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nicht zu fürchten. Die Chinesen sind bekanntlich sehr vorsichtig, sie würden sich keinesfalls zu einem so kühnen und energischen Vorgehen entschließen, wenn sie nicht mit Bestimmtheit einen sicheren Erfolg von demselben erwarteten. Die chinesische Botschaft in Paris soll sich übrigens schon zur Abreise bereit machen. Als Curiosnm sei das Gerücht verzeichnet, Grevy beabsichtige den Besuch des Königs Alfons, in Madrid zu erwidern.
Spanien.
Madrid, 29. Nov. Zum gestrigen Geburtstage des Königs von Spanien sandte der deutsche Kaiser ein Glückwunschtelegramm, worin er seine Freude und seinen Dank für den herzlichen Empfang des Kronprinzen ausdrückte.
Tages - Neuigkeiten.
Stuttgart, 29. Nov. Von den in letzter Zeit in verschiedenen Theilen des Landes vorgekommenen Mord- und Raubanfüllen haben Seine Majestät der König zu San Remo mit großem Bedauern Kenntniß genommen. Höchstdieselben gaben zu erkennen, wie Sie sich gerne überzeugt halten, daß von den betreffenden Behörden sofort alle Maßregeln getroffen worden seien, welche zur Habhaftwerdung der Verbrecher und soweit dies mit den zu Gebot stehenden Mitteln möglich, zur Verhütung weiterer derartiger Vorkommnisse geeignet sind. Im Hinblick jedoch darauf, daß in Folge jener Verbrechen ein weitverbreitetes Gefühl von Unsicherheit und Schutzlosigkeit eingerissen zu sein scheine, stellten Seine Majestät dem Staatsminister des Innern zur Erwägung anheim, ob nicht zur Wiederherstellung des Vertrauens rc. weitere Maßregeln ergriffen werden sollten, wobei insbesondere eine Vermehrung des Landjägerkorps in Betracht zu ziehen wäre. Je nach Umstünden könnte für einzelne Theile des Landes, wie namentlich für Oberschwaben mit seinen Einzelhöfen, die Einrichtung berittener Gens- darmen in Frage kommen. Dieser Gegenstand ist sofort in Behandlung genommen worden und wird der Entscheidung so rasch entgegengeführt werden, daß erforderlichenfalls bei dem nächsten Zusammentritt der Stände eine bezügliche Exigenz eingebracht werden kann.
Dem Landjägerkorps ist strenge Aufsicht über die Befolgung der Vorschriften, betreffend das Tragen von Waffen und das Mitnehmen solcher in die Wirthshäuser, über die Einhaltung der Fremdenpolizei und über ausweislos herumziehendes Volk aufgegeben und in neuester Zeit wieder ein- geschärst worden. Ausweislose, welche als der Landstreicherei oder eines anderen Vergehens irgendwie verdächtig von den Landjägern betroffen werden, sind sofort dem Öberamt vorzuführen. Von Seiten des Ministeriums des Innern sind Maßregeln eingeleitet, um soweit dies nothwendig ist, eine Vermehrung und Besserung der Ortspolizei-Organe herbeizuführen und ein gedeihliches Zusammenwirken der Landes- und Orts-Schutzmannschaften zu sichern.
— Zum Stuttgarter Raubmorde wird uns aus Karlsruhe geschrieben: In Bruchsal wurde gestern ein Individuum verhaftet, welches in seinem Koffer gefährliche Werkzeuge hatte, viel Geld ausgab und zweifelhafte Ausweispapiere besaß. Die Photopraphie des Verhafteten wurde nach Stuttgart geschickt. Interessant ist, daß der verletzte Oettinger vor einem Jahre dem Kaiser von Rußland eine prachtvolle Ulmer Dogge schenkte, welche ihn vor nihilistischen Attentaten schützen sollte. Der Kaiser ließ ihm durch den russischen gesandten in Stuttgart einen schweren Goldpokal als Gegengeschenk überreichen. F. Journ.
