciö halbjährlich 1 80 L, durch

die Post bezogen im Bezirk 2 30 L, sonst in ganz

Württemberg 2 70 L.

Amtkicüe Oekanntmackungen.

Calw.

An die Ortsvorsteher.

KelranMachung, betr. die Aussiekuns der Mandttgeulttbescheme

für 1884.

Die Ortsvorsteher werden unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung vom 29. v. Mts. (Calwer Wochenblatt Nr. 141) noch weiter darauf auf­merksam gemacht, daß die den Gesuchen um Ausstellung von Wander­gewerben beizuschließenden gemeinderäthlichen Zeugnissen außer den dort aufgeführten Erfordernissen noch das Signalement der Gesuchsteller, Bezeichnung des beabsichtigten Gewerbebetriebs (Angabe der Waarengattungen, gewerblichen Dienstleistungen, Schaustellungen rc.) bei den im militärpflichtigen Alter stehenden Personen die bestehenden Militärverhältnisse, sowie die Be­urkundung zu enthalten haben, daß der Gesuchsteller am Wohnort in das Ortsgewerbekataster bezw. Gewerbeverzeichniß als Wandergewerbe­treibender ausgenommen und mit keiner Wanoergewerbesteuer im Rück­stand ist.

Bei Gesuchen um Mitsührung von Begleitern ist der Zweck der Mit­führung und die persönlichen Beziehungen zum Gewerbetreibenden anzugeben, außerdem aber sind die Bestimmungen hinsichtlich der Besteuerung aus­genommen -- auch hiebei die gleichen gesetzlichen Vorschriften zu beobachten, wie bei den Gewerbetreibenden selbst.

Den 7. Dezember 1883. K. Oberamt.

F l a x l a n d.

Weihnachten vom sozialMtifche« Gesichtspunkte.

Im Namen der Menschlichkeit ergehen alljährlich zahlreiche Aufrufe zur Spendung von Gaben, welche Hilfslosen Kindern eine Weihnachtsfreude be­reiten sollen. Concert, Bazar, Sammlung und viele andere Modus dienen dem schönen Werke des Erbarmens und der Nächstenliebe. Aus dem Herzen quillt die Anregung und an die Herzen wendet sie sich. Sanfte Befriedig­ung, wohlthuendes Bewußtsein ist der Lohn der guten That. Was hier das Gemüth unternimmt, das empfiehlt auch der Verstand. Dieses als recht Erkannte ist auch richtig. Der Sozialpolitiker tritt bekräftigend an die Seite des Humanisten.

Die Bemühungen, die Lage der besitzlosen Arbeiter zu verbessern, können

sich nur darauf richten, gewisse Gefahren, wie Krankheit, Siechthum, Körper­verletzung in ihrer nachtheiligen Wirkung abzuschwächcn, im Uebrigen die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern und die Arbeitsstätten zu überwachen, um Uebervortheilungen der Arbeiter vermeidbare Gefährdung ihrer Gesundheit u. s. m. fern zu halten und die treue Durchführung des Contractes zu sichern. Dagegen ist jeder Versuch, den Arbeitsmarkt selbst zu beeinflussen, um für die Arbeiter bessere Bedingungen zu erzielen, nicht blos fruchtlos sondern verderblich; sein Erfolg wird die Arbeitslosigkeit Vieler sein, an die Stelle der Dürftigkeit wird der Hunger treten und sein natürliches Kind, das Verbrechen.

Unter den Festen nun, die uns aus urgermanischer Zeit überkommen, vom Christenthum benutzt und neu geweiht sind, ist Weihnachten das er­greifendste. Nicht weil die Sitte des gegenseitigen Beschenkens damit ver­knüpft ist, hat das Fest den besonderen Reiz, sondern weil es in den Winter fällt, und wir beschenken uns, weil in dieser Zeit die Natur uns nichts schenkt. Der Arme, an welchem ein solches Fest, das alle Menschen bewegt, in allen die besten Triebe erweckt, spurlos vorübergeht, wird an diesem Fest­tage der besser Siluirten mit mehr Bitterkeit als in langen Monaten des Entbehrens an seine Armuth erinnert. Und andererseits hinterläßt die Theilnahme am Feste, wenn auch nur in bescheidenen Grenzen, die Mög­lichkeit, mit Frau und Kindern in die Stimmung einzutreten, welche das Familienleben idealisirt, bei dem Ungebildeten einen Eindruck, der ihm im nächsten Jahre, bald nachdem das Laub von den Bäumen gefallen, eine trostvolle, aufrichtende Aussicht eröffnet.