Stuttgart, 29. Nov. Der kürzlich in Bruchsal wegen Verdachts der Theilnahme an dein Raubmordanfall auf Heilbronner und Oettinger Festgenommene, hat sich nach gestern erfolgter Vorführung und Vernehmung als an diesem Verbrechen nicht betheiligt erwiesen, dagegen ist es wahrscheinlich, daß er sich in anderer Weise in Stuttgart vergangen hat; er wurde deshalb in Untersuchungshaft behalten. Der eingebrachte Raubmörder, der angebliche Kumitsch, hat noch an beiden Vorderarmen und an der Brust starke Brandwunden und hat täglich Wundfieberanfälle. Er soll behaupten, daß er die Sprenggeschosse selbst verfertigte, davon eines die Beamten in Pforzheim, das andere ihn selbst verletzte. Die beiden Verwundeten,
Heilbronner und Oettinger, befinden sich auch heute Verhältnis mäßig befriedigend. Für Hrn. Oettinger scheint die Gefahr jedoch noch immer nicht vorüber zu sein, mährend bei Hrn. Heilbronner ziemlich sicher auf Genesung gerechnet wird.
Sulz, 27. Nov. Vor mehreren Tagen zündete ein junger Bursche von Bergfelden eine an der Vöhringer Straße gelegene, mit Heu gefüllte Feime an. Glücklicherweise bemerkte ein des Wegs kommender Mann das frevelhafte Beginnen des Burschen und es gelang ihm mit vieler Mühe, das auflodernde Feuer zu dämpfen. Das Bubenstück soll ein Racheakt sein.
Aßmannshausen, 27. Nov. Zwischen der hiesigen Gemeinde und Gustav Krahö von Verviers, Grundbesizer hier, ist heute der Vertrag behufs Anlage einer Zahnradbahn von hier zum Niederwald geschlossen worden. Die Bahn soll am 1. Juni 1884 dem Betriebe übergeben werden; gleichzeitig wird hier im nächsten Jahre eine Dampfschisistation errichtet werden.
Heidenheim, 38. Nov. Heute Mittag kurz vor 3 Uhr brach in dem Harz-Destillations-Gebäude von H. Plochmann u. Cie. Feuer aus, welches so schnell sich verbreitete, daß nach wenigen Minuten das ganze Gebäude in Flammen stand. Der rasch herbeigeeilten Feuerwehr blieb daher nur noch übrig, die Nebengebäude zu retten, was auch gelang. Der Verlust für die Besitzer ist deßhalb ein größerer, weil die Zubehörden des Fabrikgebäudes außer Versicherung sind.
Aus Baden, 28. Nov. In Ladenburg wurden beim Graben von Kellern 6 Säulen gefunden, die sich als römische Meilensteine erwiesen und alle bis aus den größten mit Inschriften versehen sind. Die Steine stammen wohl aus den Jahren 100—250 n. Chr., und die zuerst zu Tage geförderte Säule ist dein Kaiser Decius von der zum Distrikt Speyer gehörenden Stadt Ladenburg gewidmet.
Zm Gememdemths - Wahl.
(Eingesen d et).
Angesichts der bevorstehenden Gemeinderaths-Wahl drängen sich einigen alten Feuerwehrmännern allerhand Gedanken auf, die sie bei der unläng- baren Wichtigkeit der Sache nicht zurückhalten können. Calw macht nämlich eine besondere Ausnahme unter vielen, vielleicht sogar unter den meisten Städten dadurch, daß der Kommandant der freiwilligen Feuerwehr nicht Mitglied des Gemeinderaths ist, während derselbe, vermöge seines ehren- aber auch mühevollen Amtes, doch in so vielfache Berührung mit der städtischen Verwaltung kommt, daß ihr manches erleichtert und das Interesse des Instituts wie der Stadt oftmals besser gewahrt wäre, wenn der Kommandant Sitz und Stimme im Gemeinderath hätte.
Woher kommt aber diese sonderbare Ausschließung desselben? Im Jahre 1863 bei der ersten Gemeinderaths-Wahl nach der neuen Organisation der Feuerwehr wurde er mit den ineisten Stimmen gewählt, sodann wieder in den siebziger Jahren.
Vor 4 Jahren mußte er austreten und blieb bei den beiden letzten Wahlen in der Minderheit.
Hat er seither das Vertrauen der Bürgerschaft so ganz verloren und hat insbesondere die Feuerwehr nicht mehr die Ansicht wie früher, daß ihr Kommandant auf das Rathhaus gehört und daß er ein würdiger Vertreter ihrer eigenen nicht nur, sondern auch der allgemeinen städtischen Interessen wäre? und wäre es unter solchen Umständen unserm Kommandanten so sehr zu verargen, wenn er diese beiden Durchfälle als ein Zeichen des Mißtrauens auffassen und die Absicht, die er schon bei der letzten Kommandantenwahl hatte, von der er aber auf Zureden einiger Freunde wieder abging, die Absicht nämlich, eine Wiederwahl auf's Entschiedenste abzulehnen, bei der nächstjährigen Wahl zur Ausführung brächte?
Wir wollen den Gedanken an diesen möglichen Fall nicht weiter ausdenken und ausführen; aber den Gedanken drängt es uns auszusprechen, ob es recht und billig ist, daß ein Mann, der seit 21 Jahren sich rückhaltlos mit der größten Uneigennützigkeit und Opferwilligkeit, mit hingebender Vorliebe dem schweren, verantwortungsvollen Dienste der Feuerwehr gewidmet hat, der das in ihn gesetzte Vertrauen bei jeder Gelegenheit auf vollste gerechtfertigt hat, nun auf einmal aus der Liste derjenigen Männer verschwinden
Steinfels ging rasch über alle Complimente hinweg. „Ich komme mit einer Bitte zu Ihnen, Herr Rettig", fing er, die erste im Gespräche entstandene Pause benützend, an, „einer Bitte, von deren Gewährung Ihrerseits — ich kann nicht umhin, diese allgemein gebräuchliche Phrase auch Ihnen gegenüber anzuwenden — mein ganzes, zukünftiges Lebensglück abhängig ist."
Ein Lächeln froher Ueberraschung zuckte blitzschnell über die gespannten Züge des Rentiers. Verstohlen rieb er sich die Hände nnd rief dann mit einem schlauen Augenzwinkern: „Ah! ich glaube zu errathen!"
„Nicht wahr?" versetzte Steinfels, in dessen Herzen der alte Groll wieder aufflackern mochte, ironisch, „man erräth Leute, wie wir sind, immer. Nun, ich denke, es wird auch Zeit, daß man sich einmal wieder verändert."
„Die Alte ist lange genug todt!" warf Rettig hin.
„Und es ist nicht gut, wenn man so allein in der Welt steht", meinte Steinfels.
„Eine tüchtige Hausfrau ist ein Schatz, den man nicht hoch genug veranschlagen kann; wenn sie außerdem noch klug und gescheitst ist, Lebenserfahrung und einen reifen Verstand besitzt, dann —"
„Ist das Maß des Glückes voll!" ergänzte Steinfels.
Rettig nickte. „Nun", fuhr der Andere fort, „alle diese Eigenschaften glaube ich in der jungen Dame gefunden zu haben, die ich gern zu meiner Gattin machen möchte. Nur weiß ich nicht, ob ich mich auch der Zustimmung derer versichert halten kann, die über einen so wichtigen Schritt des jungen Mädchens das erste Wort zu sprechen haben."
„Das haben sie lieber Steinfels!" versetzte der Rentier mit einem
ermuthigenden Kopfnicken — das heißt, der Zustimmung der Eltern des Mädchens — können Sie sich vollständig versichert halten."
Steinfels lächelte. „Frau Raven hat mir allerdings ihren mütterlichen Segen nicht vorenthalten, sagte er ruhig, „und wenn Sie als Vormund" —
„Wie! was denn?" unterbrach ihn Rettig verdutzt, „von wem sprechen Sie denn eigentlich?"
„Nun, ich denke, Sie haben es längst errathen, daß ich mich mit Fräulein Elisabeth Raven verlobt habe. Der Zweck meines Hierseins war eben, zu fragen, ob auch Sie als Vormund nichts dagegen einzuwenden haben?"
Man hörte im Nebenzimmer den Aufschrei einer weiblichen Stimme, von einem dumpfen Fall begleitet. „Ei, was sollte ich dagegen haben?" rief Rettig, indem er seine ganze Selbstbeherrschung aufbot, um ein Lächeln in seine Züge zu bringen, die aber so sehr den Ausdruck plötzlichen Schreckens angenonimen hatten, daß er nur eine fürchterliche Grimasse schnitt, „immer heirathen Sie! in Gottes Namen! wünsche Ihnen viel Glück!"
Dies sagend stürzte er nach der Thür, welche in das Nebengemach führte und riß sie heftig auf. Beide Männer sahen, wie Ottilie besinnungslos auf dem Divan lag. Die Mutter hatte sich jammernd und wehklagend über sie gebeugt. „Sehen Sie, Herr Steinfels?" rief sie im schmerzlichen Tone, „das ist Ihr Werk! mein armes Kind liebt Sie, o! warum ließen Sie es dahin kommen?"
(Schluß folgt.)
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