Mit dieser Betrachtung treten wir Jier Mahnung humaner Männer und edler Frauen bei, daß Jeder, der von der Sorge um das Nothwendige frei ist, mitwirke, um des Weihnachtsfestes auch die Aermsten theilhaftig werden zu lasten. Die Vereinigung von'Kindern zu gemeinschaftlicher Be- scheerung ist schon sehr ersprießlich, des beschenkten Kindes Freude theilt sich den Eltern mit, aber noch werthvoller ist es, den Eltern selbst beizuspringen, damit sie selbst ihren Kindern ein Weihnachtsfreude bereiten können. Saure Wochen frohe Feste: der Dichter hat mit diesem Wort sagen wollen, daß das Fest durch Arbeit verdient sein will und durch ihren Vortritt keine Würze erhält. Aber wir finden darin auch den Sinn: wer sich die Wochen sauer werden läßt, verdient einen frohen Tag, und daraus folgt, daß ihm solcher nicht entgehen darf, soll ihm die Lust zürn Schaffen verbleiben. In diesem Sinne steckt in dein Wort mehr sozialpolitische Weisheit, als sich mancher Gelehrte auf dem Katheder träumen läßt.

Aeuilleton.

(Nachdruck verboten.)

Eines Königs HerMsrrmhl.

Historische Erzählung von Gustav Höcker.

I.

Unweit der alten schottischen Stadt Dundee befand sich im Jahre 1488 am Strande der Nordsee eine Fischerhütte. An einem späten Sommer­abende saß der Fischer am Herdfeuer und besserte seine Netze aus. Er hatte sich heute nicht auf den Fischfang gewagt, denn auf der offenen See draußen waren drei verdächtige Schiffe sichtbar gewesen, die er für englische hielt. Zu jener Zeit war Schottland noch ein selbstständiges Königreich, dessen Thron soeben Jakob IV. bestiegen hatte, und Schotten und Engländer durften einander keinen Augenblick trauen, selbst wenn sie nicht in offenem Kriege standen. Ging doch das Mißtrauen so weit, daß durch eine schottische Par­lamentsakte jedem Engländer verboten, ohne besondere königliche Erlaubniß Schottland zu betreten. Der Fischer hatte beobachtet, daß das vorderste jener drei Schiffe hin- und hergekreuzt, aber keine Flagge gezeigt, und auch keinen Kanonenschuß abgefeuert hatte, welcher das übliche Zeichen für die Lootsen war, wenn ein Schiff anlegen wollte. Es war bereits Mitternacht als an der Thür der Hütte ein kräftiges Pochen laut wurde. Der Fischer öffnete, nachdem er die Vorsicht gebraucht hatte, sich mit einer Fährstange zu bewaffnen.

Wer will in so später Nachtstunde zu mir?" srug er hinaus.

.Ich bin's; Sir David Zuill," antwortete eine krächzende Stimme und ein Mann in einem Mantel war sichtbar, unter welchem ein langes Schwert und Sporen schimmerten, Du kennst mich, Freund Home!"

Der Fischer bejahrte durch ein schlaues Blinzeln, während der An­kömmling in die Hütte trat und das Herdfeuer seine keineswegs gewinnende Erscheinung beleuchtete. Sein Gesicht mit struppigem Barte und den hoch oben am Kopfe stehenden Ohren machten einen widerwärtigen Eindruck; seine

Zähne waren so schwarz, wie seine stechenden Augen. Unter dem Mantel sah ein Wams von verschossenem Atlas hervor.

Du hast schon manch' schönes Stück Geld von mir eingestrichen, Freund Home," redete er den Schiffer an,willst Du Dir heut Abend noch einen Louis verdienen?"

Warum nicht?" versetzte Home mit einem verschlagenen Lächeln. Was verlangt Ihr von mir?"

Du sollst mich an Bord eines der Schiffe rudern, die an der Küste kreuzen."

Home bedachte sich.Sie haben ihre Kanonen über Bord gerichtet und keine Flagge aufgezogen," äußerte er bedenklich,ich halte sie für Eng­länder."

Sei unbesorgt, es wird uns nichts geschehen," entgegnete Sir David Zuill.Der Kapitän des Schiffes, welches der Küste am nächsten ist, er­wartet mich."

Der Fischer setzte seine blaue Mütze auf und verließ mit seinem späten Besucher die Hütte. Sie gingen die Bucht entlang nach dem steinernen Damme, wo das Fischerboot lag, welches von Beiden bestiegen wurde und bald darauf in die See stach.

Die Nacht war dunkel und von einem Schiffe nichts zu sehen. Als das Boot aber sich eine gute Strecke vom Ufer entfernt hatte, feuerte Sir David Zuill eine Muskete ab und sofort erschienen in Entfernung einer halben Meile zwei Funken, welche an Helle rasch Zunahmen und endlich als zwei grüne Lichter über den Wasserspiegel leuchteten. Das Boot schoß in gerader Richtung auf die Lichter zu, die nun wieder bleicher wurden, und endlich erloschen, und bald tauchte ein hoher Schiffsrumpf auf, unter dessen Spiegel das kleine Fahrzeug anlegte. Sir David hieß den Fischer im Boote Zurückbleiben und stieg an Bord, wo er erwartet und in die Staats-Kajüte der englischen Fregatte geführt wurde. Eine Lampe, die in einer Kugel von hellrothem Glase von einem Balken herabhing, verbreitete ein gedämpftes Licht. Auf einem Polstersitz saß der Kapitän, ein noch junger, stattlicher Mann in einem kostbaren Scharlachmantel. (Forts, folgt.)